ERF Plus - Bibel heute

Nachtvision der Hoffnung


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Die heutige Bibellese lässt sich zeitlich genau datieren. Die Bibel nennt hier das 2. Jahr des Darius. Das entspricht dem Jahr 520 v. Chr. Sogar Monat und Tag werden genannt. Drei Monate des prophetischen Dienstes liegen bereits hinter Sacharja. Doch in dieser Nacht geschieht etwas Besonderes. Sacharja erhält eine nächtliche Vision von Gott. Was ist der Anlass hierfür? Zur Beantwortung dieser Frage ist eine kleine geschichtliche Rückblende hilfreich.

Das babylonische Exil des Südreichs gehört der Vergangenheit an. Auch das Babylonische Reich existiert nicht mehr. König Kyrus der Große kommt an die Macht und gilt als Gründer des Perserreiches. Bereits ein Jahr später erlaubt er den Juden, aus dem Exil wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Er erteilt sogar den Auftrag, den Tempel wieder aufzubauen. Und nicht nur das! Neben freiwilligen Geschenken, gibt Kyrus auch die Tempelgeräte, die  Nebukadnezar entwendet hatte, wieder zurück an die Juden. Im 1. Kapitel des Buches Esra ist diese Tatsache sehr ergreifend geschildert. Gott selber, so heißt es dort, erweckte den Geist des Kyrus (Esra 1). So wird ein Heide zu einem Werkzeug Gottes. Dieses Phänomen lässt sich übrigens mehrfach in der Bibel finden. Kyrus gilt als Idealbild eines Herrschers mit einer bemerkenswerten Toleranz und Gnade gegenüber seinen Untertanen. Im Buch Jesaja wird er sogar Hirte und Gesalbter genannt. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch die sog. „Kyrupädie“ von Xenophon. Hier steht Folgendes über Kyrus geschrieben: „Er würdigte seine Untertanen und kümmerte sich um sie wie um seine eigenen Kinder, und sie wiederum verehrten ihn wie einen Vater.“

Die Gunst von Kyrus gegenüber dem jüdischen Volk zeigt in Jerusalem sehr bald Früchte. Zunächst wird der Altar für ihren Gott Jahwe gebaut, um den Opferdienst wieder ins Leben zu rufen. Im Jahr 536 v. Chr. erfolgt dann die Grundsteinlegung für den Tempel. Doch politische Unruhen unter dem Einfluss der Samaritaner sorgen dafür, dass die Bauarbeiten für 14 Jahre ins Stocken geraten. So bauen die Heimkehrer inzwischen längst wieder an und in ihren Häusern. Das Haus des HERRN dagegen ist eine verlassene Baustelle.

In dieser Zeit sendet Gott dem jüdischen Volk zwei Propheten. Der erste ist Haggai und zwei Monate später folgt Sacharja. Beide Propheten sollen die Heimkehrer dazu bewegen, den Tempelbau wieder aufzunehmen. Gottes Segen steht und fällt mit dem Wiederaufbau des Tempels. Das ist die Kernbotschaft beider Propheten.

Im Gegensatz zu Haggai erhält Sacharja nicht nur mündliche Botschaften von Gott. Er wird zusätzlich mit acht nächtlichen Visionen konfrontiert. Die erste dieser Visionen ist Gegenstand der heutigen Bibellese.

Sacharja ist mit diesem Gesicht total überfordert. Er sieht einen Mann auf einem roten Pferd. Hinter ihm erblickt er noch weitere Pferde in den Farben rot, braun und weiß. So fragt er den Mann auf dem roten Pferd, wer diese Pferde sind. Und jetzt wird es auch für mich etwas verwirrend. Als Antwortender wird nicht etwa - wie erwartet - der Mann auf dem Pferd benannt, sondern es heißt plötzlich „der Engel“. Im weiteren Textverlauf ist dann sogar vom „Engel des HERRN“ die Rede. Nach mehrfachem Lesen dieses Bibelabschnittes in unterschiedlichen Bibelübersetzungen, bin ich zu folgender Schlussfolgerung gekommen: Die Personen „der Engel“, „der Mann“ und „der Engel des HERRN“ sind identisch.

