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Jesus geht an diesem besonderen Abend nach dem Passahmahl zum Ölberg, an dessen Fuß der Garten Gethsemane liegt. Im Kapitel zuvor wird erwähnt, dass er dorthin auch die letzten Tage gegangen ist, immer abends nach einem langen Tag. Das ist der Ort, an dem er dann zur Ruhe kommt und die Gegenwart seines himmlischen Vaters sucht. In Anbetracht dessen, dass er diese Nacht dort gefangen genommen wird, denke ich, dass er von dieser Gewohnheit an diesem Abend doch lieber abweichen sollte. Aber er geht, wie gewohnt, dorthin und kann an diesem Gebetsort auch von seinen Gegnern gefunden werden. Seine Jünger kommen an diesem besonderen Abend mit, sie folgen ihm in dieser schweren Stunde, deren Tragweite sie zu diesem Zeitpunkt sicherlich noch nicht erahnen. Und so dürfen auch Sie und ich mit den Jüngern Jesus an seinen Gebetsort folgen und werden mit hineingenommen in eine seiner tiefsten Stunden, in sein Ringen und Beten im Angesicht des Leidensweges, der ihm kurz bevorsteht. Jesus weiß, in nur ein paar Stunden wird er weggeführt werden, getrennt von allen Lieben, verspottet, verhöhnt, misshandelt, gequält und schließlich grausam zum Tode verurteilt. Er weiß, was passieren wird – er ist eins mit dem himmlischen Vater, der göttliche Jesus. Und gleichzeitig ist Jesus ganz Mensch und steht an jenem Abend tiefste Todesängste aus. Zwischen den Zeilen lässt sich erahnen, wie es in ihm in diesem Moment aussieht, wie er kämpft, trauert, sich fürchtet, schreit. Die Angst, die alles zuschnürt, die Verzweiflung, die ihn verschlucken will, der Schmerz, der ihn durchbohrt. Er ringt im Gebet mit all diesen Gefühlen. Und ich darf ihm in dieser dunklen Stunde nahe sein. Ihm in der Tiefe begegnen, wissen und spüren, dass er all diese Gefühle kennt. Jede tiefste menschliche Not kann er mitfühlen und ist mit mir darin verbunden. Er weiß, wie sich das anfühlt.
Jesu Gebet
In dieser Not geht Jesus ins Gebet, nur einen Steinwurf entfernt von seinen Jüngern, also in Ruf- und Reichweite. Er geht auf die Knie, ein Ausdruck der Dringlichkeit seines Gebets und auch der Demut vor Gott, zu dem er jetzt schreit. Anders als bei den Evangelisten Matthäus und Markus, die das Einschlafen und Versagen der Jünger betonen, setzt Lukas das Gebet Jesu in den Mittelpunkt der Textpassage. Es erinnert an das „Vaterunser“, die Worte, die Jesus seine Jünger gelehrt hat zu beten.
Aus der Tiefe ruft Jesus: „Vater!“ Abba, lieber Vater – mit dieser Anrede ruft er nicht zu einem fernen und unbeteiligten Gott, der gar nicht mitbekommt, was gerade passiert. Vater - das ist ein Gott, der sich sorgt, der sieht und weiß, der mitfühlt. Da ist ein Herz. Eine Beziehung geprägt von tiefem Vertrauen.
„Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir.“ Der Kelch steht für das Leiden, das Jesus erwartet. Es erinnert an Zornesbecher Gottes, die in Texten des Alten Testaments beschrieben werden, und ebenso an den Kelch seines Blutes, den Jesus kurz zuvor beim Abendmahl seinen Jüngern gereicht hat und durch den er das Gericht Gottes auf sich nimmt. Es ist so nachvollziehbar, dass Jesus betet, dass das, was vor ihm steht, ihm erspart bleiben möge. Dass er hadert und kämpft mit dem bevorstehenden Weg. Dass er darum ringt, dass auf diesem Weg sein eigener Wille nicht zwischen ihn und Gott tritt, dass er die tiefe Verbundenheit mit seinem Vater nicht verliert. Und so betet er gleichzeitig weiter: „Doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“
In diesem Kampf gibt er sich, sein Wollen, sein Wünschen, sein Schicksal ganz in die Hände seines Vaters. Das ist kein widerwilliges, resigniertes Einstimmen in Gottes Weg, kein JA mit zusammengebissenen Zähnen und geballten Fäusten. Es ist ein vertrauensvolles Loslassen aller Ideen, Wünsche und Vorstellungen von „dem besten Weg“. Ein Sich-Loslassen in die Hand des Vaters, eines guten Vaters, der am besten weiß, was gut ist und die Dinge deshalb am Ende gut hinausführen wird. Es ist kein allein gelassenes Ausgeliefert-Sein. Kein Kapitulieren im Sinne von „dann muss ich mich halt fügen“. Sondern ein sich getrostes Hineinlegen in Gottes Hand. Denn: es muss zu einem guten Ende kommen, wo Gottes Wille regiert.
