Die Flüchtlingskrise hat die EU scheinbar in West und Ost gespalten. Die im Westen erteilen moralische Lektionen. Die im Osten fühlen sich unverstanden und bevormundet - auch wenn es um ihre wirtschaftlichen Interessen geht. Was läuft schief? Seit der Flüchtlingskrise gibt es in den Köpfen der Westeuropäer wieder diesen Graben, der den guten Westen vom bösen Osten trennt. Die Politiker im Westen der EU erteilen Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei moralische Lektionen, ohne zu verstehen, wieso die dortige Bevölkerung eine andere Haltung hat zur Migration.
Beinahe 30 Jahre nach der Wende reagieren die Leute in den östlichen EU-Länder immer mehr empfindlich auf die herablassende Behandlung durch den Westen. Der zweitgrösste Dachfenster-Hersteller im polnischen Nowy Sacz beschwert sich, dass er von der Nummer eins in Dänemark mit unfairen Methoden aus dem Markt gedrängt und von der EU-Kommission im Stich gelassen wird.
Marek Prawda, der Vertreter der EU in Polen, sagt, es fehle dem Westen an Empathie und das Gefühl der Zweitklassigkeit bei den östlichen EU-Bewohnern sei der Nährboden auf dem der Populismus wachse, der demokratische Werte in Frage stellt. Zsolt Enyedi von der Zentraleuropäischen Universität in Budapest, wurde von der Regierung Viktor Orbans auf eine Liste von Feinden der Nation gesetzt. Er ärgert sich darüber, dass die Europäische Volkspartei, zu der Orbans Fidesz gehört, immer wieder wegschaut, wenn die ungarische Regierung Rechtsstaat und Demokratie demontiert.
Der Westen hat in verschiedener Hinsicht Grund, sich selber kritisch zu hinterfragen, wenn er Entwicklungen in den östlichen EU-Staaten kritisiert.