Rambo Zambo – Der Merz-Podcast

Wolfgang Schmidt: „Das hat Olaf Scholz geschadet“


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Drei Jahre lang hat er vor allem hinter den Kulissen der großen Politik gearbeitet, öffentlich äußerte sich Wolfgang Schmidt so gut wie nicht. Nun hat der Kanzleramtsminister und engste Vertraute von Olaf Scholz, die beiden arbeiten seit 2002 zusammen, sein erstes großes Interview geben – und im Abendblatt-Podcast „Entscheider treffen Haider“ auch erklärt, warum er anders als seine Vorgänger Helge Braun und Peter Altmeier (beide CDU) die Arbeit des Kanzlers nicht in Talkshows oder anderswo erklärt hat: „Ich habe mir das sehr genau überlegt, und mich an Vorbildern orientiert. Das waren insbesondere Thomas de Maiziere, der bei Angela Merkel der erste Kanzleramtsminister war, und Frank-Walter Steinmeier. Die waren beide welche, die eher hinter den Kulissen gewirkt haben“, so Schmidt. „Meine Überlegung war, dass bei einer Dreier-Konstellation mit zwei Partnern, die lange nicht regiert hatten, es besser ist, wenn da einer ist, der nicht die ganze Zeit in den Talkshows sitzt und sich selbst produziert, sondern versucht, den Laden zusammen zu halten.“ Er habe der „Notar der Regierung“ sein wollen, der andere glänzen lässt, „natürlich auch den Kanzler“.

Dass das am Ende nicht gelungen und die Ampel weit vor dem Ende der Legislaturperiode zerbrochen ist, habe viele Gründe gehabt. Der Anfang vom Ende sei die Debatte über das sogenannte Heizungsgesetz gewesen, die durch die Veröffentlichung eines unfertigen Gesetzesentwurfs ausgelöst wurde: „Das hat Misstrauen gesät, weil das Wirtschaftsministerium natürlich gefragt hat, wie das in die Öffentlichkeit gekommen ist.“ Die zweite große Ursache für das spätere Ampel-Aus sei das Urteil des Bundesverfassungsgerichts Ende 2023 gewesen: Damals wurde entschieden, dass die Regierung 60 Milliarden Euro, die aus dem Kampf gegen die Folgen der Corona-Pandemie übrig geblieben waren, nicht für andere Zwecke verwenden darf: „Das hat Auswirkungen auf viele Vorhaben der Ampel-Koalition gehabt. Auf einmal gab es eine große Finanzierungslücke im Haushalt. Und Christian Lindner, der damalige Finanzminister, war nicht bereit dafür weitere Schulden aufzunehmen“, sagt Wolfgang Schmidt. Und weiter: „Das war sicherlich der Punkt, an dem die Unterschiede zwischen den drei Parteien sehr deutlich geworden sind.“ SPD, Grüne und FDP hätten in vielen Themenbereichen „fundamental unterschiedliche Ansichten: Das ist die neue Zeit, in der wir jetzt leben. Die Bürgerinnen und Bürger bringen mit ihrem Wahlverhalten Parteien in Koalitionen, die eigentlich in der Tat nicht so richtig viel miteinander zu tun haben.“ Olaf Scholz hätte es entsprechend gar nicht schlecht gemacht, drei so unterschiedliche Parteien über immerhin drei Jahren zusammen zu halten.

Für die harte Abrechnung des Kanzlers mit Christian Lindner nach dessen Rauswurf aus der Regierung hat sein Vertrauter Verständnis – auch wenn Scholz bis dahin von sich und seinen Leuten verlangt hatte, „niemals beleidigt und niemals hysterisch“ zu sein: „Ich glaube, es hatte sich viel aufgestaut. Diese Art, mit einer Regierung umzugehen, das hat Olaf Scholz angefasst. Und das hat dann dazu geführt, dass er an dieser Stelle einmal seinen Gefühlen freien Lauf lassen konnte, musste, durfte.“

