Eine Co-Produktion mit dem Expertise Piraten Podcast
Sprachtherapie im Kinder- und Jugendalter
Heute hörst Du eine besondere Podcast-Folge: zum einen handelt es sich um eine Co-Produktion mit Prof. Kai Hensel, Chefarzt des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin in Wuppertal, vom Expertise Piraten Podcast.
Zum anderen handelt es sich mal wieder um eine Crossover-Folge in der über interdisziplinäre bzw. interprofessionelle Themen diskutiert wird.
Dabei erklärt die Sprachheilpädagogin Britta Münzer grundlegende Facts zu Störungsbildern, die klassischer Weise im Hinblick auf die Sprache bei Kindern und Jugendlichen auftreten.
Folgende Schritte spielen dabei im therapeutischen Setting eine Rolle:
Anamnesegespräch mit den Elternstandardisierte Sprachtests: Lautbestand, phonologische ProzessanalyseBeobachtung von Spiel- und Kommunikationsverhaltenklinische Untersuchung des orofacialen StatusAbklärung weiterer Entwicklungsbereiche:HNO, Kinderarzt, Neuropädiatrie
indirekte Methodendirekte MethodenElternberatungKlassische Störungsbilder:
Phonetisch-phonologische Störungen: Störung der Bildung von Lauten, Störung des Regelwerks wie Laute zu Wörtern zusammengesetzt werden
Semantische-lexikalische Störungen: Störung beim Verstehen von Wortbedeutung, beim Erwerb neuer Wörter und beim Wortabruf
morphologisch-syntaktische Störungen:
Störung der Satzbildung, Störung der Anpassung von Wörtern z.B. an die Mehrzahl, an die Person oder den Fall
Phonetisch-phonologische Störung:
Hinweise auf Hörstörung anamnestisch abklären
Orofacialen Status einschätzen
Differentialdiagnostik: Schwerpunkt der Problematik im phonetischen oder phonologischen Bereich
Phonetische Störung: Störung der Lautbildung, Laute können sprechmotorisch nicht gebildet werden oder werden falsch gebildet: z.B. Lispeln (sigmatismus interdentalis)
Phonologische Störung: Störung der Verwendung von Lauten, Regelsystem über die Verwendung von Lauten ist unvollständig oder fehlerhaft z.B. statt /k/ wird durch/t/ und /g/ durch /d/ ersetzt (Prozess der Vorverlagerung)
Analyse phonologischer Prozesse über standardisierten Test.
Hörstörung sollte immer ausgeschlossen werden.
Was könnte besser laufen?
Phonetisch-phonologische Störungen haben Einfluss auf das Umsetzen von grammatischen Regeln. Kinder sollten daher rechtzeitig behandelt werden, um Entwicklungsschritte in anderen sprachl. Ebenen zu ermöglichen.
Milestones:
Phonetische Erwerbsreihenfolge:
ca. 1,5 bis 2 Jahre : /m/, /n/, /p/, /b/, /t/, /d/, /l/, /h/
ca. 2 bis 2,5 Jahre: /f/, /v/, /pf/
ca. 2,5 bis 3 Jahre: /k/, /g/, /ch1/, /ch2/, /j/, /ng/, /R/
ca. 3,5 bis 5 Jahre: /sch/, /s/, /z/
3 bis 5 Jahre: Konsonantenverbindungen
(zu finden in Kannengieser, Simone (2019): „Sprachentwicklungsstörungen“, München, Elsevier Urban&Fischer, S. 66)
Phonologische Erwerbsreihenfolge:
z.B. Unterscheidung von Lautgruppen
2 bis 2,5 Jahre: Plosive versus Frikative (z.B. /t/ versus /s/)
2,5 bis 3 Jahre: Anteriore versus Velare (z.B. /t/ versus /k/)
(zu finden in Kannengieser, Simone (2019): „Sprachentwicklungsstörungen“, München, Elsevier Urban&Fischer, S. 68)
Sprachentwicklungsstörung
Grammatiktest
Wortschatztest
Spontansprachanalyse
Therapie:
Spielsituation konstruieren um grammatische Zielstruktur gehäuft zu präsentieren
Arbeit an den grammatischen Strukturen und Wortschatz
Strategietraining für Wortschatzentwicklung
Prognose:
Erfolg der Behandlung abhängig von Komplexität des Störungsbildes
nicht immer können sprachliche Rückstände vollständig aufgeholt werden
wichtig, dass Problematik früh erkannt wird und Therapie frühzeitig einsetzt
Hinweise für Therapiebedarf:
mit 2 Jahren weniger als 50 Wörter
keine Zweiwortsätze
hat bis zur U7a den Wortschatz nicht aufgeholt, weiterhin weniger als 100 Wörter
Entwicklungspsychologische Betrachtungsweise
Spielverhalten beobachten
Vorausläuferfähigkeiten beobachten und einschätzen
Wie ist das Symbolverständnis?
Therapie:
Vertrauensaufbau
Förderung der Vorausläuferfähigkeiten
gemeinsames Thema von Interesse finden
Geteilte Aufmerksamkeit auf Gegenstand oder Handlung
der Handlung des Kindes Bedeutung geben
Sprache anbieten, die das Kind mit dem was es tut in Verbindung bringen kann
Prognose:
Möglichkeit durch Sprachtherapie Impulse für nächste Entwicklungsschritte zu geben
wenn das Kind die Sprache für sich entdeckt hat, kann die Therapie pausieren und die weiter Entwicklung beobachtet werden
Sprachentwicklung bei Zweisprachigkeit
Was muss man beachten?
bisher keine Nachweis, dass Zweisprachigkeit vermehrt zu Sprachentwicklungsstörungen führt
Diagnose schwierig
Betrachtung der ersten Sprache wichtig
Sprachentwicklungsstörung liegt nur vor, wenn beide Sprachen betroffen sind
TIP: Elternfragebogen in der Muttersprache
Einschätzung des Wortschatzes: Summe der Wörter beider Sprachen
2 Jahre weniger als 50 Wörter, keine Zweiwortkombinationen, keine Erweiterung des Wortschatzes auf 100 Wörter bis 2,5 Jahre, dann der Sprachtherapeutin vorstellen
Diagnostik bei Sprachtherapeutin nutzen, um Therapiebedarf abzuklären
bei Zweisprachigkeit sollten Eltern in der Sprache mit ihren Kindern sprechen, in der sie ein gutes Sprachvorbild sein können
Homepage der Berufsverbände
www.dbs-ev.de
www.dbl-ev.de
Literatur: Kannengieser, Simone (2019): „Sprachentwicklungsstörungen“, München, Elsevier Urban&Fischer
Wie können wir die Voraussetzungen für eine gute Sprachentwicklung bei Kindern verbessern?
Eltern besser informieren, was für Sprachentwicklung wichtig ist
Wenn Eltern sich Zeit nehmen, mit ihren Kindern im Gespräch zu sein
wenn Eltern Situationen nutzen, mit ihren Kindern die Welt zu betrachten und darüber zu sprechen und sich nicht von Medien wie Smartphone ablenken lassen
Viel Spaß beim Hören und Lernen!
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