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„Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist.“ Dieses Wort hat von allen Lehren Jesu den stärksten Einfluss auf den Lauf der Geschichte ausgeübt. So urteilte einer der bedeutendsten Historiker des 19. Jahrhunderts, Leopold von Ranke. Denn es erlaubte den Christen von Anfang an, ihre Verantwortung als Bürger gegenüber der römischen Macht mit gutem Gewissen zu regeln.
Beim Verhör der sogenannten „Märtyrer von Scili“ in Nordafrika im Jahr 180 argumentieren die standhaften Christen gegenüber dem römischen Prokunsul Saturninus wie folgt: „Ein Kaisertum über diese Welt können wir niemals anerkennen. Wir dienen allein Gott, dem Herrn, jenem Gott, den keines Menschen Auge je gesehen hat noch sehen wird. Noch nie haben wir gestohlen. Wenn wir etwas einkaufen, zahlen wir immer die vorgeschriebenen Steuern. Wir geben also dem Kaiser, was des Kaisers ist. Unser Herr aber ist allein Gott, der König der Könige, der Kaiser aller Völker!“
Weil sie hartnäckig bei dieser Haltung bleiben, werden diese 12 Märtyrerinnen und Märtyrer von Scili alle enthauptet. Auch viele Tausend andere in den ersten drei Jahrhunderten widerstehen der Macht des Kaisers nur von dem Moment an, wenn dieser die ihm von Gott auferlegte Grenze überschritt und selbst als Gott anerkannt oder angebetet werden will … und bezahlen dafür mit ihrem Blut. Aber, auch das ist eine Wahrheit der Geschichte: „Das Blut der Märtyrer wurde zum Samen der Kirche“, wie Tertullian schon im 2. Jahrhundert formuliert. Es schadet der Ausbreitung des Christentums nicht, im Gegenteil.
Jesu kurzer Spruch – ein „Apophthegma“ [= kurzer, treffender Sinnspruch], wie die Theologen das nennen – regelt gewissermaßen für die Zukunft und das ganze Mittelalter die Beziehungen zwischen Staat und Kirche. Ähnlich wie der Spruch aus dem Römerbrief, Kapitel 13,1: „Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit, außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet“. Oder 1. Petrusbrief, Kapitel 2, Vers 17: „Ehrt jedermann, habt die Brüder lieb, fürchtet Gott, ehrt den König!“
Luther und einige andere Reformatoren entwickeln aus diesen biblischen Aussagen die sog. „Zwei-Reiche-Lehre“, nämlich zwischen dem Reich dieser Welt und dem Reich Christi zu unterscheiden. Das Reich dieser Welt, der Staat, ist neben der Kirche eben auch gleichwertig zu achten; denn wäre die politische Macht in ihrem Innersten schlecht, hätte Jesus nicht dazu eingeladen, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist. Vielleicht auch manchmal in dem Sinne: „Dann gebt ihm halt das, was ihm eh schon gehört, zurück, damit er seine Ruhe hat … und wir als Christen auch.“
Das ist über die Jahrhunderte hinweg oft die Haltung der Frommen, der „Stillen im Lande“, wie man die Pietisten und die Erweckten des 18. und 19. Jahrhunderts nennt.
Aber wir leben im 21. Jahrhundert. Kann das da immer noch sein unter Menschen, die Christen sein wollen? Kann uns egal sein, was mit unserem Geld geschieht, das wir in Form von Steuern dem Staat anvertrauen?
Es gibt – auch in christlichen Gemeinden – durchaus die Haltung, die Steuern an den Staat kritisch sieht und z.B. mit Schwarzarbeit oder Geschäften, die nicht durch die Bilanzen gehen, kein Problem hat. Das sind keine geizigen Menschen, denn sie spenden mitunter viel Arbeit im Reich Gottes, weil sie dadurch zu wissen meinen, wo das Geld hingeht und welchen Einfluss es nehmen kann. Bei dem Staat hat man das ja nicht in der Hand. Wofür wird eine neue Regierung mein Steuergeld ausgeben? Für vermeintlich notwendige Rüstung, für den Umweltschutz und die grüne Transformation oder für eine verbesserte Infrastruktur im Verkehr oder Bildung?
