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DK156 - Day Zero: Die Wasserknappheit ist schon da
Und: Wie kriegen verhindern wir die kommende Trockenheit?
"Das Klima”, der Podcast zur Wissenschaft hinter der Krise. Wir lasen den sechsten Bericht des Weltklimarats und erklären den aktuellen Stand der Klimaforschung.
In Folge 156 wird es trocken. Wir reden über die durch die Klimakrise verursachte Wasserknappheit. Eine neue Studie zeigt: Das wird kein Problem, das wir in Zukunft bekommen, sondern ist ein Problem, das wir jetzt schon haben. Das Wasser wird knapp werden, auch bei uns in Europa.
Wer den Podcast unterstützen will, kann das gerne tun: https://steadyhq.com/de/dasklima/ und https://www.paypal.me/florianfreistetter.
Wir reden über die Studie “The first emergence of unprecedented global water scarcity in the Anthropocene”, die sich mit “Day Zero Droughts” beschäftigt. Der Begriff „Day Zero“ steht, vereinfacht gesagt, für den Tag, an dem kein Wasser mehr aus dem Hahn kommt. Er wurde 2018 bekannt, als Kapstadt in Südafrika kurz vor einem solchen Tag stand. Nach drei extrem trockenen Jahren (2015–2018) waren die Reservoirs nahezu leer. Nur durch unerwartete Regenfälle im Winter konnte die Stadt den „Day Zero“ knapp vermeiden. Dieses Beispiel zeigt, wie kritisch die Wasserversorgung werden kann, wenn Dürre und hohe Nachfrage zusammentreffen.
Wichtig ist auch der Unterschied zwischen Dürre und Wasserknappheit: Dürre beschreibt meteorologische Phänomene wie ausbleibenden Niederschlag und sinkende Bodenfeuchtigkeit, während Wasserknappheit zusätzlich technische, soziale und wirtschaftliche Faktoren berücksichtigt – etwa Wasserqualität, Infrastruktur, Speicherung und Verbrauch.
Die Studie untersucht, wann und wo auf der Erde Wasserknappheit erstmals eindeutig auf menschlichen Einfluss zurückgeführt werden kann. Dazu verwendet sie mehrere Indizes:
Die Forschenden nutzten zwei Klimaszenarien, um die Entwicklung bis zum Jahr 2100 zu simulieren:
Abbildung 1 zeigt deutlich: Gegen Ende des 21. Jahrhunderts werden fast alle Regionen einem hohen Risiko für schwere, langanhaltende Dürreperioden ausgesetzt sein. Besonders betroffen sind:
In vielen dieser Gebiete treten künftig mehrere Extremereignisse gleichzeitig auf: mehrjährige Niederschlagsdefizite, geringere Flussabflüsse und akute Wasserknappheit. Damit entsteht das, was die Forschenden als Day Zero Drought (DZD) bezeichnen – ein zusammengesetztes, mehrjähriges Extremereignis.
Die Studie führt ein zentrales Konzept ein: die Time of First Emergence (ToFE). Sie beschreibt das erste Jahrzehnt, in dem mit mindestens 99 % Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden kann, dass eine DZD vom Menschen verursacht wurde. Grundlage ist der FAR (Fraction of Attributable Risk) – der Anteil des Risikos, der auf menschliche Einflüsse zurückgeht. Ein FAR von 1 bedeutet, dass ein Ereignis ohne menschliches Zutun gar nicht aufgetreten wäre.
Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse: Bereits zwischen 2020 und 2030 erleben 19 % der Landfläche der Erde ihre erste vom Menschen verursachte DZD. Bis 2030 steigt der Anteil auf 35 %, und bis zum Ende des Jahrhunderts werden rund 75 % der Landoberfläche mindestens einmal ein solches Ereignis erfahren.
