In diese Folge geht es um die Soziokratie. Wir erzählen von den soziokratischen Entwicklungen innerhalb der MYZELIUM Organisation, was das eigene Anwenden und Lernen für Auswirkungen auf unsere Begleitung hat und führen ganz allgemein in die Welt der Soziokratie ein. Dafür haben wir uns von zwei Soziokrat*innen Verstärkung geholt, Alina und Tim von nowwork.
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Transkription
Hannah Heller
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Herzlich willkommen zum 89. Mycelium-Podcast, dem Podcast für gemeinschaftsbasiertes Wirtschaften.
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Mein Name ist nach wie vor Hanna Heller und ich hoste heute diesen Podcast zusammen
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mit Franka, die ja auch schon allzeit bekannt ist aus dem Podcast,
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aus den letzten inhaltlichen Folgen und die mich heute begleiten wird in der
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Moderation und die unsere Kulturpilotin ist im Mycelium.
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Das ist ein neuer Begriff, den wir jetzt hier mal so setzen, einfach für Franka.
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Und in diesem Sinne beschäftigen wir uns auch heute mit der Soziokratie,
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eine Methode, um Organisationen in einer gleichberechtigten und nachhaltigen,
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bestenfalls regenerativen Art und Weise aufzustellen.
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Und ich freue mich sehr, dass wir zwei Gäste heute bei uns haben,
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nämlich Alina Reinhardt und Tim Weinert von NowWork, beides Expertinnen in diesem Bereich.
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Und deshalb starten wir auch mit euch beiden, bevor wir dann gleich in die Inhalte
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der Soziokratie eintauchen.
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Alina und Tim, wer seid ihr und was verbindet euch denn mit dem Mycelium?
Tim
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Genau, ich starte. Ich habe mit der Alina ausgetüftelt, wir haben uns beiden startet.
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Ich bin der Tim, ich lebe in Stuttgart,
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bin 42 und bin beruflich unterwegs als Brückenbauer zwischen Alter und Neuarbeitsfeld,
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sage ich gerne, als Organisationsentwickler und Nachhaltigkeitsberater und benutze
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dabei eben viel die Soziokratie,
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bewegt mich in der Gemeinwohlökonomie und lebe
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privat in einer kleinen Mietshäuser-Syndikat-Gemeinschaft mit 18 Menschen,
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sodass diese Fragestellung, wie fällen wir eigentlich gemeinsam gute Entscheidungen
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und wenn wir uns näher sind,
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da gerne rauskommt und war tatsächlich schon einmal im Podcast zum Thema Gemeinwohlökonomie,
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müsste irgendwo in den 30er folgen.
Alina
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Mein Name ist Alina und ich wohne in der Nähe von Stuttgart und ich habe so
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zwei Stränge in meinem Leben.
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Das eine ist der Strang solidarische Landwirtschaft und das ist wahrscheinlich
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auch schon so der kleine Querling zum Mycelium oder zur Grundidee von Mycelium und die Soziokratie.
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Und ich habe die solidarische Landwirtschaft Stuttgart in meinem Studium gegründet,
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was genau ein ganz anderes war und mit aufgebaut über acht Jahre.
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Und in der Zwischenzeit bin ich dann ab auf den Acker gewechselt,
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habe noch eine Ausbildung gemacht, habe also auch insgesamt am Ende acht Jahre
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auf verschiedenen Äckern gestanden, nicht nur in der Soda wie Stuttgart.
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Und das ist so der eine Strang, der mich dann auch ins Netzwerk Solidarische
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Landwirtschaft verschlagen hat.
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Also auf die Bundesebene für die Solidarische Landwirtschaft.
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Und genau auf diesem ganzen Weg habe ich eigentlich relativ schnell gemerkt,
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dass da noch andere Handwerkszöge nötig sind.
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Und so bin ich dann auf die Soziokratie gestoßen und habe gemerkt,
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hey, das ist genau das, was wir brauchen, um uns zu organisieren,
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um unseren Ansprüchen gerecht zu werden, Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu gestalten
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und gleichzeitig aber auch voranzukommen und das umzusetzen,
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was wir denn so als Vision haben.
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Und dieser Strang ist weitergegangen auch und bin selbstständig,
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beziehungsweise jetzt eben auch mit Now Work unterwegs.
Hannah Heller
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Ja, vielen Dank. Megaschön, dass ihr beide da seid und euch die Zeit für uns
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nehmt und unseren Podcast.
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Franca, erzähl doch mal, ist das auch so ein bisschen auf deinem Mist gewachsen,
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dass wir hier zusammensitzen? Erzähl
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doch mal, warum geht es heute um Soziokratie? Was ist daran wichtig?
Franziska
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Hallo auch von meiner Seite. Warum sind wir heute hier? Das Mycelium nennt sich
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mittlerweile soziokratische Organisation.
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Das liegt daran, dass wir mit der Soziokratie gearbeitet haben und unter anderem
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auch von Tim da begleitet wurden.
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Wir haben ein Organisationsmodell in den letzten Monaten entwickelt und dazu
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auch Entscheidungsstrukturen.
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Und einerseits wollen wir heute so ein bisschen auch wieder aus dem Nähkästchen
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plaudern, was das mit uns als Organisation gemacht hat. und gleichzeitig den
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Blick auch wieder rauswerfen Richtung Begleitung.
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Weil uns natürlich immer mehr auffällt, dass in den ganzen Projekten,
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die wir begleiten, das Thema Soziokratie ein Must-Have ist. Und darum soll es heute gehen.
Hannah Heller
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Dann lasst uns doch mal einsteigen mit der ganz banalen Frage,
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was ist denn Soziokratie? Wer kann da von euch ein bisschen erzählen?
Alina
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Soziokratie ist erstmal ein Organisations- und Steuerungsmodell,
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das dabei hilft, Zusammenarbeit wirksamer zu gestalten und da erstmal einen
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Werkzeugkoffer mit verschiedenen Werkzeugen mitbringt.
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Soziokratie setzt dabei auf die Ausrichtung am gemeinsamen Ziel,
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Transparenz und Vertrauen und Selbstorganisation.
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Also wie können wir uns gemeinsam so organisieren, dass alle Klarheit haben
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und wir gemeinsam vorankommen.
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Dazu gibt es eben vier Basisprinzipien. Die soziokratische Kreisstruktur setzt
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erst mal darauf, eben die Zuständigkeitsbereiche genau zu definieren.
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Und das bedeutet, dass dadurch die Kreise in einem gewissen Bereich teilautonom handeln können.
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Und das bringt voran erst mal, weil man eben nicht für alles nach oben laufen
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muss und jemanden fragen muss, sondern weiß eben, das kann ich alleine tun.
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Und für andere Dinge, genau, muss ich mich mit den anderen Kreisen abstimmen.
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Also diese genaue Definition dieser Bereiche oder der Kreisdomäne,
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wie wir es auch nennen in der Soziokratie und die doppelte Verknüpfung,
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die eben dafür sorgt, dass diese Kreise, die wir in der Organisation haben,
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auch wirklich miteinander vernetzt sind.
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Also es gibt immer eine Kreisleitung, die vom höheren Kreis kommt und eine Kreisdelegierte,
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die nach oben geht und in beiden Kreisen drin sitzt und dafür sorgen,
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dass die verschiedenen Perspektiven in beiden Kreisen gehört werden und auch
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bei Entscheidung eben Einzug erhalten und beachtet werden.
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Und kein Kreis über den anderen entscheidet, ohne dass der das mitbekommt oder
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dass deren Bedürfnisse nicht gehört werden.
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Das sind so die beiden Strukturelemente, wie man sich so eine Organisation vorstellen kann.
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Und dann gibt es noch zwei Prozesselemente, würde ich sagen.
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Das Consent-Prinzip, das eben ein effektives Entscheidungsverfahren ist in Teams
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und eben dabei hilft, zu tragfähigen Ergebnissen zu kommen, die dann auch alle mittragen können.
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Und da kommen wir später nochmal zu, da werden wir bestimmt nochmal tiefer eintauchen.
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Und die offene Rollenwahl, die einfach klare Definition auch für einzelne Rollen
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vergibt, wir haben ja eben gesagt, die Kreise werden sehr klar definiert,
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aber auch in den Kreisen gibt es sehr klare Zuordnung,
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wer welche Rolle hat, wie es die definiert, welche Aufgaben hat die und was
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darf sie auch dann in dieser Rolle alleine entscheiden.
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Und gleichzeitig eben mit der offenen Rollenwahl, die passende Besetzung dafür zu finden.
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Und nicht, wie das ja häufig so passiert, also gerade in ehrenamtlichen Bereichen,
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wo man sagt, ja, wer will das jetzt machen? Und dann meldet sich erst keiner.
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Dann meldet sich die Person, die eh schon zu viel hat, da irgendwie zu einem anderen Weg zu kommen.
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Wertschätzend und auch wirklich passend Menschen in Rollen und Verantwortung zu bringen.
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Und das sind so die vier Basisprinzipien, die eben diesen Werkzeugkoffer ausmachen.
Hannah Heller
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Ja, vielen Dank für den Einblick. Also ich fasse mal zusammen.
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Es gibt sozusagen die Organisationsaufbauebene. Das ist diese,
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man organisiert sich in Kreisen und man hat diese doppelte Verknüpfung,
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habe ich auch noch aus meinem Basis-Sozioportie-Kurs irgendwie mitgenommen, zwischen den Kreisen.
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Also immer eine Person von unten, eine Person von oben, wie du es erklärt hast.
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Und es gibt dann eben die Prozessfragen.
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Wir entscheiden im Konsent und wir haben diese offene Rollenwahl.
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Ich glaube, ich würde auf beide Ebenen nochmal kurz eingehen,
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Mit welcher sollten wir starten?
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Mit der Prozessebene oder mit der Organisationsentwicklungsebene?
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Manchmal denke ich, vielleicht die Prozessebene ist noch anschaulicher so.
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Genau, dann erzähl doch nochmal zum Prozess. Wie läuft das ab?
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Wie trifft man Entscheidungen in der Soziokratie?
Tim
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Ich bin auch Fan davon, dass wir mit der Prozessebene anfangen,
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weil es für Gruppen, die damit starten, auch das zugängliche Prinzip ist und
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dann eher die anderen dazukommen können sukzessive.
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Der Consent stellt für manche Menschen erstmal so diese Entscheidungshaltung auf den Kopf,
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weil wir eben sagen, es geht nicht mehr darum, dass die eine Person,
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die halt die Organisation gegründet hat oder die ganz oben steht,
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einfach sagen darf, geht links oder geht rechts rum oder macht es schwarz oder macht es weiß.
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Das nennen wir gerne den Machtentscheid, also weil eben jemand oben ist in der
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klassischen Pyramide. Und was passiert,
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Ich behaupte mal, wir alle hier total cool finden, ist, wir fallen aber auch
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nicht in die komplette Basisdemokratie, die in ihrer, sag mal,
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schwierigsten Ausführung sagt, alle dürfen bei allem mitreden und wir müssen
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so lange reden, bis wir die kleinste gemeinsame Lösung gefunden haben.
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Und da fällt die Macht auf einmal nicht mehr zu der Person, die ganz oben in
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der Pyramide sitzt, sondern zu der Person mit dem größten Sitzfleisch oder der
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meisten Zeit, die immer noch sagt,
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reicht mir noch nicht, reicht mir noch nicht. Also den Konsens mit S.
