
Sign up to save your podcasts
Or


Heute wird es um das Thema Patchwork-Familien gehen.
Darum, welche Bedürfnisse, welche Ängste in solchen zusammengesetzten Familien Thema sind und welche Probleme ganz oft damit einhergehen.
Ich stamme selbst aus einer Patchwork-Familie. Ich werde dir von meinen ganz persönlichen Erfahrungen erzählen aber natürlich auch psychologische Fakten und viele gute Tipps an dich weitergeben, damit es in deiner Patchwork-Familie reibungslos läuft.
Weiterführende Links für dich:
Komm sehr gerne in meine neue Facebook Gruppe "Paartherapie Podcast - Glückliche & Erfüllte Beziehungen leben" und tausche dich dort mit mir persönlich und anderen Podcast-Hörern über die Themen Partnerschaft, Liebe & Paartherapie aus!
Hier kannst du dir alle Podcast-Folgen nochmal durchlesen.
Hier erfährst du mehr über mich.
Alle Informationen zur Online-Paartherapie gibt es hier.
Lese auch meine Blogposts rund um Partnerschaft, Psychologie & Fernbeziehung.
Ich freue mich auf dein Feedback, deine Fragen & Anregungen! Ich freue mich, dich kennen zu lernen. Kontaktiere mich einfach!
Vernetze dich mit mir auf Instagram! Du findest mich dort als @fernbeziehungsberaterin oder schreibe mir eine E-Mail an [email protected] - ich freue mich von dir zu hören!
Inhalt der Episode
Hallo & herzlich Willkommen zum Paartherapie Podcast – deinem Podcast für glückliche & erfüllte Beziehungen.
Mein Name ist Linda Mitterweger – ich bin Psychologin und Online-Paartherapeutin und heute wird es um das Thema Patchwork-Familien gehen.
Darum, welche Bedürfnisse, welche Ängste in solchen zusammengesetzten Familien Thema sind und welche Probleme ganz oft damit einhergehen.
Ich stamme selbst aus einer Patchwork-Familie, ich werde dir von meinen ganz persönlichen Erfahrungen erzählen aber natürlich auch psychologische Fakte und viele gute Tipps an dich weitergeben, damit es in deiner Patchwork-Familie reibungslos läuft. Ich wünsche dir ganz viel Spaß beim Hören.
Heute geht es um eine Thema, das für mich persönlich sehr persönlich ist. Um das Thema Patchwork-Familien nämlich. Und ich selbst komme aus einer Patchwork-Familie, ich habe das als Kind erlebt, ich erlebe das jetzt auch als Erwachsene und ich weiß, welche Themen da eine Rolle spielen und welche Probleme da auch auftreten können.
Meine Eltern haben sich getrennt als ich neun Jahre alt war. Mein Vater ist damals bei uns ausgezogen und zu seiner neuen Partnerin gezogen, die gar nicht weit weg gewohnt hat. Und ab diesem Zeitpunkt waren mein Bruder und ich – mein Bruder war damals 7 – abwechselnd bei meiner Mutter und meine Vater. Die hatten das sehr genau besprochen. Wir waren jedes zweite Wochenende bei meinem Vater und jede Woche einen festen Tag und genau die Hälfte der Ferien.
Und wenn man so klein ist, wie ich damals war, dann ist das eine ganz schön große Umstellung. Und gleichzeitig aber eine Umstellung bei der man sehr wenig Mitspracherecht hat. Und gleichzeitig eine Umstellung, die ganz viel durcheinander bringt, darüber, was man glaubt, wie das eigene Leben funktioniert.
Mein Bruder und ich waren dann nur noch ungefähr die Hälfte der Zeit Zuhause bei unserer Mutter, in unserem Haus, mit unseren Kinderzimmern, mit unseren Regeln, die wir kannten, an diesem Ort, an dem wir genau wussten, wie alles läuft, was wir dürfen, was wir nicht dürfen. Und die andere Hälfte der Zeit waren wir plötzlich an einem anderen Ort. In einem anderen Haus, in dem schon eine Familie gelebt hat. Die Lebensgefährtin meines Vaters hatte nämlich auch drei Kinder. Und plötzlich waren wir zu siebt. Zwei Erwachsene, fünf Kinder. Garnicht mal so leicht, glaube ich. Plötzlich muss ganz viel neu ausgehandelt werden: Wer bekommt welches Zimmer, wer übernimmt welche Rolle – die Geschwisterabfolge war auch plötzlich völlig durcheinander: Die Älteste war nicht mehr die Älteste, nicht alle Kinder waren wirkliche Geschwister. Mein Bruder und ich waren aus unserer Herkunftsfamilie ganz andere Regeln gewöhnt als die anderen Kinder. Das muss sich erstmal einpendeln. Und da muss ganz viel besprochen werden, ausgehandelt werden.
Und zu diesen ganzen strukturellen Themen kommt ja dann noch dieses riesige emotionale Paket dazu: Es macht was mit Kindern, wenn sich die Eltern trennen. Mit dem einen Kind mehr, mit dem anderen Kind weniger. Aber so eine Veränderung geht nicht spurlos vorbei. Auch diese Emotionen brauchen Platz. Und du merkst vielleicht schon – vielleicht kennst du das auch aus deiner eigenen Geschichte -, wie kompliziert dieses Patchwork-Familiensystem schon an diesem Punkt wird.
Tatsächlich habe ich dann einige Jahre in diesem Familiensystem gelebt – zur Hälfte der Zeit – bis mein Vater und seine Lebensgefährtin sich getrennt haben. Und dann stellt sich die nächste Frage: Kann man eine Ex-Patchwork-Familie haben? In welchem Verhältnis steht man denn dann? Fragen über Fragen….
Und das ist nur ein Teil meiner Situation. Deine Situation kann nochmal komplett anders sein. Es gibt in Patchwork-Familien so komplexe Zusammensetzungen – das genaue Gegenteil von Vater-Mutter-Kind.
Meine Mutter hat dann einige Jahre später nochmal neu geheiratet. Ich habe dann in der Zeit, in der ich bei meiner Mutter gelebt habe, auch mit meinem Stiefvater zusammen gelebt, der bei uns eingezogen ist. Auch er hat Kinder, die waren damals aber schon so alt, dass sie nicht mehr mit bei uns eingezogen sind. Trotzdem sind das meine Stiefgeschwister. Wir haben nie zusammen gelebt, wir sind nicht zusammen aufgewachsen, ich habe sie kennengelernt als ich 12 Jahre als war und trotzdem sind wir irgendwie verwandt. Irgendwie eine Familie. Und jetzt sind wir alle in einem Alter, in dem geheiratet und Familie gegründet wird. Und irgendwie tragen wir dieses Patchwork-Familiensystem damit jetzt auch in die nächste Generation. Denn jetzt werde ich eine Tante für Kinder, mit denen ich gar nicht blutsverwandt bin, sondern eine Stief-Beziehung habe. Durch die Heirat unserer Eltern.