Jesu Kampf
Die Beschreibung der Szene zeigt, dass Jesus dieses Gebet, der innere Prozess hin zu diesen Worten, sehr viel abverlangt. Schweiß wie Blutstropfen. Es ist ein Gebetskampf, und in diesem ist er zutiefst angewiesen auf himmlische Hilfe. Er braucht geistige Stärkung – und bekommt sie auch.
Seine Jünger erleben diesen Kampf mit. Eingerahmt ist das Gebet von der Aufforderung an sie, ebenfalls zu beten. Jesus sagt ihnen zu Beginn: „Betet, damit ihr nicht in Anfechtung fallt!“, und wiederholt dies, als er sieht, dass sie vor Traurigkeit eingeschlafen sind. Der Weg ins Gebet, das ist es, worauf es ankommt in Versuchung, Anfechtung, Prüfung – oder wie auch immer ich herausfordernde Situationen und Wege bezeichnen will. Und Jesus, der Seelsorger, der diese Situationen nur zu gut kennt, nimmt seine Jünger und Sie und mich dabei an die Hand und mithinein in sein eigenes Gebet: Vor Gott und mit Gott zu ringen. Sich von ihm in diesem Kampf immer wieder stärken zu lassen. Konkret um Dinge zu bitten und flehen und gleichzeitig alle Fäden in Gottes Hand zu legen. Sich letztendlich in dem Willen des guten Vaters zu bergen und darin Frieden zu finden.
Autor: Friederike Schulte
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Jesus geht an diesem besonderen Abend nach dem Passahmahl zum Ölberg, an dessen Fuß der Garten Gethsemane liegt. Im Kapitel zuvor wird erwähnt, dass er dorthin auch die letzten Tage gegangen ist, immer abends nach einem langen Tag. Das ist der Ort, an dem er dann zur Ruhe kommt und die Gegenwart seines himmlischen Vaters sucht. In Anbetracht dessen, dass er diese Nacht dort gefangen genommen wird, denke ich, dass er von dieser Gewohnheit an diesem Abend doch lieber abweichen sollte. Aber er geht, wie gewohnt, dorthin und kann an diesem Gebetsort auch von seinen Gegnern gefunden werden. Seine Jünger kommen an diesem besonderen Abend mit, sie folgen ihm in dieser schweren Stunde, deren Tragweite sie zu diesem Zeitpunkt sicherlich noch nicht erahnen. Und so dürfen auch Sie und ich mit den Jüngern Jesus an seinen Gebetsort folgen und werden mit hineingenommen in eine seiner tiefsten Stunden, in sein Ringen und Beten im Angesicht des Leidensweges, der ihm kurz bevorsteht. Jesus weiß, in nur ein paar Stunden wird er weggeführt werden, getrennt von allen Lieben, verspottet, verhöhnt, misshandelt, gequält und schließlich grausam zum Tode verurteilt. Er weiß, was passieren wird – er ist eins mit dem himmlischen Vater, der göttliche Jesus. Und gleichzeitig ist Jesus ganz Mensch und steht an jenem Abend tiefste Todesängste aus. Zwischen den Zeilen lässt sich erahnen, wie es in ihm in diesem Moment aussieht, wie er kämpft, trauert, sich fürchtet, schreit. Die Angst, die alles zuschnürt, die Verzweiflung, die ihn verschlucken will, der Schmerz, der ihn durchbohrt. Er ringt im Gebet mit all diesen Gefühlen. Und ich darf ihm in dieser dunklen Stunde nahe sein. Ihm in der Tiefe begegnen, wissen und spüren, dass er all diese Gefühle kennt. Jede tiefste menschliche Not kann er mitfühlen und ist mit mir darin verbunden. Er weiß, wie sich das anfühlt.