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Und das sehend haben halt die Menschen, die Soziokratie entwickelt,
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gesagt, können wir das nicht anders machen.
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Und jetzt funktioniert der Consent eben mit einem ersten Trick und sagt,
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lass uns bitte die Entscheidung mit dem Blick auf das gemeinsame Ziel treffen.
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Und nicht mehr nur noch diese persönliche Vorliebe, was will denn eigentlich
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ich und möchte ich gewinnen und die anderen dann im besten oder im schlimmsten
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Falle noch verlieren lassen.
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Denn auch da sagen wir, ihr arbeitet ja in der gleichen Organisation.
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Wie traurig ist es eigentlich, wenn wir dauernd Verliererinnen und GewinnerInnen produzieren?
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Und dementsprechend sagt der Content, lasst uns die Entscheidung fällen,
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die gut genug für jetzt und sicher genug ist, um sie auszuprobieren.
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Die SoziokratInnen sagen dann, good enough for now, safe enough to try.
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Und das erzielen wir eben durch eine bestimmte Art von Redestrukturen,
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die am Anfang auch sehr steif wirken,
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weil wir mit einem Vorschlag starten, dann in eine Inforunde gehen,
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wo es auch alle Menschen nacheinander gehört werden, wo es darum geht, Fragen zu stellen,
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dann zwei Meinungsrunden machen und dann eben schauen,
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haben wir eine Entscheidung, die alle Menschen hier mittragen können,
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aber eben nicht mit der Frage, bin ich dafür, sondern habe ich Konsent im Hinblick
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aufs gemeinsame Ziel und keinen schwerwiegenden Einwand.
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Das vielleicht mal so als den schnellen Überblick, weil da gibt es lauter Details,
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wie man dann den schwerwiegenden Einwand integriert, warum das in Runden gesprochen wird und so weiter.
Franziska
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Ich erinnere mich da gerade, Tim, an die Begleitung von NowWork beziehungsweise
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von dir und wie du als eigentlich allererstes mit uns den Purpose versucht hast zu formulieren.
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Und ich erinnere mich auch an das Teamtreffen, was es dann dazu gab,
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wo du uns natürlich auf der einen Seite den Konsent irgendwie erklärt hast und
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gleichzeitig unsere erste Entscheidung, nämlich eigentlich über diesen Purpose, auch moderiert hast.
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Und ich kann da noch abrufen, wie mein erster Gedanke war, ah ja, schon ganz schön steif.
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Also im Sinne von, wir haben eine ganz, ganz klare Struktur und an die halten wir uns.
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Und das mag zuerst eben so wirken wie, okay, jetzt müssen wir uns da irgendwie,
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man darf nicht, also man darf bei der Inforunde, fragt man tatsächlich nach,
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also fragt man nach, was man eigentlich noch braucht, um entscheiden zu können.
0:11:06–0:11:09
Dann gibt es eine Meinungsrunde und so weiter. Und wir haben selber sozusagen
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im Team gemerkt, wie wir uns manchmal noch verhaspeln.
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Wie wir manchmal das eine noch in das andere packen. Und das Schöne ist,
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dass wir damit einfach sehr liebevoll umgehen konnten.
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Und mittlerweile tatsächlich der Konsens sozusagen wie eingeimpft ist in dieser Organisation.
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Und in all unseren Kreisen, naja, wie so einfach aus dem Ärmel tatsächlich auch geschüttelt wird.
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Und tatsächlich auch eben die Struktur oder die Moderationsskills aus dem Ärmel geschüttelt werden.
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Und das aber schon ein ganz schöner Prozess war, dann auch da hinzukommen.
Hannah Heller
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Ja, der Soziokratie wird ja immer so ein bisschen angeheftet.
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Das dauert ja dann ewig, wenn wir alles im Kreis machen und dann eine Inforunde
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und eine Meinungsrunde und noch eine Meinungsrunde und dann im Konsent und dann
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nutzt irgendjemand sein Veto und wir können überhaupt keine Entscheidungen treffen.
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Genau, ich hätte da auch ein paar Geschichten zu erzählen, aber vielleicht könnt
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ihr auch einfach aus eurer Erfahrung ein bisschen erzählen, warum dauert es
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denn vielleicht doch nicht länger, genau so Entscheidungen zu treffen.
Alina
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Genau, im Lehrprozess kommt einem das natürlich erst mal umständlich vor,
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weil das Hirn was Neues lernen muss und man nicht mehr einfach reinruft oder aufzeigt.
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Und vielleicht hat man auch noch nie die Zeit gestoppt von der Entscheidung.
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Vor allem nicht gestoppt, wenn man so eine Entscheidung so irgendwie getroffen
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hat, wie man es halt immer gemacht hat und dann entweder danach nichts passiert
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oder man in drei Wochen das gleiche Thema nochmal hat, weil Person XY kommt
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und sagt, Ich war beim letzten Mal aber nicht dabei.
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So können wir das Ganze bitte nochmal diskutieren. Also ich glaube,
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man unterschätzt auch sehr, was man sonst an Zeit braucht.
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Und dann kommt einem erstmal in diesem Lernprozess umständlich vor.
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Genau, ihr habt es ja auch schon schön beschrieben. Das lässt dann irgendwann
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nach und unsere Erfahrung ist schon auch, dass Teams, die das einmal so gelernt
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haben, eigentlich auch nicht mehr zurück wollen.
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Oder auch Menschen, die in Organisationen damit gute Erfahrungen machen,
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halt dann überall, wo sie hinkommen, erstmal sagen, so kann ich nicht arbeiten.
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Lass uns mal bitte kurz klären, wann ist hier eine Entscheidung getroffen?
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Also einem fällt ja erst auf, wie unklar das in den meisten Kontexten ist,
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wenn man es mal für sich geklärt hat oder in seiner eigenen Organisation erlebt hat.
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Und insofern, ja, am Anfang mag es irgendwie einem steif vorkommen oder so sehr
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stark strukturiert, wo auch manche Leute sagen, ja, es ist so unlebendig,
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wo ist dann der Spaß und die Leichtigkeit und so.
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Und nach einer Weile merkt man, ja genau darin liegt die Leichtigkeit,
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dass man eben nicht mehr kämpfen muss.
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Also es sind auch bestimmte Leute, die sagen, wo ist denn hier die Leichtigkeit?
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Nämlich die, die immer reingeredet haben, zu denen ich auch gehören.
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Und dann zu sagen, ah ja, es entlastet mich total, es entlastet alle.
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Jeder weiß, wann er dran ist. Der Kreis geht immer rum und ich weiß,
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ich werde meinen Raum haben und ich werde da Zeit haben, meine Perspektive zu benennen,
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ohne alles zu wiederholen, was andere gesagt haben, aber ich werde meinen Raum haben.
0:13:59–0:14:05
Und die Lauten oder Extrovertierten entlastet das, weil sie nicht das Gefühl
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haben, sie müssen das Gespräch vorantreiben und müssen irgendwie alles können und wissen.
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Und die Ruhigeren entlastet das,
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weil sie nicht kämpfen müssen gegen die Leute, die immer präsent sind.
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Und so haben eigentlich beide Seiten was davon und am Ende kommen bessere Lösungen
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raus, weil eben alle gehört wurden und nicht nur die, die denken,
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dass sie dafür alleine verantwortlich sind.
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Oder es gibt ja viele Gründe, warum Leute dann da so reinspringen und das schafft eher Entspannung.
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Und am Ende auch eigentlich sehr knackige Prozesse, weil ja klar ist,
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es wurde alles gesagt schon, ich muss jetzt nur noch mich anschließen oder diesen einen Punkt nennen,
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muss nicht durch meine eigene Rede hier gerade alle von meiner Lösung überzeugen.
Hannah Heller
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Das ist auch meine Erfahrung. Es bringt irgendwie Ruhe in solche Entscheidungssituationen
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und Gesprächssituationen im Allgemeinen.
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Ich bin mittlerweile großer Fan von diesem Kreisgespräch in allen möglichen Kontexten.
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Auch politisch würde das, glaube ich, oft zu besseren Entscheidungen führen,
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wenn es nicht die formale Formalia gibt, wie es jetzt gerade irgendwie am Start
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ist. Ich würde gerne nochmal auf diese Frage der Bedenken eingehen.
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Also wie geht man denn mit leichten oder schwerwiegenden Bedenken um?
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Wie integriert man die und wie ist auch so ein bisschen die Haltung gegenüber
0:15:22–0:15:24
diesen Bedenken, die da kommen?
Tim
0:15:25–0:15:30
Die Soziokratinnen nennen das den schwerwiegenden Einwand, also die Bedenken,
0:15:30–0:15:35
sozusagen in der Pedanterie nicht ein Veto, sondern es ist der schwerwiegende
0:15:35–0:15:38
Einwand im Hinblick auf das gemeinsame Ziel.
0:15:38–0:15:41
Das heißt, wir sagen, wenn wir eine Entscheidung treffen wollen,
0:15:41–0:15:44
die unsere Organisation voranbringt, also das in die Welt zu bringen,
0:15:44–0:15:47
was wir uns vorgenommen haben, was unser Purpose, unsere Vision,
0:15:47–0:15:48
unsere Mission ist, was auch immer,
0:15:49–0:15:54
dann hat jeder Kreis und sei ja noch so untergeordnet, trägt einen Teil zu diesem
0:15:54–0:15:57
gemeinsamen großen Ziel bei und weiß auch genau, welchen Teil.
0:15:57–0:16:00
Das war die Domäne, die Alina angesprochen hat.
0:16:01–0:16:03
Und wenn wir jetzt in diesem Kreis entscheiden,
0:16:03–0:16:06
dann legen wir eben dieses Entscheidungsziel als Gruppe dahin.
0:16:07–0:16:10
Dazu können wir vielleicht später auch nochmal so ein bisschen mehr zu sprechen,
0:16:10–0:16:14
dass es auch eigentlich eine neue Haltung in der Gruppe und in der Person selber
0:16:14–0:16:17
braucht, wie ich denn in so einer Entscheidung drin sitze.
0:16:17–0:16:22
Und nach eben dieser Info-Runde und den zwei Meinungsrunden gibt es einen angepassten
0:16:22–0:16:26
oder veränderten Vorschlag und wir prüfen mit der Gruppe, haben wir Consent?
0:16:26–0:16:27
Das ist so die Moderationsfrage.
0:16:28–0:16:30
Und jetzt kann eine Person sagen, nee, ich habe keinen Consent,
0:16:31–0:16:35
ich habe einen schwerwiegenden Einwand und hier ist jetzt die erste Änderung
0:16:35–0:16:38
in der Moderation und in der Gruppe zu sagen, danke für deinen schwerwiegenden
0:16:38–0:16:40
Einwand, wie können wir die Lösung besser machen?
0:16:40–0:16:44
Also raus aus der, ach Gott, Franka, du hast jetzt schon wieder einen schwerwiegenden
0:16:44–0:16:47
Einwand, wir könnten jetzt schon lange fertig sein, wenn du nicht wieder kämpfst.
0:16:48–0:16:51
Und weil wir aber sagen, der schwerwiegende Einwand sichert ab,
0:16:52–0:16:54
dass wir das gemeinsame Ziel erreichen können.
0:16:54–0:16:58
Also dass wir nichts tun, was jetzt unternehmerisch gesprochen uns so viel Geld
0:16:58–0:17:02
kostet, dass wir bankrott gehen, was irgendjemand in einen zeitlichen Burnout
0:17:02–0:17:06
bringt, obwohl wir die Person sehr gerne bei uns haben, was nicht irgendwie
0:17:06–0:17:07
bestimmte Zielgruppen verschreckt.
