Oha!!! Auf einmal steht der Besuch vor der Tür – ganz überraschend, ganz unvorbereitet, aber mit erwartungsvollen Blicken und vor allem mit einem leeren Magen. Jetzt hat der Gastgeber ein Problem: Der Kühlschrank ist gähnend leer und alle Vorräte aufgebraucht.
Diese Situation kennen Sie und ich wohl kaum noch. In Deutschland im 21. Jahrhundert können Besuche mit Telefon und Handy auch kurzfristig angekündigt werden. Die Kühlschränke in Deutschland sind in der Regel gefüllt, und es gibt ja auch noch die Tiefkühltruhe, die Nudeln und Tomatensauce im Schrank und notfalls den Pizzaservice, der kann schnell liefern. Wie gut!
Denn ob der Nachbar spätabends überhaupt an die Haustür kommen würde? Und ob er bereit wäre, die Bewirtung fremder Menschen zu unterstützen? Wer weiß? In Deutschland ist Gastfreundlichkeit kein Selbstgänger.
In Israel zurzeit Jesu war das anders. Besuche kamen häufig unangemeldet. Handy, Kühlschränke, Tiefkühltruhen und Pizzaservice gab es nicht. Und das Essen wurde täglich frisch zubereitet – am Abend aber war alles aufgebraucht.
Aber eins gab es: Gastfreundschaft. Sie war selbstverständlich, sie wurde großzügig gelebt und sie wurde auch von den Nachbarn mitgetragen.
Wenn der Mann in der Geschichte, die Jesus hier erzählt, sich drücken wollte, so ist das schon außergewöhnlich. „Mach mir keine Unruhe! Die Tür ist schon zugeschlossen, und meine Kinder und ich liegen schon zu Bett; ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben.“ Der Zuhörer ist erstaunt bis entsetzt: „Wie unfreundlich ist der denn – sich da so anzustellen.“
Naja, am Ende aber ist sogar dieser unfreundliche und auf sich selbst bedachte Mann bereit, dem Nachbarn zu helfen.
Und an dieser Stelle sei schon einmal gesagt: Wer meint, Jesus erzählt dieses Gleichnis, um Gott mit diesem Nachbarn zu vergleichen, der ist auf dem Holzweg. Wer meint, wir müssten mit vielen und langen Gebeten Gott überreden, uns zu helfen, der hat Jesus falsch verstanden.
„Wieviel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten!“
Jesus, der Gott kennt wie niemand sonst, hält uns vor Augen: Gottes Herz ist herzlich, liebevoll und hilfsbereit.
viel mehr als der Nachbar
viel mehr als Dein Freund
Gott ist nicht wie der Nachbar, der Vater, der Freund, Gott ist viel anders, viel besser!
Diese Worte Jesu zeigen uns das Herz Gottes.
Im Gleichnis finden wir nicht nur diese wichtige Aussage über Gott, sondern auch eine über uns Menschen.
Der Mensch wird in diesem Gleichnis als bedürftig beschrieben. Er braucht Hilfe, er kann nicht alles aus eigener Kraft und mit eigener Willensanstrengung erreichen. Der Mensch als ein Wesen, dass bedürftig ist.
Für mich ist das zunächst ein fremder und unangenehmer Gedanke. Eine Wahrheit, die ich nicht gerne höre. Ich möchte gerne stark und unabhängig durchs Leben gehen. So bin ich geprägt worden. „Selber machen“. Selber! Aber bei allen Fähigkeiten und Stärken, die Gott mir anvertraut, ich bleibe bedürftig. Ohne Hilfe geht es nicht.
Und ich merke: das ist eine Wahrheit, die mich nicht traurig machen muss. Denn Jesus ergänzt sie mit dem Hinweis: Hilfe ist da. Das kann der Mitmensch nebenan sein, das ist aber vor allem der Gott des Himmels und der Erde – der himmlische Vater, der Gott, dem nichts zu klein und nichts zu groß ist.