In einem gemeindlichen Männerkreis im letzten Jahr, bei dem es um den Umgang mit unserem Geld ging, kam es dabei zu einer heftigen Diskussion. Nur: Steuerverweigerer haben Jesus nicht auf ihrer Seite. Jesus positionierte sich in dieser heftigen Diskussion, in der Schriftgelehrte und Hohepriester „Agenten“ und „Denunzianten“ schicken, um ihn aufs Glatteis zu führen, klar zum Steuernzahlen. „Sie belauerten ihn und sandten Leute aus, die sich stellen sollten, als wären sie fromm; die sollten ihn fangen in seinen Worten, damit man ihn überantworten könnte der Obrigkeit und Gewalt des Statthalters“. So beginnt unser Abschnitt. Fieser und intriganter geht es ja kaum. Das wirft ein ganz schlechtes Bild auf die damaligen jüdischen Behörden. Damit beginnt im Grunde die Passionsgeschichte, in der es dann drei Kapitel später im Verhör vor Pilatus heißen wird (Lukas 23,2): „Sie fingen an ihn zu verklagen, und sprachen: Wir haben gefunden, dass dieser unser Volk aufhetzt und verbietet, dem Kaiser Steuern zu geben und spricht, er sei Christus, ein König!“
So ist es Jesus ergangen. So hat man ihm die Worte im Mund herumgedreht. So verleumderisch können Menschen sein, bis auf den heutigen Tag und bis in die frömmsten Kreise hinein. Deshalb ist für mich die Bibel wahr, weil sie die Wahrheit des Menschseins in all seinen furchtbaren Abgründen offenbart. Auch das andere gibt es bis heute, dass man von einigen Leuten süßen Brei um den Mund geschmiert bekommt, obwohl die es gar nicht so meinen. Vers 21: „Meister, wir wissen, dass du aufrichtig redest und lehrst und achtest nicht das Ansehen der Menschen, sondern lehrst den Weg Gottes recht.“ Gott sei Dank merkte Jesus „ihre List“ (Vers 23), steht hier. Etwas, was mir nicht immer gelingt. Ich lasse mich doch auch als Pfarrer gerne mal etwas „bauchpinseln“.
Auch wenn es nicht stimmt, dass wir die Menschen alle gleich und ohne Ansehen der Person behandeln wollen; ehrlich gesagt. In Untersuchungen, die sich fragen, warum in der alten DDR gerade Kirchenleute dazu bereit waren, informelle Mitarbeiter der Stasi zu werden, wird diese verlogene Wertschätzung angegeben, die in einer Zeit, in der die Kirche sonst nicht mehr viel galt, den Betroffenen auf den ersten Blick gutgetan hat. …
Jesus hat sich nicht verführen lassen. Er bleibt standhaft und souverän und beeindruckt die Verführer so, dass sie den Mund halten. Und er gibt eben damals und für alle Zeiten diese Losung aus, dass wir unser Geld nicht nur für ihn und seine Sache, sondern auch für die Allgemeinheit einsetzen sollen.
Dafür, dass der Staat funktioniert, wir KiTas und Schulen haben, Straßen und Verwaltung, Schwimmbäder und kulturelle Stätten – und leider wieder neu nötig: eine intensivere Verteidigung. Die übrigens damals dem Kaiser von Rom ja auch so wichtig war. Wir können uns aus dieser Welt und der Verantwortung für sie nicht wegstehlen, so gern wir das auch manchmal tun möchten. Wir leben auf dieser Erde und tragen Verantwortung für sie – auch heute.