0:17:08–0:17:11
Also die relevanten Dinge für das gemeinsame Ziel.
0:17:11–0:17:15
Und dann sagen wir in der soziokratischen Haltung, bitte gib deinen schwerwiegenden
0:17:15–0:17:19
Einwand, kann, denn er macht unsere Lösung besser." Das ist eben eine Abkehr
0:17:19–0:17:22
von der klassischen Entscheidungshaltung, wo,
0:17:23–0:17:27
Die Menschen, die mächtiger sind am Tisch oder in der Runde oder mehr Rang und
0:17:27–0:17:30
mehr Macht haben, sagen, ja, jetzt machen wir das einfach so.
0:17:30–0:17:32
Und das ist auch das, was Alina bespricht.
0:17:32–0:17:36
Diese Entscheidung ist vielleicht schnell, aber dann werden Menschen intelligent
0:17:36–0:17:40
und lassen das, was sie tun müssen, um diese Entscheidung durchzuführen,
0:17:40–0:17:44
liegen, machen es zur Hälfte, machen es anders, dann wird es wieder eskaliert,
0:17:44–0:17:45
wie man das so schön sagt.
0:17:46–0:17:50
Das heißt, diese Entscheidung wird vielleicht gar nicht wirksam oder nur geringfügig
0:17:50–0:17:53
wirksam, dauert in dieser Gesamtzeit viel länger.
0:17:53–0:17:56
Und der schwerwiegende Einwand sagt halt, hey, wie cool ist es,
0:17:56–0:17:59
dass du einen schwerwiegenden Einwand hast, denn du siehst etwas,
0:17:59–0:18:00
was wir anderen nicht sehen.
0:18:00–0:18:05
Lass hören und helf uns, es zu integrieren. Und auch da finde ich,
0:18:05–0:18:07
gestern Konsent moderiert,
0:18:08–0:18:12
es fällt Menschen erst mal total schwer, also sich zu trauen,
0:18:12–0:18:15
den schwerwiegenden Einwand zu äußern, weil man halt noch diese alte Haltung hat von,
0:18:16–0:18:17
okay, ich halte die Gruppe auf
0:18:17–0:18:21
und dann aber auch wieder in den inneren Konsens zu gehen und zu sagen,
0:18:21–0:18:25
wenn ich den gebe, was könnte denn meine konstruktive Lösung sein und es ist
0:18:25–0:18:29
immer erlaubt, dass die Person sagt, helft mir bitte, also es ist keine Pflicht,
0:18:29–0:18:32
zumindest so wie ich das moderiere und ich glaube Alina auch,
0:18:32–0:18:35
dass die Person die Lösung haben muss, weil wir wieder wertschätzen und davon
0:18:35–0:18:37
ausgehen, nein, es kann ja auch sein, dass du einfach einen schwerwiegenden
0:18:37–0:18:40
Einwand hast und der ist berechtigt, aber du kennst die Lösung nicht.
0:18:41–0:18:45
Aber wir arbeiten eigentlich immer in diesem konstruktiven Lösungsraum.
0:18:45–0:18:48
Also wir arbeiten eben nicht in diesem Veto-Raum von, ah, ich finde es total
0:18:48–0:18:52
cool, einen schwerwiegenden Einwand zu leisten, weil mir halt die Lösung nicht
0:18:52–0:18:55
entspricht, sondern ich sehe etwas, was der andere nicht sieht.
Hannah Heller
0:18:56–0:19:00
Was ich auch cool finde an der Soziokratie ist, dass extrem komplexe Entscheidungen
0:19:00–0:19:01
getroffen werden können.
0:19:01–0:19:06
Also es ist nicht dieses, also im Stadtrat hat man dann immer so eine Beschlussvorlage,
0:19:06–0:19:08
da stehen dann drei Sätze drin.
0:19:08–0:19:13
Da ist aber sozusagen ganz viel im Hintergrund natürlich, was diese drei Sätze
0:19:13–0:19:16
beinhaltet, was irgendwie gar nicht mit auf dem Tisch liegt und was man der
0:19:16–0:19:18
Komplexität halber auch lieber weglässt.
0:19:18–0:19:21
Sonst reibt sich da noch jemand dran und dann lässt man die Leute lieber im
0:19:21–0:19:25
Nichtwissen, als dass man die Dinge wirklich auf den Tisch packt.
0:19:25–0:19:29
Und bei der Soziokratie finde ich, dass durch die leichten Bedenken gerade,
0:19:29–0:19:33
also auch schwerwiegende Bedenken, aber auch diese leichten Bedenken, wo man sagt, okay,
0:19:33–0:19:37
hier hätte ich noch einen Einwand, das muss noch mit reingedacht werden,
0:19:37–0:19:43
hier fehlt noch was, dass man da wirklich sehr komplexe und sehr umfassende
0:19:43–0:19:46
Entscheidungen treffen kann in dieser Form der Zusammenarbeit.
Alina
0:19:46–0:19:51
Genau, das ist ja sozusagen der Sinn und Zweck von der zweiten Meinungsrunde.
0:19:51–0:19:55
So einmal zu sagen, okay, wie geht es mir mit dem, was da vorgeschlagen wird?
0:19:55–0:19:59
Und in der zweiten Meinungsrunde, wenn ich alle anderen gehört habe, auch nochmal zu sagen.
0:20:00–0:20:03
Und jetzt habe ich ein besseres Bild, weil ich jetzt auch die Person,
0:20:03–0:20:07
die die Finanzen macht und die Person, die das dann draußen umsetzen muss, gehört habe.
0:20:07–0:20:12
Und was ist dann jetzt gerade noch wichtig? Oder welchen Änderungsvorschlag würde ich noch machen?
0:20:12–0:20:16
Und das ist vor allem der Ort, wo die leichten Bedenken hingehören.
0:20:16–0:20:20
Und sozusagen die nicht alle mit in den Konsens zu schleppen,
0:20:20–0:20:21
also in die Abstimmungsrunde.
0:20:22–0:20:25
Es gibt schon die Möglichkeit, das sind so Stilfragen, zu sagen,
0:20:26–0:20:30
höre ich in der Beschlussrunde noch leichter einwende und das kann man machen
0:20:30–0:20:33
oder nicht und das ist dann wirklich aber nur noch hören.
0:20:33–0:20:37
Da geht es dann nicht mehr darum, alles zu integrieren, weil das ist eigentlich
0:20:37–0:20:40
das Ziel von der zweiten Meinungsrunde,
0:20:40–0:20:44
da was du meinst, so integrativ zu arbeiten und zu sagen, alles,
0:20:44–0:20:49
was sich nicht widerspricht oder irgendwie schädlich ist, kann man erstmal reinpacken,
0:20:49–0:20:54
weil dann sind alle Perspektiven schon im Beschluss festgehalten.
Tim
0:20:54–0:20:59
Was mir noch ganz wichtig ist, auch in meiner Anfangsbegeisterung für die Soziokratie
0:20:59–0:21:02
und in den meisten Gruppen wollen wir jetzt alles in Consent entscheiden.
0:21:03–0:21:08
Und davor würde ich warnen. Denn der Consent-Entscheidung, das hast du,
0:21:08–0:21:12
Hanna, ja schon so schön rausgebracht, ist sehr gut geeignet für komplexe Entscheidungen.
0:21:13–0:21:16
Aus Organisationsentwickler-Sicht sagen wir für Strukturentscheidungen,
0:21:16–0:21:19
also da, wo es einen Prozess gibt, der immer wieder laufen soll.
0:21:19–0:21:22
Oder eben für diese strategischen Ausrichtungssachen.
0:21:23–0:21:27
Sollte aber nach Möglichkeit nicht dafür aufgewendet werden,
0:21:27–0:21:32
wollen wir jetzt Rapunzel-Früchte-Müsli oder Rapunzel-Basismüsli in unser Unverpacktsortiment aufnehmen.
0:21:33–0:21:36
Das lässt sich total schön in den Konsens zu bringen, weil wir haben alle eine
0:21:36–0:21:38
Meinung dazu, ob wir Rosinen mögen oder nicht.
0:21:38–0:21:41
Und dann reden wir drei Stunden im Konsens. Und wir kommen auch zu einer Entscheidung,
0:21:42–0:21:46
wo wir aber sagen, könnt ihr bitte eine Rolle per Konsens wählen?
0:21:46–0:21:51
Also offene Wahl, das andere Basisprinzip, was Alina gesprochen hat.
0:21:51–0:21:55
Und die Rolle bekommt die Aufgabe, das Sortiment des Unverpacktladens zusammenzustellen
0:21:55–0:21:59
und bekommt die Kriterien mit soziokratisch geliefert.
0:21:59–0:22:02
Also es sollte bitte Bio sein, es sollte bitte Folgenlieferanten,
0:22:02–0:22:04
es sollte irgendwie einen regionalen Touch haben, was auch immer.
0:22:05–0:22:09
Und dann schicken wir die Person in den konsultativen Einzelentscheid.
0:22:09–0:22:12
Das ist das zweite Entscheidungsverfahren, was aus meiner Sicht ganz wichtig
0:22:12–0:22:14
ist, zum Konsens zu erklären.
0:22:14–0:22:18
Nämlich zu sagen, wir möchten Menschen ermächtigen, einfach laufen zu dürfen.
0:22:18–0:22:21
Und nur wenn jetzt diese Person, die wir da gewählt haben, wiederholt,
0:22:21–0:22:25
keine Ahnung, Produkte bestellt, die überhaupt nicht zu diesen Kriterien passen,
0:22:25–0:22:28
dann thematisieren wir das im Kreis und sagen, hey Leute, müssen wir diesen
0:22:28–0:22:32
Bestellprozess klären, müssen wir die Rolle klären, müssen wir die Kriterien klären.
0:22:33–0:22:35
Und das finde ich nochmal so
0:22:35–0:22:40
relevant hinzuweisen. Der Consent ist für Grundsatzentscheidungen gedacht.
0:22:40–0:22:43
Und als Gruppe darf man sich auch immer wieder fragen,
0:22:44–0:22:48
War das jetzt nötig? Und am Anfang ist es ganz normal, dass man erst mal so
0:22:48–0:22:52
ein paar einfachere Entscheidungen, die man später nicht mehr im Konsent fällen
0:22:52–0:22:56
würde, darin trifft, weil es ja auch gilt zu üben, schwerwiegende Einwände.
0:22:56–0:22:59
Aber umso reifer die Organisation ist, umso wichtiger ist es zu sagen,
0:22:59–0:23:04
hey Leute, wirklich, können wir da bitte heute keinen Konsententscheid zu machen?
0:23:04–0:23:09
Kann jemand bitte eine Rollenbeschreibung mitbringen, damit wir das für länger erklären?
0:23:09–0:23:12
Weil sonst hast du ja diese Produktauswahl an diesem Beispiel.
0:23:12–0:23:16
Hättest du jedes Mal im Kreis und damit kannst du ganze Kreismeetings bespielen.
0:23:17–0:23:20
Wenn wir aber Wirkung in der Welt erzeugen wollen, ist das schade.
Franziska
0:23:21–0:23:27
Tim, ich fühle mich gerade ganz inspiriert, weil ich mit deinem Sprechen sozusagen
0:23:27–0:23:31
merke, wie zart dieses Pflänzchen im Mycelium noch ist.