Jesu Gebet
In dieser Not geht Jesus ins Gebet, nur einen Steinwurf entfernt von seinen Jüngern, also in Ruf- und Reichweite. Er geht auf die Knie, ein Ausdruck der Dringlichkeit seines Gebets und auch der Demut vor Gott, zu dem er jetzt schreit. Anders als bei den Evangelisten Matthäus und Markus, die das Einschlafen und Versagen der Jünger betonen, setzt Lukas das Gebet Jesu in den Mittelpunkt der Textpassage. Es erinnert an das „Vaterunser“, die Worte, die Jesus seine Jünger gelehrt hat zu beten.
Aus der Tiefe ruft Jesus: „Vater!“ Abba, lieber Vater – mit dieser Anrede ruft er nicht zu einem fernen und unbeteiligten Gott, der gar nicht mitbekommt, was gerade passiert. Vater - das ist ein Gott, der sich sorgt, der sieht und weiß, der mitfühlt. Da ist ein Herz. Eine Beziehung geprägt von tiefem Vertrauen.
„Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir.“ Der Kelch steht für das Leiden, das Jesus erwartet. Es erinnert an Zornesbecher Gottes, die in Texten des Alten Testaments beschrieben werden, und ebenso an den Kelch seines Blutes, den Jesus kurz zuvor beim Abendmahl seinen Jüngern gereicht hat und durch den er das Gericht Gottes auf sich nimmt. Es ist so nachvollziehbar, dass Jesus betet, dass das, was vor ihm steht, ihm erspart bleiben möge. Dass er hadert und kämpft mit dem bevorstehenden Weg. Dass er darum ringt, dass auf diesem Weg sein eigener Wille nicht zwischen ihn und Gott tritt, dass er die tiefe Verbundenheit mit seinem Vater nicht verliert. Und so betet er gleichzeitig weiter: „Doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“
In diesem Kampf gibt er sich, sein Wollen, sein Wünschen, sein Schicksal ganz in die Hände seines Vaters. Das ist kein widerwilliges, resigniertes Einstimmen in Gottes Weg, kein JA mit zusammengebissenen Zähnen und geballten Fäusten. Es ist ein vertrauensvolles Loslassen aller Ideen, Wünsche und Vorstellungen von „dem besten Weg“. Ein Sich-Loslassen in die Hand des Vaters, eines guten Vaters, der am besten weiß, was gut ist und die Dinge deshalb am Ende gut hinausführen wird. Es ist kein allein gelassenes Ausgeliefert-Sein. Kein Kapitulieren im Sinne von „dann muss ich mich halt fügen“. Sondern ein sich getrostes Hineinlegen in Gottes Hand. Denn: es muss zu einem guten Ende kommen, wo Gottes Wille regiert.
Jesu Kampf
Die Beschreibung der Szene zeigt, dass Jesus dieses Gebet, der innere Prozess hin zu diesen Worten, sehr viel abverlangt. Schweiß wie Blutstropfen. Es ist ein Gebetskampf, und in diesem ist er zutiefst angewiesen auf himmlische Hilfe. Er braucht geistige Stärkung – und bekommt sie auch.
Seine Jünger erleben diesen Kampf mit. Eingerahmt ist das Gebet von der Aufforderung an sie, ebenfalls zu beten. Jesus sagt ihnen zu Beginn: „Betet, damit ihr nicht in Anfechtung fallt!“, und wiederholt dies, als er sieht, dass sie vor Traurigkeit eingeschlafen sind. Der Weg ins Gebet, das ist es, worauf es ankommt in Versuchung, Anfechtung, Prüfung – oder wie auch immer ich herausfordernde Situationen und Wege bezeichnen will. Und Jesus, der Seelsorger, der diese Situationen nur zu gut kennt, nimmt seine Jünger und Sie und mich dabei an die Hand und mithinein in sein eigenes Gebet: Vor Gott und mit Gott zu ringen. Sich von ihm in diesem Kampf immer wieder stärken zu lassen. Konkret um Dinge zu bitten und flehen und gleichzeitig alle Fäden in Gottes Hand zu legen. Sich letztendlich in dem Willen des guten Vaters zu bergen und darin Frieden zu finden.
Autor: Friederike Schulte
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