"Pet Sounds" erschien am 16. Mai 1966 als elftes Studioalbum der Beach Boys. Die kalifornische Band bestand aus den Brüdern Brian, Dennis und Carl Wilson, ihrem Cousin Mike Love und dem Schulfreund Alan Jardine. Mit "Pet Sounds" entfernten sie sich von ihrem sommerlichen Surfsound und wandten sich vielschichtigen, komplexen Kompositionen mit lyrischer Tiefe zu.
Während der Produktion des Albums war ein Großteil der Beach Boys eigentlich gar nicht dabei. Die Band tourte gerade durch Japan. Nur Brian Wilson, der kreative Kopf der Gruppe, blieb zurück in Kalifornien, um sein Ziel zu erreichen, das beste Rockalbum aller Zeiten zu komponieren. Dabei orientierte er sich am Album "Rubber Soul" von den Beatles, das ein Jahr zuvor erschienen war.
Für die Songtexte engagierte Wilson den Werbetexter Tony Asher als Mitautoren. Als die Band schließlich aus Japan zurückkehrte, mussten sie nur noch die Songs einsingen – der Rest war bereits fertig.
Die Beach Boys verabschieden sich vom Surfbrett
Brian Wilson war ein großer Fan des amerikanischen Produzenten Phil Spector, der für die Komposition dichter und orchestraler Klangflächen bekannt wurde, der sogenannten "Wall Of Sound". Spector war unter anderem am Song "Be My Baby" aus dem Jahr 1963 von den Ronettes beteiligt. Wilson bezeichnete das Lied als das beste Popstück, das je geschrieben wurde. Tief beeindruckt von Spectors Arbeit, wollte Wilson ihn jedoch nicht einfach nachahmen. Sein Anspruch war, ihn zu übertreffen.
Was Brian Wilson so an [Phil Spector] fasziniert hat, war, dass er sich nicht nur rein als Produzent verstanden hat, also als jemand, der Musiker aufnimmt. Sondern, dass er ein Künstler war.
Quelle: Katharina Heinius, SWR Musikredakteurin über Brian Wilsons Faszination von Phil Spector
Inhaltlich und musikalisch ging Brian Wilson einen großen Schritt weg vom erfolgreichen Beach Boy-Surfsound und von den Texten über Surfen, Sonne und Strand. Aus heutiger Sicht ist klar, dass er damals Pionierarbeit für die Musikwelt geleistet hat. Zur damaligen Zeit waren seine Songs mit komplexen Harmonie- und Tempowechseln etwas ganz Neues. Entsprechend groß war die Unsicherheit, wie das Publikum darauf reagieren würde.
[Brian Wilson] hat alles auf den Kopf gestellt.
Quelle: Patrick Schütz, SWR Musikredakteur über "Pet Sounds" im Vergleich zu vorherigen Beach Boy-Alben
Die Lieder auf "Pet Sounds" spiegeln die Gefühle und Gedanken des Musikers wider und sind tiefgründiger und melancholischer als die vorherigen Beach Boy-Songs. Bekannte Stücke wie "Wouldn't It Be Nice" und "God Only Knows" behandeln sehr schwere und große Themen. Doch Wilson gelang es, ihnen eine Leichtigkeit und Eingängigkeit zu verleihen.
Was "Pet Sounds" mit (Tier-)Geräuschen zu tun hat
Neben der neuartigen Kompositionsweise finden sich auf "Pet Sounds" viele interessante Instrumente, oder eher Alltagsgegenstände, die zu Instrumenten umfunktioniert wurden. Im gleichnamigen Titelsong "Pet Sounds" spielte der Schlagzeuger die Percussions am Anfang mit zwei leeren Cola-Dosen ein. In "You Still Belive In Me" kommt eine Fahrradhupe zum Einsatz. An anderen Stellen klingen Löffel als Rhythmusinstrumente mit und der letzte Song des Albums, "Caroline, No", endet mit Hundegebell und einem vorbeifahrenden Zug.
Die Beach Boys brachen 1966 ein musikalisches Tabu
"God Only Knows" sorgte zur Zeit seiner Veröffentlichung für Aufsehen. Ein Popsong mit dem Wort "Gott" im Titel galt in den 1960ern als Tabubruch. Dabei handelt es sich eigentlich um ein Liebeslied, auch wenn das aus dem Text nicht sofort hervorgeht. Mit einem Arrangement von 20 Studiomusikern und 14 unterschiedlichen Akkorden ist "God Only Knows" kein typischer Popsong.
"God Only Knows" wurde übrigens nicht von Brian, sondern von Carl Wilson gesungen. Brian gab ihm die Anweisung, den Song ganz ruhig und ohne jede Anstrengung zu singen. So entstand die besondere Leichtigkeit, die dem Stück seinen besonderen Charakter verleiht.
"Pet Sounds" ist ein einzigartiges Album, das die Musikwelt bis heute prägt. Bei seiner Veröffentlichung blieb der große Erfolg jedoch zunächst aus. Es schien, als hätte Brian Wilson sein Ziel, das größte Rockalbum aller Zeiten zu schreiben, verfehlt. Die Enttäuschung traf den Musiker damals tief.
Das war sein Herzensprojekt. [...] Er war seiner Zeit damals weit voraus. Und weil der Erfolg, den er sich davon versprochen hatte [...] nicht so herauskam, ist er wirklich in ein Loch gefallen.
Quelle: Patrick Schütz, SWR Musikredakteur über Brian Wilsons Enttäuschung nach dem zunächst mäßigen Erfolg von "Pet Sounds"
Shownotes
- Film "Die Beach Boys – Genie und Wahnsinn" bei Arte
- Pet Sounds live: Brian Wilson Baloise Session 2016
- The Beach Boys – Pet Sounds - Classic Albums
- ARD-Podcast-Tipp: Based on a true Story – Die Könige von Malle
Über diese Songs vom Album "Pet Sounds" wird im Podcast gesprochen
- (22:43) – "Wouldn't It Be Nice"
- (36:25) – "Pet Sounds"
- (39:26) – "You Still Believe In Me"
- (40:07) – "Caroline, No"
- (45:53) – "Sloop John B"
- (51:37) – "God Only Knows"
- (01:02:31) – "I Just Wasn't Made For These Times"
Über diese Songs sprechen wir außerdem im Podcast
- (05:34) – "Here, There And Everywhere" von The Beatles
- (07:23) – "Tequila" von The Champs
- (10:12) – "Norwegian Woods" von The Beatles
- (10:39) – "In My Life" von The Beatles
- (15:44 & 30:09) – "Be My Baby" von The Ronettes
- (56:55) – "Stella By Starlight" von Ella Fitzgerald