0:23:32–0:23:36
Und wie wir sozusagen in einem ständigen Tanz sind, auch rauszufinden, okay,
0:23:36–0:23:41
wie wirkmächtig ist auch gerade der Kreis und es gehört sozusagen da rein und
0:23:41–0:23:48
die Entscheidung Und wer trifft sie da oder gehen wir sozusagen in das höhere Gremium,
0:23:48–0:23:53
das bei uns ein Synchronisationskreis ist? Das merke ich gerade und das ist total spannend.
0:23:53–0:23:58
Und ich merke auch, wie die Soziokratie uns, und vielleicht gehen wir deshalb
0:23:58–0:24:01
jetzt einfach nochmal auf diese andere Ebene, uns so eine Entspannung gebracht
0:24:01–0:24:03
hat, was eben diese Zuständigkeiten angeht.
0:24:04–0:24:07
Auf der einen Seite war das zuerst mal auch wieder wie so ein Sturm,
0:24:07–0:24:10
der durch eine Organisation fegt, weil man ja erst mal rausfinden muss,
0:24:10–0:24:13
wer ist denn für was zuständig und wer will auch für was zuständig sein.
0:24:13–0:24:16
Und gleichzeitig führt es zu so einer Entspannung, das dann zu haben und damit
0:24:16–0:24:17
dann arbeiten zu können.
0:24:18–0:24:22
Und genau an dem Punkt sind wir jetzt eben, dass es diese Kreise mit Helium
0:24:22–0:24:26
gibt, die auch schon ins Leben gerufen sind und schon arbeiten.
0:24:26–0:24:30
Und gleichzeitig finden wir eben gerade raus, naja, welche Entscheidung gehört
0:24:30–0:24:36
dann eigentlich genau wohin? und wir versuchen uns einfach da auch sehr liebevoll
0:24:36–0:24:39
zu begleiten, weil es nicht ganz trivial ist tatsächlich.
Hannah Heller
0:24:40–0:24:44
Ja, dann gehen wir doch gleich mal auf diese Ebene. Warum ist die Soziokratie
0:24:44–0:24:50
fürs Mycelium, aber vielleicht auch für die Projekte im Mycelium so relevant, Franke?
Franziska
0:24:50–0:24:54
Also aus der Geschichte vom Mycelium ist es ja so, dass eigentlich ein Mensch
0:24:54–0:24:58
beziehungsweise zwei eine Organisation gegründet haben und ganz lange zu zweit waren.
0:24:58–0:25:02
Und da ist es vielleicht noch nicht ganz so komplex, wie man da jetzt die Entscheidungen so trifft.
0:25:02–0:25:06
Und dann gibt es aber eben Entwicklung und es gibt vor allem auch im Mycelium
0:25:06–0:25:10
zum Beispiel Wachstum im Sinne von, erstens gibt es da viel mehr zu tun.
0:25:10–0:25:13
Und zweitens gibt es da viel mehr Menschen, die auch in der Organisation arbeiten.
0:25:13–0:25:17
Und auf einmal gibt es einen Bedarf, sich wirklich zu organisieren und sich
0:25:17–0:25:20
eben diesen Fragen aufzustellen, wie wollen wir uns organisieren und wie wollen
0:25:20–0:25:21
wir Entscheidungen treffen.
0:25:21–0:25:26
Und durch diesen Prozess sind wir eben letztes Jahr mithilfe von Tim auch gegangen
0:25:26–0:25:31
und sind da eben jetzt an einem Punkt, wo wir schon damit spielen,
0:25:31–0:25:33
mit diesen neuen Strukturen, die es da gibt.
0:25:33–0:25:38
Und gleichzeitig merken, dass das natürlich eine Reise ist, die wir da begonnen
0:25:38–0:25:42
haben und die doch längst nicht irgendwie an einem, weiß ich nicht,
0:25:42–0:25:45
an einem Ende oder an einem wirklich weitentwickelten Zustand ist.
0:25:45–0:25:49
Und was wir halt parallel im Mycelium ja immer machen, wir entwickeln sozusagen
0:25:49–0:25:54
für uns intern etwas und merken aber gleich, das ist wie eine neue Brille,
0:25:54–0:25:57
die wir uns aufsetzen und merken, ah, die braucht es ja auch draußen in den
0:25:57–0:25:59
Organisationen, die wir da eben auch begleiten.
0:25:59–0:26:03
Und dann sind das manchmal Menschen ja in der Gründung, die wir begleiten,
0:26:03–0:26:05
die fangen erst mal alleine an, aber da kommt dann gleich eine Gemeinschaft
0:26:05–0:26:08
dazu. Also wir gehen ja für das gemeinschaftsbasierte Wirtschaften.
0:26:08–0:26:12
Auf einmal kann man sich fragen, naja, was ist denn die Rolle eines Mitglieds?
0:26:12–0:26:16
Wie weit dürfen Mitglieder bei uns in dieser Unternehmung sozusagen mitentscheiden zum Beispiel?
0:26:16–0:26:20
Oder wir merken, was auch passiert. Wir sind ja mittlerweile eben vielmehr auch
0:26:20–0:26:22
in VerbraucherInnen-Initiativen unterwegs.
0:26:23–0:26:27
Das heißt, mehrere Menschen gründen gleichzeitig ein Projekt vor.
0:26:28–0:26:32
Und da gehen wir ganz schnell rein in dieses, was ist denn das gemeinsame Ziel
0:26:32–0:26:34
und wie wollen wir denn eigentlich hier Entscheidungen treffen?
0:26:34–0:26:37
Und vielleicht kann man da auch nochmal so ein bisschen rückkoppeln zu den letzten
0:26:37–0:26:42
beiden Podcast-Folgen zum Thema Quelle. Ich weiß nicht, ob ihr beiden das auch gehört habt.
0:26:42–0:26:46
Das wäre eine Frage, so ein bisschen, die ich euch auch gerne stellen würde,
0:26:46–0:26:52
wie kriegt ihr das schon gut zusammen, dieses Konzept der Quelle und die Soziokratie?
0:26:53–0:26:56
Das war nämlich eine Frage, die wir auch noch ganz offen als Forschungsfrage
0:26:56–0:26:59
sozusagen das letzte Mal auch gestellt hatten.
0:26:59–0:27:02
Vielleicht habt ihr was zum Reinlegen und könnt da anknüpfen.
Tim
0:27:02–0:27:07
Ja, ihr habt später, also oder ihr habt auf unserem, auf dem Leitfaden so schön
0:27:07–0:27:09
hingeschrieben, Tabuthema Macht.
0:27:10–0:27:14
Das kommt deshalb bei mir zuerst bei der Quelle, weil ich da,
0:27:15–0:27:19
wer Lust darauf hat, das neue Buch von der Eva Stützel aus Siebenlinden empfehlen
0:27:19–0:27:21
mag, die Machtvoll verändern geschrieben hat.
0:27:21–0:27:26
Und sich halt mit dieser Frage der Macht und des Rangs und der Privilegien in
0:27:26–0:27:27
der Organisation auseinandersetzt.
0:27:27–0:27:31
Und warum knüpfe ich da an? Weil sie auch die Quellentheorie im Buch hat und
0:27:31–0:27:38
sagt, das ist eine Theorie, wenn ich die lese, die hat sogar so einen esoterischen Touch.
0:27:38–0:27:41
Das möchte ich ablehnen oder so oder so ähnlich schreibt sie das.
0:27:41–0:27:45
Und dann schreibt sie aber weiter, aber überall, wo ich hinkomme, sehe ich das.
0:27:46–0:27:49
Also praktisch die Realität zeigt mir, dass es Quellen gibt,
0:27:49–0:27:53
um das kurz einzufügen. Also Personen, die irgendwie diesen Gründungsimpuls,
0:27:53–0:27:56
den Anfangsimpuls haben und die,
0:27:56–0:28:02
eben die Ursprungsquelle der Organisation sind und wenn man die nicht beachtet,
0:28:02–0:28:07
was auch immer das im Detail heißen mag, dann wird es häufig anstrengend,
0:28:07–0:28:08
das wäre so die Beschreibung.
0:28:08–0:28:14
Und wenn wir davon ausgehen, dann hat das für mich in der Soziokratie Wirkkraft
0:28:14–0:28:18
und auch zum Beispiel eben in der Begleitung des Myceliums für mich immer die
0:28:18–0:28:21
Klarheit zu sagen, Timo ist eure anwesende Quelle.
0:28:21–0:28:25
Das heißt, wir müssen ihn auch mindestens am Anfang in seinen Rollen so ausstatten,
0:28:26–0:28:29
dass er das weiter sein darf, weil das praktisch richtig ist.
0:28:30–0:28:34
Eva Stützel beschreibt das so schön. Die Quelle kann weitergegeben werden,
0:28:34–0:28:37
also das ist jetzt kein Naturgesetz und das ist auf immer und ewig,
0:28:37–0:28:40
aber sie sollte halt bedacht weitergegeben werden, indem man sagt,
0:28:40–0:28:43
okay, welche Rollen liegen denn eigentlich alle auf dem Timo,
0:28:43–0:28:50
die durch diese Zwei-Personen-Start zu ihm gekommen sind und wie geben wir die ab?
0:28:50–0:28:52
Und es ist ganz normal, dass eben diese Person, die angefangen hat.
0:28:53–0:28:57
Ideen hat oder in Anstrengung gerät, wenn jetzt auf einmal die Menschen,
0:28:57–0:29:00
die neu dazukommen, sagen, wir machen jetzt alles anders und wir haben ja den
0:29:00–0:29:05
Consent und jetzt soll der Timo sich mal nicht so haben oder die andere Person in euren Projekten.
0:29:05–0:29:11
Deswegen finde ich das sehr relevant, da achtsam umzugehen.
0:29:11–0:29:17
Und ich spreche das immer sehr deutlich, das ist der Schatten der Menschen,
0:29:17–0:29:24
die sich als links und ökologisch einordnen, die eben in diese komplette Basisdemokratie fallen.
0:29:24–0:29:28
Es gibt hier keine Hierarchien, wo ich mittlerweile sage, es ist einfach eine Selbstbetrug,
0:29:29–0:29:33
also eine Lüge, denn wenn wir behaupten, es gäbe keine Hierarchien,
0:29:33–0:29:38
dann bauen wir informelle, also welche, die eben nicht gesprochen sind und die
0:29:38–0:29:43
sind häufig viel ekliger als die, die wir praktisch ablehnen und gegen die, die wir arbeiten.
Alina
0:29:44–0:29:48
Ja, ich finde es auch nochmal spannend, weil die Soziokratie da ja schon mit
0:29:48–0:29:50
dem Konsens sich ja auch absichert.
0:29:50–0:29:55
So einerseits zu sagen, ja, es gibt diese Menschen, die irgendwie GründerInnen
0:29:55–0:30:00
sind oder besonders viel Verantwortung übernehmen, wo die Frage ist,
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wollen die das oder verteilt man besser.
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Aber auch zu sagen, mit dem Consent
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hat jeder bei Beschlüssen eben die Möglichkeiten, Consent einzulegen.
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Und das, finde ich, levelt es ja so aus. Da bringt die Augenhöhe.
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Und ich finde, das gibt beiden Seiten Sicherheit.
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Ich meine, Soziokratie ist ja auch ein Organisationsmodell, was in etablierten
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Unternehmen sozusagen über die klassische Struktur drübergelegt wird.
