Erschreckend finde ich die Beobachtung im ersten Abschnitt, die ich überschrieben habe mit
1. Verfolgung macht gehorsam
Zunächst ist das Ende von Stephanus erschreckend. Seinem Glauben, seiner Rhetorik konnte man nichts erwidern, darum wurde er kaltgestellt, umgebracht. Saulus war ein Sympathisant, der das zu dem Zeitpunkt noch gut fand, weil er davon überzeugt war, auf Gottes Seite zu stehen.
Für die junge Gemeinde muss das ein schreckliches Erlebnis gewesen sein. Seit Pfingsten schien nichts den Siegeszug des Evangeliums bremsen zu können. Wie auf einer Welle des Erfolgs erlebten sie, wie die Botschaft von Jesus aufgenommen wurde. Die Gemeinde wuchs und wuchs - traumhaft. So würde ich es gern auch noch einmal erleben!
Dann schlug der Wind um. Verfolgung, Gefängnisaufenthalte und letztlich die Steinigung von Stephanus schreckten die Gemeinde auf. Obwohl Jesus deutlich gesagt hat, dass das kommen wird und ein natürlicher Bestandteil seiner Nachfolge ist, wirft es sie aus der Bahn.
Die Folge: Viele Christen flohen, darunter auch die Diakone. Nur die Apostel hielten noch in Jerusalem aus.
Wer fliehen muss, versteckt sich, geht in Deckung, wartet ab, bis der Sturm sich etwas gelegt hat. Das wäre der übliche Reflex. Die Verfolgten tun das überraschenderweise nicht. Im Gegenteil. Sie gehen nicht in Deckung, sie gehen in die Offensive. Alle Menschen sollen die gute Nachricht von Jesus hören.
Was für eine Begeisterung muss in diesen Christen gesteckt haben. Sie konnten einfach nicht schweigen von dem, was sie mit Jesus erlebt hatten.
Auf der anderen Seite finde ich genau das aber auch erschreckend: Jesus hatte seinen Jüngern den Auftrag gegeben: „Ihr werdet meine Zeugen sein, in Jerusalem, Samaria und bis an das Ende der Welt!“
Bis zu dem Tag der Verfolgung waren sie aber nur in Jerusalem aktiv. Wir lesen nichts davon, dass einer von ihnen auf die Idee kam, die super dynamisch wachsende Gemeinde zu verlassen, um auch außerhalb von Jerusalem Menschen von Jesus zu erzählen.
Offensichtlich fühlte man sich in seiner großen Gemeinde heimatlich wohl. Es gab ja auch genug zu tun, jede Hand wurde gebraucht.
Dieses Verhalten macht mich immer wieder nachdenklich. Mir liegen Gemeindebau und Gemeindegründung auf dem Herzen. Doch oft erlebe ich nur ungläubiges Staunen und komplettes Unverständnis, wenn ich große Gemeinden darauf anspreche, ob für sie eine Teilung, eine Neugründung in ihrem Einzugsbereich denkbar wäre.
Menschlich und auch als Pastor, der für jeden guten Mitarbeiter unbeschreiblich dankbar ist, kann ich nachvollziehen, dass man so etwas gar nicht denken mag.
Doch werde ich das Gefühl nicht los, dass es auch in unserer Gesellschaft erst zu einer Verfolgung kommen muss, damit unsere schönen Kreise gesprengt werden und so die gute Nachricht von Jesus wieder Kreise ziehen kann.
So war es jedenfalls in der ersten Gemeinde. Die Flüchtlinge zogen los und erlebten, dass das Evangelium nicht nur in ihrer Heimatgemeinde durchschlagenden Erfolg hat.
Damit komme ich zur zweiten Beobachtung:
2. Die gute Nachricht ist grenzenlos
Gottes Geist wirkt. Er wirkt auch ausgesprochen intensiv, nachdem er alte Formen und eingespielte Gemeinden gesprengt hat.
Auffallend ist, dass das Thema „grenzenlos“ anfangs gar nicht so grenzenlos war:
„Die aber zerstreut waren wegen der Verfolgung, die sich wegen Stephanus erhob, gingen bis nach Phönizien und Zypern und Antiochia und verkündigten das Wort niemandem als allein den Juden.“ Von wegen „Verkündigt das Evangelium in der ganzen Welt“! Auch in der Verfolgung erfuhren erstmal nur die eigenen Landsleute von dem, was Jesus für alle Welt getan hat. Segensreich, aber nicht grenzenlos war das, was diese Flüchtlinge hier taten.
