Griaß Eich!
Ja, die letzten 400 Meter von der Bushaltestelle wäre ich fast erfroren. Also die Art von Erfrieren und gefühltem Nahtotzustand, die man als Städter am winterlichen Land so haben kann. Und ja, die Gegend rund um Mariapfarr im Lungau ist schon auch berüchtigt für ihre "Negativrekorde". Es hatte tatsächlich -15 Grad, als ich mich die letzten Meter zum heutigen Podcast-Gast rettete. Dort war ich dann aber safe. Ich war der eiskalten Klaue von Frau Holle entronnen und stand nun mitten im Reich des Herrn Wolle. Und der heißt Franz und ist gerade 50 Jahre alt geworden. Seit 1949 wird an diesem Standort Schafwolle zu Garn und weiter zu vielfältigen Produkten verarbeitet. Mit eigenem Strom und mit Maschinen, die teilweise seit über 100 Jahren im Einsatz sind. Und ja, wenn man vor den raumgroßen Maschinen steht, an, auf und in denen sich alles dreht, muss man fast zwangsläufig an die Gsellmanns Weltmaschine denken. Nur dass bei dieser hinten ein Socken rauskommt. Und beide Besitzer dieser Weltmaschinen hießen bzw. heißen Franz. Ich hab das Gefühl, ich bin da was auf der Spur :) Für den Franz ist es natürlich keine Wundermaschine, denn der weiß, was er tut. Und ja, Wunder liegen meist im Auge des Betrachters. Jo.
Ich war mir das gesamte Gespräch über nicht sicher, ob ich eher in einer Innovationswerkstatt für resiliente Wirtschaftssysteme oder in einem Freilichtmuseum für alte Handwerkskunst bin. Und ganz schlüssig bin ich bis heute nicht. Sein Papa Willi hat 1957 ein eigenes Kleinkraftwerk gebaut, das den Betrieb bis heute energieautark macht. Die Wolle bezieht man inzwischen nur mehr von heimischen Betrieben und in der gesamten Produktion steht kein einziger Computer.
Für mich ist es faszinierend, wie aus den zerzausten Wollflocken, die da am Anfang in einem über 100 Jahre alten Holzkasten liegen, über Arbeitsgänge wie Wolfen, Mischen oder Krempeln am Ende ein Garn rauskommt und der dann noch zum Socken wird. Für alle konstruktiv-ahnungslosen Nicht-Experten jedenfalls eine Folge mit vielen lauernden Aha!-Momenten. Und wieder eine Folge, bei der unweigerlich die volle Bedeutung einer Tätigkeit nur durch den Menschen verstanden werden kann, der sie ausführt. Und das braucht Zeit und die nehmen wir uns auch. Und wenn sich da jetzt wer entsetzt denkt: Das kann man ja nicht auf einmal durchhören, viel zu lang! Dann hörst es halt auf zweimal. Oder dreimal.
Liebe Zuhörerinnen im Podcast und Zuseher auf unserem YouTube-Kanal. Ich wünsch euch jetzt viel Spaß mit Herrn Wolle und seiner sockenstrickenden Weltmaschine. Los geht's.
INFOS ZUR FOLGE
Huber Wolle
https://www.huber-wolle.at