Unser Sohn sitzt am Tisch und isst. Ich habe noch nebenan zu tun. In der Küche. „Und, schmeckts?“ rufe ich zwischendurch herüber. Die Antwort des immer hungrigen Teenagers lässt nicht lange auf sich warten: „Jo. Lecker.“ Nach einer kurzen Pause schiebt er noch etwas hinterher. Leiser. Mir scheint, er sagt es eher zu sich selbst als zu mir: „Jo. Lecker.“ – „Wie eigentlich alles, was du kochst.“

Meine Mundwinkel wandern nach oben. „Ist das ein schönes Kompliment“, denke ich. Gerade weil der Nachsatz gar nicht bewusst an mich gerichtet ist. Unser Sohn möchte weder die Stimmung heben noch um mehr Taschengeld bitten. Er sagt es einfach so. Merkt noch nicht einmal, dass ich es höre. Es kommt von Herzen. Das ist wohl auch der Grund, warum ich diese kleine Begebenheit immer noch in Erinnerung habe. Obwohl sie schon etliche Jahre zurückliegt.

Wenn Menschen anderen Gutes sagen oder tun. Einfach so. Ohne Hintergedanken. Vielleicht sogar, ohne es selbst zu merken. Dann ist das sehr schön. Und nicht nur das. Es kann auch weitreichende Auswirkungen haben. Das zeigt Jesus einmal in einer Geschichte auf. Sie handelt von dem Tag, an dem er jeden Menschen richten wird. Die Hauptfigur in der Geschichte ist ein König. Damit meint Jesus sich selbst. Und er erzählt, wie Menschen aus allen Völkern an diesem Tag vor dem König stehen. Alle müssen sich vor ihm verantworten und werden vom König beurteilt.

Die Menschen, so schildert es Jesus, werden zwei getrennten Gruppen zugeordnet. Die einen nimmt der König an und beschenkt sie reich. Die anderen nicht. Beiden Gruppen begründet er seine Entscheidung. Die Menschen zu seiner Rechten bezeichnet der König als Gesegnete seines Vaters. Er sagt ihnen: „Ihr seid meiner Not begegnet. Ich war ein Fremder, und ihr habt mich aufgenommen. Ich war hungrig, durstig, nackt, krank, im Gefängnis und ihr habt euch um mich gekümmert.“

Die so Angesprochenen sind völlig überrascht. „Wann soll das gewesen sein?“, fragen sie. „Wann haben wir uns denn um dich gekümmert?“

Dass sie geholfen haben, wo Hilfe gebraucht wurde. Daran mögen sie sich durchaus erinnern. Aber sie bringen es nicht mit dem König in Verbindung. Sie erwarten auch keine Belohnung dafür. Die Not ihrer Mitmenschen ist ihnen zu Herzen gegangen. Deshalb haben sie geholfen. Ganz selbstverständlich. Ohne Hintergedanken. Einfach so. Sie selbst messen ihrem Verhalten keine große Bedeutung bei.

Jesus schon. Er würdigt, dass sie denen helfen, die sich selbst nicht helfen können. Und dass sie es von Herzen tun. Das macht auch die Antwort des Königs in der Geschichte deutlich. Sie steht im Evangelium nach Matthäus, Kapitel 25, Vers 40: Der König wird den Gerechten zur Antwort geben: Amen, ich sage euch: Was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.

Jesus selbst ist nah bei seinen geringsten Brüdern. Menschen, die in dieser Welt nicht viel gelten. Und allzu oft übersehen werden. Jesus sind sie wichtig. Er sieht sie. Tritt für sie ein. Jesus verbindet sich so eng mit den bedürftigen Menschen, dass er sich nicht von ihnen trennen lässt. Wende ich mich solch einem Menschen zu, wende ich mich also auch Jesus zu. Mir selbst mag meine Hilfe klein vorkommen und unscheinbar. Nicht der Rede wert. Jesus aber sieht und würdigt es. Und er freut sich über mein Herz, das sich von der Not anderer berühren lässt.

Autor: Andrea Tschuch

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