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Der „Deus ex machina“ – der Gott aus der Maschine. Den kannten schon die alten Griechen. Wenn in der griechischen Tragödie die Handlung so verworren war, dass es scheinbar keinen Ausweg gab, dann schwebte plötzlich eine Gottheit auf die Bühne, die das Problem löste. Angetrieben durch eine Mechanik, eine Art Kran.
Heute steht der Begriff „Deus ex machina“ für Filmplots, in denen plötzlich, wie aus dem Nichts, die Rettung kommt. Star wars Episode II. Die Senatorin Padmé Amidala fällt in einer Droidenfabrik in einen Tank, der mit flüssigem Metall gefüllt wird. Im letzten Augenblick rettet sie der Roboter R2-D2. Der kann plötzlich fliegen – durch 2 eingebaute Raketenantriebe. Davon wusste bislang niemand etwas. Und bei Episode II hatte R2-D2 ja schon einige Filme auf dem Buckel.
Ist nicht die Idee, dass Jesus stellvertretend für unsere Schuld am Kreuz starb, so ein „Deus-ex-machina“-Plot? Die Sache mit der Menschheit ist nicht mehr zu retten. Da löst Gott durch ein Menschenopfer die Situation. Kann man das heute noch glauben? Versöhnung, Vergebung, Erlösung – geht das nicht auch ohne diese Vorstellung vom blutigen Opfer?
Ja, der Einwand wäre berechtigt. Wenn Jesus Christus nicht Gott selbst wäre. Wenn es der plötzliche Einfall eines Gottes wäre, der ansonsten irgendwo jenseits der Welt sitzt. „Ich lasse halt einen von diesen Menschen draufgehen, und habe damit alle erlöst.“ Das wäre dann wirklich ein Deus-ex-Machina-Plot. Noch dazu ein sehr unappetitlicher.
Jesus selbst sagt aber, dass er und der Vater eins sind. Er ist selbst Gott. Dieser christliche Gott ist ein leidender Gott. Dietrich Bonhoeffer schrieb einmal an seine Schwester: „Für mich ist die Idee, dass Gott selbst leidet, immer eine der überzeugendsten Lehren des Christentums gewesen. Ich denke, Gott ist dem Leiden näher als dem Glück, und Gott auf diese Weise zu finden, gibt Frieden und Ruhe und ein starkes und mutiges Herz.“[1]
Gott gibt am Kreuz freiwillig alle Macht auf. Er leidet, wie wir Menschen leiden. Und er tut es für uns. Wenn Jesus am Kreuz nicht unsere Schuld bezahlen würde – welche Bedeutung hätte es für uns heute noch? Sein Jünger Petrus schreibt (1. Petrus 2,24): „Durch seine Wunden seid ihr heil geworden“. Jesus hat, so Petrus, unsere Sünden mit seinem eigenen Leib hinaufgetragen an das Kreuz. Paulus und die anderen Autoren des Neuen Testaments schreiben ganz ähnliches.
Und dieser Gott, der weiß, was Leiden heißt, geht mit mir durch diese Welt. Auch da ist er kein „Deus-ex-Machina“-Gott, nach dem Motto: „Und wenn Du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo Gottes Hilfe her …“ Könnte man ja meinen: Wenn Gott uns liebt – und gleichzeitig allmächtig ist, dann müsste er mir den Lottogewinn schenken, wenn bei mir die Konten zu platzen drohen. Oder plötzlich einen Freund schicken, wenn ich gerade einen brauche. Jedenfalls zur rechten Zeit einen Game-Changer ins Spiel bringen.
Natürlich kann Gott jederzeit eingreifen in diese Welt. Aber oft tut er es, indem er mitten im Leid an unserer Seite steht. Als der Gott, der weiß, was Leiden heißt. Petrus zieht daraus in seinem Brief die Konsequenz, dass auch die Christen mit der Ungerechtigkeit in dieser Welt so umgehen sollen, wie Jesus es tat: Gewaltfrei erdulden – und dem Bösen durch Liebe begegnen. Dietrich Bonhoeffer hat es so formuliert: „Wenn man völlig darauf verzichtet hat, aus sich selbst etwas zu machen […], dann wirft man sich Gott ganz in die Arme, dann nimmt man nicht mehr die eigenen Leiden, sondern das Leiden Gottes in der Welt ernst […] Gott führe uns freundlich durch diese Zeiten; aber vor allem führe er uns zu sich.“[2]
Durch seine Wunden seid ihr heil geworden - ich will meine Hand in seine Hand legen. In die Hand mit den Wundmalen vom Kreuz. Und an dieser Hand durch die Welt gehen. Weil diese Wunden mich heil gemacht haben, ist das mehr wert als ein Gott, der einfach die Probleme wegzaubern würde.
[1] Bonhoeffer, Brief an seine Schwester und deren Mann Dietrich Bonhoeffer, 1942, Konspiration und Haft 1940–1945, DBW Bd. 16, S. 759.
[2] Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung, DBW Bd. 8, S. 542-543.
