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Wie kann eine friedliche Co-Existenz mit dem Wolf gelingen? Die Rückkehr des Wolfs ist ein heiß diskutiertes Thema, bei dem sich Landwirte, Alm-Betreiber und Naturschützer oft unversöhnlich gegenüberstehen. Dabei bemühen sich zahlreiche Biologen und Wildtiermanager um umsetzbare Lösungen. Autor: Lutz Reidt (BR 2025)
Credits
Autor dieser Folge: Lutz Reidt
Regie: Sabine Kienhöfer
Es sprachen: Rahel Comtesse
Technik: Adele Meßmer
Redaktion: Bernhard Kastner
Im Interview:
NDR Moderator und Stadtkind Andreas Kuhlage und Landwirtin Maja Mogwitz plaudern über das Leben auf einem Traditionshof und diskutieren auf Augenhöhe verschiedenste landwirtschaftliche Themen. Denn es gibt häufig Missverständnisse, Vorurteile und verhärtete Fronten zwischen Verbrauchern und Landwirten. Ob nun Massentierhaltung, Gentechnik oder Agrarsubventionen. JETZT ENTDECKEN
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besondere Empfehlungen der Redaktion
Geschichte der Almwirtschaft - Wirtschaftsbetrieb und Sehnsuchtsort
Ziegen - Weidetiere im Klimawandel
Bären und Wölfe - Wieviel Wildnis wollen wir?
Das vollständige Manuskript gibt es HIER.
Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
Sprecher:
In den Ammergauer Alpen oberhalb von Garmisch-Partenkirchen scheint die Welt noch in Ordnung. Friedlich grasen braune, beigefarbene und schwarzweiße Rinder auf den sattgrünen Almweiden. Sanft steigt das Gelände nach Westen und Norden an. Weiter talwärts haben sich einige Kühe zur Tränke versammelt, in einer kleinen Mulde unterhalb der Enningalm.
Atmo: Bimmelnde Kuhglocken
Sprecher:
Die beliebte Einkehr von Bergwanderern und Mountainbikern hat heute an diesem sonnigen Vormittag auch Josef Glatz angesteuert, Vorstand des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern. Entspannt lässt der Garmischer Landwirt die Postkartenidylle auf sich wirken:
01 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Josef Glatz
„Da haben wir Fleckvieh heroben, dann haben wir sogar einzelne Schwarzbunte und natürlich die aussterbende Rasse Murnau-Werdenfelser, was bei uns die Bauern noch halten, Die Murnau-Werdenfelser haben eine braun-rötliche Färbung und haben schwarze Flecken drinnen so. Die sind halt bestens geeignet für die Abweidung, weil die ziemlich alles nutzen. Auch, wenn die Weide nicht so gut ist, die Murnauer Werdenfelser gibt trotzdem mehr Milch, weil sie eben aus einer schlechten Weide auch noch was macht.“
Sprecher:
Josef Glatz lässt seinen Blick nach Süden schweifen, hinüber zum gut 1.900 Meter hohen Hirschbichel, der majestätisch über der Enningalm thront.
Die grasgrüne Bergflanke fällt steil nach Nordosten ab und ist übersät mit hellen, stecknadelkopfgroßen Punkten. Dutzende von Schafen, fast bis zum Gipfel rauf - als klebten sie fest, oben im steilen Gelände.
Im Sommer 2022 ging es dort nicht ganz so friedlich zu. Der Wolf war nämlich da:
02 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Josef Glatz
„Der hat halt die gleich in der Nase. Da war er dem Hirschbichel gegenüber, da waren die Risse, wo jetzt die Schafe drüben sind. Und da waren drei Tage hintereinander Risse. Und dann haben wir sie über den Gipfel rübergetrieben, zum Steppberg. Und dann ist er da gekommen; die Rinder - (Da) ist der Hirte erschrocken bei der Nacht um drei - haben sich da drüben auf dem Buckel versammelt und haben sich wehrhaft gestellt. Dann ist der Wolf weitergezogen und ist fort zur Gießenbachalm und hat da vorne wieder Risse getätigt.“
Musik
Sprecherin:
((Mehr als vierzig Schafe kamen um. Kaum eines wurde vollständig vertilgt. Die meisten waren nur angefressen. Oder sind bei ihrer panischen Flucht in die Tiefe gestürzt.
