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High Noon in der Karibik | Von Felix Feistel


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Ein Standpunkt von Felix Feistel.

Seit Anfang September ist das US-Militär in der Karibik aktiv, und nimmt dort vor der venezolanischen Küste kleine Fischerboote ins Visier. Immer wieder werden Boote beschossen und versenkt, wobei mittlerweile bereits mindestens 80 Venezolaner ums Leben gekommen sind. Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump rechtfertigt dieses militärische Vorgehen gegen wehrlose Menschen damit, dass es sich nicht um Fischer, sondern um Drogenschmuggler handele, die Teil der südamerikanischen Kartelle seien. Diese wiederum schmuggeln Drogen in die USA und gefährden auf diese Weise US-Bürger.

Selbst wenn dies der Wahrheit entspräche gibt es hier mindestens zwei große Probleme in der Rechtfertigung dieser Militärschläge. Denn erstens handelt es sich um die Bekämpfung des Drogenschmuggels eigentlich um eine Angelegenheit der Strafverfolgungsbehörden. Es müssten Ermittlungen stattfinden, Polizeieinheiten müssten die Drogenschmuggler festnehmen und dann vor Gericht bringen, wo sie dann eine angemessene Strafe erhalten. Das ist in jedem Rechtsstaat der Weg, der beschritten werden müsste. Bis zum Beweis der Schuld gilt die Unschuldsvermutung, auch für venezolanische Drogenschmuggler. Die Todesstrafe ist für diese Tat zudem nicht zu erwarten.

Die Trump-Administration verlässt jetzt jedoch diesen rechtsstaatlichen Weg, indem sie die vermeintlichen Drogenschmuggler gleich ohne Ermittlungen, Anklage und Verurteilung per Militär töten lässt. Damit haben die USA den Weg des Rechtsstaates verlassen und setzen auf Terror, also die Anwendung von Gewalt und Verbreitung von Angst und Schrecken, um politische Ziele zu erreichen. Bei den Angriffen der US-amerikanischen Marine auf die Fischerboote – seien es nun Drogenschmuggler oder nicht – handelt es sich Verstöße nicht nur gegen nationales Recht und das Rechtsstaatsgebot, sondern auch das Völkerrecht, das jede Anwendung von Gewalt in internationalen Angelegenheiten im Grundsatz erst einmal untersagt. Die Ausnahmen des Völkerrechts, nämlich die Verteidigung gegen einen Angriff, greift hier nicht, da der Staat Venezuela und auch die Fischerboote keine Angriffe auf die USA verüben.

Doch es gibt noch einen weiteren, bedenkenswerten, aber nirgendwo erwähnten Punkt: Drogensucht kann nicht bekämpft werden, indem man die Drogenschmuggler bekämpft. Es ist nicht so, dass die Drogenschmuggler die Konsumenten abhängig machen. Sie bedienen nur einen Markt, der bereits existiert. Die Drogenabhängigen haben eine Prädisposition, abhängig zu werden. Dabei kommt es kaum auf die Substanz an, die sie konsumieren. Diese ist weitgehend austauschbar. Vielmehr handelt es sich bei der Drogensucht um ein psychologisches Problem, eine Trauma-Überlebensstrategie, welche die Menschen in die Abhängigkeit treibt. Schaltet man die Drogenschmuggler an einer Stelle aus, werden die Konsumenten andere, vielleicht sogar noch schlimmere Mittel finden, mit denen sie den Ausfall der einen Droge kompensieren.

An dem weit verbreiteten Phänomen der Substanzabhängigkeit in den USA trägt zudem das US-amerikanische Medizinsystem eine große Verantwortung. Hier werden nach wie vor opioidhaltige Schmerzmittel sehr großzügig verschrieben – wodurch viele Patienten, die eigentlich nur einen Knochenbruch oder andere, vorübergehend behandlungsbedürftige Leiden hatten, dauerhaft opioidabhängig. Da jedoch die Verschreibungen irgendwann enden greifen die Betroffenen zu schwarz zu erwerbenden Mitteln wie Heroin oder das viel billigere Fentanyl. Hinzu kommt, dass US-Geheimdienste einen großen Anteil am Schmuggel von Drogen in die USA haben. Das Drogenproblem in den USA ist also hausgemacht und lässt sich nicht dadurch bekämpfen, dass man vermeintliche Drogenschmuggler bombardiert.


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