Und dieser zweite Zweig meines Patchwork-Familiensystems zeigt nochmal ganz deutlich welche große Bandbreite innerhalb dieses Themas Patchwork-Familie möglich ist! Denn all das sind Patchwork-Familiensysteme und es gibt noch unglaublich viele mehr. Oft kommen noch neue, gemeinsame Kindern in diese Familiensysteme. In meinem Fall sind das verschiedene Formen von sogenannten zusammengesetzten Stieffamilien, in denen Menschen aus verschiedenen Familiensystemen durch neue Verpartnerung oder Heirat zusammenleben. Es gibt aber auch so viele Beispiele von sogenannten komplexen Stieffamilien, in denen die Partner dann nochmal zusätzlich zu ihren mit in die Familie gebrachten Kindern ein gemeinsames Kind bekommen.
Bei uns war das zeitweise gut, zeitweise gab es Krisen, gab es Konflikte, gab es Auseinandersetzungen. Jeder geht damit anders um. Ich musste diese ganze Thematik als Erwachsene nochmal für mich aufrollen und ein bisschen nacharbeiten, mein Bruder ist aber zum Beispiel damit total im Reinen. Für den war die Situation nie ein Problem. Da ist jeder Mensch unterschiedlich.
Und was mir wahrscheinlich geholfen hätte, als 9-jähriges Mädchen, wäre gewesen, dass meine Eltern sich da vielleicht Unterstützung geholt hätten. Eine Familienberatung oder –therapie. Dass jedes Familienmitglied mal die nötige Aufmerksamkeit bekommt, dass alle Wünsche und Bedürfnisse mal ausgesprochen werden können aber auch alle Ängste, jedes Gefühl der Überforderung. Dass das mal Platz bekommt. Und nicht alle die Situation einfach so akzeptieren müssen, wie das entschieden wurde.
Bitte jetzt nicht falsch verstehen: Ich bin meinen Eltern unglaublich dankbar für eine friedliche Scheidung, dafür, dass schon ein paar Wochen nach ihrer Trennung alle an meinem 10. Geburtstag wieder gemeinsam am Tisch saßen, dafür, dass nie ein böses Wort über den anderen fällt, dass nichts auf meinem Rücken ausgetragen wurde. Ich weiß das zu schätzen, ich weiß wie schwierig das ist und ich bin dafür unglaublich dankbar.
Und trotzdem bin ich mir ziemlich sicher, dass beispielsweise durch eine Familienberatung, dass einfach dadurch, dass jedes Familienmitglied mehr Raum hätte bekommen können, einige dieser Konflikte, die über die Zeit immer größer und immer schwieriger wurden, schon von Anfang an in konstruktive Bahnen hätten gelenkt werden können.
Und deshalb auch an dich mein Rat: Wenn du von einer Trennung stehst, wenn du eine Beziehung mit einem Partner eingehst, der schon Kinder hat, wenn du selbst Kinder hast und eine neue Beziehung eingehst, wenn du irgendwie von diesem Patchwork-Familien-Thema betroffen bist: Lass dich unterstützen und sorge dafür, dass jeder in deinem Familiensystem genug Raum bekommt für seine Emotionen, Wünsche und Bedürfnisse.
Und jetzt genug von mir – ich möchte dir ein paar Erkenntnisse aus der Beratungspraxis mitgeben zum Thema Patchwork- und Stieffamilien und dir auch mal ein Gespür dafür geben, zu welchen Themen es besonders viel Beratungsbedarf gibt – und natürlich ein paar Tipps!
Was die Struktur einer Stief- oder Patchwork-Familie ausmacht ist tatsächlich leider auch, dass sich eine wichtige Bezugsperson immer an einem anderen Ort befindet. Dass sich Kinder in dieser Situation konfrontiert sehen mit dem Verlust einer Bezugsperson. Und das ist einfach so. Das lässt sich nicht ändern. Das ist und bleibt ein Thema in Patchwork-Familien und es geht jetzt auch garnicht darum, dafür eine Lösung zu finden. Sondern einfach darum, das auf dem Schirm zu haben. Das nicht zu vergessen. Daran zu denken, dass das Kind nicht nur in dieser Familienkonstellation lebt, die du in deiner Partnerschaft ihm bietest, sondern dass da auch eine andere Bezugsperson ist, die auch wichtig ist. Zu der auch der Wunsch nach Nähe besteht. Wo es vielleicht mal ein Vermissen gibt. Dass ein Vermissen aber auch nicht bedeutet, dass das Kind deine Familie nicht mag oder es nicht mag, bei dir zu sein. Es ist einfach wichtig, diesen Gefühlen Raum zu geben, dieser Situation Raum zu geben. Damit das Kind oder die Kinder in deiner Patchwork-Familie eben nicht das Gefühl haben, ihre Gedanken und Wünsche und Bedürfnisse nicht offen aussprechen zu dürfen. Damit sie im Gegenteil erleben, dass Raum und Platz dafür ist. Denn wie mit diesem Verlust, mit diesen Gefühlen, umgegangen wird, hat nachhaltig einen Einfluss darauf, wie die Familienmitglieder zukünftig Beziehung eingehen. Und deshalb ist es so wichtig, darauf zu schauen, wie diese Situation verarbeitet wurde. Wie dieser Verlust verarbeitet wurde.
