Das Klima

DK136 - Mehr Wölfe für den Klimaschutz


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Und: Wie viel CO2 holt ein Wolf aus der Atmosphäre?

DK136 - Mehr Wölfe für den Klimaschutz

Und: Wie viel CO2 holt ein Wolf aus der Atmosphäre?

"Das Klima”, der Podcast zur Wissenschaft hinter der Krise. Wir lasen den sechsten Bericht des Weltklimarats und erklären den aktuellen Stand der Klimaforschung.

In Folge 136 reden wir über Wölfe. Denn so ein Wolf kann dafür sorgen, dass CO2 aus der Atmosphäre entfernt wird. Wie das genau geht und ob das dem Klima wirklich hilft, besprechen wir anhand aktueller wissenschaftlicher Studien. Das Fazit: Mehr Wölfe sind gut für das Klima, aber nur, wenn man sie richtig einsetzt.

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Wölfe und das Klima

Die Klimakrise schadet weltweit Ökosystemen – Tiere und Pflanzen sterben aus, Biodiversität geht verloren. Doch manche Arten könnten helfen, Ökosysteme widerstandsfähiger zu machen und sogar den Klimawandel abzuschwächen. Ein Tier, an das man dabei nicht sofort denkt, ist der Wolf.

Über Jahrhunderte hinweg wurden Wölfe verfolgt und fast ausgerottet: Bereits seit dem 15. Jahrhundert gejagt, waren sie im 19. Jahrhundert in West- und Mitteleuropa nahezu verschwunden. Erst ab den 1980er Jahren wurden sie in vielen Ländern Europas unter Schutz gestellt, in der EU seit 1992. Mittlerweile hat sich der Wolf teilweise wieder angesiedelt: In Deutschland lebten im Jahr 2023 mindestens 184 Wolfsrudel, 47 Paare und 22 Einzeltiere. Österreich verzeichnete sechs Wolfsrudel, in der Schweiz gab es 2022 sogar schon 26 Rudel, allerdings wurde dort Ende 2023 der Schutzstatus gelockert, wodurch nun auch präventive Abschüsse erlaubt sind. Die EU plant ebenfalls, den Schutzstatus des Wolfs von „streng geschützt“ auf „geschützt“ zu reduzieren, wodurch eine begrenzte Bejagung möglich würde.

Doch statt über Jagd oder die Gefahr für Weidetiere zu sprechen, lohnt es sich, die Rolle der Wölfe für das Klima näher zu betrachten. Zwei aktuelle Studien aus dem Jahr 2025 zeigen erstaunliche Zusammenhänge zwischen Wölfen und CO₂-Speicherung.

Die erste Studie (“Wolf reintroduction to Scotland could support substantial native woodland expansion and associated carbon sequestration”) betrachtet die mögliche Wiederansiedlung von Wölfen in den schottischen Highlands. Dort wurden Wölfe bereits im 17. Jahrhundert ausgerottet und parallel Wälder abgeholzt oder verbrannt, um die Tiere zu vertreiben. Das Fehlen großer Raubtiere führte dazu, dass die Rotwildpopulation stark anwuchs und junge Baumsetzlinge fraß. Wälder konnten sich deshalb kaum natürlich regenerieren. In einer Modellstudie untersuchten Forschende nun, was passieren würde, wenn man Wölfe in vier großen Wildgebieten Schottlands wieder ansiedeln würde. Dabei simulierten sie 100 Jahre lang die Dynamik zwischen Wölfen und Rotwild. Ergebnis: Die Wolfpopulation würde sich auf etwa 167 Tiere stabilisieren, und bereits nach 20 bis 23 Jahren würde die Rotwildpopulation so weit reduziert sein, dass Wälder wieder wachsen könnten. Dadurch würden in 100 Jahren etwa 100 Megatonnen CO₂ gebunden – das entspricht 5 Prozent der Kohlenstoffmenge, die Großbritannien bis 2050 einsparen muss, um klimaneutral zu werden. Ein Wolf holt also 6080 Tonnen CO2 aus der Atmosphäre, in finanzieller Hinsicht entspricht das 185.000 Euro (anhand der aktuellen CO2-Bepreisung).

Eine zweite Studie aus dem Yellowstone-Nationalpark (“The strength of the Yellowstone trophic cascade after wolf reintroduction” in den USA beschäftigt sich mit sogenannten trophischen Kaskaden – Effekten, bei denen Raubtiere indirekt das gesamte Ökosystem beeinflussen. Wölfe waren in Yellowstone bis in die 1920er Jahre ausgerottet, was zu einer starken Vermehrung von Rocky-Mountain-Wapitis und damit zu übermäßigem Verbiss der Vegetation führte. Seit der Wiedereinführung der Wölfe 1995/96 hat sich die Vegetation deutlich erholt. Das Kronenvolumen der Weiden wuchs innerhalb von knapp 20 Jahren um 1500 Prozent. Dadurch entstanden neue Lebensräume für Vögel, bessere Wasserqualität durch mehr Schatten auf Flüsse und insgesamt mehr Biodiversität.

Eine frühere Studie von 2016 (“Effects of gray wolf-induced trophic cascades on ecosystem carbon cycling”) hat herausgefunden, dass Wölfe in borealen Wäldern Nordamerikas ähnliche positive Effekte haben könnten: Indem sie die Populationen großer Pflanzenfresser regulieren, ermöglichen sie Waldwachstum und damit erhöhte CO₂-Speicherung. Die Effekte könnten so groß sein, dass sie den jährlichen CO₂-Emissionen von bis zu 20 Millionen Pkw entsprechen würden.

Dennoch bleibt das Thema komplex: Während Wölfe Wälder stärken und CO₂ binden helfen, fördern Pflanzenfresser wie Rotwild und Elche durch Düngung ebenfalls das Pflanzenwachstum und beeinflussen sogar die Häufigkeit von Waldbränden. Die Rolle des Wolfs im Klimaschutz ist daher zwar potenziell groß, aber nicht frei von komplizierten Wechselwirkungen.

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Das KlimaBy Florian Freistetter, Claudia Frick

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