Martin Winterkorn war der strahlende, erfolgreiche und erfolgshungrige Mr. Volkswagen. Unter seiner Leitung verdoppelte der Konzern die Mitarbeiterzahl, den Absatz, Umsatz, Gewinn, wurde zeitweise größter Autohersteller der Welt. Und dann kam der September 2015 und die Enthüllung des Abgasskandals durch US-Behörden. Die ganze Welt erfuhr, dass VW vorsätzlich Motoren-Software manipuliert hatte und dafür nun wuchtige Strafen drohten (bis heute kostete die juristische Aufarbeitung das Unternehmen rund 33 Milliarden Euro). Die Schockwellen reichten quer über den Atlantik bis nach Wolfsburg. Am 20. September 2015 trat Winterkorn vor eine Videokamera, um vom Teleprompter ein Statement abzulesen. Das war mit Sicherheit von Konzern-Anwälten vorformuliert worden. "Ich entschuldige mich in aller Form bei unseren Kunden, bei den Behörden und der gesamten Öffentlichkeit für das Fehlverhalten", erklärte er mit Schweißperlen auf der Stirn. Damit übernahm Winterkorn die politische Verantwortung für Dieselgate und musste bald danach seinen Chef-Posten räumen. Doch bis heute ist unklar, wie viel der Mann an der Spitze wirklich wusste. Am 3. September 2024 beginnt sein Prozess vor dem Landgericht Braunschweig. Ohne Geständnis dürfte es Jahre dauern, ehe das Gericht ein Urteil verkünden wird.
Über den Fall, aber vor allem über den Menschen und Managertypen Winterkorn spricht „Tatort Niedersachsen“-Gastgeber Hendrik Rasehorn mit dem Wirtschaftschef der Braunschweiger Zeitung, Andreas Schweiger. Er ist in Wolfsburg aufgewachsen, weiß, wie die VW-Hauptstadt tickt und recherchiert seit nunmehr neun Jahren zur Abgasaffäre.