Weiter ist einfach ein grundlegender Bestandteil eines Patchwork-Familiensystems, dass man sich in ein bestehendes Subsystem integrieren muss. Das heißt, wenn du neu in die Familie deines Partners oder deiner Partnerin kommst, in der es Kinder gibt, dann gibt es eben auch ein bestehendes System mit bestehende Strukturen, Regeln, Abläufen. Und darin musst du dich integrieren. Eine Partnerschaft im Rahmen eines Patchwork-Systems bedeutet eben gleichzeitig auch: Man kann es sich jetzt nicht einfach zu zwei schön machen, sondern muss Rücksicht nehmen auf die anderen Mitglieder. Genauso ist es aber auch für die Kinder, die vielleicht zwischen den Elternteilen pendeln. Auch die müssen sich bei jedem Wechsel auf ein neues System einstellen, müssen sich da anpassen, sich integrieren. Und das ist manchmal garnicht so leicht. Wenn die Regeln plötzlich vom einen auf den anderen Tag anders sind. Genauso ist es wenn du eine neue Partnerin oder einen neuen Partner in dein bestehendes System holst: Auch der muss sich integrieren – das kennst du bestimmt: Ihr habt einfach in eurem Familiensystem Regeln, Abläufe, Strukturen. Und da ist wichtig, im Kontakt zu bleiben. Im Austausch zu bleiben. Anzuerkennen, was für eine Umstellung auch damit einher geht. Verständnis zu haben, wenn es mal nicht ganz glatt läuft.
Oft ist es auch so, dass die Familiengrenzen sehr unklar verlaufen. Dass jedes Familienmitglied ein bisschen anders definiert, wer zur Familie gehört und wer nicht. Und dass sich die Eltern, die die verschiedenen Kinder unter einen Hut bringen wollen, wünschen, dass es einfach eine große Familie gibt. Dass sich das Elternteil, das den neuen Partner in die Beziehung gebracht hat, wünscht, dass die Kinder den neuen Partner als Familienmitglied annehmen. Und so einfach ist es eben leider oft nicht. Dafür gibt es oft einfach nicht sofort eine optimale Lösung. Das ist ein Teil von Patchworksystemen.
Und gleichzeitig ist eben die Rolle des Stiefelternteils auch so wenig definiert. Es gibt keine gesetzliche Handhabe dazu, jedes Kind geht da anders damit um. Es hängt auch oft zusammen damit, wie der Kontakt zum biologischen Elternteil ist. Sympathien spielen da natürlich rein. Wünsche. Es gibt wenig Modelle, wie Patchworkfamilien funktionieren. Jede Stieffamilie kämpft mit ihren eigenen Themen, mal klappt es besser, mal weniger gut. Jede Familie muss hier ihre eigene Regelung finden. Es gibt keine allgemeingültige, die auf jede Familie übertragbar ist.
Ich habe diese Punkte, diese Strukturmerkmale der Patchwork-Familie vor allem dafür hier angebracht, um die ein Bewusstsein zu schaffen, darüber, wie komplex das Thema ist. Ein Bewusstsein zu schaffen, darüber, was vielleicht Themen sein könnten in deiner Familie.
Und jetzt kann ich dir sagen, was Themen sind, wegen denen oft Beratung aufgesucht wird. Was Themen sind, die oft zu Schwierigkeiten und Konflikten in den Familiensystemen führen.
Und ein solches Thema ist die Partnerschaft des neuen Paares. Also beispielsweise du und dein neuer Partner, von denen einer oder auch ihr beide Kinder mit in die Beziehung bringt. Und was so ungewohnt und oft auch schwierig daran ist, ist dass der Ablauf umgedreht wurde: Ihr wart zuerst Eltern und dann in einer Beziehung – und meistens ist es ja genau andersrum. Und was das schwierige daran ist, wenn von Anfang an Kinder einer Rolle in der Partnerschaft spielen ist, dass das Paar kaum Zeit hat, sich als Paar kennenzulernen. Die Paarbeziehung zu gestalten. Die Zeit zu zweit zu genießen. Rituale als Paar auszubilden. Es stellt ohnehin eine große Anforderung an ein Paar dar, eine Familie zu gründen, das System zu erweitern, zu dritt statt zu zweit zu sein. Und wenn ein Paar gemeinsam ein Kind bekommt, ist oft die zweisame Zeit, die sie davor hatten, ganz entscheidend. Daran wird sich zurück erinnert. Darauf baut alles auf. Und das fällt in Patchwork-Familien weg. Die Paarbeziehung ist oft weniger gefestigt und es gibt oft weniger schöne gemeinsame zweisame Erinnerung, die verbinden. Und gleichzeitig sind die Anforderungen des Familienalltags von Anfang an sehr hoch. Von Anfang an eben schon auf dem Niveau einer Familie und nicht einer reinen Partnerschaft. Und deshalb braucht die Paarbeziehung auch in diesem Patchwork-Kontext Pflege und Aufmerksamkeit. Denn sie ist die Grundlage für das ganze Patchwork-Familiensystem. Und damit kommen Paare dann oft in die Paartherapie. Um an ihrer Beziehung, diesem System zugrunde liegt, zu arbeiten und um miteinander in die Tiefe zu gehen. In eine tiefe Partnerschaft.
Ein weiteres Thema, das oft zu Konflikten führt in Patchwork-Familien ist der Zwang zur Normalität. Es passiert oft, dass die Trennung oder Scheidung, die Auflösung der eigentlichen Kernfamilie für die Eltern sehr schwierig ist. Mit sehr viel Trauer verbunden, mit Scham, mit Schulgefühlen. Mit Schmerz. Und im ersten Schritt geht es dann oft darum, erstmal die Familie zu versorgen, zu sehen, dass der Alltag weiterläuft, dass es den Kindern gut geht. Und das ist für die Eltern so belastend. Gerade für alleinerziehende Eltern ist der Alltag so anstrengend. Und dann kann es passieren, dass wenn ein neuer Partner kennengelernt wird, eine Patchwork-Familie sozusagen gegründet wird, der Wunsch da ist, ganz schnell eine normale Familie zu sein. Alles soll wieder in normalen, geregelten Bahnen verlaufen und dieser Schmerz und diese Scham und dieses Gefühl der Überforderung soll verschwinden.
Oft kommen auch solche Familiensysteme in die Beratung, wenn es um die Rolle des Stiefelternteils geht – das hatte ich ja vorhin schon angesprochen. In der Regel haben die leiblichen Eltern das Sorgerecht und der Stiefelternteil keine wirklich definierte Position. Und das muss dann eben ausgehandelt werden. In wieweit der Stiefelternteil bei der Erziehung unterstützt, aber eben nicht versucht, eine Elternfunktion zu übernehmen. Und trotzdem ist es im gemeinsamen Zusammenleben wichtig, dass auch der Stiefelternteil mal eine Grenze setzen darf, ohne dabei Grenzen zu überschreiten.
Ein weiteres, in sehr vielen Familien sehr herausforderndes Thema, stellt die Gestaltung der Beziehung zum getrennt lebenden Elternteil dar. Denn wie der Umgang mit dem zweiten Elternteil gestaltet wird, auf welche Art und Weise das organisiert wird, wirkt sich eben auch auf das Leben der Stieffamilie aus.
