Ein Kommentar von Bernd Lukoschik.
Für den Verfassungsschutzpräsidenten (1) ist es klar, für den Innenminister von NRW (2) ebenfalls: Ein neuer Staatsfeind droht und gärt – es wird (mal wieder) der Bürger sein.
Zu Coronazeiten war und ist das der üble Coronaleugner, der Verschwörer und dessen Theoretiker, kurz der Rechtslastige, ob extrem und/oder reichsbürgerisch infiziert. Demnächst, wenn es schneit und friert, wird es der in seinem kalten Wohnzimmer vor sich hin bibbernde, an preisexplodierten Getränken und schlapp warmen, dürftigen Süpplein schlürfende Bürger sein, wenn er es wagen sollte, einen gewissen Unmut draußen kundzutun, vielleicht gar bei so einer Art Demo.
Der Verfassungsschutzpräsident und der Innenminister werden derweil in ihren ministeriellen Kantinen oder Separees für die gehobenen Mitarbeiter ihr üblich warmes Mittagessen zu sich nehmen, das Ministerium, zumindest dort, wo sie hocken, wird natürlich warm sein, und die draußen horrend gestiegenen Mietpreise (3) werden für sie dort oben auch nicht spürbar sein.
Aus diesem Hort der Wärme und Geborgenheit also lassen sie sich nun aus über den Staatsfeind, der, wie gesagt, der Bürger sein soll.
Für jemanden dort oben bleibt kaum eine andere Antwort auf die Frage „Wer ist der Staatsfeind?“ Für den coronageplagten und im Kalten sitzenden Bürger sehr wohl.
Das Drei-Säulen-Modell
Der Bürger könnte sich die Beantwortung der Frage etwa so vorstellen:
Das Staatswesen besteht nicht nur aus unserem Verfassungsschutzpräsidenten, Innenminister und deren Parteien, wie sich diese drei das natürlich so denken.
Das Staatswesen ruht vielmehr auf drei Säulen. Die erste bilden die Bürger, die zweite die staatlichen Institutionen, wie sie leben und wirken.
Und die dritte Säule … ist das Grundgesetz! Das Grundgesetz ist der Ruhepol, der Orientierungspunkt, der Maßstab dafür, ob ein gelebtes und „Demokratie“ genanntes Staatswesen tatsächlich eine Demokratie ist.
Was ein Staatsfeind ist, so zeigt es dieses Modell, liegt also nicht in der Einschätzung von Säule eins oder zwei. Was ein Staatsfeind ist, das sagt das Grundgesetz. Und wenn man dann das aktuelle Handeln der staatlichen Institutionen in den letzten paar Jahren daran misst, dann beantwortet sich die Frage nach dem Staatsfeind ganz von selbst – und zwar anders.
Säule zwei im Licht der Säule drei
Gehen wir einfach einige Glanzleistungen der Säulenabschnitte von Säule zwei – das, was man im Allgemeinen unter „Staat“ versteht –, durch:
Die Legislative
Die Legislative hat während der letzten zwei Jahre keinen parlamentarischen Untersuchungsausschuss etabliert, mit dem sie das wirre und willkürliche Coronamanagement der Exekutive hätte überwachen können. Sondern sie nickte jede beliebige Maßnahme der Politik, bei üblicherweise mager besuchten Plenarsitzungen, ab.
Für den empathischen Bürger ist es sehr nachvollziehbar, dass die Abgeordneten sich vor einem Untersuchungsausschuss drückten. Wer brächte die Kraft und Geduld auf, den Irrungen und Wirrungen einer solchen Regierungspolitik hinterherzuirren und -wirren!
Bei allem Verständnis muss aber doch gesagt werden: Das Parlament erfüllte seine vom Grundgesetz vorgesehene Kontrollfunktion nicht.
Zudem wusste man und weiß man nicht so recht: Ist das Parlament ein Parlament oder nicht doch eher ein schlecht geführter Krämerladen?