Das Klima

DK147: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Klimapolitik in Österreich


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Und: Was kostet uns das Nichtstun?

DK147: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Klimapolitik in Österreich

Und: Was kostet uns das Nichtstun?

"Das Klima”, der Podcast zur Wissenschaft hinter der Krise. Wir lesen und erklären den aktuellen Österreichischen Sachstandsbericht zum Klimawandel.

In Folge 147 geht es um die Politik! Aber auch um Bildung, Medien, Migration und was sonst noch alles im Rahmen der Klimapolitik eine Rolle spielt. Wir diskutieren, welche Möglichkeiten die Politik hat - und warum sie in Österreich nicht genutzt werden. Außerdem geht es um die Kosten der Transformation und die (viel höheren) Kosten des Nichtstuns.

Wer den Podcast unterstützen will, kann das gerne tun: https://steadyhq.com/de/dasklima/ und https://www.paypal.me/florianfreistetter.

Hier ist der Link zum sechsten Kapitel des Sachstandsberichts.

Klimagovernance als Schlüssel zur Transformation
In Folge 147 geht es um Politik. Im Zentrum steht die Klimagovernance – also die politische, rechtliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Steuerung der Transformation zur Klimaneutralität.

Wir besprechen, warum effektive Klimaaktion immer mehrere Dimensionen verbinden muss: rechtliche Rahmen, wirtschaftliche Anreize, politische Entscheidungsprozesse und gesellschaftliche Dynamiken.

Drei große Problemkomplexe auf dem Weg zur Dekarbonisierung
Zu Beginn geht es um drei zentrale Hindernisse, die laut Bericht einer effektiven Transformation entgegenstehen:

  1. Wachstumsorientierte Wirtschaftssysteme: Der Fokus auf Profit, Wettbewerb und Wachstum ist tief in der gesellschaftlichen Vorstellung von Wohlstand und Fortschritt verankert. Diese Logik erschwert strukturelle Veränderungen – zum Beispiel weg von fossilen Energien oder hin zu einer nachhaltigen Mobilität.

  2. Macht- und Interessenskonflikte: Große Teile der Bevölkerung profitieren noch immer von einem nicht-nachhaltigen Lebensstil. Das erschwert die gesellschaftliche Akzeptanz für weitreichende Veränderungen und begünstigt die Beibehaltung des Status quo.

  3. Trägheit politischer Prozesse: Politische Entscheidungen orientieren sich oft an bestehenden Strukturen und Machtverhältnissen. Mut zu tiefgreifenden Reformen fehlt meist – transformative Politik bleibt selten.

  4. Klimapolitische Rahmenbedingungen: Von Paris bis Wien

    Auf internationaler Ebene ist das Pariser Klimaschutzabkommen zentral. Österreich ist über die EU an das Ziel gebunden, bis 2030 die Emissionen um 55 % gegenüber 1990 zu senken und will selbst bis 2040 klimaneutral werden. Nationale Regelungen wie das „Nachhaltigkeitsziel“ in der Verfassung haben jedoch nur begrenzte Wirkung – unter anderem, weil das geplante Klimaschutzgesetz fehlt oder nicht bindend genug ist.

    Akteur:innen und Governance in Österreich

    Governance umfasst nicht nur staatliche Institutionen, sondern auch Unternehmen, NGOs und die Zivilgesellschaft. In Österreich zeigt sich ein Spannungsverhältnis zwischen einem ambitionierten Selbstbild und einer vergleichsweise schwachen Umsetzung. Exemplarisch ist die „Persistent Connotation of Automobility“ – also die enge kulturelle Verknüpfung des Autos mit Lebensqualität, was einen Wandel in der Mobilität erschwert.

    Interessant ist auch das Konzept der Exnovation: Gemeint ist die gezielte Abschaffung klimaschädlicher Technologien, etwa Kohlekraftwerke. Dieser Ansatz wird bislang zu wenig genutzt.

    Maßnahmen im Überblick: Eine umfangreiche, aber ernüchternde Bilanz

    Eine zentrale Tabelle des Kapitels zeigt auf, welche politischen Instrumente es in Österreich gibt – und wie wirksam sie sind. In Tabelle 6.2 – Politikinstrumente zur Minderung und Anpassung sieht man was alles möglich wäre. Grün darin bedeutet: wirksam umgesetzt. Gelb: vorhanden, aber unzureichend. Rot: nicht vorhanden. Das Ergebnis ist ernüchternd: Die meisten Felder sind gelb oder rot – insbesondere im Flugverkehr oder beim Tempolimit. Auch Anpassungsmaßnahmen wie Hitzeschutz oder Hochwasserschutz existieren oft nur in unzureichendem Maße.

    Und oft werden sinnvolle Gesetze durch Lobbyismus wieder ausgehebelt, wie im Fall des Corporate Average Fuel Economy (CAFE) targets der EU.
    Klimaklagen: Rechtliche Wege zu mehr Klimaschutz?

