Auf unseren Straßen ist die Hölle los? Kein Vergleich mit Paris vor 130 Jahren! Fußgängern, Radfahrern, Handwägen, Pferdefuhrwerke – und dann sind da noch jene neumodischen Benzinkutschen, die alle bestaunen, aber kaum einer wirklich fahren kann. Regeln und Schilder müssen her – und die weltweit erste Fahrprüfung! Der Verkehr in Paris ist chaotisch. Verkehrsschilder, Ampeln oder so etwas wie ein Tempolimit gibt es noch nicht. Kein Wunder, dass die frischgebackenen Autobesitzer auch gern mal das ein oder andere Rennen veranstalten. Doch Paris ist damals nicht nur eine der verkehrsreichsten Städte der Welt, sondern hat mit Louis Lépine auch einen Polizeipräsidenten, der auf den Tisch hauen kann. Erste Disziplinierungsmaßnahme: Nummernschilder müssen her, um den Übeltäter wenigstens im Nachhinein zur Verantwortung ziehen zu können. Und um bereits im Vorfeld erzieherisch zu wirken, führt Lépine eine verpflichtende Fahrprüfung ein. Allerdings geht es dabei nicht nur um Verkehrserziehung, sondern auch um ganz praktische Fertigkeiten: Reifen reparieren, Bremsen warten – und überhaupt: wie startet man dieses merkwürdige Monster eigentlich? Immerhin: Für die "charakterliche Eignung" zum Fahrzeugführen muss man sich am Ende der Prüfung eigenhändig mit seiner Unterschrift verbürgen. Für charakterlich eher ungeeignet hält man anfangs offenbar Frauen. Aber wenigstens in Frankreich dürfen sie bereits vier Jahre später zur Prüfung antreten. In Deutschland braucht es bis 1958 dafür noch die Erlaubnis des Ehemanns. Und heute? Ist der Führerschein in Zeiten von Klimawandel, Uber und Elektroroller längst nicht mehr das Statussymbol, das er mal war – zumindest in Großstädten.