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Das besonders bekannt ist ja geworden durch ein Elektroingenieurbüro in den Niederlanden.
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Also da hat es ja angefangen, dass man sozusagen das so ganz klassisch auf die
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Organisationshierarchie gelegt hat und dann gesagt hat, ah ja,
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es gibt diese Teamleitungen noch,
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aber die haben jetzt eine klare Rollenbeschreibung und die haben in ihrem Team
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nicht mehr Entscheidungsmacht als der Rest vom Team.
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Und das schafft ja diese Augenhöhe und Gleiches gilt natürlich dann auch eben
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für diese Gründer in Persönlichkeiten.
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Und dann lässt sich das sicherlich integrieren. Ich finde es halt immer da schwierig,
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wenn Leute dann sozusagen in Berufung auf diese Theorie sozusagen Sonderregeln für sich einfordern.
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Wir machen hier Soziokratie und wir haben Regeln, aber ich bin ja die Quelle
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und für mich gilt es ja nicht. Oder ihr müsst das doch würdigen.
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Und genau, ich glaube, die Würdigung muss ja viel mehr auf dieser zwischenmenschlichen,
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wertschätzenden Ebene stattfinden und zu sagen, hey, mega, dass du die Idee
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hattest und das sozusagen gegründet hast, genau, dass von dieser strukturellen Ebene das auswirkt.
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Loszulösen. Also nicht ganz, aber halt passende Orte zu finden und die Wertschätzung
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auf der Ebene auch zu geben.
Hannah Heller
0:31:38–0:31:43
Ja, vielleicht nochmal zu dem gemeinschaftsbasierten Kontext auch nochmal enger.
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Wir begleiten ja meist Unternehmerinnen und Unternehmer in Unternehmen,
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also in bestehenden Unternehmen, die sagen, okay, wir brauchen eine wirtschaftliche
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Stabilisierung, so wie wir es gerade machen, läuft es nicht mehr.
0:31:55–0:32:00
Und dann bauen wir eben ein gemeinschaftsbasiertes Finanzierungsmodell auf.
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Und das ist aber auch erstmal, würde ich sagen, sozusagen dieser erste Schritt,
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also gemeinschaftsbasiert dieses Unternehmen zu finanzieren.
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Da passiert natürlich auch ganz viel innerer Wandel mit den Unternehmerinnen,
0:32:12–0:32:16
also sich zu öffnen für Neues, die eigene Rolle auch klarer zu bekommen,
0:32:16–0:32:20
die eigenen Bedürfnisse klarer zu kommen, überhaupt in diese Transparenz zu gehen.
0:32:20–0:32:24
Und dann merken wir aber, oder ich merke das jetzt vermehrt,
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nach dem ersten halben Jahr der Begleitung, wenn dann dieses Finanzierungsmodell
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eingeführt ist, also nach der ersten Beitragsrunde, dann zieht das einen Rattenschwanz
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an weiteren Dingen hinter sich her.
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Also dann gibt es die Unternehmerin, die kennen wir jetzt gut,
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die kennt das gemeinschaftsbasierte Wirtschaften gut, die hat irgendwie neue
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Perspektiven entwickelt und ist bereit, da in die Transformation zu gehen.
0:32:45–0:32:48
Und dann gibt es aber noch das Team drumherum, also die Menschen,
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die da noch arbeiten. Und dann gibt es eben jetzt auch diese Gemeinschaft drumherum,
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der Mitglieder, die finanzieren.
0:32:53–0:32:57
Und da ist, glaube ich, auch so der Punkt, wo wir gerade stehen.
0:32:57–0:33:01
In welche, ja, wie tief gehen wir da rein in die Transformation?
0:33:02–0:33:06
Wann ist der richtige Zeitpunkt, um auch den nächsten Schritt zu gehen?
0:33:06–0:33:10
Wie geht man diesen Schritt auch, ohne die Unternehmerin sozusagen noch weiter
0:33:10–0:33:14
zu belasten? Weil die sind meistens eh irgendwie voll mit Kram.
0:33:15–0:33:20
Und genau, wie schafft man es da vielleicht auch Verantwortung im Team zu verteilen?
0:33:20–0:33:25
Habt ihr da Tipps sozusagen für den Einstieg in die Soziokratie?
Franziska
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Darf ich noch schnell was ergeben, bevor wir die beiden hören?
0:33:29–0:33:33
Also ich wollte nochmal nachlegen, dass ich glaube, dass es sozusagen kein Rattenschwanz
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ist, sondern eigentlich ein Potenzial.
0:33:35–0:33:39
Also wir merken, wir fangen an mit, aha, es gibt einen Bedarf,
0:33:39–0:33:44
eine Unternehmerin und ein Projekt auf sichere Beine zu stellen und tatsächlich auf ganz andere.
0:33:44–0:33:48
Also wir versuchen ja genau wegzukommen von am Marktwirtschaften hin,
0:33:48–0:33:50
so hey, wir wollen eine Gemeinschaft wirtschaften und wir merken,
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das ist der erste Schritt,
0:33:51–0:33:54
den wir meist gehen und dann im zweiten Zyklus, Also nach dieser ersten Beitragsrunde
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erfahren wir jetzt auch eben zunehmend in der Begleitung, weil wir ganz viele
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Projekte jetzt haben in diesem zweiten Zyklus von,
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ah, jetzt gibt es da eigentlich ein Potenzial, das erst entsteht mit der Art
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und Weise, wie wir wirtschaften.
0:34:06–0:34:12
Und dieses Potenzial heißt, die Unternehmerin noch mal ganz anders zu verwurzeln eigentlich,
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also sowohl im Innen als auch im Außen und gleichzeitig das Potenzial dieser
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Gemeinschaft, die sich da gegründet hat, mit dem Zweck, dieses Angebot in dieser
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Welt zu sichern, das eigentlich zu heben.
0:34:26–0:34:31
Und damit würde ich voll gerne jetzt zu euch geben, wie kann uns dabei die Soziokratie unterstützen?
Alina
0:34:32–0:34:36
Ich kann mal einen Start machen. Also ich bin gerade vor allem an dem Thema
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Gründerinnen oder Unternehmen und Mitglieder hängen geblieben,
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weil Gründerinnen und Teams, das ist ja erstmal was, was es in vielen Kontexten gibt.
0:34:45–0:34:49
Wie geht da Entwicklung? Können wir auch gleich bestimmt drauf gucken oder vielleicht
0:34:49–0:34:51
hat Tim da auch nochmal Gedanken.
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Und spannend ist ja, wo kommt Unternehmen und Mitglieder zusammen?
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Und das ist ja auch das, was solidarische Landwirtschaft ausmacht.
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Das ist ja das Gleiche, wie ihr macht, nur eben auf Landwirtschaft und Gemüseproduktion bezogen.
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Und wie kommen die zusammen? Und das ist halt ein totaler Erfolgsgarant,
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dass beide Seiten das Gefühl haben, wir können miteinander reden.
0:35:11–0:35:14
Und ich kann jetzt einfach mal aus meinem Kontext berichten,
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dass viele Landwirtinnen und
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GärtnerInnen, die sich mit der Idee beschäftigen, erstmal so Angst haben.
0:35:19–0:35:25
Oh krass, muss ich jetzt jede Möhren-Aussaat oder jede Sortenwahl mit allen
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Mitgliedern beschließen?
0:35:27–0:35:34
Und dann würde ich jetzt mal sagen, nein, das muss man nicht, sondern da zu gucken,
0:35:34–0:35:39
was gibt es für Kontaktpunkte oder wie sieht die Organisationsstruktur aus,
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dass an irgendeiner Stelle Mitglieder reinkommen.
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Und das kommt ja total auf Rechtsform an oder wie viele Mitglieder es sind, Aber zu sagen.
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In so Vereinsstruktur sind es ja oft Vorstände, die gewählt werden und da zu sagen,
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hey, die Mitglieder wählen einmal im Jahr bei der Beitragsrunde eben ihre Vorstände
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auch oder Delegierten, wie auch immer man das Kind dann nennt,
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je nach Rechtsform und sagt,
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das sind die Ansprechpersonen für das Unternehmen unterm Jahr und die dafür sorgen, zu sagen, ah ja,
0:36:11–0:36:15
sollen wir da mal eine Umfrage machen oder ich habe gehört, das habt ihr das
0:36:15–0:36:18
auch gehört, da müssen wir mal drüber sprechen. wenn Spannungen auftauchen.
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Also einfach diese Verbindung zu halten, ohne ständig die Erwartung zu haben,
0:36:23–0:36:29
dass alle Mitglieder genug Information haben oder genug Interesse und Zeit haben,
0:36:29–0:36:30
sich da gerade einzubringen.
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Das würde ja alle Seiten überfordern und da eben gute...
0:36:35–0:36:39
Wege des Austauschs für zu finden und zu gucken, welche Informationen brauchen die Mitglieder?
Tim
0:36:40–0:36:45
Ich reite da also auch wirklich gerne in meinen Begleitungen auf dieser Frage,
0:36:45–0:36:47
das sind nicht entscheiden dürfens rum,
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weil wir mit der Soziokratie ja erstmal diese schöne Welt aufmachen,
0:36:53–0:36:57
so ey, ihr dürft mitentscheiden und so geht es und das ist auch gut so.
0:36:58–0:37:02
Und da kommt aber eben auch der romantische Teil rein, den Alina ja jetzt auch
0:37:02–0:37:06
schon angesprochen hat, zu sagen, liebe Mitglieder, das dürft ihr mitentscheiden.
0:37:06–0:37:11
Und zwar zu diesem Zeitpunkt und dann auch wieder, aber nicht dazwischen.
0:37:11–0:37:17
Und falls ihr mitentscheiden möchtet, dann müsst ihr dafür Zeit aufwenden.
0:37:17–0:37:20
Also das mache ich mittlerweile auch ganz viel mit Organisationen.
0:37:20–0:37:24
Wer mitreden möchte, darf das gerne. Und es braucht dafür ein Zeitbudget.
0:37:24–0:37:29
Und dann sind ganz viele Menschen schon klar, ach so, ja, dann kann ich auch den Mund halten.
0:37:29–0:37:35
Und zwar, ich finde das insofern positiv, weil eben dieses alte Machtprinzip
0:37:35–0:37:38
von, ich rede mit, weil ich gehe dann abends zu diesem.
0:37:40–0:37:44
Was auch immer, wie die Versammlung heißt, zum Plenum und ich möchte danach
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aber nichts davon umsetzen.
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Und da kann Soziokratie auch klarer sein, zu sagen, wenn du mitentscheidest
0:37:50–0:37:52
möchtest, dann kommst du in einen Kreis.
0:37:52–0:37:56
In einen Kreis reinkommen heißt aber auch Arbeitszeit aufwenden,
0:37:56–0:37:58
weil das ist praktisch die Energiewährung.
0:37:58–0:38:01
Und wenn du das tust, dann darfst du sehr gerne mitentscheiden.
0:38:01–0:38:04
Wenn du aber eben nur reinrufen möchtest von der Seite, dass du das alles blöd
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findest und dass du es anders machen würdest, dass du das besser weißt,
0:38:07–0:38:09
dann halte bitte den Mund.
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Aber wertschätzend, wir können dich reinwählen. Aber damit kommen halt auch
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Pflichten. Das heißt, ich spreche das mittlerweile gerne zusammen.
