Was für eine Kunstnovelle! Malerei, Tanz und ganz viel Musik enthält sie. Und wie kunstvoll sie selbst gestaltet ist! Schon zu Beginn: Der erzählerische Ebenenwechsel von der fiktiven Realität, die ihrerseits von einem Gemälde geprägt ist, zu der erzählten Erzählung des Theodor, die wiederum vom Gemälde ihren Ausgang nimmt, ist nicht weniger als genial herbeigeführt. Hoffmann leitet den Leser und die Hörerin elegant von einer Ebene zur nächsten und lässt den Protagonisten dann, im Laufe der erzählten Geschichte, zu einer Erkenntnis gelangen: Beim Verlieben sollte man darauf achten, worauf sich die geweckten Emotionen eigentlich richten. Im Fall des noch jugendlichen Theodor war es mal die üppige Lauretta mit ihrem Gesang, ihrer Stimme, ihrem Ausdruck und ihren Reizen, die seine „innere Musik entzündete“, später aber die schlanke Teresina samt ihrer Grazie und Kunstfertigkeit. Die eine war für ihn eine „Göttin“, eine „Feenkönigin“, wie er erzählt, die andere sei „wie ein höheres Wesen“ gewesen. Und diese Bezeichnungen treffen es: Beide Künstlerinnen waren eher Figuren als Menschen: unnahbar, unerreichbar.
E.T.A. Hoffmann war nicht nur Schriftsteller, Zeichner und Jurist, nein: Er war auch Musiker und Komponist. Daher die vielen fachmusikalischen Bezeichnungen in der Geschichte. Man/frau muss nicht wissen, was all die Begriffe bedeuten. Doch der titelgebende verweist deutlich auf den entscheidenden Moment in der Geschichte: Bei einem Konzert hatte Theodor die Sängerin Lauretta auf dem Klavier begleitet und bei der letzten Fermate des Stücks, einer Pause also, zu früh wieder eingesetzt und ihr ihren Einsatz gründlich vermasselt. Spätestens als er daraufhin hört, wie die beiden italienischen Schwestern über den „deutschen Esel“ herziehen, wird ihm der große Unterschied von Kunst und Realität klar. Theodor liebte die beiden Frauen nicht – er liebte die Kunstfiguren.