Ein weiterer entscheidender Parameter ist die Waiting Time – die Zeitspanne zwischen dem Ende einer DZD und dem Beginn der nächsten. In vielen Regionen ist diese Wartezeit kürzer als die Dauer des Ereignisses selbst. Das bedeutet: Die Erde hat keine Zeit zur Erholung. Besonders kritisch sind der Mittelmeerraum, Südafrika, Australien und Teile Asiens. In etwa 12 % der betroffenen Gebiete herrscht fast durchgehend Wasserknappheit.
In Amerika und Nordafrika treten DZD-Ereignisse seltener auf, dauern dann aber besonders lange.
Laut der Studie werden unter dem Szenario SSP3-7.0 mehr als 753 Millionen Menschendirekt von DZD-Ereignissen betroffen sein – davon 467 Millionen in Städten und 286 Millionen auf dem Land. Städte sind besonders gefährdet, da dort die Wassernachfrage durch Bevölkerungswachstum und Wirtschaftstätigkeit schneller steigt als das Angebot. Auch wenn urbane Infrastrukturen meist besser ausgebaut sind, bleibt die Anfälligkeit groß – mit Folgen für Energieversorgung, Hygiene und soziale Stabilität.
Bei einer globalen Erwärmung von nur 1,5 °C – also dem Ziel des Pariser Klimaabkommens – wären immer noch 488 Millionen Menschen betroffen. Selbst bei Einhaltung dieses Ziels bleibt das Problem also bestehen.
Die Forschenden betonen, dass die Lösung nicht allein in technischen Maßnahmen liegt. Es braucht ein Zusammenspiel von lokalem Wissen, kooperativem Wassermanagement, angepasster Governance und vielfältigen Strategien:
Gleichzeitig müssen Investitionen in klimaresiliente Infrastrukturen steigen, um einen nachhaltigen Zugang zu Wasser zu sichern – auch in Mitteleuropa. Denn, wie der Wasserexperte Thorsten Wagener von der Universität Potsdam erklärt:
Er verweist auf aktuelle Beispiele: Die Reisernte im Norden Italiens ist wegen niedriger Wasserstände im Po eingebrochen, Frankreich musste Kraftwerke drosseln, da Flusswasser zu warm wurde, und der Rhein war streckenweise nicht mehr schiffbar.
Fazit: Wir leben mitten im Zeitalter der “First Emergence of Unprecedented Global Water Scarcity”. Die beispiellose Wasserknappheit ist keine Zukunftsvision mehr – sie passiert jetzt.
Science Buster Buch
Das neue Buch der Science Buster heißt "AUS! - Die Wissenschaft vom Ende" und erscheint im Hanser Verlag. Tickets und Infos für die Live Show gibt es unter sciencebusters.at
Hinweis zur Werbung und Unterstützung
Ein kleiner Hinweis: In “Das Klima” gibt es keine Werbung. Wenn ihr Werbung hört, dann liegt das nicht an uns; dann hat jemand unerlaubt und ohne unser Wissen den Podcast-Feed kopiert und Werbung eingefügt. Wir machen keine Werbung - aber man kann uns gerne was spenden, geht auch bei PayPal.
Kontakt und weitere Projekte
Wenn ihr Fragen oder Feedback habt, dann schickt uns einfach eine Email an [email protected]. Alle Folgen und alle Shownotes findet ihr unter https://dasklima.fm.
Florian könnt ihr in seinem Podcast “Sternengeschichten” zuhören, zum Beispiel hier: https://sternengeschichten.podigee.io/ oder bei Spotify - und überall sonst wo es Podcasts gibt. Außerdem ist er auch noch regelmäßig im Science Busters Podcast und bei WRINT Wissenschaft”-Podcast zu hören (den es ebenfalls bei Spotify gibt). Mit der Astronomin Ruth Grützbauch veröffentlicht er den Podcast “Das Universum”.
Claudia forscht und lehrt an der TH Köln rund um Wissenschaftskommunikation und Bibliotheken und plaudert im Twitch-Stream “Forschungstrom” ab und an über Wissenschaft.
