Die russische Journalistin und Politologin Darja Dugina wurde in der Nähe von Moskau mit einer Autobombe ermordet. Ich bin entsetzt angesichts dieser Schandtat und trauere um Darja Dugina!
Ein Kommentar von Bernd Lukoschik.
Mit der üblichen Kaltschnäuzigkeit, wenn es derzeit um Russen geht, reagierten die westlichen Medien. Mehrfach wurde hervorgehoben, so etwa die Tagesschau am 21.8.2022 unter „Dugin-Tochter stirbt bei Autoexplosion“, es handele sich um die „Tochter des rechtsnationalistischen Ideologen Dugin“, der „immer wieder als Einflüsterer oder als 'Gehirn' des russischen Präsidenten Wladimir Putin bezeichnet“ werde. „Die 29-Jährige selbst galt als glühende Verfechterin des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.“
Alles Titulierungen und Aussagen, die zur Folge haben (sollen?), dass die Meldung über die Ermordung kaum Entsetzen beim Tagesschaukonsumenten hervorruft (die Berichterstattung erinnert lebhaft an die der Ermordung des iranischen Generals Sulaimanyi durch eine US-Drohne – ebenfalls eine staatsterroristische Tat durch den Wertewesten).
Die Tagesschaumeldung soll also kein Entsetzen hervorrufen, im Gegenteil: „Wenn sie Tochter eines Rechtsnationalisten ist“, so könnte so mancher Tagesschauer nach dem Nachrichtenschlucken denken, „gar Putinflüsterers, und selbst den illegalen Angriff auf die Ukraine 'glühend' befürwortete, dann scheint so ein Attentat doch wohl zu rechtfertigen zu sein.“
Und der Konsument kann zur ukrainefreundlichen Einstellung zurückkehren – falls er je beim Tagesschauen in Zweifel über die mainstreamige Verteilung von Gut und Böse geraten sein sollte.
Ich denke, man kann Darja Dugin nicht besser ehren als dadurch, dass man den medialen Verunglimpfungen ihres Vaters als „rechtsnationalistischer Ideologe“, als Einflüsterer und damit Mephistoverschnitt entgegentritt und auf seine geopolitische Theorie einer neuen multipolaren Weltordnung aufmerksam macht, die wohl auch in vielem von seiner Tochter geteilt wurde.
Man wird dann verstehen, warum Dugin und seine Tochter so sehr gehasst wurden, und man wird sehen, dass wieder einmal die Verurteilungen auf Vorurteilen und Unkenntnis beruhen.
Valentina Schachts Beitrag auf der Webseite von Alexander Dugins Denkfabrik Katehon: „Zivilisationen und Nationen; Dugins multipolare Weltordnung“, sei im Folgenden wiedergegeben. Der Beitrag fasst Dugins Konzept einer neuen multipolaren Weltordnung zusammen.
Wiedergabe des Beitrags aus Katehon (1)
Der russische Philosoph und Geopolitik-Experte Alexander Dugin strebt eine vollkommen neue Weltordnung an. Ist der Krieg in der Ukraine der Auftakt? …
Alexander Dugins Werk „Grundlagen der Geopolitik“ (1997) gilt an russischen Militärakademien als Standardlektüre. Der Philosoph und Politologe, der einen Lehrstuhl für Soziologie der Internationalen Beziehungen an der Moskauer Lomonossow-Universität innehatte, unterteilt darin die Erde geopolitisch in drei große Hauptregionen, die Weltinsel (USA und Großbritannien), Eurasien (Mitteleuropa, Russland und Asien) und das Randland (die Staaten zwischen den beiden zuvor genannten Großräumen).
Seine Überlegungen gründen auf dem Eurasismus, einer philosophisch-geopolitischen Denkschule , die in den 1920er-Jahren von russischen Exilanten um Nikolay Trubetzkoy entwickelt wurde und in deren Zentrum die Vorstellung von einem fundamentalen Gegensatz zwischen der Kontinentalmacht Russland und den angelsächsischen Seemächten steht.
Nach Dugin, der den Eurasismus aktualisiert hat, bestand und besteht ein fortdauernder Konflikt zwischen beiden Polen in geostrategischer, aber auch ideologischer Hinsicht: Globalisierung und Universalismus versus multipolare Weltordnung und Bewahrung der jeweiligen kulturellen Eigenarten.
Abschied vom Nationalstaat?
Im Zentrum von Dugins Kritik steht der globale Führungsanspruch des westlichen Liberalismus (und Kapitalismus),