Und)) gekürzt für rW Das dürfte nur der Anfang gewesen sein, fürchtet Peter Strohwasser Der langjährige Leiter der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt in Garmisch-Partenkirchen wertet diese Schafsrisse als ein Wetterleuchten am Horizont, das ein heftiges Gewitter ankündigt:
03 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Peter Strohwasser
„Denn uns werden Dutzende von Wölfen in mehreren Rudeln prognostiziert, wenn das hier mal so aufgesiedelt ist wie an der Lausitz oder in anderen östlichen und nördlichen Gebieten. Das heißt, wir kriegen hier mehrere Wolfsrudel. Und diese Wölfe werden sich ganz anders bemerkbar machen. Wir haben bis jetzt ein Wetterleuchten am Horizont. Aber wir wollen vorsorgen, dass uns das nicht kaputtgeht, was jetzt der Naturschutz mit Millionen von Geldern und die Bauern mit literweise Schweiß geschaffen und erhalten haben. Das ist viel zu kostbar, als dass wir jetzt auf das Gewitter zusteuern können, ohne vorzusorgen.“
Sprecherin:
Doch wie diese Vorsorge aussehen soll, ist umstritten. Elektrozäune und Herdenschutzhunde sollen den Wolf von den Weidetieren fernhalten. Noch mehr Hirten auf sie aufpassen und notfalls die Tiere abends in Pferche treiben.
Doch kann das wirklich die Lösung sein auf dem Weg zu einer friedlichen Co-Existenz zwischen Wolf und Weidetieren?
Atmo: Bimmelnde Kuhglocken (langsam ausblenden unter Sprecherin oder Kreuzblende mit folgender Musik, falls gewüscht))
Musik
Sprecherin:
Wolfsrudel gibt es noch keine in den bayerischen Alpen, wohl aber einzelne Wölfe, die meist unauffällig durch die Bergwälder streifen.
Wahre Musterwölfe sind dies, meint Wolfgang Schröder. Der Wildbiologe nennt als Beispiel einen Rüden, dessen Spuren vor allem im Rohrmoostal westlich von Oberstdorf gefunden werden.
04 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Wolfgang Schröder
„Also wenn es einen Wunschwolf gibt, dann ist es (dieser GW 999 M), dieser männliche Wolf im Oberallgäu. Der ist seit mindestens 2018 genetisch dokumentiert und lebt heute noch. Also schon relativ alt für einen Wolf in freier Wildbahn. Wahrscheinlich hat er schon vor 2018 einige Tiere in diesem Gebiet gerissen. Wildtiere gerissen.“
Sprecherin:
Dieser „Rohrmooswolf“ pendelt zwischen dem Allgäu und dem Bregenzer Wald in Vorarlberg. Zwar hat er schon mal ein Rotwildgatter heimgesucht. Aber grundsätzlich meidet er - ganz Musterwolf - Menschen und Siedlungen:
05 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Wolfgang Schröder
„Unweit des bayerischen Schwerpunktes der Alpung von Rindern! Im Oberallgäu werden an die 30.000 Rinder gealpt. Aber in diese Bereiche der Alpen geht dieser Wolf nicht. Er bleibt da in den benachbarten Bergen, wo in allererster Linie Hirsche, Rehe und Gämsen existieren.“
Musik
Sprecher:
Während seiner Studienjahre in Nordamerika hat Wolfgang Schröder das dort übliche Wildtiermanagement kennengelernt und diesen Ansatz später als Professor für Wildbiologie an den Münchner Universitäten eingeführt und über Jahrzehnte hinweg gelehrt.