Ansonsten findet ihr uns in den üblichen sozialen Medien:
Instagram Florian| Facebook Florian|
TikTok Claudia
Bluesky Florian|
Mastodon Florian|
Blog Florian|
By Florian Freistetter, Claudia Frick5
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DK156 - Day Zero: Die Wasserknappheit ist schon da
Und: Wie kriegen verhindern wir die kommende Trockenheit?
"Das Klima”, der Podcast zur Wissenschaft hinter der Krise. Wir lasen den sechsten Bericht des Weltklimarats und erklären den aktuellen Stand der Klimaforschung.
In Folge 156 wird es trocken. Wir reden über die durch die Klimakrise verursachte Wasserknappheit. Eine neue Studie zeigt: Das wird kein Problem, das wir in Zukunft bekommen, sondern ist ein Problem, das wir jetzt schon haben. Das Wasser wird knapp werden, auch bei uns in Europa.
Wer den Podcast unterstützen will, kann das gerne tun: https://steadyhq.com/de/dasklima/ und https://www.paypal.me/florianfreistetter.
Wir reden über die Studie “The first emergence of unprecedented global water scarcity in the Anthropocene”, die sich mit “Day Zero Droughts” beschäftigt. Der Begriff „Day Zero“ steht, vereinfacht gesagt, für den Tag, an dem kein Wasser mehr aus dem Hahn kommt. Er wurde 2018 bekannt, als Kapstadt in Südafrika kurz vor einem solchen Tag stand. Nach drei extrem trockenen Jahren (2015–2018) waren die Reservoirs nahezu leer. Nur durch unerwartete Regenfälle im Winter konnte die Stadt den „Day Zero“ knapp vermeiden. Dieses Beispiel zeigt, wie kritisch die Wasserversorgung werden kann, wenn Dürre und hohe Nachfrage zusammentreffen.
Wichtig ist auch der Unterschied zwischen Dürre und Wasserknappheit: Dürre beschreibt meteorologische Phänomene wie ausbleibenden Niederschlag und sinkende Bodenfeuchtigkeit, während Wasserknappheit zusätzlich technische, soziale und wirtschaftliche Faktoren berücksichtigt – etwa Wasserqualität, Infrastruktur, Speicherung und Verbrauch.
Die Studie untersucht, wann und wo auf der Erde Wasserknappheit erstmals eindeutig auf menschlichen Einfluss zurückgeführt werden kann. Dazu verwendet sie mehrere Indizes:
Die Forschenden nutzten zwei Klimaszenarien, um die Entwicklung bis zum Jahr 2100 zu simulieren:
Abbildung 1 zeigt deutlich: Gegen Ende des 21. Jahrhunderts werden fast alle Regionen einem hohen Risiko für schwere, langanhaltende Dürreperioden ausgesetzt sein. Besonders betroffen sind:
In vielen dieser Gebiete treten künftig mehrere Extremereignisse gleichzeitig auf: mehrjährige Niederschlagsdefizite, geringere Flussabflüsse und akute Wasserknappheit. Damit entsteht das, was die Forschenden als Day Zero Drought (DZD) bezeichnen – ein zusammengesetztes, mehrjähriges Extremereignis.
Die Studie führt ein zentrales Konzept ein: die Time of First Emergence (ToFE). Sie beschreibt das erste Jahrzehnt, in dem mit mindestens 99 % Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden kann, dass eine DZD vom Menschen verursacht wurde. Grundlage ist der FAR (Fraction of Attributable Risk) – der Anteil des Risikos, der auf menschliche Einflüsse zurückgeht. Ein FAR von 1 bedeutet, dass ein Ereignis ohne menschliches Zutun gar nicht aufgetreten wäre.
Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse: Bereits zwischen 2020 und 2030 erleben 19 % der Landfläche der Erde ihre erste vom Menschen verursachte DZD. Bis 2030 steigt der Anteil auf 35 %, und bis zum Ende des Jahrhunderts werden rund 75 % der Landoberfläche mindestens einmal ein solches Ereignis erfahren.