Ich lade Sie und mich ein, ja zu sagen, bedürftig zu sein, Hilfe zu brauchen, Gott zu brauchen.
„HERR ich brauche Dich!“ – für diesen Satz muss ich mich nicht schämen. Es ist ein guter Satz und eine gute Basis für eine intensive Beziehung zu Gott.
Ich drücke dies manchmal auch mit meiner Körpersprache aus: Ich bete mit geöffneten Händen – Hände, die nichts vorzuweisen haben, aber die empfangen wollen und können. Nur wer leere Hände hat, kann sich beschenken lassen.
Ich bitte Sie herzlich, soweit Sie es noch nicht getan haben, sich zu trennen von einem „Self-made-Lebenskonzept“: „Ich mache alles allein – ich kann alles allein.“ Ich bitte Sie, einzustimmen in ein Leben, das uns zu Gott hinführt.
„Frömmigkeit ist der Entschluss, die Abhängigkeit von Gott als Glück zu bezeichnen“, sagte vor langer Zeit ein Mann namens Hermann Bezzel. Was für ein Glück, mit Gott an der Seite, mit Gott im Rücken und unter der Führung Gottes zu leben!
Auf der einen Seite Gott, der sich uns zuwendet und uns nicht im Regen stehen lässt, und auf der anderen Seite der Mensch, der längst nicht immer allein zurechtkommt. Und dazwischen ein entscheidendes Verbindungsstück: das Gebet.
Das vertrauensvolle, ehrliche Gespräch mit Gott. Mit Gott reden und auf Gott hören. Jesus umschreibt das Gebet mit drei Worten: bitten, suchen, anklopfen.
„Bittet, so wird euch gegeben, suchet, so werdet ihr finden,
klopft an und es wird euch aufgetan“
Jesus lädt hierzu ein. Jesus fordert hierzu auf.
Und Jesus ermutigt, dies mit ganz viel Erwartung und Zuversicht zu machen.
Bitten, suchen, anklopfen, es geht Jesus nicht um eine kurze Aktion:
beten, wenn nichts anderes mehr gehtabends einmal kurz das Vaterunser aufsageneinmal im Monat eine Gebetsveranstaltung besuchenNein, Jesus führt uns hinein in den „Lebensstil Gebet“ – beten als Lebensmelodie.
„Lebensstil Gebet“ bedeutet: Ich verstehe mich als ein Mensch, der Gott braucht, seine Hilfe, seine Nähe, seine Versorgung, seinen Trost. Bei der Suche nach Hilfe ist Gott meine erste Adresse – kein Notnagel.
„Lebensstil Gebet“ bedeutet, ich suche Gott, erst ihn und dann seine Gaben. Ich verstehe mich als ein Suchender, als ein Schatzsucher bei Gott.
„Lebensstil Gebet“ bedeutet, ich klopfe bei Gott an, an seiner Herzenstür.
Der schwedische Christ Magnus Malm hat zum Gebet gesagt: „Gebet ist nicht zuerst ein Mittel, um Probleme zu lösen. Gebet ist ein Mittel, um eine Beziehung zu vertiefen.“
Und damit bin ich auch schon beim letzten Wort Jesu, bei der Schlusspointe:
„Wieviel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten!“
Das Versprechen Jesu lautet nicht: Gott gibt dir alles, was Du willst
jeden Tag gesund und fröhlichimmer reich und erfolgreichjede Aktion gelungenimmer gutes WetterGott ist nicht Amazon, sondern Gott ist Vater, Freund, Herrscher, Schöpfer, Erlöser, Tröster. Er schenkt Ihnen seinen Geist, seinen Beistand, seine Fürsorge, seine Nähe, seine Führung oder, um es auf den Punkt zu bringen, Gott schenkt sich selbst.
Jesu Worte machen Lust und Mut, im Leben zu beten und im Gespräch mit Gott zu leben.
Autor: Pastor Bernd Seidler
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