Im weiterführenden Verlauf kann so eine unsichere Situation auch zu einem Loyalitätskonflikt der Kinder führen. Kinder lieben in der Regel beide Eltern. Und trotzdem können Sie meistens nach der Trennung nur mit einem Elternteil zusammen leben. Gleichzeitig leben sie dann abe mit dem neuen Partner ihres Elternteils zusammen, mit dem sie streng genommen davor gar nichts zu tun hatten. Und diese Konstellation kann Loyalitätskonflikte mit sich bringen. Die Kinder können sich als Verräter ihrem eigenen Elternteil gegenüber fühlen, wenn sie nicht mit ihm zusammenleben. Sie können sich schuldig fühlen, wenn sie sich mit dem neuen Partner anfreunden. Sie können auch Konflikte mit dem neuen Partner haben und sich dann ihrem eigenen Elternteil gegenüber schuldig fühlen. Sie können in Konflikte zwischen den Eltern geraten. Träger von Botschaften oder Geheimnissen werden.
Und dann gibt es da noch dieses riesige Thema Grenzen. In Patchwork- und Stieffamilien kommt es so oft zu Grenzüberschreitungen – ob bewusst oder unbewusst. Vorhin habe ich ja schon über das Thema Grenzen setzen gesprochen. Darüber, wie die Grenze zwischen Partnerschaft und Familie fließend ist. Darüber, wie wichtig es ist zu besprechen, wie der Stiefelternteil Grenzen setzen kann ohne die Erziehung zu übernehmen.
Ein weiteres relevantes Grenzthema in Stieffamilien ist der Umgang mit Nähe und Distanz. Hier braucht es besonders klare räumliche und auch körperliche Grenzen. Dürfen die Kinder im gemeinsamen Bett schlafen, auch wenn es nur ein leiblicher Elternteil ist und ein Stiefelternteil? Wer benutzt gemeinsam das Bad? Das sind Fragen, die Raum brauchen.
Und dann – und damit möchte ich dieses Thema schließen – gibt es zwei ganz typische Bewältigungsstrategien in Stief- und Patchwork-Familien, die sehr destruktiv sind. Und falls du das jetzt hörst und bemerkt, dass das ein Mechanismus ist, der sich in deinem Familiensystem eingeschlichen hat, dann möchte ich dich ermuntern, die Aufmerksamkeit darauf zu richten und da was zu verändern.
Es passiert immer wieder, dass das Stieffamilie-Sein in der Familie tabuisiert wird. Dass die Familie nach außen den Anschein erwecken will, eine ganz normale Familie zu sein. Dass der außenlebende Elternteil vielleicht sogar ausgegrenzt wird, dass der Stiefelternteil „Papa“ oder „Mama“ wird – auch so genannt wird und dass im weiteren Schritt vielleicht sogar die Kinder adoptiert werden oder die Namen geändert werden. Und das sind Tabuisierungsstrategien. Damit gibt sich die Stieffamilie eine Definition, die ihrer Struktur widerspricht. Es soll überdeckt werden, dass diese Familie einfach anders ist. Und die Realität wird damit geleugnet. Und selbst wenn dann im außen alles passt: Wenn die Kinder auch von Rechtswegen Geschwister sind, wenn alle den gleichen Namen tragen – dann bleibt die Familie immer Inneren trotzdem eine zusammengesetzte Stieffamilie und das lässt sich auch nicht ändern. Dann hat die Familie trotzdem nicht die langjährige Geschichte, die sie sich wünscht und die sie von sich Glauben machen möchte. Und dann sind diese Spannungen, die da zwangsläufig auftreten vielleicht für den Moment unterdrückt aber nicht grundlegend verschwunden.
Und eine zweite Bewältigungsstrategie in Stieffamilien ist oft, dass sich der Stiefelternteil überengagiert. Dass er versucht, der bessere Vater oder die bessere Mutter zu sein. Und was dahinter steckt ist meistens eine riesige Unsicherheit mit der eigenen Rolle. Und seine riesige Angst, keinen Platz in diesem Familiensystem zu finden. Und deshalb wird sich so intensiv um die Stiefkinder gekümmert, werden Beziehungsangebote gemacht. Und wird die Familienanbindung regelrecht erzwungen. Und es gibt eben keine Zeit für ein Kennenlerne, keine Zeit für eine gemeinsame Entwicklung.
Und damit abschließend auch nochmal meine Ermutigung: Patchwork-Systeme können funktionieren. Ich lebe seit vielen Jahren in einem funktionierenden Patchwork-Familiensystem in dem es genauso Krisen und Schwierigkeiten gibt wie in jeder anderen Familie, in der es auch Stieffamilienspezifische Themen oft zu regeln gibt aber in der es auch besondere Momente gibt. Familienmomente gibt. Und in der jeder – auch wenn es seine Zeit gebraucht hat – seinen Platz gefunden hat.
Patchwork-Familien sind in der heutigen Zeit nicht mal mehr die Ausnahme. Es gibt sie immer mehr und es kann funktionieren. Mit ein bisschen Achtsamkeit für die Bedürfnisse. Für die Wünsche. Für Ängste. Für Themen, die da sind. Mit viel Austausch. Mit Ruhe. Mit langsam gemeinsam Wachsen. Mit Raum für jedes einzelne Mitglied.
Ich wünsch dir alles Gute für deine Familie – ganz egal in welcher Konstellation du auch immer leben magst!
Schön, dass du auch diesmal dabei warst.
Vielleicht hast du dich oder eine Familie in der einen oder anderen Sache wiedererkannt, vielleicht läuft es bei dir auch ganz anders. Es gibt keine festen Regeln. Alles ist möglich in diesen Familienkonstellationen und das macht es manchmal schwierig aber es bietet eben auch unendliche Möglichkeiten zu Wachstum und Entfaltung.
Schreib mir doch sehr gerne, wie dir die Folge gefallen hat. Gebe eine Rezension auf Itunes ab oder komm in die Facebook-Gruppe oder schreib mir eine E-Mail! Ich freu mich sehr von dir zu hören!
Mach’s gut,
lass es dir gut gehen und bis bald!
Deine Linda
By Linda MitterwegerHeute wird es um das Thema Patchwork-Familien gehen.
