"Den traurigsten unter den Menschen" nannte ihn sein Zeitgenosse, der antike Historiker Plinius der Ältere. Spätere antike Quellen bezeichnen ihn als "schwierigen Charakter", der im Alter ein "grausamer, verbitterter Tyrann" gewesen sei. Tiberius war der zweite Kaiser des Römischen Reiches. Eine komplizierte, komplexe Gestalt, zu der schon die antiken Historiker höchst widersprüchliche Aussagen trafen. Er stand im Schatten des großen Augustus, der die römische Republik in eine Monarchie verwandelt hatte. Augustus adoptierte Tiberius, den Sohn seiner Frau aus deren erster Ehe, und bestimmte ihn zum Nachfolger. Als Feldherr feierte Tiberius Triumphe. Doch als er schließlich mit 55 Jahren Kaiser des Römischen Reiches wurde, geschah nichts wirklich Umwälzendes mehr, mit einer Ausnahme: Zu seiner Zeit lebte und starb Jesus Christus, und es begann, von den Zeitgenossen unbemerkt, der Aufstieg einer Weltreligion. Im Namen der Stadt Tiberias am See Genezareth lebt sein Andenken bis heute fort.