Der Wildbiologe gilt als Freund der Wölfe. Und er begrüßt die Rückkehr dieser charismatischen Tiere nach Mitteleuropa. Gleichwohl sieht er die Herausforderungen, die damit verbunden sind.
Denn: Willkommen ist der Wolf nicht überall - vor allem auf dem Lande nicht. Dort sorgen sich die Tierhalter um ihre Schafe, Ziegen und Kälber auf den Weiden, Jäger um ihre Rehe und Hirsche in den Wäldern und Eltern um ihre Kinder beim Ausflug in die Natur.
Im Gegensatz dazu überwiegt die große Freude vieler Menschen, vor allem im städtischen Umfeld. Für sie ist der Wolf das Symbol für ein kleines Stück Wildnis, ein Hauch von Yellowstone oder Alaska im sonst so dicht besiedelten Europa. Seine Rückkehr werten sie als Chance, einstmals begangenes Unrecht wiedergutzumachen - nämlich die Ausrottung vor mehr als hundert Jahren.
Und da ja der Wolf von Natur aus scheu ist - so die Vorstellung - wäre seine Rückkehr ein immenser Gewinn für den Artenschutz. Doch: Ist das wirklich so? Ist jeder Wolf ein Rohrmooswolf?
06 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Wolfgang Schröder
„Ja, das ist eine weit verbreitete Meinung, dass der Wolf von Natur aus scheu ist. Das ist er überhaupt nicht! Der Wolf ist, (ein Spitzenprädator;) ein Tier, das nie eine Scheuheit ausprägen musste, vor anderen Tieren oder auch vor den Menschen, solange ihm nicht nachgestellt wurde.“
Sprecher:
Der Wolf ist keineswegs von Natur aus scheu. Dieses Verhalten wurde ihm antrainiert. Über Jahrhunderte hinweg hatte der Mensch ihn verfolgt - bis er in Mitteleuropa ausgerottet war.
In Osteuropa jedoch, in Italien und auch auf dem Balkan, dort haben Wölfe in abgeschiedenen Bergen und weitläufigen Wäldern überleben können - und zwar jene, die den Menschen gemieden haben. Der Rohrmooswolf zeigt dieses tradierte Verhalten auch heute noch:
07 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Wolfgang Schröder
„Das hat mit Sicherheit eine genetische Komponente. Aber es hat in allererster Linie eine Verhaltenskomponente: Die Wölfe haben einfach gelernt, den Menschen zu meiden. Und was wir heute sehen, wenn dem Wolf nicht mehr in der gleichen Art und Weise nachgestellt wird, dann ändert er relativ rasch wieder sein Verhalten, wird vertraut, er meidet den Menschen nicht mehr in der gleichen Art und Weise und nutzt auch die Gelegenheit, auf den Menschen zuzugehen, wenn er ihn mit Nahrung verbindet.“
Sprecherin:
Weniger scheu heißt nicht unbedingt „aggressiv“ - zumindest nicht gegenüber dem Menschen, betont Wolfgang Schröder. Nur dreister könnten die Wölfe schon werden, wenn sie erst einmal verinnerlicht haben, dass Menschen keine Bedrohung für sie sind:
08 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Wolfgang Schröder
„Diese Situation heute ist ein Novum, dass wir wieder Wölfe haben, dass Wölfe sich ausgebreitet haben in Gebiete der Nutztierhaltung und gleichzeitig geschützt werden. Das kann nicht gut gehen. Die Wölfe sind zu lernfähig, als dass sie diese Situation nicht, jetzt sage ich einmal, schamlos ausnutzen würden. Auch durch immer neues Verhalten.“
Musik:
Sprecherin:
Problematisch wird es vor allem dann, wenn Wölfe ihre historisch tradierte Scheu nach und nach ablegen und die Wälder verlassen. Leichte Beute lockt, auf den Almen, und in der Nähe der Dörfer. Schafe und Ziegen vor allem, aber auch Fohlen und Kälber.