„Es waren aber einige unter ihnen, Männer aus Zypern und Kyrene, die kamen nach Antiochia und redeten auch zu den Griechen und predigten das Evangelium vom Herrn Jesus.“
Da beim Pfingstfest Menschen aus aller Welt anwesend waren, war das Evangelium durch sie auch schon in alle Welt gegangen.
Gottes Wort kennt keine Grenzen. Die Botschaft der Bibel ist kultur- und nationenübergreifend. Gottes Geist kennt keine Grenzen. Da gibt es nur den Unterschied zwischen denen, die glauben und denen, die nicht glauben wollen.
In meinen Gemeinden habe ich oft mehrere Nationalitäten. Immer wieder begeistert es mich, wie die Beziehung zu Jesus eine Einheit schafft und hilft, kulturelle und sprachliche Grenzen zu überwinden.
Vielleicht müssen wir manchmal ebenso wie die erste Gemeinde von Gottes Geist unsanft geschubst werden, um neu zu entdecken, dass Gottes Wort grenzenlos wirkt.
Ob Juden, Europäer, Afrikaner oder welche Nationalität auch immer: Gott handelt stets durch Menschen, die sich von ihm in Bewegung setzen lassen.
Das führt zu meiner dritten Beobachtung:
3. Ohne Menschen tut Gott es nicht
Gott will mit seinen Jüngern, seinen Nachfolgern, etwas in der Welt bewegen! Und so senden die Apostel neugierig oder vielleicht auch misstrauisch Barnabas von Jerusalem aus, sich die Lage mal anzusehen, sich ein Bild zu machen.
Grundsätzlich ist es richtig, dass die Verantwortlichen sich ein Bild davon machen, ob Gott wirkt oder ob ungeistlicher Wildwuchs entsteht. Mit Barnabas senden sie einen aus, der menschlich und geistlich hohes Ansehen genießt.
Wie wichtig die Wahl der richtigen Mitarbeiter für eine Aufgabe ist, spürt jeder, der es mit Menschen zu tun bekommt, die absolut ungeeignet für ihren Job sind.
Barnabas ist für mich so ein Vorbild, der seine Berufung, seine Begabung lebt. Er ermutigt die Missionare, die aus Jerusalem fliehen mussten.
Es kam kein strenger Kontrolleur aus Jerusalem, der jetzt genau hinsah, dass ja alles richtig zuging. Das wäre auch untypisch für Barnabas. Er war eher der Mentor, der Begleiter, der Menschen für ihren Dienst zurüstete.
Nachdem Barnabas die Juden in ihrem Dienst gestärkt hatte, kümmerte er sich um jenen Saulus, der noch fröhlich der Steinigung des Stephanus zugesehen hatte. Gottes Geist hatte zwischenzeitlich aus Saulus einen Paulus gemacht. Er war vom Verfolger zum Nachfolger Jesu geworden. Barnabas nahm sich über ein Jahr lang Zeit, Paulus in die Gemeinde einzuführen. Später begleitete er ihn auf der ersten Missionsreise.
Vor der zweiten Missionsreise lesen wir, dass Paulus Johannes Markus nicht mehr mitnehmen wollte, weil der ihn zutiefst enttäuscht hatte.
Daraufhin trennte sich Barnabas von Paulus und kümmerte sich nun um Johannes Markus. Später lesen wir in den Briefen von Paulus, dass Johannes Markus ihm ein wertvoller Mitarbeiter geworden war. Eben, weil Barnabas seine Berufung lebte.
Ohne Menschen tut Gott es nicht. Sie müssen kein Barnabas, auch kein Paulus sein, aber Sie dürfen das sein, was Sie sind: Der Mensch, den Gott heute so als Mitarbeiter haben will, wie Sie sich im Spiegel sehen können! Haben Sie den Mut zu einer grenzenlosen Nachfolge, in der Sie ins Staunen kommen können, was Gott mit Ihnen, durch Sie und oft sogar trotz Ihnen tun kann.
Autor: Pastor Walter Undt
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