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Mitentscheiden heißt mitverantworten und heißt mitumsetzen. Und das führt zur Klarheit.
0:38:22–0:38:25
Und das ist es ja, was wir sozokratisch erzielen.
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Was ich in diesem Kontext auch noch so auf dieser.
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Einmal hochgeflogen wichtig finde. Wenn wir klassisch arbeiten,
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dann müssen wir nicht alles klären und aufschreiben, weil am Ende hat die Person,
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die oben ist, kann halt sagen, ich hätte es gerne anders.
0:38:41–0:38:44
Und das ist in Ordnung so, das haben wir alle gelernt. Also so funktioniert
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in Teilen Schulsystem, Bildungssystem und ganz viele andere Konstrukte unserer Gesellschaft.
0:38:49–0:38:52
Wenn wir soziokratisch arbeiten wollen, dann müssen wir mehr aufschreiben.
0:38:52–0:38:56
Auch das strengt Menschen am Anfang mehr an, weil eben die Domäne geklärt sein
0:38:56–0:39:02
muss, um zu sagen, es ist nicht mehr beliebig und dann laufe ich zu der Gründerin
0:39:02–0:39:03
und sage, wie hättest du es denn gerne?
0:39:04–0:39:07
Also im Optimalfall, und da sind wir auch bei der inneren Transformation,
0:39:07–0:39:10
sagt die Gründerin, das kann ich gar nicht entscheiden.
0:39:10–0:39:14
Das gibt doch den Produktkreis. Frag den doch gerne, wenn du ein neues Produkt
0:39:14–0:39:16
haben möchtest. Ist überhaupt nicht mein Job, es liegt gar nicht in meiner Domäne.
0:39:17–0:39:22
Also das ist auch eine Herausforderung für Gründerinnen, egal ob im gemeinschaftsbasierten
0:39:22–0:39:25
Wirtschaften oder in anderen Begleitungen, die Alina und ich machen.
0:39:26–0:39:31
Die Person, die die meiste Macht bisher hatte, muss sehr aufmerksam sagen,
0:39:31–0:39:32
nein, das entscheide ich nicht mehr.
0:39:32–0:39:35
Nein, das entscheide ich nicht mehr. Das gehört nicht mehr in meine Domäne.
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Willst du das bitte dahin tragen, wo es hingehört?
0:39:39–0:39:41
Ja, dann dauert es halt länger. Da kann ich leider nichts dran machen.
0:39:42–0:39:45
Also praktisch in dieser Liebe zu. Ich will es jetzt anders machen,
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Weil jedes Mal, wenn die mächtigste Person im Raum sagt, ja,
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jetzt machen wir das einfach, boykottiert sie praktisch diesen Transformationsprozess.
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Und zwar nicht, weil die Person böse ist, sondern weil es halt so inhärent in
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uns drin ist, so zu arbeiten.
Hannah Heller
0:39:59–0:40:00
Ja, mega. Ich finde mich auf jeden
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Fall mega wieder, auch in unserem Transformationsprozess im Mycelium.
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Es ist immer noch eine Herausforderung, sozusagen da konsequent in den Kreisen
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zu bleiben und diese Rollenklarheit und Verantwortungsklarheit eben auch zu haben.
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Und ich glaube, das ist auch am Anfang wirklich eine Herausforderung,
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die Rollen zu klären, die Verantwortungsbereiche festzulegen.
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Es braucht Zeit, es braucht diesen Raum, um diese Klarheit zu schaffen und dann
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eben in der Hoffnung, dass es danach einfach flowiger ist,
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weil man irgendwie mit dieser Klarheit als Grundlage loslaufen kann und alle
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in ihren Verantwortungsbereichen einfach auch frei agieren können.
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Ich finde ja, das Schlimme an unserem bestehenden System ist,
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dass man kennt das, man ruft irgendwo an in der Hoffnung, dass man irgendwie
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eine Auskunft bekommt oder sogar einem weitergeholfen wird,
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gerade bei Verwaltungen, aber auch Universitäten oder so.
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Konformistischen Systemen, heißt diese in so Kästchen, Organigramm strukturiert sind,
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da ist dann ganz auf die Aussage, nee, kann ich nicht zusagen,
0:41:05–0:41:10
weiß ich nicht, muss Abteilung A machen und Abteilung A sagt aber,
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nee, macht Abteilung C und am
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Ende gibt es gar keine sozusagen gar keine Verantwortungsübernahme mehr.
Tim
0:41:18–0:41:20
Und wenn du dann den Professor kennst, dann wird es ganz einfach.
Hannah Heller
0:41:21–0:41:25
Genau. Ja, und so funktioniert es ja heute. Du musst dann an die richtigen Leute
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ran, Führt aber auch dazu, dass eben nur ganz wenig Leute vorgeben,
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wie unsere Welt gestaltet ist.
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Und ich glaube, da sind wir auch ein bisschen in der Sackgasse unterwegs,
0:41:35–0:41:37
wenn wir die Leute, also wenn das so bleibt.
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Jetzt sind wir kurz auf die Gesellschaftsebene abgerutscht. Entschuldigung.
Alina
0:41:41–0:41:47
Ich wollte nochmal auf diese Einführung von Soziokratie zurück oder das,
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was ihr davon so erzählt und wo einem ja auch oft die Hoffnung begegnet.
0:41:52–0:41:56
Ich kenne das aus meinen eigenen Organisationen, auch bei denen,
0:41:56–0:42:00
die wir begleiten, dass man so denkt, ja, okay, jetzt müssen wir uns einmal
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richtig, richtig viel Mühe geben und alles aufschreiben und dann sind wir für immer fertig.
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Also ja, es bringt ganz viel Klarheit und das ist ein wichtiger Schritt und
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es ist erstmal eine Grundlagenarbeit, die gemacht werden muss.
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Aber auch dann zu sagen, ja und wir sind weiterhin ja beweglich oder eine lebendige
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Organisation, die mit der Außenwelt agiert und Dinge ändern sich in der Welt.
0:42:25–0:42:30
Das heißt auch wir werden uns ändern müssen oder Menschen wechseln und Dinge
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ändern sich dadurch. Und das ist eben auch eine dieser Haltungen der Soziokratie
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eigentlich, dass man immer so wieder schaut.
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Wie ist es denn gerade? So Regelkreisläufe von Plan, Tun, Messen und dann wieder anpassen.
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Und das bezieht sich natürlich auf alles, was wir auch da also inhaltlich tun,
0:42:48–0:42:52
aber auch eben auf den Strukturen, auf den strukturellen Teil zu sagen.
0:42:52–0:42:57
Ja, wir fangen jetzt an mit dieser Kreisbeschreibung und setzen uns vielleicht einmal im Jahr.
0:42:58–0:43:01
Manche sind da ganz streng und sagen, keine Entscheidung wird eigentlich getroffen,
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ohne dass man ein Review-Datum setzt und wieder draufschaut und sagt,
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ist das so, wie es gerade läuft, noch passend?
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Das würde natürlich ganz viel auch an Review-Bedarf auftun.
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Wenn man es ein bisschen lockerer angehen will, kann man sagen,
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wir sprechen dann wieder drüber, wenn es eine Spannung gibt.
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Also wenn irgendjemand in diesem Kreis oder in dieser Organisation sagt,
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mir ist aufgefallen, die letzten drei Male hat das nicht so geklappt oder die
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letzten vier Male war unklar, wer eigentlich die Moderation hat,
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müssen wir nochmal kurz drauf gucken.
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Was können wir tun? Müssen wir eine neue Person wählen, weil die andere gerade
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eigentlich gar keine Zeit mehr hat?
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Müssen wir die Kreisbeschreibung nochmal anpassen, weil neue Kreise dazugekommen
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sind? Also diese realistische Erwartung von, wir machen das jetzt einmal für
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immer, hin zu, ja, wir werden uns auch da immer weiterentwickeln.
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Und das entspricht dann auch eben diesem Bedürfnis nach Lebendigkeit,
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was wir es am Anfang von hatten.
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Und eben nicht so ein starres System zu haben, in dem man dann jahrelang sich
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selbst gefangen hält. Das ist nicht das Ziel.
Franziska
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Tim, vielleicht magst du noch mal auch auf Spannungen eingehen.
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Also wie gehen wir, gibt uns die Soziokratie was an die Hand,
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wie wir mit Spannungen umgehen.
Tim
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Ja, eine sehr schnelle Antwort. Ich habe währenddessen auch so ein bisschen
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auf meinen Zettel geguckt.
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Ich finde zum einen nochmal ganz wichtig, also Soziokratie ist super hilfreich
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und es muss nicht alles soziokratisch ablaufen.
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Zum Beispiel kommt der Begriff der Spannung aus der kleinen Schwester,
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der Soziokratie von der Holacriti und ist ein, wie wir finden,
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sehr probates Mittel, nämlich zu sagen, liebe Menschen, ich habe eine Spannung,
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die diese Methode, wenn man sie so groß machen mag, nicht kennt,
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sondern so, was ist das Ding, irgendwas ist schlecht.
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Und wir sagen in unserem Begleitung, Spannung ist einfach die neutrale Feststellung.
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Ich hätte gerne etwas, das es anders ist und es ist heute aber so.
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Also es ist ein Unterschied zwischen dem, was ich mir wünsche, zu dem, wie es heute ist.
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Und damit bringen wir Organisationen bei diesem Begriff eigentlich immer dann
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zu sagen, ich brauche Veränderung, denn Systeme, die es nicht verändern, sind tot.
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Und das ist praktisch so, wie Alina das ja auch eingebracht hat.
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Der Start für etwas zu tun und eine Spannung kann heißen, ich muss nur eine
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Info haben, dazu brauchst du dann keine Content-Entscheidung und nichts,
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sondern einfach nur die Hanna sagt, ich habe da noch eine Spannung,
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mir fehlt folgende Info und die Franka sagt, hier ist deine Info.
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Spannung verschwunden, die sozusagen basalste Spannung.
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Und eine Spannung kann aber eben auch eine kreative Idee sein,
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die heißt, ich würde gerne diesen Kreis schließen, denn die Domäne ist erledigt.
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Wir haben das erreicht und deshalb möchte ich gerne uns selber vorschlagen,
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uns aufzulösen. Also auch das, was Alina meinte, dass es nicht stabil ist,
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sondern immer wieder in diesem, wir planen es, wir tun es, wir messen,
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ob das, was wir geplant haben, sinnvoll ist.
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Und da ist die Spannung der Treiber, ich glaube, in der Holacracy heißt es auf
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Englisch auch der Driver, also das ist der Treiber, um wieder einen Schritt
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weiter zu gehen, wohin auch immer der führt.
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Und Spannung dürfen und können natürlich auch emotionale Anstrengungen sein,
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Konflikte zwischen Personen.
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Das ist ja das, wie wir das im Deutschen häufig kennen.
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Wir führen dann häufig einen Spannungsspeicher in Organisationen ein,
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dass wir eben sagen, Leute, wenn ihr möchtet, versucht eure Spannung auszuspeichern.
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Das kommt wiederum aus einem ganz anderen Universum von Getting Things Done.
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Halte die Spannung bitte nicht in deinem Kopf, weil dann machen sie dich unruhig,
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lassen dich schlecht schlafen, sondern trage sie an einen papierenden oder digitalen
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Ort und sorge dann aber dafür, dass dieser Speicher regelmäßig gelehrt wird.
