Klinisch Relevant Podcast

Präklinisches Schlaganfall-Management für Nicht-Neurologen - mit Dr. Dietrich Sturm


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Was spricht für einen Schlaganfall und was Du dann konkret tun solltest...

Präklinischen Schlaganfall-Management für Nicht-Neurologen

Im heutigen Klinisch Relevant Podcast geht es darum, in einem präklinischen Setting die Symptome eines Schlaganfalls richtig zu erkennen.

Wir möchten mit unserem Beitrag von Dr. Dietrich Sturm, Facharzt für Neurologie, vor allem "Nicht-Neurologen" bzw. Pflegekräfte ansprechen, da gemäß dem Motto „time is brain“ ein frühzeitiges Erkennen für die weitere Behandlung und Prognose des Patienten essentiell ist.

Wie kann sich ein Stroke initial bemerkbar machen?

Häufig wird man mit der Anmerkung zum Patienten gerufen, dass dieser heute „komisch“ sei und sich untypisch äußere oder verhalten würde. Diese scheinbare Wesensveränderung sollte eine Untersuchung zur Objektivierung fokal neurologischer Defizite nach sich ziehen.

Mögliche Scoresysteme zur Beurteilung eines akuten Schlaganfalls

  • NIHSS (National Institute of Health Stroke Scale): Neurologen nutzen den standardisierten NIHSS zur Beurteilung der Schwere neurologischer Defizite.
  • Der Score (0-42 Punkte) umfasst folgende Funktionsbereiche:

    Vigilanz, Orientierung, Befolgung von Aufforderungen

    Blickparese
    Gesichtsfeld
    Faziale Parese
    Armparese
    Beinparese
    Extremitätenataxie
    Hemihypästhesie
    Aphasie
    Dysarthrie
    Neglect

    FAST (Face, Arms, Speech, Time):

    Wird meist vom Rettungsdienst genutzt. Wenn eines der drei klinischen Zeichen pathologisch ist, besteht der dringende Verdacht auf einen Schlaganfall.

    Face: Den Patienten grinsen und die Wangen aufpusten lassen. Liegen Gesichtsasymmetrien vor oder ist das Aufpusten der Wangen nicht möglich, wäre dies als pathologisch zu werten.

    Arms: Den Patienten die Arme nach oben heben lassen. Die Handflächen zeigen dabei nach oben. Pathologisch wäre das Absinken der Arme und/oder das Eindrehen der Handinnenflächen nach innen.

    Speech: Den Patienten einen Satz sprechen bzw. nachsprechen lassen. Wenn der Patient die Sätze nicht klar formulieren kann oder eine verwaschene Sprache hat, ist das Zeichen als positiv zu werten.

    Time: Bei positiven Zeichen im FAST-Schema ist eine zügige Einweisung des Patienten erforderlich!

    Ein Nachteil des FAST-Scores ist die fehlende Abbildung der vertebrobasilären Strombahn. Daher wurde der Score um zwei weitere klinische Komponenten ergänzt.

    Der Score wird als BE FAST-Score bezeichnet:
    Balance: Ist dem Patienten schwindlig? Liegen Gleichgewichtsstörungen oder ist das Gehvermögen kompromittiert?

    Eyes: Liegen Sehstörungen vor? z.B. einseitiger Visusverlust, Gesichtsfeldstörung

    Wie kann das weitere Vorgehen optimiert werden?

    Für den behandelnden Arzt ist es eine große Hilfe, wenn feststeht, wann die Symptome erstmals aufgetreten sind.

    Ist ein exakter Zeitpunkt bekannt, an dem die Symptome aufgetreten sind?
    Wann wurde der Patient zuletzt ohne Symptome gesehen? (Last seen well) Beispielsweise vor dem Schlafengehen?
    Wenn der exakte Symptombeginn nicht feststellbar ist, orientiert man sich für das weitere therapeutische Vorgehen am „last seen well“. Die Zeit ist ein wichtiger Parameter, um geeignete Patienten für eine systemische Thrombolyse oder interventionelle Schlaganfalltherapie zu identifizieren.
    Liegen weitere Begleitsymptome wie Kopfschmerzen oder Hirndruckzeichen vor?
    Sind die Symptome dynamisch/stabil, verschlechtern sich zunehmend oder werden besser?

