ERF Plus - Wort zum Tag

Zweifel und Glaube


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Kennen Sie das: Sie versuchen einzuschlafen, und je mehr Sie sich bemühen, desto gestresster sind Sie und können erst recht nicht einschlafen.

Es gibt Dinge im Leben, die man nicht „machen“ kann, zu denen man sich nicht zwingen kann: Einschlafen. Jemanden lieben. Lustig sein, wenn man gerade traurig ist. Glauben, wenn man Zweifel hat.

Warum fordert die Bibel einen dann so oft zum Glauben auf? Und was bedeutet „glauben“ überhaupt? Der Duden sagt dazu folgendes: „Glauben“ bedeutet

a) etwas annehmen, ohne sich sicher zu sein, z.B. „Ich glaube, es regnet bald.“

b) etwas fälschlich annehmen, z.B. „Sie glaubte sich unbeobachtet“ – aber in Wirklichkeit war sie es nicht.
und
c) jemandem vertrauen, sich darauf verlassen, z.B. „Ich glaube dir, dass du ehrlich bist.“

In der Bibel ist mit „Glauben“ dieser letzte Punkt gemeint: „πιστίς“ bedeutet: sich auf Gott verlassen. Gott vertrauen, dass es ihn gibt, dass er mich liebt, dass er mir hilft. Biblisch gesehen ist Glaube also kein unsicheres Annehmen, dass es Gott vielleicht gibt, vielleicht aber auch nicht - das wäre Agnostizismus. Schon gar nicht ist Glaube ein irrtümliches Annehmen, dass es Gott gibt. Nein, die Bibel geht fest davon aus, dass er existiert, und dass wir ihm vertrauen dürfen.

Mehr noch, im Markus-Evangelium, Kapitel 9, Vers 23 behauptet Jesus: „Alle Dinge sind dem möglich, der glaubt.“ Boah, was für eine steile Aussage! Wenn ich also glaube, dass ich fliegen kann, dann kann ich das plötzlich? Das ist doch unsinnig! Stimmt. Wenn ich diesen Satz aus dem Zusammenhang reiße, wie es leider immer wieder getan wird, dann kommt wirklich Blödsinn raus. Das klingt dann wie die autosuggestiven Methoden der New-Age-Bewegung und des „Positiven Denkens“. Diese versprechen einem, richtig reich zu werden, wenn man nur fest genug daran „glaubt“ und es „visualisiert“. Nein, so meint Jesus das nicht. Aber wie dann? „Alles ist dem möglich, der glaubt.“

Dieser Satz wird verständlich, wenn wir ihn im Zusammenhang anschauen: Ein Mann kommt zu Jesus, dessen Sohn an schlimmer Epilepsie leidet und schon öfter fast gestorben wäre. Der Vater bittet Jesus um Hilfe. Doch er hat Zweifel, ob Jesus wirklich der von Gott gesandte Retter ist, wie viele behaupten. Es gab damals wie heute genug Scharlatane. Ob Jesus wirklich Wunder tun kann? „Jesus, wenn du irgendetwas kannst, dann hilf uns“, sagt der Vater. Daraufhin antwortet Jesus: „‘Wenn du kannst?!‘ Alles ist möglich dem, der glaubt.“

Jesus bezieht diesen Satz vom Glauben also erstmal gar nicht auf den Vater; nach dem Motto: „Du darfst nicht zweifeln. Du musst nur fest genug glauben, sonst geschieht kein Wunder.“ So wird es leider oft missverstanden.

Doch Jesus meint mit dem Satz sich selbst: Er ist derjenige, der glaubt, der vertraut. Wem vertraut er denn? Seinem eigenen Können? ‚Wenn DU kannst?!‘ Nein, er vertraut auf Gott, der ihn gesandt hat. Er verlässt sich darauf, dass Gottes Kraft in ihm und durch ihn wirkt. So und nur so wird für Jesus ein Wunder der Heilung möglich.

Jesus und Gott sind eins. Darum ist Jesus alles möglich. Durch ihn wurde das Universum geschaffen. Er tut Wunder. Er rettet uns Menschen.

Und was ist mit uns? Können wir so glauben und vertrauen wie Jesus? Schwer, denn wir sind nicht Gottes Sohn. Darum zweifeln wir manchmal.

Aber wir können mit Jesu Hilfe glauben lernen. Wir dürfen – vielleicht zunächst zweifelnd und vorsichtig – in Beziehung mit Gott treten. Wir können im Alltag mit ihm reden, mit seiner Liebe und seinem Handeln rechnen. Das heißt „Glauben“ und „Gott vertrauen“.

Diesen Glauben können wir nicht „machen“, nicht erzwingen. Im Gegenteil, wir dürfen unsere Zweifel Gott gegenüber ausdrücken, wie es der Mann in dieser Geschichte tut. Er bittet Jesus am Ende, ihm glauben zu helfen, weil er glauben will und gleichzeitig zweifelt. Das ist typisch menschlich, und Jesus nimmt es an und heilt das kranke Kind.

Mit diesem zweifelnd-glaubenden Vater dürfen auch wir beten: „Herr, ich glaube, hilf meinem Unglauben!“                                                      

Autor: Gabriele Berger-Farago

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