Autor: Uwe Bertelmann
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Der „Deus ex machina“ – der Gott aus der Maschine. Den kannten schon die alten Griechen. Wenn in der griechischen Tragödie die Handlung so verworren war, dass es scheinbar keinen Ausweg gab, dann schwebte plötzlich eine Gottheit auf die Bühne, die das Problem löste. Angetrieben durch eine Mechanik, eine Art Kran.
Heute steht der Begriff „Deus ex machina“ für Filmplots, in denen plötzlich, wie aus dem Nichts, die Rettung kommt. Star wars Episode II. Die Senatorin Padmé Amidala fällt in einer Droidenfabrik in einen Tank, der mit flüssigem Metall gefüllt wird. Im letzten Augenblick rettet sie der Roboter R2-D2. Der kann plötzlich fliegen – durch 2 eingebaute Raketenantriebe. Davon wusste bislang niemand etwas. Und bei Episode II hatte R2-D2 ja schon einige Filme auf dem Buckel.
Ist nicht die Idee, dass Jesus stellvertretend für unsere Schuld am Kreuz starb, so ein „Deus-ex-machina“-Plot? Die Sache mit der Menschheit ist nicht mehr zu retten. Da löst Gott durch ein Menschenopfer die Situation. Kann man das heute noch glauben? Versöhnung, Vergebung, Erlösung – geht das nicht auch ohne diese Vorstellung vom blutigen Opfer?
Ja, der Einwand wäre berechtigt. Wenn Jesus Christus nicht Gott selbst wäre. Wenn es der plötzliche Einfall eines Gottes wäre, der ansonsten irgendwo jenseits der Welt sitzt. „Ich lasse halt einen von diesen Menschen draufgehen, und habe damit alle erlöst.“ Das wäre dann wirklich ein Deus-ex-Machina-Plot. Noch dazu ein sehr unappetitlicher.
Jesus selbst sagt aber, dass er und der Vater eins sind. Er ist selbst Gott. Dieser christliche Gott ist ein leidender Gott. Dietrich Bonhoeffer schrieb einmal an seine Schwester: „Für mich ist die Idee, dass Gott selbst leidet, immer eine der überzeugendsten Lehren des Christentums gewesen. Ich denke, Gott ist dem Leiden näher als dem Glück, und Gott auf diese Weise zu finden, gibt Frieden und Ruhe und ein starkes und mutiges Herz.“[1]
Gott gibt am Kreuz freiwillig alle Macht auf. Er leidet, wie wir Menschen leiden. Und er tut es für uns. Wenn Jesus am Kreuz nicht unsere Schuld bezahlen würde – welche Bedeutung hätte es für uns heute noch? Sein Jünger Petrus schreibt (1. Petrus 2,24): „Durch seine Wunden seid ihr heil geworden“. Jesus hat, so Petrus, unsere Sünden mit seinem eigenen Leib hinaufgetragen an das Kreuz. Paulus und die anderen Autoren des Neuen Testaments schreiben ganz ähnliches.
Und dieser Gott, der weiß, was Leiden heißt, geht mit mir durch diese Welt. Auch da ist er kein „Deus-ex-Machina“-Gott, nach dem Motto: „Und wenn Du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo Gottes Hilfe her …“ Könnte man ja meinen: Wenn Gott uns liebt – und gleichzeitig allmächtig ist, dann müsste er mir den Lottogewinn schenken, wenn bei mir die Konten zu platzen drohen. Oder plötzlich einen Freund schicken, wenn ich gerade einen brauche. Jedenfalls zur rechten Zeit einen Game-Changer ins Spiel bringen.
Natürlich kann Gott jederzeit eingreifen in diese Welt. Aber oft tut er es, indem er mitten im Leid an unserer Seite steht. Als der Gott, der weiß, was Leiden heißt. Petrus zieht daraus in seinem Brief die Konsequenz, dass auch die Christen mit der Ungerechtigkeit in dieser Welt so umgehen sollen, wie Jesus es tat: Gewaltfrei erdulden – und dem Bösen durch Liebe begegnen. Dietrich Bonhoeffer hat es so formuliert: „Wenn man völlig darauf verzichtet hat, aus sich selbst etwas zu machen […], dann wirft man sich Gott ganz in die Arme, dann nimmt man nicht mehr die eigenen Leiden, sondern das Leiden Gottes in der Welt ernst […] Gott führe uns freundlich durch diese Zeiten; aber vor allem führe er uns zu sich.“[2]
Durch seine Wunden seid ihr heil geworden - ich will meine Hand in seine Hand legen. In die Hand mit den Wundmalen vom Kreuz. Und an dieser Hand durch die Welt gehen. Weil diese Wunden mich heil gemacht haben, ist das mehr wert als ein Gott, der einfach die Probleme wegzaubern würde.
[1] Bonhoeffer, Brief an seine Schwester und deren Mann Dietrich Bonhoeffer, 1942, Konspiration und Haft 1940–1945, DBW Bd. 16, S. 759.
[2] Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung, DBW Bd. 8, S. 542-543.
Autor: Uwe Bertelmann
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