Freiheit (3) (Hans-Claus Ewen)
„als aber die Fülle der Zeit kam, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau, geboren unter Gesetz, damit er die loskaufte, [die] unter Gesetz [waren], damit wir die Sohnschaft empfingen“
(Galater 4,4-5 elberfelder).
„Doch als die Zeit dafür gekommen war, sandte Gott seinen Sohn. Er wurde ´als Mensch` von einer Frau geboren und war dem Gesetz unterstellt. Auf diese Weise wollte Gott die freikaufen, die dem Gesetz unterstanden; wir sollten in alle Rechte von Söhnen und Töchtern Gottes eingesetzt werden“ (Galater 4,4-5 ngü).
In meinen vorherigen Vorträgen zu diesem Thema hatte ich immer betont, dass Freiheit immer zwei Seiten hat: In Christus sind wir frei von etwas, was uns negativ belasten würde, und wir sind frei für etwas, was uns in den vollen Segen Gottes hineinbringen kann.
1. Sorgenfreiheit - eine Entscheidung des Herzens.
2. Freiheit von Sünde und Freiheit für Gottes Wege.
3. Freiheit vom Gesetz und Freiheit für die Kindschaft oder
Vom Müssen zum Dürfen ...
Jeder Christ, der das Wort Gottes liest, wird früher oder später mit der Frage konfrontiert sein, ob man als Gläubiger noch verpflichtet ist, das Gesetz Mose zu halten oder nicht. Ich bekomme öfter Fragen in Bezug auf meine Lehrvideos aus Lateinamerika. Einmal war die Frage: Kommt ein Christ in die Hölle, wenn er seinen Zehnten nicht in die Gemeinde gibt?
Diese Frage in Bezug auf das Gesetz wird im Neuen Testament ganz offen diskutiert und ist im Fal-le des Briefes an die Galater sogar das zentrale Thema. Eine falsche Antwort auf diese wichtige Frage kann zu fatalen Schlussfolgerungen führen, die uns von dem eigentlichen Geist des Evange-liums entfernen werden.
´Frei- oder losgekauft sein vom Gesetz´ muss richtig verstanden werden, denn es kann auf keinen Fall bedeuten, dass man als Christ machen kann, was man will und keine Konsequenzen für sündi-ges Verhalten mehr zu erwarten hat, weil man ja jetzt ´unter der Gnade´ ist. „Was nun, sollen wir sündigen, weil wir nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade sind? Das sei ferne!“ (Römer 6,15).
3.1. Gesetz, Gnade und Gerechtigkeit
Wenn wir Gesetz und Gnade verstehen wollen, müssen wir in erster Linie fragen, welche Ziele bei-de eigentlich verfolgen. Dabei stellen wir fest, dass es bei beiden darum geht, den in Sünde gefalle-nen Menschen vor Gott wieder gerecht zu machen. In 5. Mose 6,25 lesen wir: „Und es wird unsere Gerechtigkeit sein, wenn wir darauf achten, dieses ganze Gebot vor dem HERRN, unserm Gott, zu tun, so wie er [es] uns befohlen hat.“ Gerechtigkeit konnte man unter dem alten Bund (d.h. im Alten Testament) nur erlangen, wenn man das Gesetz Mose vollständig erfüllte. Im neuen Bund werden wir gerecht, wenn wir dem Evangelium der Gnade glauben: Römer 3,22-24 sagt: „Gottes Gerech-tigkeit aber durch Glauben an Jesus Christus für alle, die glauben. Denn es ist kein Unterschied, denn alle haben gesündigt und erlangen nicht die Herrlichkeit Gottes und werden umsonst gerecht-fertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist.“
Es gibt fundamentale Unterscheide zwischen diesen beiden Arten der Gerechtigkeit, die wir verste-hen müssen. Beide „Gerechtigkeiten" führen zu einem von Gott gesegneten Leben (5. Mose 28,1- 12; Epheser 1,3). Der Hauptunterschied ist jedoch, dass die Gerechtigkeit unter dem alten Bund durch eigene Kraft verdient werden musste, während die Gerechtigkeit unter dem Neuen Bund eine aus Gnade geschenkte ist, wie wir im Römer 3 bereits gelesen haben. Hinzu kommt, dass die Ge-rechtigkeit unter dem Gesetz den Menschen nur in einen momentanen Zustand der Gerechtigkeit versetzte, der durch eine sündige Handlung wieder verloren ging. Unter dem Neuen Bund ist Ge-rechtigkeit ein Stand und eine Identität mit welchen wir vor Gott stehen. Während Gerechtigkeit unter dem Gesetz am Ende der Leistung des Menschen zugesprochen wurde, wird Gerechtigkeit unter der Gnade unabhängig von einer Leistung denen zugesprochen, die an das vollkommene Er-lösungewerk Jesu glauben.
