ERF Plus - Bibel heute

Gespräche mit den Jüngern (2)


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Der Bibeltext für heute enthält so viele Themen, dass die Auswahl schwerfällt.

Ich bleibe gleich beim ersten Thema hängen – dem Gespräch zwischen Jesus und einem seiner engsten Vertrauten – Simon. Wird hier doch etwas angesprochen, das in meinem Leben einige Saiten zum Klingen bringt und in dem ich mich gut wiederfinde: „Simon, Simon, siehe, der Satan hat verlangt, dass er euch wie Weizen sieben darf.

Bedrohter Glaube

… ist das erste, das von Jesus angesprochen wird. Er spricht vom Satan als von einer realen Macht, die selbst vor den Jüngern Jesu nicht Halt macht und sie auf die Probe stellen will. Welche Formen das annehmen sollte, wird mir im Evangelium eindrücklich vor Augen gestellt.

Simon Petrus gehört zu den Jüngern, die von Jesus vor seiner Verhaftung in den Garten Gethsemane mitgenommen wurden. Dort steht ihr Herr fürchterliche Ängste aus. Er betet zu seinem Vater im Himmel, dass das bevorstehende Leid an ihm vorbeigehen möge und bittet die Jünger, mit ihm zu wachen. Doch auch Petrus schläft mit den anderen Jüngern ein.

Als es später darum geht, sich zu Jesus zu bekennen, schafft Petrus auch das nicht. Dreimal behauptet er, nicht zu dem verhafteten und angeklagten Jesus zu gehören. Und das, obwohl er ganz ehrlich und ernsthaft behauptet hatte: „Herr, ich bin bereit, mit dir sogar ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.“

Wie nahe können doch ehrlich gemeinte Treueschwüre und klägliches Versagen beieinander liegen!

Es gehört für mich zu den berührenden und tröstlichen Tatsachen des Evangeliums, dass schon die ersten Nachfolger Jesu nicht als strahlende Helden beschrieben werden. Vielmehr werden sie dargestellt als Menschen mit Licht und Schatten. Das macht es mir leicht, mich bei ihnen wiederzufinden. Ich kenne das doch aus eigener Anschauung: Ich besinge und bekenne am Sonntag im Gottesdienst inbrünstig meinen Glauben. Doch am Montag kann der schon bald seine Kraft verlieren. Sie werden das womöglich auch kennen, liebe Hörerinnen und Hörer.

Wenn eine unerwartet hohe Rechnung ins Haus flattert, dann gerät der Glaube unter Druck.

Wenn der Arzt bei der Besprechung des Blutbildes ein sorgenvolles Gesicht macht oder gar eine bedrohliche Diagnose ausspricht, wird der Glaube durchgeschüttelt wie Weizen in einem Sieb. Wenn der Arbeitsplatz und mit ihm die wirtschaftliche Zukunft in Gefahr gerät, scheint das eigene Vertrauen in Gottes Fürsorge und Hilfe nicht mehr tragfähig zu sein. Spätestens dann wird deutlich: Aus mir heraus, aus den Kräften meines Willens kann ich meinen Glauben nicht aufrechterhalten. Wie erleichternd und tröstlich, dass Jesus das auch nicht verlangt – von Simon nicht und auch von mir nicht.

Denn aller Glaube, alles Vertrauen in Gott ist nichts anderes als:

Der bewahrte Glaube

Jesus sagt Petrus schonungslos ehrlich, dass er sich auf seinen Glauben, seinen Willen oder seine Charakterstärke nicht verlassen kann. Aber Jesus macht Mut, sich auf ihn zu verlassen, der für den schwachen und schwankenden Glauben seines Petrus´ schon ein gutes Wort eingelegt hat. Daran hängt schlichtweg alles: dass Jesus seinen Leuten nicht nur vorangeht, sondern dass er sie im Gebet begleitet. Wie tröstlich und entlastend das doch ist, dass ich meinen Glauben nicht krampfhaft aufrechterhalten muss, ja es auch gar nicht kann.

Mein Glaube und auch Ihr Vertrauen, liebe Hörerinnen und Hörer, leben davon, dass wir einen Herrn haben, der mitleidet, wenn wir schwach sind und der als Fürsprecher bei unserem Vater im Himmel eintritt. So hält es der Hebräerbrief im Neuen Testament, der Bibel, fest.

Und wenn er für uns bittet, dann geschieht, was er erbittet! Unser Glaube ist daher alles andere als unabhängig – es ist bewahrter Glaube, der von Jesu Fürbitte abhängt. Mit dem bedrohten und bewahrten Glauben sind seine Leute nach den Worten Jesu dann aber auch:

Die beauftragten Glaubenden

Petrus bekommt gesagt – und ich höre das mit ihm gemeinsam: „Und wenn du wieder umgekehrt bist, dann stärke deine Brüder!“

Ich kenne das aus eigener Erfahrung und habe bitter erlebt, wie es sich anfühlt zu scheitern. Es ist umso bitterer, je vollmundiger ich vorher meine guten Vorsätze in die Welt hinausposaunt habe. Ähnlich wie Petrus: „Herr, ich bin bereit, mit dir sogar ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.

Wie gut ich Petrus verstehen kann, denn so ernst wie ihm war es mir doch auch mit meinen guten Vorsätzen im Glauben und Leben. Wie sehr habe ich mich schon zurückziehen wollen, nachdem ich in Lebensaufgaben eine Bruchlandung hingelegt habe. Wie schnell entsteht in solchen Situationen der Eindruck in mir: „Ich bin doch zu nichts zu gebrauchen und nachdem ich nun so krachend gescheitert bin, halte ich mich am besten mal ganz bedeckt und bleibe schön unter dem Radar meiner Mitchristinnen und -christen.“

Jesus sieht und macht es ganz offensichtlich anders mit seinen Leuten. Die, deren Glaube bedroht ist und nur durch Jesu Fürbitte bewahrt bleiben, werden beauftragt, anderen mit ihrer Erfahrung zu dienen. Ja, es scheint gerade so, dass Menschen, die an sich selbst gescheitert sind, in besonderer Weise dazu qualifiziert sind, anderen in deren lebenswichtigen und geistlichen Herausforderungen zur Seite zu stehen. Das scheint mir aus zwei Gründen der Fall zu sein.

Der erste ist: Wer einmal in die Abgründe seiner eigenen Seele gesehen und erlebt hat, wie seine guten Vorsätze sich in Wohlgefallen aufgelöst haben, kann anderen verständnisvoll und barmherzig begegnen. Er wird mit den angefochtenen Mitchristinnen und -christen auf Augenhöhe bleiben und sich nicht über sie erheben. Der Blick in die eigenen Abgründe macht barmherzig mit den Abgründen anderer!

Der zweite Grund ist: Wer weiß, dass er selbst nur durch Gottes Gnade und Geduld bei seinem Glauben geblieben ist, kann anderen glaubhaft von dieser Gnade und Geduld erzählen. Er oder sie hat ja erfahren, dass Gottes Gnade in die tiefsten Tiefen menschlicher Fehlerhaftigkeit und Selbstüberschätzung hinabreicht. Solche Erfahrungen kommen einer Bekehrung, einer Umkehr zu Gott gleich. Sie helfen Ihnen und mir, sich von falschen Sicherheiten abzuwenden und es aufzugeben, sich selbst zu überschätzen.

So leben wir mit unserem bedrohten Glauben, leben aus bewahrtem Glauben als beauftragte Glaubende.

Autor: Michael Oberländer

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