Autor: Dr. Friedhelm Ackva
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„Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist.“ Dieses Wort hat von allen Lehren Jesu den stärksten Einfluss auf den Lauf der Geschichte ausgeübt. So urteilte einer der bedeutendsten Historiker des 19. Jahrhunderts, Leopold von Ranke. Denn es erlaubte den Christen von Anfang an, ihre Verantwortung als Bürger gegenüber der römischen Macht mit gutem Gewissen zu regeln.
Beim Verhör der sogenannten „Märtyrer von Scili“ in Nordafrika im Jahr 180 argumentieren die standhaften Christen gegenüber dem römischen Prokunsul Saturninus wie folgt: „Ein Kaisertum über diese Welt können wir niemals anerkennen. Wir dienen allein Gott, dem Herrn, jenem Gott, den keines Menschen Auge je gesehen hat noch sehen wird. Noch nie haben wir gestohlen. Wenn wir etwas einkaufen, zahlen wir immer die vorgeschriebenen Steuern. Wir geben also dem Kaiser, was des Kaisers ist. Unser Herr aber ist allein Gott, der König der Könige, der Kaiser aller Völker!“
Weil sie hartnäckig bei dieser Haltung bleiben, werden diese 12 Märtyrerinnen und Märtyrer von Scili alle enthauptet. Auch viele Tausend andere in den ersten drei Jahrhunderten widerstehen der Macht des Kaisers nur von dem Moment an, wenn dieser die ihm von Gott auferlegte Grenze überschritt und selbst als Gott anerkannt oder angebetet werden will … und bezahlen dafür mit ihrem Blut. Aber, auch das ist eine Wahrheit der Geschichte: „Das Blut der Märtyrer wurde zum Samen der Kirche“, wie Tertullian schon im 2. Jahrhundert formuliert. Es schadet der Ausbreitung des Christentums nicht, im Gegenteil.
Jesu kurzer Spruch – ein „Apophthegma“ [= kurzer, treffender Sinnspruch], wie die Theologen das nennen – regelt gewissermaßen für die Zukunft und das ganze Mittelalter die Beziehungen zwischen Staat und Kirche. Ähnlich wie der Spruch aus dem Römerbrief, Kapitel 13,1: „Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit, außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet“. Oder 1. Petrusbrief, Kapitel 2, Vers 17: „Ehrt jedermann, habt die Brüder lieb, fürchtet Gott, ehrt den König!“
Luther und einige andere Reformatoren entwickeln aus diesen biblischen Aussagen die sog. „Zwei-Reiche-Lehre“, nämlich zwischen dem Reich dieser Welt und dem Reich Christi zu unterscheiden. Das Reich dieser Welt, der Staat, ist neben der Kirche eben auch gleichwertig zu achten; denn wäre die politische Macht in ihrem Innersten schlecht, hätte Jesus nicht dazu eingeladen, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist. Vielleicht auch manchmal in dem Sinne: „Dann gebt ihm halt das, was ihm eh schon gehört, zurück, damit er seine Ruhe hat … und wir als Christen auch.“
Das ist über die Jahrhunderte hinweg oft die Haltung der Frommen, der „Stillen im Lande“, wie man die Pietisten und die Erweckten des 18. und 19. Jahrhunderts nennt.
Aber wir leben im 21. Jahrhundert. Kann das da immer noch sein unter Menschen, die Christen sein wollen? Kann uns egal sein, was mit unserem Geld geschieht, das wir in Form von Steuern dem Staat anvertrauen?
Es gibt – auch in christlichen Gemeinden – durchaus die Haltung, die Steuern an den Staat kritisch sieht und z.B. mit Schwarzarbeit oder Geschäften, die nicht durch die Bilanzen gehen, kein Problem hat. Das sind keine geizigen Menschen, denn sie spenden mitunter viel Arbeit im Reich Gottes, weil sie dadurch zu wissen meinen, wo das Geld hingeht und welchen Einfluss es nehmen kann. Bei dem Staat hat man das ja nicht in der Hand. Wofür wird eine neue Regierung mein Steuergeld ausgeben? Für vermeintlich notwendige Rüstung, für den Umweltschutz und die grüne Transformation oder für eine verbesserte Infrastruktur im Verkehr oder Bildung?
