Oder: Russlandvirus-Syndrom, Russland-Virussyndrom
Ein Standpunkt von Bernd Lukoschik.
Das im Folgenden ist natürlich hochspekulativ. Da wird sich im geopolitischen Ideenhimmel herumgetrieben. Aber einiges wird schon dran sein, und oft war das Herumspekulieren ein erster Schritt, die Niederungen der schnöden Wirklichkeit zu verstehen.
Gemeinsamkeiten
Was haben die zurzeit stattfindende medizinische Aktion gegen das Virus und die politische Aktion der US-NATO gegen Russland gemeinsam?
Beide beruhen auf einem Feindbild. Unsere westliche Wertegemeinschaft scheint Feinde zu brauchen.
Natürlich kommen beide Male die Feinde auf uns zu, auf uns, die so Friedfertigen und Unschuldigen.
Beide Male bleibt uns nichts übrig, als zurückzuschlagen, weil der Feind nun mal keine andere Umgangsweise verstehen will.
Der Feind kommt …
… auf uns zu. Klar, rein banal-historisch gesehen, war es die US-NATO, die nach Osten sich ausgedehnt hat. Das zeigt sich schon daran, dass die russische Grenze sich ja nicht bewegt hat.
Wenn dann die Distanz zwischen den NATO-Panzern und Russland dennoch abnimmt und sich zurzeit asymptotisch gegen null bewegt, dann kann man nur schließen – mir zumindest fällt keine logische Alternative ein –, dass sich der Westen nach Osten bewegt hat und nicht umgekehrt. Wer ist also der Aggressor?
Natürlich Russland, denn ein Bewertungskriterium unserer Wertegemeinschaft besagt: Entscheidend ist die nackte Distanzabnahme. Die Distanz nahm ab, also war es der Russe, natürlich mal wieder.
Das ist die sogenannte politische Relativitätstheorie: Schau dir die Situation an, ganz sachlich und objektiv, sieh ab vom Blick in die Geschichte, stell dich ganz dumm, und die Wahrheit wird dir offenbar.
Von wem die Bewegung – das würde der Blick in die Geschichte lehren – ausging, spielt für die US-NATO keine Rolle. Schuld oder Ursache – wenn zufällig die Frage nach der Ursache mal aufkommt – ist sowieso immer der andere!
Völlig analog beim Virus: Es kam zu uns – natürlich ebenfalls aus dem Osten, wenn auch nicht aus Russland, was eigentlich zu erwarten war, sondern aus Wuhan. Immerhin auch ein Feind der westlichen Lebensform.
Das, obwohl es auch Berichte gibt, die besagen, dass bereits 2019 so ein Ding Coronavirus oder Analoges in Frankreich beobachtet worden sein soll. Aber man braucht nicht weiter zu forschen, denn gemäß dem politischen Relativitätsprinzip nahm die Distanz des Feindes Virus zwischen China und uns ab, also kam der Feind auf uns zu! Was zu beweisen war!
Zurückschlagen
Nun steht also fest: Die NATO-Russland-Distanz hat abgenommen, also ist die russische Grenze bedrohlich auf uns zumarschiert. Viral ausgedrückt: Plötzlich sehen wir, dass wir alle hier im Westen infiziert sind – hypothetisch: vom Chinavirus, faktisch: Wir wissen es nicht, vermuten es aber, allerdings stark begründet, denn immerhin steckt ja China, der Feind, dahinter. Und wenn ein Virus marschiert, dann von China zu uns! Was zu beweisen war!
Was der Westen gelernt hat: Findest du etwas, was dir fremd ist, bei dir oder in dir vor, dann: Hau drauf! Das ist unser Vorgehen seit zwei/drei Jahrtausenden, als wir als Römisches Reich expandierten und fremdeste Völker quälten oder dann als Kolonialstaaten und dann als Imperialisten dasselbe praktizierten. So wenden wir das Gelernte wiederum an.
Wir schicken also NATO-Truppen in die baltischen Staaten, nach Polen, in die Ukraine, denn der Feind hat ja auf seinem eigenen Terrain tatsächlich eigene Truppen aufgefahren. Da ist es doch selbstverständlich, dass wir, auf fremdem Boden, entsprechend reagieren müssen! Wir reagieren nur, angemessen und gerecht natürlich.
Egal nun, ob angemessen oder gerecht, die Methode steht fest: Begegnet uns Fremdes, ist es Feindliches, und ist es Feindliches, muss ihm militärisch oder impfvirologisch begegnet werden.
Ein Syndrom