Anglo-amerikanische Strategen am Ziel?
Ein Kommentar von Wolfgang Effenberger.
„Herrschaft gewinn ich, Eigentum!“(1)
So begründet am Ende des 2. Teils der Tragödie „Faust“ (Johann Wolfgang v. Goethe) der historische Doktor Faustus gegenüber der Teufelsfigur Mephistopheles sein Kolonisationsprojekt - eine Herrschaft, die nicht vor der gewaltsamen Beseitigung der friedlichen Bewohner Philemon und Baucis zurückschreckt. Goethe beschrieb in seinem weltberühmten Bühnenstück bereits vor 215 Jahren das Industrialisierungs- und Weltkolonisierungsdrama des neuzeitlichen Menschen, das er kommen sah und das er fürchtete: Dr. Faustus, der keine Grenzen mehr akzeptiert, sich an nichts mehr gebunden weiß, seine seelische Entwurzelung mit technischem Größenwahn kompensiert und dabei ohne Skrupel den Pakt mit dem Bösen eingeht - ja, ohne es zu begreifen, dessen Werkzeug er wird - zieht alles um sich herum mit in den Strudel seines Machtrauschs.
Das düstere Bild, das Johann Wolfgang v. Goethe zeichnete, ist heue weitgehend Wirklichkeit. Wir befinden uns in einem Teufelskreis aus globaler Massenproduktion, Umweltzerstörung, Krieg und Terror, der seine Wurzeln in der europäischen Hybris des 19. Jahrhunderts hat, eines Jahrhunderts der vollständigen Kolonisierung und Technisierung der Welt.
Heute wird die Welt allerdings nicht mehr von einzelnen Feudal-Dynastien oder Nationen beherrscht, sondern vor allem von Geld-Dynastien, die als Kriegsgewinnler ihre Vermögen ursprünglich im US-Bürgerkrieg gemacht haben.(2) Es sind die global agierenden Profiteure, die seit mehr als 150 Jahren im Hintergrund die Fäden ziehen.
Um diesen Profiteuren und Hasardeuren auf die Spur zu kommen und nicht weiter zum Opfer ihrer zerstörerischen Machenschaften zu werden, ist es notwendig, die Muster ihrer geschickt getarnten Machtspiele aufzudecken, die uns bereits am Anfang des 20. Jahrhunderts die Katastrophe eines verheerenden Weltkriegs beschert haben, der mit nur kurzer Unterbrechung ab 1939 im Zweiten Weltkrieg seine Fortsetzung fand.
„Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft“,
schrieb einst Goethes Zeitgenosse, der preußische Universalgelehrte, Entdecker und Staatsmann Wilhelm von Humboldt. Eine Erkenntnis, die heute, wo weltweit überall die Verwerfungslinien des Ersten Weltkriegs wieder aufbrechen, wichtiger ist denn je.
„Wir werden in einem Zustand leben, der den Namen Weltfrieden verdient, oder wir werden nicht leben“(3),
schrieb 1963 Carl Friedrich von Weizsäcker. Doch vom Weltfrieden scheinen wir heute weit entfernt zu sein. Die Vorboten eines neuen großen Krieges sind nicht zu übersehen, ob in Nordafrika, im Nahen oder Mittleren Osten, auf dem Balkan, in Osteuropa oder in Asien.
Schon am 28. Oktober 2014 hatte dazu Papst Franziskus unumwunden erklärt:
„Wir stecken mitten im Dritten Weltkrieg, allerdings in einem Krieg in Raten. Es gibt Wirtschaftssysteme, die, um überleben zu können, Krieg führen müssen. Also produzieren und verkaufen sie Waffen“(4).
Leider hält sich der Vatikan, der die Gesamtheit der Katholiken vertritt, mit Friedensinitiativen auffallend zurück.
Bei den aktuellen Konflikten ist zu erkennen, dass fast alle Krisenherde der Gegenwart entlang der Verwerfungslinien vor und während des Ersten Weltkriegs verlaufen: Balkan, Nordafrika, Türkei, Osteuropa bis hin zu Korea und China.
Für den deutschen Philosophen Oswald Spengler, dem Autor des Werks "Untergang des Abendlandes" begann der Erste Weltkrieg bereits 1911 mit der Besetzung marokkanischer Städte durch Frankreich, dem Angriff Italiens auf das Osmanische Reich in Tripolitanien, der Besetzung Koreas durch Japan und der von außen gesteuerten Revolution in China.
Während Paris versuchte, seinen Einfluss auf Marokko unter Inkaufnahme des Bruchs des "Vertrags von Madrid"(5) (1880) auszudehnen,