Die heutige Tageslosung der Herrnhuter Brüdergemeine ist dem 1. Buch Samuel, Kapitel 26, Vers 24 entnommen und lautet: „Mein Leben werde wert geachtet in den Augen des HERRN, und er errette mich aus aller Not!“

Als erster Impuls steigt Irritation in mir auf. Mein Leben soll wert geachtet werden in den Augen Gottes, des HERRN? Aber ich dachte, dass ich eine grundsätzliche Wertschätzung von Gott stets genießen darf? Gott ist mein Schöpfer, der mich doch genau so erschaffen hat, wie ich bin. Und Gott liebt und achtet mich doch auch genau so, wie ich bin, oder?

Durch den stellvertretenden Tod Jesu am Kreuz, sind mir alle meine Sünden vergeben, wenn ich diese offen und ehrlich bekenne und Jesus in meinem Herzen aufnehme. Gottes Gnade und Barmherzigkeit haben mich erwählt, haben mich zu einem geliebten Kind Gottes gemacht und Gott der HERR kennt meinen Wert und schätzt mich.

Kann Gott etwa doch meinen Wert verachten, wenn ich gesündigt habe, wenn ich Gottes Wort und Empfehlungen für mein Leben nicht gefolgt bin?

Moment mal. Mein zweiter Impuls ist natürlich, den Bibeltext im Kontext anzuschauen, denn sonst geschieht es manchmal, dass ein Bibelwort, aus dem Zusammenhang gerissen, doch einen anderen Zungenschlag erhalten kann.

David ruft diesen Ausspruch Saul zu, nachdem er dessen Leben bereits zum zweiten Mal verschont gelassen hatte. Und so liest sich dieser Ausruf seitens Davids im gesamten Vers 24 wie folgt: „Und siehe, wie heute dein Leben in meinen Augen wert geachtet war, so werde mein Leben wert geachtet in den Augen des HERRN, und er errette mich aus aller Not!“

Vorangegangen war dem ein echtes Husarenstück von David. Sein Heer befand sich im Krieg mit der Armee Sauls. David war bereits offiziell gesalbter König von Israel zu jener Zeit vor circa 3.000 Jahren. Doch sein Vorgänger Saul wollte sich partout nicht damit abfinden und setzte David immer wieder nach und trachtete nach dessen Leben. König David hatte bereits einmal in einer Höhle bei En-Gedi am Toten Meer die Gelegenheit, seinen Widersacher zu töten. Doch er schnitt Saul zum Beweis nur ein Stück von dessen Mantel ab. Trotz Aufforderung durch seine Begleiter lehnte David es kategorisch ab, Saul zu töten.

Ähnliches geschah nun in diesem erwähnten Husarenstück. Eines nachts schlich sich David zusammen mit seinem Freund Abischai in das Lager von Sauls Armee. Sie standen direkt neben dem schlafenden Saul. David jedoch nahm als Zeichen lediglich den Speer und den Wasserkrug von Saul mit sich. Erneut bedrängte ihn sein Begleiter, diese Gelegenheit zu nutzen und sich ein für alle Mal seines irregeleiteten, nicht einschätzbaren Gegners zu entledigen.

David hätte das gut und gerne als Zeichen von Gott deuten können. Immer wieder wird er von Saul hintergangen, verfolgt und ist damit stark angefochten. Zweimal erhält er eine klare, eindeutige Chance, seinen Feind umzubringen. Zweimal raten ihm seine Begleiter, Saul zu töten.

David prüft und bedenkt das und entscheidet, dass allein Gott das Recht hat, einem Menschen das Leben zu nehmen. David weiß, dass Gott ein gerechter Gott ist, der „Acht hat auf aller Menschen Wege“.

David prüft seine Entscheidungen anhand der Worte und im Geist Gottes. Die Aufforderung „Du sollst nicht töten!“ mag die klare Richtschnur für sein Handeln gewesen sein. David scheint das Wesen Gottes mit dessen überströmender Liebe, Gnade und Barmherzigkeit für jeden Menschen felsenfest verinnerlicht zu haben. Gott schätzt jeden Menschen mit allerhöchstem Wert.

So wie David diese Prüfungen besteht, wünsche ich Ihnen und mir, dass die Worte und das Wesen Gottes heute die Richtschnur für unsere Entscheidungen sind.

Autor: Mike Lange

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