Darum, welche Bedürfnisse, welche Ängste in solchen zusammengesetzten Familien Thema sind und welche Probleme ganz oft damit einhergehen.
Ich stamme selbst aus einer Patchwork-Familie. Ich werde dir von meinen ganz persönlichen Erfahrungen erzählen aber natürlich auch psychologische Fakten und viele gute Tipps an dich weitergeben, damit es in deiner Patchwork-Familie reibungslos läuft.
Weiterführende Links für dich:
Komm sehr gerne in meine neue Facebook Gruppe "Paartherapie Podcast - Glückliche & Erfüllte Beziehungen leben" und tausche dich dort mit mir persönlich und anderen Podcast-Hörern über die Themen Partnerschaft, Liebe & Paartherapie aus!
Hier kannst du dir alle Podcast-Folgen nochmal durchlesen.
Hier erfährst du mehr über mich.
Alle Informationen zur Online-Paartherapie gibt es hier.
Lese auch meine Blogposts rund um Partnerschaft, Psychologie & Fernbeziehung.
Ich freue mich auf dein Feedback, deine Fragen & Anregungen! Ich freue mich, dich kennen zu lernen. Kontaktiere mich einfach!
Vernetze dich mit mir auf Instagram! Du findest mich dort als @fernbeziehungsberaterin oder schreibe mir eine E-Mail an [email protected] - ich freue mich von dir zu hören!
Inhalt der Episode
Hallo & herzlich Willkommen zum Paartherapie Podcast – deinem Podcast für glückliche & erfüllte Beziehungen.
Mein Name ist Linda Mitterweger – ich bin Psychologin und Online-Paartherapeutin und heute wird es um das Thema Patchwork-Familien gehen.
Darum, welche Bedürfnisse, welche Ängste in solchen zusammengesetzten Familien Thema sind und welche Probleme ganz oft damit einhergehen.
Ich stamme selbst aus einer Patchwork-Familie, ich werde dir von meinen ganz persönlichen Erfahrungen erzählen aber natürlich auch psychologische Fakte und viele gute Tipps an dich weitergeben, damit es in deiner Patchwork-Familie reibungslos läuft. Ich wünsche dir ganz viel Spaß beim Hören.
Heute geht es um eine Thema, das für mich persönlich sehr persönlich ist. Um das Thema Patchwork-Familien nämlich. Und ich selbst komme aus einer Patchwork-Familie, ich habe das als Kind erlebt, ich erlebe das jetzt auch als Erwachsene und ich weiß, welche Themen da eine Rolle spielen und welche Probleme da auch auftreten können.
Meine Eltern haben sich getrennt als ich neun Jahre alt war. Mein Vater ist damals bei uns ausgezogen und zu seiner neuen Partnerin gezogen, die gar nicht weit weg gewohnt hat. Und ab diesem Zeitpunkt waren mein Bruder und ich – mein Bruder war damals 7 – abwechselnd bei meiner Mutter und meine Vater. Die hatten das sehr genau besprochen. Wir waren jedes zweite Wochenende bei meinem Vater und jede Woche einen festen Tag und genau die Hälfte der Ferien.
Und wenn man so klein ist, wie ich damals war, dann ist das eine ganz schön große Umstellung. Und gleichzeitig aber eine Umstellung bei der man sehr wenig Mitspracherecht hat. Und gleichzeitig eine Umstellung, die ganz viel durcheinander bringt, darüber, was man glaubt, wie das eigene Leben funktioniert.
Mein Bruder und ich waren dann nur noch ungefähr die Hälfte der Zeit Zuhause bei unserer Mutter, in unserem Haus, mit unseren Kinderzimmern, mit unseren Regeln, die wir kannten, an diesem Ort, an dem wir genau wussten, wie alles läuft, was wir dürfen, was wir nicht dürfen. Und die andere Hälfte der Zeit waren wir plötzlich an einem anderen Ort. In einem anderen Haus, in dem schon eine Familie gelebt hat. Die Lebensgefährtin meines Vaters hatte nämlich auch drei Kinder. Und plötzlich waren wir zu siebt. Zwei Erwachsene, fünf Kinder. Garnicht mal so leicht, glaube ich. Plötzlich muss ganz viel neu ausgehandelt werden: Wer bekommt welches Zimmer, wer übernimmt welche Rolle – die Geschwisterabfolge war auch plötzlich völlig durcheinander: Die Älteste war nicht mehr die Älteste, nicht alle Kinder waren wirkliche Geschwister. Mein Bruder und ich waren aus unserer Herkunftsfamilie ganz andere Regeln gewöhnt als die anderen Kinder. Das muss sich erstmal einpendeln. Und da muss ganz viel besprochen werden, ausgehandelt werden.
Und zu diesen ganzen strukturellen Themen kommt ja dann noch dieses riesige emotionale Paket dazu: Es macht was mit Kindern, wenn sich die Eltern trennen. Mit dem einen Kind mehr, mit dem anderen Kind weniger. Aber so eine Veränderung geht nicht spurlos vorbei. Auch diese Emotionen brauchen Platz. Und du merkst vielleicht schon – vielleicht kennst du das auch aus deiner eigenen Geschichte -, wie kompliziert dieses Patchwork-Familiensystem schon an diesem Punkt wird.
Tatsächlich habe ich dann einige Jahre in diesem Familiensystem gelebt – zur Hälfte der Zeit – bis mein Vater und seine Lebensgefährtin sich getrennt haben. Und dann stellt sich die nächste Frage: Kann man eine Ex-Patchwork-Familie haben? In welchem Verhältnis steht man denn dann? Fragen über Fragen….
Und das ist nur ein Teil meiner Situation. Deine Situation kann nochmal komplett anders sein. Es gibt in Patchwork-Familien so komplexe Zusammensetzungen – das genaue Gegenteil von Vater-Mutter-Kind.
Meine Mutter hat dann einige Jahre später nochmal neu geheiratet. Ich habe dann in der Zeit, in der ich bei meiner Mutter gelebt habe, auch mit meinem Stiefvater zusammen gelebt, der bei uns eingezogen ist. Auch er hat Kinder, die waren damals aber schon so alt, dass sie nicht mehr mit bei uns eingezogen sind. Trotzdem sind das meine Stiefgeschwister. Wir haben nie zusammen gelebt, wir sind nicht zusammen aufgewachsen, ich habe sie kennengelernt als ich 12 Jahre als war und trotzdem sind wir irgendwie verwandt. Irgendwie eine Familie. Und jetzt sind wir alle in einem Alter, in dem geheiratet und Familie gegründet wird. Und irgendwie tragen wir dieses Patchwork-Familiensystem damit jetzt auch in die nächste Generation. Denn jetzt werde ich eine Tante für Kinder, mit denen ich gar nicht blutsverwandt bin, sondern eine Stief-Beziehung habe. Durch die Heirat unserer Eltern.