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Das heißt, dass man also in einem Team-Meeting sagt, hey, liebe Leute,
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hier ist ja unser Spannungsspeicher.
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Guck mal, da stehen drei Spannungen drauf.
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Schaffen wir die heute alle? Nee, schaffen wir nicht. Welche ist halt die drängendste?
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Also lass uns bitte über diese Spannung sprechen.
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Und dann kann es sein, dass die sehr schnell im Meeting zu lösen ist oder dass
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man sieht, oh, das ist ja eine sehr relevante Spannung. Lass uns einen Termin dafür machen.
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Lass uns einen extra Raum dafür kreieren.
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Aber dadurch kommen wir in diese Schleifen, also in diese iterativen Loops und
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können Themen ansprechen.
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Ich habe meine Spannung los und ich muss aber auch nicht direkt auf eine andere Person zuhetzen.
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Also jetzt, egal ob ihr zusammen in einem Büro sitzt oder virtuell zusammenarbeitet,
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in klassischen Organisationen kann das so sein, ich rege mich irgendwie darüber
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auf, dass zum dritten Mal ein Dokument falsch formuliert ist.
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Jetzt renne ich zur Hannah, reiße sie aus ihrer Arbeit, komme auch noch mit
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meiner Emotion, erzähle ihr das, sie versteht das vielleicht auch,
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es geht ja gar nicht darum, dass das jetzt ein Riesenkonflikt wird,
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aber sie ist erstmal aus ihrer Arbeit gerissen und muss sich da wieder reinfinden.
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Wenn ich aber geübt bin, mache ich den Spannungsspeicher auf und schreibe halt
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da rein, einheitliche Formatierung der Dokumente klären und dann könnte es.
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Je nachdem wie groß die Organisation ist, das ist jetzt eher Wirtschaftsunternehmen,
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lass uns doch bitte mal eine Corporate Identity und Corporate Design festlegen,
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Vorlagen ablegen und dann müssen wir uns nicht mehr über die Formatierung,
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die also ja eigentlich keine persönliche Spannung zwischen Hannah und mir ist,
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erklären, sondern haben gesagt, ah ja, cool, jetzt ist das geklärt.
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Und jetzt können auch alle anderen immer darauf hinweisen, hey,
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wir haben doch gesagt, wir benutzen die Vorlage.
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Also auch so entsteht Evolution in der Organisation.
Alina
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Das ist mega.
Hannah Heller
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Wieder was gelernt. Alina, du willst noch vergänzen?
Alina
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Das bringt mich noch zu einem wichtigen Vorteil vom Consent-Entscheid.
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Da gibt es zwar auch verschiedene Wege, aber einer ist auf jeden Fall,
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der vorschlagsbasiert zu arbeiten, den wir vor allem nutzen.
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Und das ist eben genau dieser Weg von, ich habe eine Spannung und hinzu habe
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ich schon einen Vorschlag und den ich zur Entscheidung stellen kann.
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Und das, finde ich, ist auch ein ganz großer Unterschied zu bestimmten Kontexten,
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die ich halt kenne, wo es dann heißt.
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Wir müssten doch mal oder heute möchte ich mal über das Thema reden und es gibt
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aber vielleicht gar keine Ownership oder gar keine Idee.
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Oder noch schlimmer, die Person hat eigentlich eine sehr, sehr gute,
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konkrete Idee und agiert aber in einem Kontext, wo sie denkt,
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sie muss alle erstmal fragen, bevor sie ihre eigene Idee platzieren kann.
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Das hat ja dann ganz komische Blüten hinzu. Also ich würde gerne mal mit euch
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reden über, dann sagen alle, was sie dazu denken und am Ende sagt die Person,
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ja, aber ich weiß ja, wie es am besten geht und das dann irgendwie durchbringt.
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Und dann ist es super ineffizient und da zu sagen, hey, ist doch super,
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wenn jemand eine Spannung hatte und schon Ideen dazu hat, dann soll die das
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als Vorschlag mitbringen.
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Gerne so ausführlich wie möglich oder nötig, aber idealerweise nur so 70 Prozent ausgearbeitet.
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Also nicht, dass die Person da irgendwie zwei Tage dran sitzt,
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eine 120-Prozent-Lösung hat und dann ist es super schwierig,
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mit anderen Leuten da noch drüber zu reden.
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Weil es ist ja perfekt und man hat ja so viel Zeit investiert, um zu sagen.
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Ich habe eine Spannung, ich habe mir Gedanken gemacht, ich bringe mal so eine
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70% Aufschlag für eine Lösung mit und dann prozessieren wir das im Consent.
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Infofragen, zwei Meinungsrunden, dann lasse ich mir sozusagen den Vorschlag
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noch besser machen durch meine Gruppe oder meinen Kreis und dann beschließen,
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dass und dann ist schon fertig und wir müssten nicht drei Runden drehen und genau.
Franziska
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Ich will da kurz anknüpfen, weil das für mich so ein Game-Changing-Moment war,
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als ich verstanden habe, was dieser Vorschlag eigentlich alles kann.
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Im Sinne von, ich erarbeite was sehr, sehr Konkretes schon.
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Zum Beispiel ein neues Logo für das Mycelium, ein neues Design.
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Und steckt da schon irgendwie viel Hirnschmalz rein und auch schon einzelne
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Absprachen und so weiter.
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Und dann erarbeite ich daraus sozusagen einen Vorschlag. Der ist schon sehr
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konkret, der hat schon was, wo andere dann weitermachen können.
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Aber es ist nicht die Idee von, das ist der Vorschlag und der muss dann so bleiben
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und darf sich keiner Veränderung mehr unterziehen, sondern im Gegenteil.
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Ich gehe mit was rein in die Mitte, ich lege was in die Mitte,
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was für mich schon so einen Reifegrad hat, dass ich damit sehr zufrieden bin.
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Und gleichzeitig habe ich die innere Haltung von, jetzt freue ich mich aber
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auch auf die Geschenke, die da auf mich warten.
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Im Sinne von, wenn es da Menschen gibt, die schwerwiegende oder auch leichte
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Einwände haben, dann sind die eben mein Geschenk, um meinen Vorschlag nochmal
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auf das nächste Level tatsächlich zu bringen.
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Und das war für mich, und ich glaube auch eben im Mycelium tatsächlich macht
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einen riesigen Unterschied diese neue Haltung von Vorschlag.
Tim
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Ich finde, dadurch ändert sich dann sukzessive auch Sprache,
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weil in den ersten Meinungsrunden, wenn Menschen neu sind, ja,
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meine Meinung ist, ich bin gegen den Vorschlag.
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Man sagt als Moderator, ja, in Ordnung.
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Kannst du sagen, was an dem Vorschlag dich anstrengt?
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Und wenn möglich und gerne ab Meinungsrunde 1, wie du das lösen würdest,
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dass es dich nicht mehr anstrengt oder dich ein bisschen weniger anstrengt.
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Das heißt, auch da sind wir so geübt.
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Wir hatten es ja eben, entweder ist es der Machtentscheid oder die Basisdemokratie.
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Jetzt sagen manche Vereine oder Ehrenamt, Mehrheitsentscheid,
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das ist ja demokratisch.
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Wir sagen, nein, der Mehrheitsentscheid ist das Entscheidungsverfahren,
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was wir in die Demokratie gepflanzt haben, könnten wir aber auch rausnehmen.
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Der Merz jetzt schreibt, braucht Polaritäten. Also der braucht Schwarz und Weiß,
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braucht Verlehrerinnen und Gewinner.
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Und wir sind also gewohnt, so da zu sitzen. Also entweder, wir hören den Vorschlag
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und in uns läuft so ein Mini-Entscheidungsprozess ab. Finde ich cool? Bin ich dafür?
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Oder geht gar nicht? Und jetzt kommen wir, soziokratische Moderatorinnen,
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und sagen, ja, das ist schön, dass du dagegen bist, aber damit kommen wir ja
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nicht weiter zum gemeinsamen Ziel, denn ihr sitzt ja in der gleichen Runde,
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also ihr seid ja keine GegnerInnen. Also bitte erzähle doch, was dir helfen würde.
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Und das ist bei manchen Menschen aber so tief drin. Dann kommt in der Meinungsrunde zwei.
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Ja, ich bin immer noch der Meinung, dass mein Vorschlag richtig ist.
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Weil ich dann sage auch wieder, okay, danke.
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Kannst du etwas finden mit dem, was du eben gehört hast, wie du deinen Vorschlag
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anpasst, damit er gleich Consent bekommt?
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Denn der Consent ist ja die Gangbarmachung.
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Also ihr wollt einen Schritt weiterkommen. und der.
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Also der Consent kann auch ergeben, also du kommst mit deinem Logo und so weiter und die Gruppe sagt,
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wir fühlen uns heute nicht entscheidungsreif, also der angepasste Vorschlag
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lautet, wir fühlen uns heute nicht fähig, ein Logo zu entscheiden,
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um beim nächsten Mal das gut entscheiden zu können, brauchen wir noch folgende Schritte,
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wo wir dann sagen würden, ja, Top-Consent-Entscheidung, nämlich ihr habt es gangbar gemacht.
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Und auch da, das hast du ja schon erzählt und Alina mit dem Vorschlag,
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wir machen eben nicht dieses im stillen Kämmerlein perfekt bearbeiten,
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also diese Entscheidungsvorlagen des Stadtrats und da muss es durchgehen.
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Sondern wir sagen, hey Menschen, wir haben da so eine Idee und dazu haben wir
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auch schon Lösungsmöglichkeiten entwickelt und wir brauchen euch jetzt,
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damit der so gut wird, damit wir ihn danach gemeinsam tragen können.
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Das ist aber eben, wir hatten das jetzt schon häufiger, Das ist eine ganze Haltungsänderung
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zu dem, wie wir domestiziert sind.
Hannah Heller
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Also habt ihr vielleicht ein paar gute Tipps für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer,
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die oft selbst Gründerinnen und Unternehmerinnen sind und ich glaube ganz oft
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in dieser Überforderung sind,
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man müsste mal das und das und das und das machen,
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damit meine Organisation gut läuft.
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Und da habe ich Leute sozusagen in einem Anstellungsverhältnis jetzt schon,
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die kann ich finanzieren unter einem großen Druck, diese Finanzierung überhaupt
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zu erwirtschaften und so weiter. Und,
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Da sind dann oft Leute, also wenn ich ein Beispiel aus unserem Kosmos,
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irgendwie der klassische Bio-Supermarkt, es gibt eine Geschäftsführung,
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dann gibt es irgendwie 18 Mitarbeitende,
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die sind eigentlich sehr gewohnt, halt klare Anweisungen zu machen.
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Und dann setzen sie auch das um, was sozusagen die Anweisung ist und gehen aber
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nicht in diese Verantwortungsrolle rein und haben auch meistens gar nicht den
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Impuls, irgendeine Spannung, also das wird dann so hinter dem Rücken irgendwie,
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wird sich darüber ausgelassen,
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und gejammert und gemeckert so, aber es kommt nicht zu diesem proaktiven Moment,
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zu diesem konstruktiven Moment zu sagen, ja und da hätte ich,
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genau, da würde ich gerne was dran ändern.
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Und wie schafft man es, Leute in diese Mitverantwortung einzuladen aus der Unternehmerinnenperspektive?
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Also welche Haltung muss man vielleicht selbst einnehmen und welche Kniffs gibt
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es, auch wirklich proaktiv einzuladen, da mit in die Verantwortung zu gehen?