Scholz war in der Hoffnung Kanzler geworden, dass die Bürgerinnen und Bürger ihn Jahr für Jahr besser kennenlernen und merken, dass er zwar nicht besonders charismatisch und emotional auftritt, dafür aber weiß, was er tut. Dieser Plan ist nicht aufgegangen. Schmidt sagt dazu: „Die Regierungsbeteiligung hat Olaf Scholz und seinem Ruf sehr geschadet, weil die meisten Deutschen vom mächtigsten Mann der Republik, dem Bundeskanzler, erwarten, dass er Machtworte spricht.“ Nur sei die Wahrheit in einem System mit Koalitionspartnern und einem Koalitionsvertrag, in dem steht, dass Entscheidungen im Kabinett einvernehmlich erfolgen: Machtworte und mit der Faust auf den Tisch zu hauen, hätten mit der Realität nichts zu tun. „Man muss versuchen, zu überzeugen, Kompromisse zu finden und hin und wieder auch mal Druck auszuüben“, sagt Schmidt. Scholz habe sehr viel von seinem Renommee und dem, was die Bürger 2021 gut an ihm fanden, verbraucht, um die Regierung zusammenhalten.

Trotzdem glaubt Schmidt, dass sein Chef die Stimmung im Land noch drehen und die Bundestagswahl am 23. Februar gewinnen kann: „Die Leute fangen jetzt an, sich Gedanken darüber zu machen, wen sie wählen und entscheiden sich erst kurz vor der Wahl, die meisten jedenfalls. Es gibt eine relativ klare Entscheidung: Wollen wir Friedrich Merz als Bundeskanzler oder Olaf Scholz? Das führt zu einer Zuspitzungssituation, wie ich sie auch 2021 vorhergesagt habe. Ich bin ganz optimistisch, dass die meisten sagen: Es ist vielleicht doch ganz gut, jemanden zu nehmen, der Erfahrung hat und nicht einen, der noch nie ein Regierungsamt von innen gesehen hat.“

Und wenn die Umfragen doch so deutlich bleiben, wie sie derzeit sind, und Merz der zehnte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland wird? „Wenn es wider Erwarten nicht klappen sollte, wird das Olaf Scholz nicht in eine tiefe Lebenskrise stürzen, weil das Leben ja neben der Politik auch noch anderes aufweist“, sagt Schmidt. „Scholz ist ein ziemlich uneitler Mensch. Ihn treibt um, was er mit dem Amt des Bundeskanzlers und was er für dieses Land machen kann.“ Und: „Er hat häufig aus sehr schwierigen Lagen noch etwas gemacht. Das ist auch der Grund, warum ich so viele Jahren mit ihm zusammenarbeite. Es wird nie langweilig, und es ist immer eine Herausforderung mit jemandem, der sich so auskennt in Politik, mithalten zu können und ihn zu unterstützen.“

Wolfgang Schmidt selbst bewirbt sich erstmals um ein Bundestagsmandat, er kandiert im Hamburger Bezirk Eimsbüttel und steht auf Listenplatz eins der Hamburger SPD. Ist das sein Plan B? „Ich möchte meinen Job als Chef des Kanzleramtes gern weitermachen und mit Olaf Scholz zusammenarbeiten, wir haben noch ein bisschen was vor“, sagt er. „Die Bundestagskandidatur ist für mich das Ausdruck, dass ich alles reinwerfen und mich mit voller Kraft dafür einsetzen möchte, dass das auch klappt. Wenn es ein schlechtes Ergebnis für die SPD geben sollte, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich in den Bundestag komme, ziemlich gering.“

Über die steigenden Umfragewerte der AfD sagt der Kanzleramtsminister auch etwas: Diese Partei zu wählen sei offensichtlich für eine größere Zahl von Menschen die beste Art, den Herrschenden „einmal den ausgestreckten Mittelfinger“ zu zeigen und damit zu dokumentieren, dass sie „mit der Gesamtsituation unzufrieden“ sind: „Jeder, der ein bisschen nachdenkt, weiß: Alles, was die AfD fordert, wäre für Deutschland, für die deutsche Wirtschaft und die Arbeitsplätze tödlich.“


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