„Geisterdämmerung“ – so heißt der neue Roman von Kevin Chen. Darin kommen nicht nur die Lebenden zu Wort, sondern auch die bereits Verstorbenen. Der Roman spielt im so genannten „Geistermonat“, der in Taiwan alljährlich im siebten Monat nach dem chinesischen Mondkalender zelebriert wird, also ungefähr im August.
Im Zentrum steht die Familie Chen mit ihren fünf Töchtern und zwei Söhnen. Der jüngste Sohn heißt Tianhong. Er ist die Hauptfigur in diesem Roman.
Autofiktionale Elemente im Roman
Ja, sein Roman habe autofiktionale Elemente, erzählt Kevin Chen im „lesenswert Magazin“. Wie Tianhong kommt auch der Autor aus dem Städtchen Yongjing, und wie Tianhong ging er zunächst zum Studium in die Hauptstadt Taipeh und schließlich nach Deutschland.
Auch die Namen Chen Shih-Hung (Kevin Chens Geburtsname) und Chen Tianhong (sein Protagonist) haben eine gewisse Ähnlichkeit. Trotzdem gibt es deutliche Unterschiede zwischen Autor und Figur.
„Ich liebe Berlin. Und Berlin liebt mich auch!“
Seit 2004 lebt Kevin Chen in Berlin. Hier fühlt er sich wohl. „Berlin ist jetzt mein Zuhause“, sagt Chen, „es ist meine Wahlheimat, und ich bin glücklich hier. In Berlin habe ich so viele Bücher geschrieben. Ich liebe Berlin immer noch, und ich glaube, Berlin liebt mich auch. Wir haben eine gute Beziehung!“
Berlin spielt auch in seinen Büchern gelegentlich eine Rolle. Zumeist aber spielen sie in Taiwan. Auch wenn Kevin Chen seinen Heimatort einst schnellstmöglich verlassen wollte – „ich wollte schreiben, ich wollte Künstler werden, meine Eltern fanden mich schräg!“ –, reist er gerne zu Besuch nach Yongjing.
Kriegsrecht und Instant-Nudeln
Mit „Geisterdämmerung“ gewann Kevin Chen 2020 den renommierten „Taiwan Literature Award“. Sein Roman wurde bereits in zehn Sprachen übersetzt.
Im Gespräch mit Katharina Borchardt erzählt der 49-Jährige von Geistern, Literatur und Politik. Und von einem Nudel-Imperium in Yongjing, das sich in seinem Roman aber auf Kekse spezialisiert hat.