Ein Standpunkt von Thomas Röper.
Ich bin wieder im Donbass unterwegs und am ersten Tag der Reise haben wir zwei Orte besucht, die noch vor kurzem die Schlagzeilen beherrscht haben.
Die Städte Severodonezk und Lisitschansk wurden in Juli oft in den Medien erwähnt, denn dort fanden heftige Kämpfe statt. Anfang Juli sind diese beiden Städte, die einander gegenüber an zwei Ufern eines Flusses liegen, von den Russen befreit worden, wie die Menschen es dort bezeichnen. Damit beherrscht die Ukraine kein Stück Land des Gebietes Lugansk mehr, der 3. Juli wird dort nun als Tag der Befreiung als Feiertag begangen.
Am ersten Tag meiner aktuellen Reise in den Donbass war ich unter anderem in diesen beiden Städten.
Die Anreise
Die Journalistenreise fand dieses Mal unter großer Geheimhaltung statt. Selbst das genaue Abreisedatum haben wir erst sehr kurzfristig erfahren. Am Montag, dem 11. Juli, war es soweit. Wir haben uns morgens in Moskau getroffen, wurden zu einem Flughafen gebracht und mit einer Maschine des russischen Militärs nach Rostov am Don geflogen. Der dortige Luftraum ist immer noch gesperrt, weshalb die Reise normalerweise einen Tag mit dem Zug dauert.
In Rostov haben wir in einem Hotel auf weitere Journalisten gewartet und schließlich um kurz nach Mitternacht sind etwa 40 internationale Journalisten mit einem großen Reisebus in Richtung Donbass aufgebrochen. Übrigens ist bei der aktuellen Tour zum ersten Mal auch der deutsche Mainstream dabei, denn das ZDF hat drei Leute auf die Reise geschickt.
Ein Zwischenstopp war nicht vorgesehen, wir sind am frühen Morgen über die Grenze der Volksrepublik Lugansk gefahren und waren dann sofort auf dem Weg zu unserem ersten Einsatzort.
Weizen
Der erste Einsatzort lag weit im Hinterland und war bis zum Beginn der russischen Operation unter ukrainischer Kontrolle. Dort haben wir einen großen Agrarbetrieb besucht. Das klingt langweilig, war es aber nicht.
Die Leute, die dort arbeiten, waren sehr auskunftsfreudig und ich hatte Gelegenheit, mich mit einem der leitenden Angestellten, der ansonsten von Reportern umringt war, kurz zu zweit zu sprechen. Mich hat dabei interessiert, ob es irgendwelche Einschränkungen beim Verkauf ihres Weizens und ihrer Sonnenblumenkerne gibt, denn immerhin wirft der Westen Russland vor, Weizen aus den unter russische Kontrolle gekommenen Gebieten zu rauben.
Weizen Ukraine
Das ist jedoch nicht so. Der Mann erzählte mir, dass sie den Weizen, und alle anderen landwirtschaftlichen Erzeugnisse, wie immer normal verkaufen. Nichts werde von irgendwem geraubt, alles laufe normal. Derzeit sind die Käufer russische Firmen. Auf meine Nachfrage, ob er Anrufe aus Europa bekäme, die sich für seinen Weizen interessieren, sagte er, es gäbe keine solchen Anrufe. Er würde sofort an europäische Kunden verkaufen, für ihn zähle nur, wer wie viel bezahlt. Einschränkungen, seinen Weizen zu verkaufen, gäbe es nicht.
Der Weizen des Betriebes geht nach seiner Aussage vor allem in den Nahen Osten und nach Ägypten, aber ganz genau wisse er das nicht. Die Ernte läuft dort nach Plan, die Firma ist mit den Erträgen weitgehend zufrieden. Ein paar Bilder dazu sind im Schriftbeitrag verlinkt.
Auch die anderen Angestellten, insgesamt arbeiten dort 82 Menschen, waren freundlich und offen. Ihre Zukunft sehen sie, nach allem, was sie uns gesagt haben, als Teil Russlands. Für sie habe die russische Operation nichts geändert, die Arbeit läuft normal, von Kampfhandlungen haben sie nichts mitbekommen, wenn man von leisem Donnern in der Ferne absieht, das sie während der Kämpfe um das etwa 50 Kilometer entfernte Severodonezk gehört haben.
Besonders freundlich waren übrigens die Frauen in der Kantine der Firma, die uns umsonst alles angeboten haben, was sie hatten.
Severodonezk
Anschließend sind wir nach Severodonezk gefahren.