In Siedlungsnähe rät Wolfgang Schröder zum präventiven Schutz durch Elektrozäune. Die bestehen entweder aus einem Maschengeflecht oder aus einem Verbund aus mehreren Drähten - sogenannten Litzen - die waagerecht verlaufen.
09 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Wolfgang Schröder
„Im Talgebiet, in Hofnähe, ungeschützte Schafherden oder Ziegenherden zu halten, geht im Wolfsgebiet nicht mehr. Und dort ist es aber auch relativ, ich sage relativ einfach und auch bezahlbar, dass Herdenschutzmaßnahmen durchgeführt werden. Da würden Elektrozäune reichen; auf kleinerer Fläche Elektrozäune reichen.
Musik:
Sprecher:
Im Norden und Osten Deutschlands gibt es diesen Wolfsschutz schon länger, und er hat sich dort im Flachland als so genannter Grundschutz bewährt - nicht immer, aber doch relativ häufig.
Denn: Für einen unerfahrenen Jungwolf, der auf der Suche nach Beute einen Elektrozaun überwinden will, könnte so ein Stromschlag ein derart „durchdringendes“ Erlebnis werden, dass er künftig anderweitig auf Nahrungssuche gehen dürfte. Und auch manchem Leitwolf bleibt diese schmerzvolle Erfahrung im Gedächtnis haften, so dass er fortan die jüngeren Tiere in seinem Rudel davor bewahren möchte.
Wölfe sind lernfähig. Sie geben Erfahrungen an ihre Nachkommen weiter. Im Guten - aus Sicht des Menschen - wenn sie Elektrozäune meiden lernen. Aber eben auch im Schlechten. Nämlich dann, wenn einige schneidige Wölfe herausfinden, dass sie diese Barrieren durchaus überwinden können. Selbst wenn ein Wolf beim Überspringen die oberste Litze eines Elektrozaunes touchiert, bleibt es für ihn ohne schmerzhafte Folgen, weil er ja beim Sprung keinen Kontakt zum Erdboden hat.
4.5
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Wie kann eine friedliche Co-Existenz mit dem Wolf gelingen? Die Rückkehr des Wolfs ist ein heiß diskutiertes Thema, bei dem sich Landwirte, Alm-Betreiber und Naturschützer oft unversöhnlich gegenüberstehen. Dabei bemühen sich zahlreiche Biologen und Wildtiermanager um umsetzbare Lösungen. Autor: Lutz Reidt (BR 2025)
Credits
Autor dieser Folge: Lutz Reidt
Regie: Sabine Kienhöfer
Es sprachen: Rahel Comtesse
Technik: Adele Meßmer
Redaktion: Bernhard Kastner
Im Interview:
NDR Moderator und Stadtkind Andreas Kuhlage und Landwirtin Maja Mogwitz plaudern über das Leben auf einem Traditionshof und diskutieren auf Augenhöhe verschiedenste landwirtschaftliche Themen. Denn es gibt häufig Missverständnisse, Vorurteile und verhärtete Fronten zwischen Verbrauchern und Landwirten. Ob nun Massentierhaltung, Gentechnik oder Agrarsubventionen. JETZT ENTDECKEN
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Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
Sprecher:
In den Ammergauer Alpen oberhalb von Garmisch-Partenkirchen scheint die Welt noch in Ordnung. Friedlich grasen braune, beigefarbene und schwarzweiße Rinder auf den sattgrünen Almweiden. Sanft steigt das Gelände nach Westen und Norden an. Weiter talwärts haben sich einige Kühe zur Tränke versammelt, in einer kleinen Mulde unterhalb der Enningalm.