In einem gemeindlichen Männerkreis im letzten Jahr, bei dem es um den Umgang mit unserem Geld ging, kam es dabei zu einer heftigen Diskussion. Nur: Steuerverweigerer haben Jesus nicht auf ihrer Seite. Jesus positionierte sich in dieser heftigen Diskussion, in der Schriftgelehrte und Hohepriester „Agenten“ und „Denunzianten“ schicken, um ihn aufs Glatteis zu führen, klar zum Steuernzahlen. „Sie belauerten ihn und sandten Leute aus, die sich stellen sollten, als wären sie fromm; die sollten ihn fangen in seinen Worten, damit man ihn überantworten könnte der Obrigkeit und Gewalt des Statthalters“. So beginnt unser Abschnitt. Fieser und intriganter geht es ja kaum. Das wirft ein ganz schlechtes Bild auf die damaligen jüdischen Behörden. Damit beginnt im Grunde die Passionsgeschichte, in der es dann drei Kapitel später im Verhör vor Pilatus heißen wird (Lukas 23,2): „Sie fingen an ihn zu verklagen, und sprachen: Wir haben gefunden, dass dieser unser Volk aufhetzt und verbietet, dem Kaiser Steuern zu geben und spricht, er sei Christus, ein König!“
So ist es Jesus ergangen. So hat man ihm die Worte im Mund herumgedreht. So verleumderisch können Menschen sein, bis auf den heutigen Tag und bis in die frömmsten Kreise hinein. Deshalb ist für mich die Bibel wahr, weil sie die Wahrheit des Menschseins in all seinen furchtbaren Abgründen offenbart. Auch das andere gibt es bis heute, dass man von einigen Leuten süßen Brei um den Mund geschmiert bekommt, obwohl die es gar nicht so meinen. Vers 21: „Meister, wir wissen, dass du aufrichtig redest und lehrst und achtest nicht das Ansehen der Menschen, sondern lehrst den Weg Gottes recht.“ Gott sei Dank merkte Jesus „ihre List“ (Vers 23), steht hier. Etwas, was mir nicht immer gelingt. Ich lasse mich doch auch als Pfarrer gerne mal etwas „bauchpinseln“.
Auch wenn es nicht stimmt, dass wir die Menschen alle gleich und ohne Ansehen der Person behandeln wollen; ehrlich gesagt. In Untersuchungen, die sich fragen, warum in der alten DDR gerade Kirchenleute dazu bereit waren, informelle Mitarbeiter der Stasi zu werden, wird diese verlogene Wertschätzung angegeben, die in einer Zeit, in der die Kirche sonst nicht mehr viel galt, den Betroffenen auf den ersten Blick gutgetan hat. …
Jesus hat sich nicht verführen lassen. Er bleibt standhaft und souverän und beeindruckt die Verführer so, dass sie den Mund halten. Und er gibt eben damals und für alle Zeiten diese Losung aus, dass wir unser Geld nicht nur für ihn und seine Sache, sondern auch für die Allgemeinheit einsetzen sollen.
Dafür, dass der Staat funktioniert, wir KiTas und Schulen haben, Straßen und Verwaltung, Schwimmbäder und kulturelle Stätten – und leider wieder neu nötig: eine intensivere Verteidigung. Die übrigens damals dem Kaiser von Rom ja auch so wichtig war. Wir können uns aus dieser Welt und der Verantwortung für sie nicht wegstehlen, so gern wir das auch manchmal tun möchten. Wir leben auf dieser Erde und tragen Verantwortung für sie – auch heute.
Autor: Dr. Friedhelm Ackva
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