Und dieser zweite Zweig meines Patchwork-Familiensystems zeigt nochmal ganz deutlich welche große Bandbreite innerhalb dieses Themas Patchwork-Familie möglich ist! Denn all das sind Patchwork-Familiensysteme und es gibt noch unglaublich viele mehr. Oft kommen noch neue, gemeinsame Kindern in diese Familiensysteme. In meinem Fall sind das verschiedene Formen von sogenannten zusammengesetzten Stieffamilien, in denen Menschen aus verschiedenen Familiensystemen durch neue Verpartnerung oder Heirat zusammenleben. Es gibt aber auch so viele Beispiele von sogenannten komplexen Stieffamilien, in denen die Partner dann nochmal zusätzlich zu ihren mit in die Familie gebrachten Kindern ein gemeinsames Kind bekommen.
Bei uns war das zeitweise gut, zeitweise gab es Krisen, gab es Konflikte, gab es Auseinandersetzungen. Jeder geht damit anders um. Ich musste diese ganze Thematik als Erwachsene nochmal für mich aufrollen und ein bisschen nacharbeiten, mein Bruder ist aber zum Beispiel damit total im Reinen. Für den war die Situation nie ein Problem. Da ist jeder Mensch unterschiedlich.
Und was mir wahrscheinlich geholfen hätte, als 9-jähriges Mädchen, wäre gewesen, dass meine Eltern sich da vielleicht Unterstützung geholt hätten. Eine Familienberatung oder –therapie. Dass jedes Familienmitglied mal die nötige Aufmerksamkeit bekommt, dass alle Wünsche und Bedürfnisse mal ausgesprochen werden können aber auch alle Ängste, jedes Gefühl der Überforderung. Dass das mal Platz bekommt. Und nicht alle die Situation einfach so akzeptieren müssen, wie das entschieden wurde.
Bitte jetzt nicht falsch verstehen: Ich bin meinen Eltern unglaublich dankbar für eine friedliche Scheidung, dafür, dass schon ein paar Wochen nach ihrer Trennung alle an meinem 10. Geburtstag wieder gemeinsam am Tisch saßen, dafür, dass nie ein böses Wort über den anderen fällt, dass nichts auf meinem Rücken ausgetragen wurde. Ich weiß das zu schätzen, ich weiß wie schwierig das ist und ich bin dafür unglaublich dankbar.
Und trotzdem bin ich mir ziemlich sicher, dass beispielsweise durch eine Familienberatung, dass einfach dadurch, dass jedes Familienmitglied mehr Raum hätte bekommen können, einige dieser Konflikte, die über die Zeit immer größer und immer schwieriger wurden, schon von Anfang an in konstruktive Bahnen hätten gelenkt werden können.
Und deshalb auch an dich mein Rat: Wenn du von einer Trennung stehst, wenn du eine Beziehung mit einem Partner eingehst, der schon Kinder hat, wenn du selbst Kinder hast und eine neue Beziehung eingehst, wenn du irgendwie von diesem Patchwork-Familien-Thema betroffen bist: Lass dich unterstützen und sorge dafür, dass jeder in deinem Familiensystem genug Raum bekommt für seine Emotionen, Wünsche und Bedürfnisse.
Und jetzt genug von mir – ich möchte dir ein paar Erkenntnisse aus der Beratungspraxis mitgeben zum Thema Patchwork- und Stieffamilien und dir auch mal ein Gespür dafür geben, zu welchen Themen es besonders viel Beratungsbedarf gibt – und natürlich ein paar Tipps!
Was die Struktur einer Stief- oder Patchwork-Familie ausmacht ist tatsächlich leider auch, dass sich eine wichtige Bezugsperson immer an einem anderen Ort befindet. Dass sich Kinder in dieser Situation konfrontiert sehen mit dem Verlust einer Bezugsperson. Und das ist einfach so. Das lässt sich nicht ändern. Das ist und bleibt ein Thema in Patchwork-Familien und es geht jetzt auch garnicht darum, dafür eine Lösung zu finden. Sondern einfach darum, das auf dem Schirm zu haben. Das nicht zu vergessen. Daran zu denken, dass das Kind nicht nur in dieser Familienkonstellation lebt, die du in deiner Partnerschaft ihm bietest, sondern dass da auch eine andere Bezugsperson ist, die auch wichtig ist. Zu der auch der Wunsch nach Nähe besteht. Wo es vielleicht mal ein Vermissen gibt. Dass ein Vermissen aber auch nicht bedeutet, dass das Kind deine Familie nicht mag oder es nicht mag, bei dir zu sein. Es ist einfach wichtig, diesen Gefühlen Raum zu geben, dieser Situation Raum zu geben. Damit das Kind oder die Kinder in deiner Patchwork-Familie eben nicht das Gefühl haben, ihre Gedanken und Wünsche und Bedürfnisse nicht offen aussprechen zu dürfen. Damit sie im Gegenteil erleben, dass Raum und Platz dafür ist. Denn wie mit diesem Verlust, mit diesen Gefühlen, umgegangen wird, hat nachhaltig einen Einfluss darauf, wie die Familienmitglieder zukünftig Beziehung eingehen. Und deshalb ist es so wichtig, darauf zu schauen, wie diese Situation verarbeitet wurde. Wie dieser Verlust verarbeitet wurde.
Weiter ist einfach ein grundlegender Bestandteil eines Patchwork-Familiensystems, dass man sich in ein bestehendes Subsystem integrieren muss. Das heißt, wenn du neu in die Familie deines Partners oder deiner Partnerin kommst, in der es Kinder gibt, dann gibt es eben auch ein bestehendes System mit bestehende Strukturen, Regeln, Abläufen. Und darin musst du dich integrieren. Eine Partnerschaft im Rahmen eines Patchwork-Systems bedeutet eben gleichzeitig auch: Man kann es sich jetzt nicht einfach zu zwei schön machen, sondern muss Rücksicht nehmen auf die anderen Mitglieder. Genauso ist es aber auch für die Kinder, die vielleicht zwischen den Elternteilen pendeln. Auch die müssen sich bei jedem Wechsel auf ein neues System einstellen, müssen sich da anpassen, sich integrieren. Und das ist manchmal garnicht so leicht. Wenn die Regeln plötzlich vom einen auf den anderen Tag anders sind. Genauso ist es wenn du eine neue Partnerin oder einen neuen Partner in dein bestehendes System holst: Auch der muss sich integrieren – das kennst du bestimmt: Ihr habt einfach in eurem Familiensystem Regeln, Abläufe, Strukturen. Und da ist wichtig, im Kontakt zu bleiben. Im Austausch zu bleiben. Anzuerkennen, was für eine Umstellung auch damit einher geht. Verständnis zu haben, wenn es mal nicht ganz glatt läuft.
