Ein Unglück jagt das andere, eine schlimme Nachricht die andere, alles wird immer schlimmer ... Und an manchem ist man auch noch selbst schuld ...
Wenn Nöte und Schwierigkeiten über uns hereinbrechen und wir keinen Ausweg mehr sehen, dann zweifle ich vielleicht an Gottes Liebe und verzweifel vielleicht auch an mir selbst.
Kann ich auch dann noch auf Gottes Hilfe hoffen und an ihn glauben?
Der Losungstext der Herrnhuter Brüdergemeine von heute wurde in großen Nöten, in selbstverschuldetem Kummer von Jeremia gebetet.
Im Buch Jeremia, Kapitel 14, Vers 22 kann ich nachlesen, was er sagte: Bist du es nicht, HERR, unser Gott, auf den wir hoffen?
In den Versen davor (in Jeremia 14) wird von furchtbarer Trockenheit und Hunger berichtet, unter der Menschen und Tiere leiden. Da ist von Erschlagenen die Rede, die auf dem Feld liegen. Und dann wird festgestellt ‚unsere Missetaten haben es verdient … wir haben gegen Gott gesündigt‘ – wir sind also selbst an dieser Situation schuld.
Große, furchtbare Nöte – und was tut Jeremia? Er hält an Gott fest.
Ich frage mich, wie er das schaffte.
Ich denke, er konnte nicht ohne Gott leben. Wir Menschen sind doch zur Beziehung mit ihm geschaffen. Und Jeremia war sich wohl auch sicher, dass er Gott vertrauen durfte, auch wenn er Menschen für ihr falsches Verhalten straft.
Es wird erzählt, dass einige Rabbiner abends zusammensaßen und darüber diskutierten, wie Gott all das Leid dieser Welt zulassen könne.
Eine ganze Nacht lang redeten sie – über schlimme Krankheiten und den Tod, über Katastrophen und – nicht zuletzt – über Auschwitz.
Endlich kamen sie zu dem Ergebnis, dass ein liebender Gott all diese Dinge nicht zulassen könne, dass es Gott wohl gar nicht geben kann.
Da schaute einer der Rabbiner zum Fenster hinaus und sah, wie es langsam hell wurde. „Brüder“, sagte er, „die Sonne geht auf; es wird Zeit für das Morgengebet ...“
Ähnlich ging es wohl auch Jeremia. Er konnte gar nicht anders, als mit Gott zu leben, mit ihm zu reden, sich trotz allem auf ihn zu verlassen.
Mir hilft es, mir bewusst zu machen, ich darf Gott vertrauen, auch wenn ich ihn nicht verstehe, ich muss nicht verzweifeln, sondern darf Hoffnung haben.
1946 fand man in Stalingrad bei Aufräumarbeiten in verschütteten Kellern einen Text. Er befand sich in der Brieftasche eines unbekannten toten deutschen Soldaten, der ihn wohl selbst geschrieben hatte. [1]
In diesem Text heißt es unter anderem:
Erscheinen meines Gottes Wege mir seltsam rätselhaft und schwer,
und gehen Wünsche, die ich hege, still unter in der Sorgen Meer.
… Wenn über ungelösten Fragen mein Herz verzweiflungsvoll erbebt,
an Gottes Liebe will verzagen, weil sich der Unverstand erhebt,
dann darf ich all mein müdes Sehnen in Gottes Rechte legen sacht
und leise sprechen unter Tränen: dass Gott nie einen Fehler macht.
… Und müsstest du dein Liebstes missen, ja ging’s durch kalte, finstre Nacht, halt fest an diesem sel’gen Wissen: dass Gott nie einen Fehler macht! [2]
Mir macht es Mut, wenn ich sehe, dass andere Menschen nicht an den Nöten ihres Lebens verzweifelt sind, sondern trotz allem Gott vertrauen konnten. Sogar in der „Hölle von Stalingrad“.
So groß und mächtig ist Gott, dass auch ich ihm vertrauen und Hoffnung haben darf – egal, was geschieht.
Bist du es nicht, HERR, unser Gott, auf den wir hoffen?
[1] http://www.ramakrishna.de/okzident/stalingrad.php
[2] (1943 in Stalingrad gedichtet, Verfasser unbekannt)
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