Mit dieser These wird es nun richtig spannend. Denn, in zahlreichen Bibelstellen ist der Begriff „Engel des HERRN“ vermutlich gleichzusetzen mit Gott selbst. Ich möchte an dieser Stelle nur einige exemplarisch aufführen: Im 1. Buch Mose 16,13 sagt Hagar, die Magd von Sarai, zu dem Engel des HERRN Folgendes: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Oder im 2. Buch Mose 3,2 ff: Der Engel des HERRN begegnet Moses im brennenden Dornbusch. Und als Moses diese Erscheinung näher betrachten will, da spricht Gott selbst aus dem Dornbusch: „Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs.“ Und als letztes Beispiel sei die Berufung Gideons zum Richter genannt, wo er den Auftrag erhält, gegen die Midianiter zu kämpfen. Nachzulesen ist dieses im Buch Richter 6,11 ff.

Es gibt christliche Interpreten, die die Bezeichnung „Engel des HERRN“ mit der Person „Jesus Christus“ gleichsetzen. Ich schließe mich dieser Meinung an. Der heutige Bibelabschnitt ist für mich quasi ein Paradebeispiel für diese These. Aber, was bewegt mich zu dieser Auffassung? Nun, ich habe im fortlaufenden Bibeltext etwas entdeckt, das mich aufhorchen lässt.

Sacharja hat nach der Bedeutung der Pferde gefragt. In der Antwort erfährt er, dass Gott sie ausgesendet hat, um die Erde zu durchstreifen. Alles ist still. Und jetzt geschieht etwas Merkwürdiges. Ab diesem Zeitpunkt tritt der „Engel des HERRN“ als Fürsprecher für das Volk Israel ein. Er wendet sich in seiner Ansprache direkt an Gott und fragt vorwurfsvoll: „Wie lange willst du dich nicht über Jerusalem und die Städte Judas erbarmen, die du verwüstet hast diese 70 Jahre?“ Sacharja erhält daraufhin in seiner Vision nun die tröstende Botschaft, dass Gott sich seinem Volk wieder zuwenden will. Und Jerusalem bleibt auch weiterhin die erwählte Stadt, worin SEIN Haus, also der Tempel, wieder erbaut werden soll.

Für mich ist es immer wieder faszinierend, Jesus Christus im Alten Testament zu entdecken, wie z. B. im heutigen Bibeltext. Die Fürsprache bei Gott ist ein immerwährendes Anliegen von Jesus Christus, welch frohmachende Botschaft. So lassen sich auch im Neuen Testament zahlreiche Belege dafür finden. Zum Nachlesen möchte ich an dieser Stelle auch nur drei Beispiele exemplarisch benennen: 1. Johannes 2,1; Römer 8,34 und Hebräer 7,25.

Wie wertvoll ein Fürsprecher ist, habe ich schon mehrfach in meinem Leben erfahren. Noch viel wertvoller wird so ein Fürsprecher am Ende meines irdischen Lebensweges sein. Dann werde ich mich vor Gott für Getanes und Unterlassenes verantworten müssen. Ich glaube, dass ich dann einen guten Anwalt gebrauchen kann. Deshalb habe ich schon jetzt Kontakt zu ihm aufgenommen. Jesus ist nur ein Gebet weit entfernt und täglich rund um die Uhr ansprechbar. Wie heißt es so treffend in der zweiten Strophe des alten Liedes „What a friend we have in Jesus“, welch ein Freund ist unser Jesus, das von Ernst Heinrich Gebhardt ins Deutsche übersetzt wurde: „Wenn des Feindes Macht uns drohet und manch Sturm rings um uns weht, brauchen wir uns nicht zu fürchten, stehn wir gläubig im Gebet. Da erweist sich Jesu Treue, wie Er uns zur Seite steht als ein mächtiger Erretter, der erhört ein ernst Gebet.“

Autor: Angelika Woidich

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