Oft ist es auch so, dass die Familiengrenzen sehr unklar verlaufen. Dass jedes Familienmitglied ein bisschen anders definiert, wer zur Familie gehört und wer nicht. Und dass sich die Eltern, die die verschiedenen Kinder unter einen Hut bringen wollen, wünschen, dass es einfach eine große Familie gibt. Dass sich das Elternteil, das den neuen Partner in die Beziehung gebracht hat, wünscht, dass die Kinder den neuen Partner als Familienmitglied annehmen. Und so einfach ist es eben leider oft nicht. Dafür gibt es oft einfach nicht sofort eine optimale Lösung. Das ist ein Teil von Patchworksystemen.
Und gleichzeitig ist eben die Rolle des Stiefelternteils auch so wenig definiert. Es gibt keine gesetzliche Handhabe dazu, jedes Kind geht da anders damit um. Es hängt auch oft zusammen damit, wie der Kontakt zum biologischen Elternteil ist. Sympathien spielen da natürlich rein. Wünsche. Es gibt wenig Modelle, wie Patchworkfamilien funktionieren. Jede Stieffamilie kämpft mit ihren eigenen Themen, mal klappt es besser, mal weniger gut. Jede Familie muss hier ihre eigene Regelung finden. Es gibt keine allgemeingültige, die auf jede Familie übertragbar ist.
Ich habe diese Punkte, diese Strukturmerkmale der Patchwork-Familie vor allem dafür hier angebracht, um die ein Bewusstsein zu schaffen, darüber, wie komplex das Thema ist. Ein Bewusstsein zu schaffen, darüber, was vielleicht Themen sein könnten in deiner Familie.
Und jetzt kann ich dir sagen, was Themen sind, wegen denen oft Beratung aufgesucht wird. Was Themen sind, die oft zu Schwierigkeiten und Konflikten in den Familiensystemen führen.
Und ein solches Thema ist die Partnerschaft des neuen Paares. Also beispielsweise du und dein neuer Partner, von denen einer oder auch ihr beide Kinder mit in die Beziehung bringt. Und was so ungewohnt und oft auch schwierig daran ist, ist dass der Ablauf umgedreht wurde: Ihr wart zuerst Eltern und dann in einer Beziehung – und meistens ist es ja genau andersrum. Und was das schwierige daran ist, wenn von Anfang an Kinder einer Rolle in der Partnerschaft spielen ist, dass das Paar kaum Zeit hat, sich als Paar kennenzulernen. Die Paarbeziehung zu gestalten. Die Zeit zu zweit zu genießen. Rituale als Paar auszubilden. Es stellt ohnehin eine große Anforderung an ein Paar dar, eine Familie zu gründen, das System zu erweitern, zu dritt statt zu zweit zu sein. Und wenn ein Paar gemeinsam ein Kind bekommt, ist oft die zweisame Zeit, die sie davor hatten, ganz entscheidend. Daran wird sich zurück erinnert. Darauf baut alles auf. Und das fällt in Patchwork-Familien weg. Die Paarbeziehung ist oft weniger gefestigt und es gibt oft weniger schöne gemeinsame zweisame Erinnerung, die verbinden. Und gleichzeitig sind die Anforderungen des Familienalltags von Anfang an sehr hoch. Von Anfang an eben schon auf dem Niveau einer Familie und nicht einer reinen Partnerschaft. Und deshalb braucht die Paarbeziehung auch in diesem Patchwork-Kontext Pflege und Aufmerksamkeit. Denn sie ist die Grundlage für das ganze Patchwork-Familiensystem. Und damit kommen Paare dann oft in die Paartherapie. Um an ihrer Beziehung, diesem System zugrunde liegt, zu arbeiten und um miteinander in die Tiefe zu gehen. In eine tiefe Partnerschaft.
Ein weiteres Thema, das oft zu Konflikten führt in Patchwork-Familien ist der Zwang zur Normalität. Es passiert oft, dass die Trennung oder Scheidung, die Auflösung der eigentlichen Kernfamilie für die Eltern sehr schwierig ist. Mit sehr viel Trauer verbunden, mit Scham, mit Schulgefühlen. Mit Schmerz. Und im ersten Schritt geht es dann oft darum, erstmal die Familie zu versorgen, zu sehen, dass der Alltag weiterläuft, dass es den Kindern gut geht. Und das ist für die Eltern so belastend. Gerade für alleinerziehende Eltern ist der Alltag so anstrengend. Und dann kann es passieren, dass wenn ein neuer Partner kennengelernt wird, eine Patchwork-Familie sozusagen gegründet wird, der Wunsch da ist, ganz schnell eine normale Familie zu sein. Alles soll wieder in normalen, geregelten Bahnen verlaufen und dieser Schmerz und diese Scham und dieses Gefühl der Überforderung soll verschwinden.
Oft kommen auch solche Familiensysteme in die Beratung, wenn es um die Rolle des Stiefelternteils geht – das hatte ich ja vorhin schon angesprochen. In der Regel haben die leiblichen Eltern das Sorgerecht und der Stiefelternteil keine wirklich definierte Position. Und das muss dann eben ausgehandelt werden. In wieweit der Stiefelternteil bei der Erziehung unterstützt, aber eben nicht versucht, eine Elternfunktion zu übernehmen. Und trotzdem ist es im gemeinsamen Zusammenleben wichtig, dass auch der Stiefelternteil mal eine Grenze setzen darf, ohne dabei Grenzen zu überschreiten.
Ein weiteres, in sehr vielen Familien sehr herausforderndes Thema, stellt die Gestaltung der Beziehung zum getrennt lebenden Elternteil dar. Denn wie der Umgang mit dem zweiten Elternteil gestaltet wird, auf welche Art und Weise das organisiert wird, wirkt sich eben auch auf das Leben der Stieffamilie aus.
