Der SC Freiburg, der regimekritische Arbeiterverein aus dem Stühlinger – diese Erzählung hat sich lange gehalten. Doch mittlerweile ist klar, sie ist eine Legende. Ein Mythos, der irgendwann in der jungen Bundesrepublik entstanden ist. Denn so wie fast alle anderen bürgerlich geprägten Fußballvereine ließ sich auch der SC Freiburg im Mai 1933 bereitwillig von den Nazis gleichschalten.
Auch wenn bei weitem nicht der gesamte Verein nationalsozialistisch geprägt war, einige Mitglieder, das ist heute klar, profitierten vom NS-Regime, waren Parteimitglieder, oder sogar in der SS. So wie der Stürmer Hans Baumgart. In den 1920er-Jahren noch gefeierter Torjäger beim SC, während des Zweiten Weltkriegs Kriegsverbrecher. In einem KZ-Außenlager auf Usedom ordnete er das Todesurteil für zwei französische Lagerinsassen an.
Baumgarts Taten waren im Verein bekannt. Trotzdem wurde er in den 1950er-Jahren wieder im Verein aufgenommen, nachdem er aus der Haft entlassen worden war. Ignorieren, unter den Teppich kehren, totschweigen – so ging der Verein in den ersten Nachkriegsjahrzehnten mit der NS-Vergangenheit um.
Was genau in den Jahren 1933 bis 1945 im Verein passiert ist, das haben die beiden Historiker Robert Neisen und Andreas Lehmann im Auftrag des SC Freiburg recherchiert. Ende 2024 haben sie mit ihrer Studie „Spielball der Ideologie? Der SC Freiburg in der Zeit des Naitonalsozialmus“ einen umfassenden Überblick über den Sport-Club und das Verhalten des Vereins und einiger seiner Mitglieder vorgelegt.
In dieser Folge des Podcast „BZ am Ohr“ erzählen die beiden Autoren, auf welche Quellen sie sich stützen, wie der Legende des regimekritischen Vereins entstanden ist – und wie einzelne Mitglieder im Widerstand waren, während andere sich an enteignetem jüdischem Eigentum bereicherten. Sie räumen mit lange bestehenden Mythen auf und erklären, wie der Umgang des Sport-Clubs im Kontext anderer deutscher Fußballvereine eingeordnet werden kann.