I have a dream – Ich habe einen Traum. Die Jahrhundertrede einer Jahrhundertfigur. Martin Luther King, der schwarze Prediger und Aktivist, hielt sie heute vor 60 Jahren beim Marsch der Bürgerrechtsbewegung auf Washington. Die Rede war rhetorisch brillant und politisch so sensibel wie klug, weil sie das Land nicht spaltete, sondern integrativ und für alle anschlussfähig war. King erinnerte an das große Versprechen von Freiheit und Gerechtigkeit, dass die Gründerväter der Republik einst gaben – ohne dass es für die Schwarzen je eingelöst wurde. Die Rede elektrisierte Amerika und führte dazu, dass viele Weiße zum ersten Mal den ihrer Gesellschaft zugrundeliegenden Rassismus überdachten. Heute ist Martin Luther King, der 1968 ermordet wurde, eine amerikanische Ikone. Aber seine Forderung nach einer Teilhabe aller Amerikaner und Amerikanerinnen am amerikanischen Traum ist immer noch nicht vollkommen eingelöst: Offiziell ist die Rassentrennung in den USA per Gesetz aufgehoben, strukturell lebt sie fort. Systematische Polizeigewalt gegen Schwarze ist ein gewaltiges Problem. Im Verhältnis zum Bevölkerungsanteil sitzen fünfmal mehr Schwarze als Weiße im Gefängnis. Noch immer besucht ein Drittel der amerikanischen Schüler und Schülerinnen eine mehrheitlich weiße oder mehrheitlich schwarze Schule. Schwarze sind benachteiligt bei der Kreditvergabe und beim Hauskauf. Sie haben eine schlechtere oder gar keine Gesundheitsversorgung. Mehr Schwarze als Weiße erkrankten und starben während der Pandemie an Covid19, doppelt soviel schwarze wie weiße Mütter sterben jedes Jahr unter der Geburt.