Der Gläubige des Alten Bundes (unter dem Gesetz) wurde durch sein Handeln gerecht, der Gläubi-ge des Neuen Bundes (unter der Gnade) handelt, weil er oder sie in Christus gerecht geworden ist. In anderen Worten, steht die Gerechtigkeit unter dem Gesetz am Ende des Handelns, die Gerechtig-keit unter der Gnade aber an deren Anfang.
Gerechtes Handeln ist das, was Gott sich von seinen Kindern wünscht. Die Geschichte des Gesetzes sollte den Menschen zeigen, dass niemand durch die Einhaltung von Gesetzen und Regeln sein We-sen verändern kann. Das Fazit des Gesetzes war am Ende, dass keiner es wirklich einhalten konnte, wir es verlangt wurde. Paulus zitiert die Psalmen 14 und 53 in Römer 3,10-12: „Da ist kein Gerech-ter, auch nicht einer; da ist keiner, der verständig ist; da ist keiner, der Gott sucht. Alle sind abgewi-chen, sie sind allesamt untauglich geworden; da ist keiner, der Gutes tut, da ist auch nicht einer.“
Das Gesetz, als Weg den Menschen vor Gott gerecht zu machen, scheiterte an der Sündennatur des Menschen. In Gottes Plan agierte das Gesetz wir ein Erzieher: „Das Gesetz war also unser Aufse-her, ´unter dessen strenge Hand Gott uns gestellt hatte,` bis Christus kam; denn es war Gottes Plan, uns auf der Grundlage des Glaubens für gerecht zu erklären. Und jetzt, wo ´die Zeit` des Glaubens da ist, stehen wir nicht mehr unter ´der Kontrolle` jenes Aufsehers. Ihr alle seid also Söhne und Töchter Gottes, weil ihr an Jesus Christus glaubt und mit ihm verbunden seid“ (Galater 3,24-26 ngü). ´Aufseher´ übersetzt hier das griechische Wort „paidagogos“, also Erzieher / Tutor, bzw. wörtlich, ´Begleiter eines Jungen´. Der Mensch konnte letztendlich nur „aus Gnade durch Glauben“ - Epheser 2,8 - errettet werden und diese Gnade bedeutete eine Wiedergeburt, die den Menschen „nach Gott in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit“ schuf. Der in Christus wiedergeborene Mensch kann gerecht handeln, weil er gerecht als Sohn bzw. Tochter Gottes erschaffen worden ist. Wir sind da-her von der Last frei geworden, das Gesetz aus eigener Kraft erfüllen zu müssen um vor Gott ge-recht zu werden. Jesus hat diese Last auf sich genommen und wir dürfen dies in einfachem Glau-
ben akzeptieren.
Unsere heutige Freiheit vom Gesetz bezieht sich auf alle Aspekte, die durch das Opfer des HERRN Jesus sozusagen für uns erledigt worden sind. Dies betrifft in erster Linie alles was das Opfersys-tem des Gesetzes anging. Jesus war das perfekte Opfer, welches alle Aspekte unserer Rechtferti-gung, Reinigung von Sünden und Heiligung vor Gott abdeckt. Dies beinhaltet auch alle zeremo-niellen und diätetischen Forderungen des Gesetzes. Die Theologen sagen uns ja, dass das Gesetz insgesamt 613 Gebote / Verbote umfasste. Von dieser erdrückenden Last befreit uns Jesus, aber er lädt uns nicht zu einem vollkommen gesetzlosen Leben ein, wie Paulus es in 1. Korinther 9,21 be-schreibt: „ — ob-wohl ich nicht ohne Gesetz vor Gott bin, sondern unter dem Gesetz Christi — .“
3.2. Gesetz, Gnade und die Liebe eines Gotteskindes.
Das Neue Testament annulliert das Gesetz Mose nicht vollkommen, sondern es reduziert es auf das, worum es unter der Gnade ankommt: „Seid niemand irgend etwas schuldig, als nur einander zu lie-ben; denn wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt“ (Römer 13,8). Jesus hatte das Gesetz auf Anfrage auf die folgenden, wesentlichen Bestandteile reduziert: Gott lieben, den Nächsten lieben und sich selbst lieben.
Der große Unterschied zwischen dem Gesetz Mose und dem Gesetz Christi ist recht einfach: Unter Mose tue ich, was ich tue, um gerecht zu werden, unter dem Gesetz Christi und der Gnade tue ich, was ich tue, weil ich gerecht geworden bin. Noch einfacher ausgedrückt: Unter dem Gesetz musste ich gerecht werden, unter der Gnade darf ich gerecht sein.
Der Übergang vom Gesetz zur Gnade ist der Übergang vom Müssen zum Dürfen. Es ist der Über-gang von einer Beziehung zu Gott, die auf der Erfüllung von Gesetzen und Regeln beruhte zu einer, die auf Liebe und Dankbarkeit beruht. Die Motivation für unser Handeln sollte sich unter der Gnade vollkommen verändert haben, denn wir handeln nicht mehr aus Furcht vor Strafe und Verdammnis. Wir sind doch jetzt in Christus Söhne und Töchter Gottes geworden, die an dem großen „Familien-unternehmen“, dem Reich Gottes, als zukünftige Teilhaber, Erben und Miterben Christi mitarbei-ten.