Atmo: Bimmelnde Kuhglocken
Sprecher:
Die beliebte Einkehr von Bergwanderern und Mountainbikern hat heute an diesem sonnigen Vormittag auch Josef Glatz angesteuert, Vorstand des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern. Entspannt lässt der Garmischer Landwirt die Postkartenidylle auf sich wirken:
01 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Josef Glatz
„Da haben wir Fleckvieh heroben, dann haben wir sogar einzelne Schwarzbunte und natürlich die aussterbende Rasse Murnau-Werdenfelser, was bei uns die Bauern noch halten, Die Murnau-Werdenfelser haben eine braun-rötliche Färbung und haben schwarze Flecken drinnen so. Die sind halt bestens geeignet für die Abweidung, weil die ziemlich alles nutzen. Auch, wenn die Weide nicht so gut ist, die Murnauer Werdenfelser gibt trotzdem mehr Milch, weil sie eben aus einer schlechten Weide auch noch was macht.“
Sprecher:
Josef Glatz lässt seinen Blick nach Süden schweifen, hinüber zum gut 1.900 Meter hohen Hirschbichel, der majestätisch über der Enningalm thront.
Die grasgrüne Bergflanke fällt steil nach Nordosten ab und ist übersät mit hellen, stecknadelkopfgroßen Punkten. Dutzende von Schafen, fast bis zum Gipfel rauf - als klebten sie fest, oben im steilen Gelände.
Im Sommer 2022 ging es dort nicht ganz so friedlich zu. Der Wolf war nämlich da:
02 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Josef Glatz
„Der hat halt die gleich in der Nase. Da war er dem Hirschbichel gegenüber, da waren die Risse, wo jetzt die Schafe drüben sind. Und da waren drei Tage hintereinander Risse. Und dann haben wir sie über den Gipfel rübergetrieben, zum Steppberg. Und dann ist er da gekommen; die Rinder - (Da) ist der Hirte erschrocken bei der Nacht um drei - haben sich da drüben auf dem Buckel versammelt und haben sich wehrhaft gestellt. Dann ist der Wolf weitergezogen und ist fort zur Gießenbachalm und hat da vorne wieder Risse getätigt.“
Musik
Sprecherin:
((Mehr als vierzig Schafe kamen um. Kaum eines wurde vollständig vertilgt. Die meisten waren nur angefressen. Oder sind bei ihrer panischen Flucht in die Tiefe gestürzt.
Und)) gekürzt für rW Das dürfte nur der Anfang gewesen sein, fürchtet Peter Strohwasser Der langjährige Leiter der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt in Garmisch-Partenkirchen wertet diese Schafsrisse als ein Wetterleuchten am Horizont, das ein heftiges Gewitter ankündigt:
03 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Peter Strohwasser
„Denn uns werden Dutzende von Wölfen in mehreren Rudeln prognostiziert, wenn das hier mal so aufgesiedelt ist wie an der Lausitz oder in anderen östlichen und nördlichen Gebieten. Das heißt, wir kriegen hier mehrere Wolfsrudel. Und diese Wölfe werden sich ganz anders bemerkbar machen. Wir haben bis jetzt ein Wetterleuchten am Horizont. Aber wir wollen vorsorgen, dass uns das nicht kaputtgeht, was jetzt der Naturschutz mit Millionen von Geldern und die Bauern mit literweise Schweiß geschaffen und erhalten haben. Das ist viel zu kostbar, als dass wir jetzt auf das Gewitter zusteuern können, ohne vorzusorgen.“
Sprecherin:
Doch wie diese Vorsorge aussehen soll, ist umstritten. Elektrozäune und Herdenschutzhunde sollen den Wolf von den Weidetieren fernhalten. Noch mehr Hirten auf sie aufpassen und notfalls die Tiere abends in Pferche treiben.
Doch kann das wirklich die Lösung sein auf dem Weg zu einer friedlichen Co-Existenz zwischen Wolf und Weidetieren?
Atmo: Bimmelnde Kuhglocken (langsam ausblenden unter Sprecherin oder Kreuzblende mit folgender Musik, falls gewüscht))
Musik
Sprecherin:
Wolfsrudel gibt es noch keine in den bayerischen Alpen, wohl aber einzelne Wölfe, die meist unauffällig durch die Bergwälder streifen.