    Klimaklagen gewinnen an Bedeutung – auch wenn die Hürden hoch sind. In Österreich sind solche Klagen bislang meist am Verfassungsgerichtshof gescheitert. Ein Beispiel ist die Klage von zwölf Kindern und Jugendlichen, unterstützt von u.a. Florian Freistetter, die aus formalen Gründen abgewiesen wurde. Ein weiterer Fall – „Müllner gegen Österreich“ – ist derzeit beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig.

    Finanzierung der Transformation: Was kostet der Wandel – und was das Nichtstun?

    Für Österreich wird geschätzt, dass Investitionen in Höhe von 6 bis 11 Milliarden Euro pro Jahr notwendig wären, um Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen. Das entspricht etwa 1 bis 2,3 % des BIP. Gleichzeitig würde das Nichtstun jährlich Schäden in Milliardenhöhe verursachen. Bis 2050 könnten das laut Bericht 4 bis 11 Milliarden Euro jährlich sein. Der wirtschaftliche Nutzen von Investitionen überwiegt also deutlich.

    Migration als Klimafolge

    Migration ist ein komplexes Thema mit vielen Ursachen – auch Umweltfaktoren spielen eine Rolle. Der Bericht verweist auf „Managed Retreat“ – also geplante Umsiedlungen – etwa infolge von Hochwasser oder Bergstürzen. Diese Form der Binnenmigration wird bislang kaum als klimabedingte Migration wahrgenommen, obwohl sie stark zunehmen könnte.

    Bildung als soziales Kippelement

    Ein Hoffnungsschimmer liegt im Bildungsbereich. Climate Change Education (CCE) wird als Schlüssel zur gesellschaftlichen Transformation gesehen. Wichtig ist jedoch, dass nicht nur Kinder und Jugendliche geschult werden, sondern auch Lehrkräfte, Erwachsenenbildungseinrichtungen und politische Entscheidungsträger. Der Bericht kritisiert veraltete Schulbücher und mangelhafte Lehrer:innenbildung – und betont die Rolle informeller Bildung über Medien.

    Medien und Klimaberichterstattung

    Die mediale Darstellung der Klimakrise ist entscheidend – denn viele Menschen erfahren die Krise nur über Medien. In Österreich ist die Medienaufmerksamkeit zwar gestiegen, bleibt aber insgesamt niedrig. Der Boulevard dominiert die Medienlandschaft, was zu einer tendenziell verzerrten oder verkürzten Klimaberichterstattung führen kann – insbesondere bei mediennahen politischen Akteuren.

    Fazit: Ambitionen reichen nicht

    Am Ende steht eine klare Kernaussage des Berichts:

    ”Climate policies currently in place are insufficient to achieve the targets set out for Austria. (High confidence)“
    Die bisherige Klimapolitik reicht nicht aus, um die eigenen Ziele zu erreichen. Gleichzeitig zeigen viele Beispiele, dass es möglich wäre, gegenzusteuern – wenn die politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Weichen richtig gestellt werden.

    Transparenz-Hinweis

    Die Podcastfolgen zum Zweiten Österreichischen Sachstandsbericht zum Klimawandel sind in Zusammenarbeit mit dem Koordinationsteam des AAR2 entstanden und wurde vom Klima- und Energiefonds finanziell unterstützt.
    Live Shows
    Tickets für die Sternengeschichten Live Tour 2025 von Florian gibt es unter sternengeschichten.live.

    Werbung und Unterstützung

    Ein kleiner Hinweis: In “Das Klima” gibt es keine Werbung. Wenn ihr Werbung hört, dann liegt das nicht an uns; dann hat jemand unerlaubt und ohne unser Wissen den Podcast-Feed kopiert und Werbung eingefügt. Wir machen keine Werbung - aber man kann uns gerne was spenden, geht auch bei PayPal.

    Kontakt und weitere Projekte

    Wenn ihr Fragen oder Feedback habt, dann schickt uns einfach eine Email an [email protected]. Alle Folgen und alle Shownotes findet ihr unter https://dasklima.fm.

    Florian könnt ihr in seinem Podcast “Sternengeschichten” zuhören, zum Beispiel hier: https://sternengeschichten.podigee.io/ oder bei Spotify - und überall sonst wo es Podcasts gibt. Außerdem ist er auch noch regelmäßig im Science Busters Podcast und bei WRINT Wissenschaft”-Podcast zu hören (den es ebenfalls bei Spotify gibt). Mit der Astronomin Ruth Grützbauch veröffentlicht er den Podcast “Das Universum”.

    Claudia forscht und lehrt an der TH Köln rund um Wissenschaftskommunikation und Bibliotheken und plaudert im Twitch-Stream “Forschungstrom” ab und an über Wissenschaft.

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    Das KlimaBy Florian Freistetter, Claudia Frick

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