Heute vor 105 Jahren hält ein Forscher in Namibia einen folgenreichen Mittagsschlaf: Er sucht sich ein schattiges Plätzchen und entdeckt beim Aufwachen tausende Jahre alte Felszeichnungen, heute einer der wichtigsten kulturellen Schätze der Menschheit. Es ist der deutsche Forscher Reinhard Maack, der sich in einer Schlucht des Brandbergmassivs von "Deutsch Südwest-Afrika" (heute Namibia) nach einem Nickerchen auf das schönste Bild blickt, das er je gesehen hat: Eine Felszeichnung mit Menschen und Tieren - in der Mitte eine große, schlanke Figur; der Oberkörper dunkel, der Unterkörper weiß. In der einen Hand trägt die Figur einen Bogen, in der anderen einen Gegenstand, der an eine Blume erinnert. Später wird sie den Namen "Weiße Dame" bekommen. Heute gehen die meisten Forscher davon aus, dass es sich um einen männlichen Jäger handelt. Von Anfang an aber ist klar: Dieses Bild ist etwas Besonderes. Heute ist es das berühmteste Felsbild Afrikas. Gemalt haben es vor mehreren tausend Jahren die Vorfahren der San - ein Nomadenvolk, das die deutschen Kolonialherren damals abfällig "Buschmänner" nennen. Genanalysen zufolge ist es das älteste Volk der menschlichen Geschichte – und ihre mehr als 50.000 Felsbilder im Brandberg gehören zu den wichtigsten kulturellen Schätzen der Menschheit – eine Art Kathedrale der Steinzeit.