Wahre Musterwölfe sind dies, meint Wolfgang Schröder. Der Wildbiologe nennt als Beispiel einen Rüden, dessen Spuren vor allem im Rohrmoostal westlich von Oberstdorf gefunden werden.
04 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Wolfgang Schröder
„Also wenn es einen Wunschwolf gibt, dann ist es (dieser GW 999 M), dieser männliche Wolf im Oberallgäu. Der ist seit mindestens 2018 genetisch dokumentiert und lebt heute noch. Also schon relativ alt für einen Wolf in freier Wildbahn. Wahrscheinlich hat er schon vor 2018 einige Tiere in diesem Gebiet gerissen. Wildtiere gerissen.“
Sprecherin:
Dieser „Rohrmooswolf“ pendelt zwischen dem Allgäu und dem Bregenzer Wald in Vorarlberg. Zwar hat er schon mal ein Rotwildgatter heimgesucht. Aber grundsätzlich meidet er - ganz Musterwolf - Menschen und Siedlungen:
05 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Wolfgang Schröder
„Unweit des bayerischen Schwerpunktes der Alpung von Rindern! Im Oberallgäu werden an die 30.000 Rinder gealpt. Aber in diese Bereiche der Alpen geht dieser Wolf nicht. Er bleibt da in den benachbarten Bergen, wo in allererster Linie Hirsche, Rehe und Gämsen existieren.“
Musik
Sprecher:
Während seiner Studienjahre in Nordamerika hat Wolfgang Schröder das dort übliche Wildtiermanagement kennengelernt und diesen Ansatz später als Professor für Wildbiologie an den Münchner Universitäten eingeführt und über Jahrzehnte hinweg gelehrt.
Der Wildbiologe gilt als Freund der Wölfe. Und er begrüßt die Rückkehr dieser charismatischen Tiere nach Mitteleuropa. Gleichwohl sieht er die Herausforderungen, die damit verbunden sind.
Denn: Willkommen ist der Wolf nicht überall - vor allem auf dem Lande nicht. Dort sorgen sich die Tierhalter um ihre Schafe, Ziegen und Kälber auf den Weiden, Jäger um ihre Rehe und Hirsche in den Wäldern und Eltern um ihre Kinder beim Ausflug in die Natur.
Im Gegensatz dazu überwiegt die große Freude vieler Menschen, vor allem im städtischen Umfeld. Für sie ist der Wolf das Symbol für ein kleines Stück Wildnis, ein Hauch von Yellowstone oder Alaska im sonst so dicht besiedelten Europa. Seine Rückkehr werten sie als Chance, einstmals begangenes Unrecht wiedergutzumachen - nämlich die Ausrottung vor mehr als hundert Jahren.
Und da ja der Wolf von Natur aus scheu ist - so die Vorstellung - wäre seine Rückkehr ein immenser Gewinn für den Artenschutz. Doch: Ist das wirklich so? Ist jeder Wolf ein Rohrmooswolf?
06 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Wolfgang Schröder
„Ja, das ist eine weit verbreitete Meinung, dass der Wolf von Natur aus scheu ist. Das ist er überhaupt nicht! Der Wolf ist, (ein Spitzenprädator;) ein Tier, das nie eine Scheuheit ausprägen musste, vor anderen Tieren oder auch vor den Menschen, solange ihm nicht nachgestellt wurde.“
Sprecher:
Der Wolf ist keineswegs von Natur aus scheu. Dieses Verhalten wurde ihm antrainiert. Über Jahrhunderte hinweg hatte der Mensch ihn verfolgt - bis er in Mitteleuropa ausgerottet war.