    Was noch wichtig ist:

    • Vitalparameter wie Blutdruck und Puls erfassen
    • Blutzuckerkonzentration und Temperatur des Patienten messen
    • Wenn zeitlich möglich (z.B. vor einer Verlegung), ein 12-Kanal-EKG schreiben, um kardiale Ursachen (Vorhofflimmern) auszuschließen
    • -Informationen zur medizinischen Vorgeschichte erheben:
      Kürzlich stattgefundene Operationen
    • Vorerkrankungen (Krebserkrankungen, Neurodegenerative Erkrankungen, Magen- und Darmblutungen)
    • Medikamentenliste (nimmt der Patient Thrombozytenaggregationshemmer oder orale Antikoagulanzien? Wann war die letzte Einnahme?)
    • Prämorbider Status: Ist der Patient bettlägerig, pflegebedürftig oder selbstständig?
    • Patienten in der Stroke Unit ankündigen
    • Welche Maßnahmen können bzw. sollten durchgeführt werden?

      Blutdrücke bis 200 mmHg sind zu tolerieren. Hier liegt kein Korrekturbedarf vor.

      Ein entgleister Blutzucker muss dagegen korrigiert werden.
      Auf ausreichende Oxygenierung des Patienten achten.
      Falls der Patient in einer Einrichtung ohne CT liegt bzw. die Bildgebung nicht unmittelbar stattfinden kann, muss die Verlegung in eine geeignete neurologische Klinik forciert werden!
      Unbedingt die Telefonnummer der Verwandtschaft, Pflegeeinrichtung oder Klinik notieren! Es ist essenziell, dass der behandelnde Neurologe sich für Rückfragen bezüglich der Krankengeschichte etc. bei der entsprechenden Einrichtung/Person melden kann.

      Kontrollfragen

      Welcher Score sollte initial von einem Laien bzw. Nicht-Neurologen genutzt werden, um einen Schlaganfall festzustellen?

      a) qSOFA-Score
      b) FAST-Score
      c) NIHSS
      d) CHA2DS2-VASc-Score
      e) BE FAST-Score

      Wofür stehen die Buchstaben „BE“ im BE FAST Score?

      a) B: Beinparese; E: EKG
      b) B: Bettlägerig; E: Eyes
      c) B: Balance; E: Eis-Test
      d) B: Balance; E: Eyes

      Wofür steht das T im BE FAST Score? Wieso ist das T wichtig?

      a) T: Test  Das T steht für Test, weil die Bereiche Balance, Eyes, Face, Arms und Speech getestet werden
      b) T: Thrombozytenaggregationshemmer  Die Thrombozytenaggregationshemmer müssen abgesetzt werden
      c) T: Tilidin  Schmerzmedikation ist das, worauf man am meisten achten muss
      d) T: Time  Die unverzügliche Einweisung von Schlaganfallpatienten in eine geeignete neurologische Klinik ist essentiell. „time is brain“!

      Welche Aussagen sind richtig?

      a) Blutdrücke im Bereich 180-200 mmHg müssen bei Stroke-Patienten unverzüglich korrigiert werden
      b) Den Blutzucker misst man heutzutage nicht mehr
      c) Mit der Einweisung des Patienten kann man sich Zeit lassen, da die Patienten klinisch stabil sind und eine Verschlechterung der Symptomatik sehr selten vorkommt
      d) Blutdrücke bis 200 mmHg sind tolerierbar
      e) den Blutzucker sollte man bei akut neurologisch auffälligen Patienten immer bestimmen

      Welche Informationen hinsichtlich der Zeit sind für den Arzt wichtig?

      a) Primär wäre es von Vorteil, wenn ein exakter Zeitpunkt für den Symptombeginn angegeben werden kann
      b) Primär geht man davon aus, dass der Schlaganfall im Schlaf aufgetreten ist
      c) Wenn der genaue Zeitpunkt des Symptombeginns nicht klar ist, gilt das Prinzip „last seen well“
      d) Für den Arzt spielt es keine Rolle wann die Symptome erstmalig aufgetreten sind

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      Klinisch Relevant PodcastBy Dr. med. Kai Gruhn, Dr. med. Dietrich Sturm, Prof. Markus Wübbeler

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