Tim
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Ich finde das Erste ist, es ist einfach nicht einfach.
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Also weil das, was wir gerade erzählen, ist eine Mischung aus Persönlichkeitsentwicklung.
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Also möchte ich als Gründerin auch kurz auf mich selbst gucken.
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Also muss keine siebenjährige Therapie sein, aber mag ich mal kurz gucken,
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warum mache ich das denn eigentlich?
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Und das Ergebnis dürfte zum Beispiel sein, ja, ich mag es, Macht über andere
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zu haben und das finde ich jetzt in einem wohlwollenden Kontext nicht das Schlimmste,
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aber dann hätten wir wieder Klarheit, wo ich auch sage, ja, dann lass es bitte
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auch so, wie es ist und mach es bitte auch nicht so zu gratig.
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Also das wäre so Schritt eins.
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Die Person, die die Macht heute hat, möchte ich das überhaupt und bin ich mir
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im Teil der Konsequenzen bewusst, nämlich wenn ich das jetzt aufmache und erste Sachen abgebe,
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und ich finde Mitarbeiterinnen, die das wollen, wenn ich es dann zurückziehe,
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wird es vielleicht blöd, also lass es dann lieber einfach sein und das ist in
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Ordnung. Also es wäre für mich so Schritt 1.
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Und warum ist es nicht einfach? Das, was ich eben gesagt habe,
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wir kommen eben aus einer Welt, in der wir verstanden haben,
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jemand, der weiter oben ist, darf uns Anweisungen geben.
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Wir kommen aus einer Welt, wo wir ganz viele Dinge nicht mitentscheiden dürfen.
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Das heißt, meine Mitarbeitenden oder auch die Mitglieder, wo wir eben waren,
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brauchen zumindest ein bisschen Kompetenz.
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Und ich weiß, dass die Solar wie Stuttgart zum Beispiel Soziokratie Weiterbildung
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für ihre Mitglieder anbietet, denn wir können nicht davon ausgehen,
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dass die das einfach wissen.
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Das heißt, es braucht zumindest, es gibt von Sociocracy for All,
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gibt es Online-Videos, also es braucht so eine Art Grundbleiche zu sagen,
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guck mal Menschen, damit würde ich jetzt zu euch kommen, habt ihr Lust euch das anzuschauen.
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Also das heißt, der Weg ist langsam und der dauert länger und der dauert eher Jahre als Tage.
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Also Alina ist, glaube ich, auch schon darauf eingegangen. Es ist nicht dieses,
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wir machen jetzt Soziokratie, wir schreiben einmal was auf und ab da funktioniert das.
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Sondern es ist wirklich sozusagen eine gemeinsame Entscheidung.
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Und es ist auch so, je nachdem, wie weit man das geht, dass es passieren kann,
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dass gerade Mitarbeiterinnen sagen, nein, das möchte ich so nicht.
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Und dafür gibt es gute Gründe.
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Mein Leben ist gerade voll. Ich habe gerade Kinder, die ich erziehe.
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Oder ich habe noch einen Hauptjob oder einen Nebenjob, was auch immer.
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Und ich möchte zu diesem Job, den ich hier habe, wo ihr jetzt mit Soziokratie
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anfangt, eigentlich nur reinfallen und wissen, was zu tun ist.
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Und das soll mir am besten auch noch jemand beantworten.
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Und ich möchte nicht in Mitverantwortung. Ich sage so, das ist auch legitim.
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Das stresst manche Menschen, weil ich denen ja praktisch sage,
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wenn du Lust hast, kündige doch.
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Das ist für mich jetzt wieder in dieser Haltung von, du bist auch als Mitarbeiterin
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dafür verantwortlich zu prüfen, ob du das willst.
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Und all diese Sachen in Kombination zeichnen, glaube ich, dieses Bild,
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dass es herausfordernd ist.
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Um aber nochmal zu der Frage zurückzukommen, zu sagen, ja, ein bisschen Selbstreflexion
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bei der Person, die die Macht hat.
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Es braucht die Kompetenzen und es braucht den Willen zu experimenten, also zum Ausprobieren.
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Also eben nicht die erste Konsententscheidung ist perfekt, auch nicht die zehnte,
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sondern dann, so habt ihr das ja jetzt auch schon erzählt, wir haben ja in 23
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angefangen, ich glaube im Frühling 23.
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Das heißt, ihr erzählt jetzt praktisch nach anderthalb Jahren,
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oh, wir fangen langsam an zu merken, wie wirkmächtig das sein kann,
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wenn wir uns da reinbegeben. Und das halte ich aber auch für einen normalen
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zeitlichen Ablauf und nicht für irgendwas Langsames oder so.
Alina
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Das war eine kleine Ergänzung. Das war zwar bei Tim schon auch ein bisschen
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mit drin, aber vor allem dieses Thema Zeit einplanen.
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Also wenn man jetzt mal annimmt, es gibt ein Team von, ich weiß nicht,
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wie sich der Bio-Supermarkt unterteilt,
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aber vielleicht gibt es das Team Kassel, das Team Lager oder so.
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Und wenn die jetzt sagen, hey, vielleicht möchte wenigstens einer von uns zusammen
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mit der Geschäftsführung irgendwo einmal im Monat sitzen und sprechen und die wählt.
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Das sind ja so Modelle von, ja, nicht alle müssen, aber vielleicht möchte einer
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und der braucht die Legitimität von den anderen.
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Und dann muss diese Person aber Zeit dafür bekommen, weil im Grunde gibt man
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der dann neue Aufgaben und das ist halt.
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Glaube ich, ein häufiger Fehler, dass man das nicht so richtig einplant und
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das sollte man auf jeden Fall tun, weil sonst Frust aufkommt,
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bei Überstunden, Überlastung etc.
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Und das Zweite, wenn man jetzt über Treffen mit den anderen spricht oder sich
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auf den Weg gemacht hat, ganz, ganz schnell eigentlich Leitung und Moderation zu trennen.
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Also das ist auch so, es gibt drei Rollen ja in der Soziokratie.
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Es gibt die Leitung Sinnhütung, die darauf achtet, dass der Kreis seine Ziele erfüllt.
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Es gibt die Moderation, die eben für den Prozess verantwortlich ist und das
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Sekretariat oder die Dokumentation,
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die eben Informationen transparent hält durch Mitschriften und durch Einladungsschreiben
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und diese Rollen auch zu trennen, weil natürlich eine Leitung oder ein Chef,
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der sein eigenes Meeting moderiert,
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hat gewisse Widersprüche in sich selber oder wird auch anders wahrgenommen.
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Und da zu sagen, so ja, ich bin hier und ich passe auf, dass das Ziel nicht
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aus den Augen gerät, aber dafür, dass der Konsententscheid richtig gut abläuft,
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das macht eine andere Person, weil vom eigenen Chef natürlich in der Meinungsrunde
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unterbrochen zu werden, hat eine ganz andere Konnotation, als zu sagen,
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hey, wir haben eine Moderation gewählt, die darf mir sagen, wenn ich gerade
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wiederhole oder nicht konkret spreche oder anderen ins Wort falle und das ist
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von der Teamleitung nochmal ein anderer Schnack, ne?
Franziska
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Ich merke gerade, Hannah, wie sich unser Baukasten sozusagen so füllt im Sinne
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von, wir haben die Soziokratie ins Mycelium gerufen, sowohl nach innen als auch
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sozusagen in die Begleitungen.
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Wir haben sehr viel das Thema Verbindungskultur bei uns präsent,
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wo wir versuchen uns tatsächlich auch an Naturzyklen oder Jahreszeiten und Zyklen
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sehr viel mit diesen Mustern zu arbeiten.
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Und ich merke gerade ganz arg, dass die Ausbildung bei mir von The Art of Hosting
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ganz arg auch da reinfließt.
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Und diese Idee, von welcher Art von Kreiskultur wollen wir eigentlich sozusagen leben?
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Und ich merke, es gibt diese Mischung aus wahrscheinlich noch viel mehr Elementen,
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aber es gibt so einen unfassbar gesunden Nährboden.
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Da zurück zur Kultur, neben sozusagen dieser Idee von Soziokratie und der Struktur
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und wie wir das sozusagen machen, gibt es eben dieses, naja,
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welche Prinzipien wollen wir uns eben geben?
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Zum Beispiel lasst uns präsent sein und aufmerksam bei der Person,
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die eben gerade spricht. Das gehört für mich so dazu.
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Oder lasst uns wirklich mit offenem Herzen sowohl zuhören als auch tatsächlich sprechen.
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Dafür braucht es ganz schön viel Mut, das auch dann oft zu tun.
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Lasst uns wirklich sagen, was relevant ist und unsere Absicht zum Beispiel kennen.
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Und lasst uns auch dieses Prinzip wirklich leben, dass wir eben alle Teilgebende
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sind und nicht mehr Teilnebende.
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Das ist auch so ein Paradigmenwechsel, den wir eigentlich da brauchen.
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Und ich merke so richtig, in mir verweben sich gerade verschiedene,
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weiß ich nicht, Konzepte und Brillen.
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Und die Mischung aus all dem führt dann wahrscheinlich zu einem wirklich gesunden Boden.
Hannah Heller
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Ja, vielen Dank, Franka, für diese allumfassende Zusammenfassung nochmal und
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Zusammenführung auch von verschiedenen Konzepten, die wir hier im Podcast schon vorgestellt haben.
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Ich würde die Gelegenheit nutzen und auch das tatsächlich als Abschlussworte
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nutzen. Alina, Tim, mega schön, dass ihr da wart.
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Schön, dass ihr eure Erfahrung und euer Wissen geteilt habt.
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Genau, wollt ihr noch eine letzte Runde Ergänzungen machen und euch auch verabschieden
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bei unseren Hörerinnen?
Tim
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Danke, dass ihr uns eingeladen habt. Die Betonung, finde ich,
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ist wirklich auf diesem geht los und tut es langsam.
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Und lasst euch praktisch nicht irritieren, wenn es dabei holpert, weil das gehört dazu.
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Ich freue mich, wenn das weiter nach draußen dringt und soziokratische Ansätze
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oder sogar komplette soziokratische Prinzipien genutzt werden.
Alina
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Ja, ich bedanke mich auch für die Einladung. Ich fand es schön,
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hier zu sein und bin immer wieder begeistert, darüber zu sprechen oder auch
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mit sozusagen euch zu reden oder anderen Leuten, die es auch anwenden,
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weil ich schon glaube, dass das einfach so einen großen Wert hat,
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weil wir alle so wichtige Dinge tun.
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Und wie können wir das tun, ohne uns dabei zu verbrennen?
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Und da glaube ich, ist Soziokratie ein großer Beitrag. Und deswegen schön,
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dass ihr das heute auch nur mit dem Podcast in die Welt bringt. Danke.
Hannah Heller
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Ja, vielen Dank, dass ihr da wart. Stichwort Beitrag.
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Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, ihr könnt gerne beitragen zu diesem Podcast,
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in dem ihr Mitglied werdet in unserem neu gegründeten Verein mycelium-ev.com.
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Da könnt ihr Fördermitglied werden und dann bekommt ihr auch alle Zugänge zu
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diesem Podcast und könnt alle Folgen hören, die bisher erschienen sind und auch alle weiteren.
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Wir freuen uns, wenn ihr näher tretet an unserem Mycelium-Ökosystem und wünschen
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euch noch eine gute Woche. Vielen Dank fürs Zuhören. Tschüss.