Wiedergeborene in Christus leben unter der Gnade, das alles sein zu dürfen, was in in Christus ge-worden sind. Wir opfern unsere Zeit und unser Geld nicht, weil wir müssen, sondern weil wir dür-fen und wollen. Christen müssen nicht zur Arbeit gehen, sie dürfen! Wir respektieren die morali-schen Aspekte des Gesetzes, weil sie Teil unserer neuen Natur geworden sind. Das Gesetz Gottes in Bezug auf diese Dinge ist nicht mehr eine Last, die wir wie einen Rucksack tragen müssen, sondern ist in unseren Herzen zu einer Kraft geworden, die uns befähigt, so zu leben, wie es Gott gefällt. Hebräer 8,10-11 (ngü) erklärt uns, was Gott in uns getan hat, als wir wiedergeboren wurden: „Der zukünftige Bund jedoch, den ich mit Israel schließen werde, wird so aussehen: Ich werde – sagt der Herr – meine Gesetze in ihr Innerstes legen und werde sie in ihre Herzen schreiben. Ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein. Keiner muss seinen Mitbürger dann noch belehren, keiner mehr zu seinem Bruder sagen: ›Komm und lerne den Herrn kennen!‹ Nein, vom Kleinsten bis zum Größten werden alle mich kennen.“
3.3. Die Versuchung der Gesetzlichkeit
Das Neue Testament und die Kirchengeschichte warnen eindringlich davor, die Freiheit in Christus, wie ich sie hier beschrieben habe, wieder zu verlassen und gesetzlich zu werden. Der Galaterbrief ist in diesem Punkt mehr als deutlich, wie gefährlich das ist. Das Böse an der Gesetzlichkeit ist der stolze Wunsch des Menschen, seine Gerechtigkeit vor Gott doch noch durch eigene Anstrengung verdienen zu wollen. Kapitel 7 des Römerbriefes, ein unter Christen oft sehr missverstandenes Ka-pitel, ist letztendlich die Warnung zum Weg der Rechtfertigung und Gerechtigkeit durch das Gesetz Mose zurückzukehren und den Weg der Gnade zu verlassen. Wer dies tut, missachtet, ja verachtet das Opfer des HERRN Jesus und endet so, wie Paulus die Frucht dieser bösen Entscheidung be-schreibt: „Ich elender Mensch! Wer wird mich retten von diesem Leibe des Todes?“ (Römer 7,24).
In meinen langen Jahren als Christ und Leiter im Leib Christi haben ich immer wieder erlebt, wie Gesetzlichkeit Gläubige und Gruppen von Gläubigen zerstört. Es fängt manchmal mit vermeintlich ehrenwerten Dingen an, wie zum Beispiel eine Begeisterung für Israel. An sich ist ein gesundes In-teresse an Israel, seiner Geschichte und Religion nichts Schlechtes. Aber dann beginnen Christen auf einmal nach Israel zu pilgern, um zum Beispiel am Laubhüttenfest dort vor Ort zu sein. Warum?
Andere beginnen das Passahfest wie die Juden zu feiern und plötzlich übernimmt man die Diätvor-schriften usw. usw. Ein alter Freund von mir, der im Auftrag des HERRN bis zu seinem Tod die Welt bereiste, erzählte mir vor Jahren von einer Christengemeinde, die anfing, sich für Israel zu in-teressieren. Nach und nach wurden sie immer fanatischer und am Ende hat sich die Gemeinde kom-plett aufgelöst und die meisten konvertierten zum Judentum.
Paulus warnt eindringlich im Galaterbrief 5,3-4, wenn er schreibt: „Ich bezeuge aber noch einmal jedem Menschen, der sich beschneiden läßt, daß er das ganze Gesetz zu tun schuldig ist. Ihr seid von Christus abgetrennt, die ihr im Gesetz gerechtfertigt werden wollt; ihr seid aus der Gnade ge-fallen.“ Dieser Text sagt uns, dass wir, wenn wir wieder beginnen Dinge zu tun, von denen wir un-ter der Gnade befreit worden sind, dann auch das ganze Gesetz Mose mit seinen 613 Geboten ein-halten müssen.
3.4. Der Gesetzlichkeits-Schnelltest
Da Gesetzlichkeit eine so ernste Sache ist, sollte man sie immer im Keim ersticken. Bitte beantworte folgende Fragen und zwar mit dem ersten Gedanken, der Dir in den Sinn kommt:
👉🏽 Sprichst Du in Bezug auf christliche Disziplinen wie Beten, Spenden und Fasten von
Müssen oder Dürfen?
👉🏽 Hast Du das Gefühl, dass Gott Dich nicht mehr liebt, wenn Du bestimmte Sachen tust
oder unterlässt?
👉🏽 Denkst Du, dass Deine ewige Erlösung vollkommen von Deiner Anstrengung als Gläu-
biger abhängig ist?
(ngü) = Neue Genfer Übersetzung