ERF Plus - Bibel heute

Der Verrat des Judas


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Jetzt war es also soweit. Jesus, der erwartete Messias Israels, wird von einem seinen engsten Jünger, einem der 12 verraten. Judas trifft sich mit den religiösen Führern, um einen Plan zu schmieden, wann, wo und wie Jesus gefangengenommen werden kann, ohne dass es durch einen Aufruhr der Menge verhindert werden kann. Damit wäre das öffentliche Wirken Jesu zu Ende. Soweit Judas´Plan.

Explizit berichtet der Evangelist Lukas, dass Satan selbst in der Person des Judas Platz genommen hatte. Ein unvorstellbarer Gedanke. Dem jüdischen Leser wird die Figur Satans, als Gegenspieler Gottes aus dem Buch Hiob, dem Buch Sacharja und der Schöpfungsgeschichte bekannt sein. Die Bezeichnung „Satan“ kommt aus dem hebräischen und bedeutet „Feind“. In der Bibel ist es ein Eigenname, mit dem die Person des Gegenspielers Gottes bezeichnet wird. In Offenbarung 12,9 wird Satan mit Teufel und der „alten Schlange“ aus der Schöpfungsgeschichte gleichgesetzt. Sein Ziel ist es, so wird es in diesen Stellen dargestellt, die guten Absichten Gottes zu verhindern und Menschen zu inspirieren, gegen Gottes gute Gebote zu handeln. Meist agiert der Satan als Verführer. Dass aber Satan, als Person in eine menschliche Person eintritt, wird in der Bibel selten beschrieben. Ein ähnliches wird in der Apostelgeschichte, Kapitel 5,3 geschildert: Petrus tadelt Hananias mit den Worten: „Hananias, warum hat der Satan dein Herz erfüllt, dass du den Heiligen Geist belogen hast?“ Hier ist auch der Einfluss Satans sichtbar.

Offensichtlich geht Lukas davon aus, dass die Gedanken, die Motivation, und der Handlungsimpuls von Satan inspiriert, also angestoßen werden. Und trotzdem wird die Handlung der Person des Judas zugeschrieben. Bei Hananias ist das auch der Fall. Der Mensch bleibt in seiner Entscheidung letztlich trotz aller Einflüsse eigenverantwortlich. Ein Hinweis darauf, dass Judas bis zum Ende die Freiheit hatte, den Verrat zu unterlassen. Er war also nicht zu einer Marionette Satans mutiert. Nach dem Verrat und der Auslieferung Jesu an Pilatus zur Hinrichtung wird derselbe Judas Reue empfinden, die Hohenpriester beschuldigen und ihnen das Geld vor die Füße werfen.

Auch hier Handlungen, die ein eigenständiges Denken, ein Ringen mit den Folgen seines Verrats, ein eigenständiges Urteil und eine Reue zeigen. Offensichtlich hatte Judas nicht den Tod Jesu gewünscht. Lukas berichtet in der Apostelgeschichte, wie Judas in seiner Verzweiflung dann einen Suizid begeht.

Für uns wird wohl verborgen bleiben, was seine eigentliche Motivation war. Ob er auf das schnelle Geld aus war oder ob er aus anderen Gründen eine Antihaltung zu Jesus eingenommen hatte. Schließlich war er 3 Jahre mit Jesus unterwegs, hatte seine Lehren gesehen, hatte die Wunder bezeugt, die Speisung der 5.000, auch die Auferweckung des Lazarus. Wie kann man danebenstehen, die überzeugendsten Beweise für das Gottsein Jesu sehen, und sich danach gegen ihn richten?

Die Evangelisten berichten auch davon, dass die Jünger selbst Wunder gewirkt und gepredigt hatten, nicht nur die kleinere Gruppe von 12 Jüngern, sondern auch die größere Gruppe von 70 Jüngern. Judas war also tief drin, er hatte selbst gepredigt und selbst Wunder gewirkt. Bei so einem hätte ich die Abkehr von Jesus und den Verrat nie im Leben erwartet. Dazu war Judas viel zu nah an Jesus dran gewesen, er hatte zu viel gesehen und verstanden.

Und doch ist das möglich. Mit der Hilfe des Feindes Gottes.

Daraus resultiert für mich eine Warnung. Es gibt offensichtlich keine Garantie dafür, dass ein Nachfolger Jesu sich nicht doch für die Gegenseite entscheidet. Offensichtlich kann keine Erkenntnis, keine Predigt Jesu, keine eigene Erfahrung das zu 100 Prozent ausschließen. Wenn jemand, der drei Jahre lang mit Jesus gelebt hat, dann doch weggehen kann, dann gibt es diese Gefahr wohl auch für diejenigen, die weniger gesehen und erlebt haben.

In diese Richtung weisen auch die Warnungen des Paulus. Die Christen in Korinth warnt Paulus in seinem ersten Brief (1. Korinther 10,12): „Darum, wer meint, er stehe, soll zusehen, dass er nicht falle.“ Des Weiteren werden Christen vor der Versuchung durch Satan gewarnt. Hier ein Beispiel: Im 2. Korinther 2,10-11: „Wem ihr aber verzeiht, dem verzeihe auch ich. … Damit wir nicht vom Satan überlistet werden.“

Wir kennen seine Absichten nur zu gut. Christus zu verlassen, ist für die Christen laut dem 1. Timotheusbrief, Kapitel 5 eine reale Gefahr: „Denn schon haben sich einige abgewandt und folgen dem Satan.“ (1. Timotheus 5,15)

Die bewusste Abkehr vom christlichen Glauben ist in der Kirchengeschichte und aktuell vielfach dokumentiert und eine reale Option.

Die Geschichte von Judas Iskariot hebt das Reflexionsvermögen des Christen auf eine andere Ebene. Es ist also nicht nur zu fragen, warum ich etwas denke oder tue, sondern ob ich nicht unter einen Einfluss geraten bin, der spiritueller Natur ist. Was treibt mich um, woher kommen diese Gedanken, woher kommen diese Gefühle, woher kommen diese Impulse? Dies sind Fragen, die es sich zu stellen lohnt. Es ist nicht alles mit der Sündhaftigkeit des Menschen zu erklären, sondern auch mit seiner spirituellen Verführbarkeit. In dieser Situation bleibe ich als Christ allein verantwortlich für die Einflüsse, denen ich mich aussetze. Die Konsequenz für Paulus war, Christen vor Verführung zu warnen und sie selbstkritisch nach der richtigen Lehre fragen zu lassen.

Auf gar keinen Fall dürfen Christen den Einfluss Satans im Sinne des Besitzergreifens einer Person bei anderen Menschen leichtfertig unterstellen. Dazu ist diese Episode nicht geschrieben worden. Die weiteren Erläuterungen im Neuen Testament legen das auch nicht nahe. Aber Warnung vor Verführung ist immer gut und notwendig.

Lukas hätte diese Episode eigentlich auch auslassen können. Schließlich könnte sie auch so verstanden werden, dass Jesus nicht alle überzeugt hat, eine Peinlichkeit also.

Genau solche Peinlichkeiten belegen, dass diese Geschichte wahr ist, wie sie hier erzählt wird. Eine Legende wäre heroischer gewesen, das hätte man besser ausgeschmückt. Aber Lukas geht es darum, die Wahrheit zu berichten.

Zu dieser Wahrheit gehört, dass Judas Iskariot für uns alle ein Symbol des Abfalls von Gott geworden ist, und uns mahnt, unsere Gedanken und Entscheidungen genauer zu prüfen.

Autor: Eduard Friesen

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