Ein weiterer entscheidender Parameter ist die Waiting Time – die Zeitspanne zwischen dem Ende einer DZD und dem Beginn der nächsten. In vielen Regionen ist diese Wartezeit kürzer als die Dauer des Ereignisses selbst. Das bedeutet: Die Erde hat keine Zeit zur Erholung. Besonders kritisch sind der Mittelmeerraum, Südafrika, Australien und Teile Asiens. In etwa 12 % der betroffenen Gebiete herrscht fast durchgehend Wasserknappheit.
In Amerika und Nordafrika treten DZD-Ereignisse seltener auf, dauern dann aber besonders lange.
Laut der Studie werden unter dem Szenario SSP3-7.0 mehr als 753 Millionen Menschendirekt von DZD-Ereignissen betroffen sein – davon 467 Millionen in Städten und 286 Millionen auf dem Land. Städte sind besonders gefährdet, da dort die Wassernachfrage durch Bevölkerungswachstum und Wirtschaftstätigkeit schneller steigt als das Angebot. Auch wenn urbane Infrastrukturen meist besser ausgebaut sind, bleibt die Anfälligkeit groß – mit Folgen für Energieversorgung, Hygiene und soziale Stabilität.
Bei einer globalen Erwärmung von nur 1,5 °C – also dem Ziel des Pariser Klimaabkommens – wären immer noch 488 Millionen Menschen betroffen. Selbst bei Einhaltung dieses Ziels bleibt das Problem also bestehen.
Die Forschenden betonen, dass die Lösung nicht allein in technischen Maßnahmen liegt. Es braucht ein Zusammenspiel von lokalem Wissen, kooperativem Wassermanagement, angepasster Governance und vielfältigen Strategien:
Gleichzeitig müssen Investitionen in klimaresiliente Infrastrukturen steigen, um einen nachhaltigen Zugang zu Wasser zu sichern – auch in Mitteleuropa. Denn, wie der Wasserexperte Thorsten Wagener von der Universität Potsdam erklärt:
Er verweist auf aktuelle Beispiele: Die Reisernte im Norden Italiens ist wegen niedriger Wasserstände im Po eingebrochen, Frankreich musste Kraftwerke drosseln, da Flusswasser zu warm wurde, und der Rhein war streckenweise nicht mehr schiffbar.
Fazit: Wir leben mitten im Zeitalter der “First Emergence of Unprecedented Global Water Scarcity”. Die beispiellose Wasserknappheit ist keine Zukunftsvision mehr – sie passiert jetzt.
Science Buster Buch
Das neue Buch der Science Buster heißt "AUS! - Die Wissenschaft vom Ende" und erscheint im Hanser Verlag. Tickets und Infos für die Live Show gibt es unter sciencebusters.at
Hinweis zur Werbung und Unterstützung
Ein kleiner Hinweis: In “Das Klima” gibt es keine Werbung. Wenn ihr Werbung hört, dann liegt das nicht an uns; dann hat jemand unerlaubt und ohne unser Wissen den Podcast-Feed kopiert und Werbung eingefügt. Wir machen keine Werbung - aber man kann uns gerne was spenden, geht auch bei PayPal.
Kontakt und weitere Projekte
Wenn ihr Fragen oder Feedback habt, dann schickt uns einfach eine Email an [email protected]. Alle Folgen und alle Shownotes findet ihr unter https://dasklima.fm.
Florian könnt ihr in seinem Podcast “Sternengeschichten” zuhören, zum Beispiel hier: https://sternengeschichten.podigee.io/ oder bei Spotify - und überall sonst wo es Podcasts gibt. Außerdem ist er auch noch regelmäßig im Science Busters Podcast und bei WRINT Wissenschaft”-Podcast zu hören (den es ebenfalls bei Spotify gibt). Mit der Astronomin Ruth Grützbauch veröffentlicht er den Podcast “Das Universum”.
Claudia forscht und lehrt an der TH Köln rund um Wissenschaftskommunikation und Bibliotheken und plaudert im Twitch-Stream “Forschungstrom” ab und an über Wissenschaft.
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