In Osteuropa jedoch, in Italien und auch auf dem Balkan, dort haben Wölfe in abgeschiedenen Bergen und weitläufigen Wäldern überleben können - und zwar jene, die den Menschen gemieden haben. Der Rohrmooswolf zeigt dieses tradierte Verhalten auch heute noch:
07 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Wolfgang Schröder
„Das hat mit Sicherheit eine genetische Komponente. Aber es hat in allererster Linie eine Verhaltenskomponente: Die Wölfe haben einfach gelernt, den Menschen zu meiden. Und was wir heute sehen, wenn dem Wolf nicht mehr in der gleichen Art und Weise nachgestellt wird, dann ändert er relativ rasch wieder sein Verhalten, wird vertraut, er meidet den Menschen nicht mehr in der gleichen Art und Weise und nutzt auch die Gelegenheit, auf den Menschen zuzugehen, wenn er ihn mit Nahrung verbindet.“
Sprecherin:
Weniger scheu heißt nicht unbedingt „aggressiv“ - zumindest nicht gegenüber dem Menschen, betont Wolfgang Schröder. Nur dreister könnten die Wölfe schon werden, wenn sie erst einmal verinnerlicht haben, dass Menschen keine Bedrohung für sie sind:
08 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Wolfgang Schröder
„Diese Situation heute ist ein Novum, dass wir wieder Wölfe haben, dass Wölfe sich ausgebreitet haben in Gebiete der Nutztierhaltung und gleichzeitig geschützt werden. Das kann nicht gut gehen. Die Wölfe sind zu lernfähig, als dass sie diese Situation nicht, jetzt sage ich einmal, schamlos ausnutzen würden. Auch durch immer neues Verhalten.“
Musik:
Sprecherin:
Problematisch wird es vor allem dann, wenn Wölfe ihre historisch tradierte Scheu nach und nach ablegen und die Wälder verlassen. Leichte Beute lockt, auf den Almen, und in der Nähe der Dörfer. Schafe und Ziegen vor allem, aber auch Fohlen und Kälber.
In Siedlungsnähe rät Wolfgang Schröder zum präventiven Schutz durch Elektrozäune. Die bestehen entweder aus einem Maschengeflecht oder aus einem Verbund aus mehreren Drähten - sogenannten Litzen - die waagerecht verlaufen.
09 Zsp. Rückkehr der Wölfe - Wolfgang Schröder
„Im Talgebiet, in Hofnähe, ungeschützte Schafherden oder Ziegenherden zu halten, geht im Wolfsgebiet nicht mehr. Und dort ist es aber auch relativ, ich sage relativ einfach und auch bezahlbar, dass Herdenschutzmaßnahmen durchgeführt werden. Da würden Elektrozäune reichen; auf kleinerer Fläche Elektrozäune reichen.
Musik:
Sprecher:
Im Norden und Osten Deutschlands gibt es diesen Wolfsschutz schon länger, und er hat sich dort im Flachland als so genannter Grundschutz bewährt - nicht immer, aber doch relativ häufig.
Denn: Für einen unerfahrenen Jungwolf, der auf der Suche nach Beute einen Elektrozaun überwinden will, könnte so ein Stromschlag ein derart „durchdringendes“ Erlebnis werden, dass er künftig anderweitig auf Nahrungssuche gehen dürfte. Und auch manchem Leitwolf bleibt diese schmerzvolle Erfahrung im Gedächtnis haften, so dass er fortan die jüngeren Tiere in seinem Rudel davor bewahren möchte.
Wölfe sind lernfähig. Sie geben Erfahrungen an ihre Nachkommen weiter. Im Guten - aus Sicht des Menschen - wenn sie Elektrozäune meiden lernen. Aber eben auch im Schlechten. Nämlich dann, wenn einige schneidige Wölfe herausfinden, dass sie diese Barrieren durchaus überwinden können. Selbst wenn ein Wolf beim Überspringen die oberste Litze eines Elektrozaunes touchiert, bleibt es für ihn ohne schmerzhafte Folgen, weil er ja beim Sprung keinen Kontakt zum Erdboden hat.
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