Ein Kommentar von Rob Kenius.
Am Sonntag, den 27.02.2022, wurden im Bundestag nicht nur Sonntagsreden gehalten, sondern auch eine Kriegserklärung, Verzeihung, Regierungserklärung, vorgelesen. Das war keine Sonntagsrede, sondern ein Diktat. Sanfte Stimme - tosender Applaus. Deutschland wird wieder Militärmacht!
Ein zentrales Wort für die Beendigung eines jeden Krieges kam aber nur einmal vor und wurde auch noch von der falschen Rednerin ausgesprochen...
Glaube an die Dogmen des Kalten Kriegs
Man sagt, im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst. Dieser Krieg ist anders. Die Wahrheit war schon lange tot, ehe der Krieg begann. Deshalb konnten im Reichstag alle Rednerinnen und Redner Glaubenssätze nachbeten, an die alle glauben, die nicht selber denken wollen oder können.
1. Krieg ist das größte Verbrechen. Krieg schafft unendliches Leid, wer Krieg beginnt, ist ein Kriegsverbrecher. (Davon gibt es nur eine Ausnahme: Wenn der Krieg von den USA oder Verbündeten begonnen wird.)
2. Putin ist wie der Teufel, Autokrat, durchgeknallt verrückt, auf jeden Fall blutrünstig und kämpft gegen unsere Westlichen Werte, als da sind: Freiheit, Demokratie, Wohlbefinden und Sicherheit. Kurz gesagt, Putin ist ein Teufel, ohne die Staatsbürgerschaft der USA.
3. Der 24.02.2022 ist weit über die Ukraine hinaus ein Wendepunkt in der Weltgeschichte. Ab jetzt ist nicht nur Russland unser Feind, wir sind auch der Feind Russlands, mit verstärkten Sanktionen, Finanzmaßnahmen und gewaltiger Aufrüstung, Aufrüstung besonders in Deutschland. Deutschland wird wieder eine Militärmacht. Das wurde aber Zeit! 77 Jahre, nachdem die rote Armee Berlin eingenommen und Hitler in den Selbstmord getrieben hat.
4. Die Ukraine ist ein ganz normaler, cooler Staat wie wir, sie liegt zwischen östlichen NATO-Mitgliedern. Wir müssen sie sofort mit Geld und mit Waffen unterstützen. (Anmerkung: Die Hauptstadt Kiew ist eine der ältesten, bestehenden russischen Städte. Im Osten der Ukraine herrscht seit Jahren Bürgerkrieg. Regierungstruppen und prowestliche Nationalisten kämpfen gegen die russischen Provinzen, denen man 2008 Autonomie zugesagt hatte.)
5. Es ist Konsens aller freie Völker der Welt, dass Russland ein unberechenbarer Aggressor ist und dass Putin diesen Krieg vom Zaun gebrochen hat, um unsere Demokratie zu zerstören und das Sowjetreich wieder auferstehen zu lassen. Er hat Angst davor, dass der Gedanke von Freiheit und Demokratie bis nach Moskau dringt. Fragen Sie Annalena Baerbock! Sie kann Putins Gedanken lesen. Wer das kann, muss nicht selber denken können.
6. Die NATO ist eine Friedensorganisation, die verhindern soll, dass Russland, das schon die Truppen Napoleons und Hitlers überfallen und vernichtet hat, mit Schiffen in den Westen vordringt. Deshalb werden das Nordmeer und der Bosporus von Norwegen und Türkei abgesichert und dazwischen alle Zugänge nach Westen durch die NATO-Mitlieder Estland, Lettland, Litauen, Polen, Deutschland, Slowakei, Rumänien, Bulgarien.
Die Grenzen werden mit atomaren US-Raketen gesichert, die freilich nicht aggressiv auf Russland gerichtet sind, sondern zum Himmel. Die Ukraine ist eine Lücke in diesem System.
Einigkeit macht überheblich
Soweit ist man sich einig an diesem denkwürdigen Sonntag der Sonntagsreden und ich möchte nicht allen Meinungsumfragen öffentlich widersprechen. Doch mir ist aufgefallen, dass ein für die Realität zentral wichtiges Wort in dieser Debatte nur ein einziges mal ausgesprochen wurde und dass es kaum Applaus erhielt: Waffenstillstand.
Das Wort Waffenstillstand kam von Frau Amira Mohamed Ali (Fraktion die Linke). Vielleicht war Amira nicht im Bilde, dass Sonntagsreden so ähnlich wie Freitagspredigten sind, nicht dazu da, die Zuhörer mit Realitäten und konkreten Vorschlägen vom Ritus abzulenken, sondern dass sie da sind, die Gemeinde im Glauben zu festigen und für den heiligen Krieg gegen Feinde und U...