Im weiterführenden Verlauf kann so eine unsichere Situation auch zu einem Loyalitätskonflikt der Kinder führen. Kinder lieben in der Regel beide Eltern. Und trotzdem können Sie meistens nach der Trennung nur mit einem Elternteil zusammen leben. Gleichzeitig leben sie dann abe mit dem neuen Partner ihres Elternteils zusammen, mit dem sie streng genommen davor gar nichts zu tun hatten. Und diese Konstellation kann Loyalitätskonflikte mit sich bringen. Die Kinder können sich als Verräter ihrem eigenen Elternteil gegenüber fühlen, wenn sie nicht mit ihm zusammenleben. Sie können sich schuldig fühlen, wenn sie sich mit dem neuen Partner anfreunden. Sie können auch Konflikte mit dem neuen Partner haben und sich dann ihrem eigenen Elternteil gegenüber schuldig fühlen. Sie können in Konflikte zwischen den Eltern geraten. Träger von Botschaften oder Geheimnissen werden.
Und dann gibt es da noch dieses riesige Thema Grenzen. In Patchwork- und Stieffamilien kommt es so oft zu Grenzüberschreitungen – ob bewusst oder unbewusst. Vorhin habe ich ja schon über das Thema Grenzen setzen gesprochen. Darüber, wie die Grenze zwischen Partnerschaft und Familie fließend ist. Darüber, wie wichtig es ist zu besprechen, wie der Stiefelternteil Grenzen setzen kann ohne die Erziehung zu übernehmen.
Ein weiteres relevantes Grenzthema in Stieffamilien ist der Umgang mit Nähe und Distanz. Hier braucht es besonders klare räumliche und auch körperliche Grenzen. Dürfen die Kinder im gemeinsamen Bett schlafen, auch wenn es nur ein leiblicher Elternteil ist und ein Stiefelternteil? Wer benutzt gemeinsam das Bad? Das sind Fragen, die Raum brauchen.
Und dann – und damit möchte ich dieses Thema schließen – gibt es zwei ganz typische Bewältigungsstrategien in Stief- und Patchwork-Familien, die sehr destruktiv sind. Und falls du das jetzt hörst und bemerkt, dass das ein Mechanismus ist, der sich in deinem Familiensystem eingeschlichen hat, dann möchte ich dich ermuntern, die Aufmerksamkeit darauf zu richten und da was zu verändern.
Es passiert immer wieder, dass das Stieffamilie-Sein in der Familie tabuisiert wird. Dass die Familie nach außen den Anschein erwecken will, eine ganz normale Familie zu sein. Dass der außenlebende Elternteil vielleicht sogar ausgegrenzt wird, dass der Stiefelternteil „Papa“ oder „Mama“ wird – auch so genannt wird und dass im weiteren Schritt vielleicht sogar die Kinder adoptiert werden oder die Namen geändert werden. Und das sind Tabuisierungsstrategien. Damit gibt sich die Stieffamilie eine Definition, die ihrer Struktur widerspricht. Es soll überdeckt werden, dass diese Familie einfach anders ist. Und die Realität wird damit geleugnet. Und selbst wenn dann im außen alles passt: Wenn die Kinder auch von Rechtswegen Geschwister sind, wenn alle den gleichen Namen tragen – dann bleibt die Familie immer Inneren trotzdem eine zusammengesetzte Stieffamilie und das lässt sich auch nicht ändern. Dann hat die Familie trotzdem nicht die langjährige Geschichte, die sie sich wünscht und die sie von sich Glauben machen möchte. Und dann sind diese Spannungen, die da zwangsläufig auftreten vielleicht für den Moment unterdrückt aber nicht grundlegend verschwunden.
Und eine zweite Bewältigungsstrategie in Stieffamilien ist oft, dass sich der Stiefelternteil überengagiert. Dass er versucht, der bessere Vater oder die bessere Mutter zu sein. Und was dahinter steckt ist meistens eine riesige Unsicherheit mit der eigenen Rolle. Und seine riesige Angst, keinen Platz in diesem Familiensystem zu finden. Und deshalb wird sich so intensiv um die Stiefkinder gekümmert, werden Beziehungsangebote gemacht. Und wird die Familienanbindung regelrecht erzwungen. Und es gibt eben keine Zeit für ein Kennenlerne, keine Zeit für eine gemeinsame Entwicklung.
Und damit abschließend auch nochmal meine Ermutigung: Patchwork-Systeme können funktionieren. Ich lebe seit vielen Jahren in einem funktionierenden Patchwork-Familiensystem in dem es genauso Krisen und Schwierigkeiten gibt wie in jeder anderen Familie, in der es auch Stieffamilienspezifische Themen oft zu regeln gibt aber in der es auch besondere Momente gibt. Familienmomente gibt. Und in der jeder – auch wenn es seine Zeit gebraucht hat – seinen Platz gefunden hat.
Patchwork-Familien sind in der heutigen Zeit nicht mal mehr die Ausnahme. Es gibt sie immer mehr und es kann funktionieren. Mit ein bisschen Achtsamkeit für die Bedürfnisse. Für die Wünsche. Für Ängste. Für Themen, die da sind. Mit viel Austausch. Mit Ruhe. Mit langsam gemeinsam Wachsen. Mit Raum für jedes einzelne Mitglied.
Ich wünsch dir alles Gute für deine Familie – ganz egal in welcher Konstellation du auch immer leben magst!
Schön, dass du auch diesmal dabei warst.
Vielleicht hast du dich oder eine Familie in der einen oder anderen Sache wiedererkannt, vielleicht läuft es bei dir auch ganz anders. Es gibt keine festen Regeln. Alles ist möglich in diesen Familienkonstellationen und das macht es manchmal schwierig aber es bietet eben auch unendliche Möglichkeiten zu Wachstum und Entfaltung.
Schreib mir doch sehr gerne, wie dir die Folge gefallen hat. Gebe eine Rezension auf Itunes ab oder komm in die Facebook-Gruppe oder schreib mir eine E-Mail! Ich freu mich sehr von dir zu hören!
Mach’s gut,
lass es dir gut gehen und bis bald!
Deine Linda

101 Listeners

48 Listeners

25 Listeners

47 Listeners

278 Listeners

11 Listeners

59 Listeners

6 Listeners

0 Listeners

7 Listeners

46 Listeners

319 Listeners

5 Listeners

2 Listeners

0 Listeners