Der Krieg im Nahen Osten dauert seit mehr als einem Jahr, Zehntausende sind getötet, Millionen vertrieben worden, im Gazastreifen, im Westjordanland, in Libanon. Israel will den «totalen Sieg» über islamistische Terrorgruppen, um jeden Preis. Wer gegen diesen Krieg ist, hat es schwer.
Jede Woche demonstrieren in Israel Tausende: für die Freilassung der Geiseln, welche die extremistische Hamas vor mehr als einem Jahr in den Gazastreifen verschleppte, gegen die Regierung, welche die Geiseln in ihren Augen im Stich lässt. Anti-Kriegsdemonstrationen sind das jedoch nicht. Der eigene Schmerz blendet das Leiden der Zivilbevölkerung im Gazastreifen und in Libanon fast komplett aus.
«Wir klammern uns an die Hoffnung, dass die Geiseln zurückkehren können. Erst danach können wir hoffen, dass aus den Trümmern etwas Besseres entsteht. Aber zuerst müssen die Geiseln zurückkommen», sagt die 30-jährige Adi, eine ehemalige Späherin der israelischen Armee. Die sogenannten «Tatzpitaniyot», die jungen Soldatinnen, die auf ihren Beobachtungsposten vergeblich vor einem Hamas-Angriff gewarnt hatten, waren unter den ersten Opfern der Hamas.
Mai Albini Peri, 29, ist der Enkel des von der Hamas entführten und getöteten Friedensaktivisten Chaim Peri. Der grausame Tod seines Grossvaters hindert ihn nicht daran, gegen den Krieg seiner Regierung zu kämpfen. Im Gegenteil: sein Grossvater habe immer gesagt, Israels Besatzung des palästinensischen Volkes führe ins Verderben. «Wir können im Gazastreifen nicht so weitermachen wie im vergangenen Jahr und behaupten: «Wir verteidigen uns nur!». Hättet ihr uns am 7. Oktober verteidigt! Dann wäre mein Grossvater noch am Leben. Was wir jetzt machen, hat mit Verteidigung nichts zu tun: das ist nur Rache», sagt der jüdische Israeli.
Es gibt in Israel und den palästinensischen Gebieten Menschen, welche diesen Krieg dringend stoppen wollen. Aber wie? «Dieser Krieg ist nicht wie andere Kriege. Wenn sie ihn nicht beenden, nehmen wir die Auslöschung eines anderen Volkes in Kauf. Einfach beenden können wir den Krieg aber nicht: dafür braucht es eine politische Vision», sagt Rula Hardal. Sie ist eine der beiden israelischen Frauen, welche die gemeinsame israelische und palästinensische Organisation «A land for all» leitet, die sich für eine Zweistaatenlösung einsetzt.
Wer stoppt den Krieg und wie? Eine Reportage aus Israel und dem Westjordanland.