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By Ärzte Zeitung
The podcast currently has 667 episodes available.
Das Grummeln unter den Ärztinnen und Ärzten über die Honorarbeschlüsse von Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband wird lauter. Das macht sich nicht nur an der jüngst beschlossenen Erhöhung des Orientierungswertes um 3,85 Prozent auf künftig 12,3934 Cent fest, sondern auch an den Beschlüssen zu einzelnen Leistungen.
Den Ärger der Kinder- und Jugendärztinnen und Ärzte erregte Anfang der Woche der Beschluss zur Honorierung der neu geschaffenen Leistung nach GOP 01941 mit 8,95 Euro zum aktuellen Orientierungswert 11,9339 Cent.
Im „ÄrzteTag“-Podcast erläutert Dr. Michael Hubmann, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ), warum mehr als nichts immer noch zu wenig ist. Hintergrund ist, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) zunächst mitgeteilt hatte, dass das Honorar für die RSV-Prophylaxe mit Nirsevimab mit der Versichertenpauschale abgegolten sei.
Da aber keine Versichertenpauschale bei rein präventiven Leistungen abgerechnet werden kann, ruderte das BMG zurück und gab der Selbstverwaltung auf, eine neue Leistung für die RSV-Prophylaxe zu schaffen – es kam die GOP 01941, flankiert von den GOP 01943 (32 Punkte, 3,82 Euro) für die ausschließliche Beratung ohne anschließende Prophylaxe und der 01942 (34 Punkte, 4,06 Euro) bei zusätzlichem Beschaffungsaufwand.
Hubmann macht im Podcast eine betriebswirtschaftliche Rechnung auf und führt aus, warum Praxen dabei auf keinen Fall auf ihre Kosten kommen können. Er versucht eine Erklärung dafür zu geben, warum mit dem aktuellen System trotz Entbudgetierung auch Kinder- und Jugendarzt-Praxen immer wieder ins Hamsterrad getrieben werden. Dabei werde zugleich immer wieder beklagt, dass zu wenig Zeit für die Patienten sei.
Für Einzelpraxen wird die Lage immer prekärer. Zu dieser Überzeugung ist Pädiater Michael Scheel aus dem Cuxland an der niedersächsischen Nordseeküste bei Cuxhaven nach den Honorarabschlüssen der vergangenen zehn Jahre gelangt.
Scheel, der eine als magische Unterwasserwelt für Kinder konzipierte Kinder- und Jugendarztpraxis mit drei angestellten Kolleginnen und Kollegen betreibt, hat einmal nachgerechnet, wie sich der Orientierungswert seit 2016 entwickelt hat und wie diese Erhöhungen im Vergleich zu den Kosten in seiner Praxis und im Vergleich zu Inflation und Gehaltsentwicklung ausgefallen sind.
Im „ÄrzteTag“-Podcast erläutert Scheel die Ergebnisse: Bei identischer Leistungserbringung wäre in dieser Zeit sein eigenes Einkommen durch die schneller als das Honorar steigenden Kosten um 72,5 Prozent geschrumpft – bei 1.677 Fällen und 2.765 Patientenkontakten von knapp 8.150 auf 2.230 Euro. Um ein reales Einkommen in derselben Höhe zu erzielen – immer bei identischer Leistungserbringung –, „hätte ich die Scheinzahl auf fast 2.100 steigern müssen“.
Die Konsequenz: Statt 8,8 Minuten pro Patientenkontakt wären nur noch 7,1 Minuten möglich. Sein Fazit: „Praxisinhaber in der Kinderheilkunde verdienen im gesetzlichen System jedes Jahr weniger und können ihren Gewinn nur durch Mehrarbeit halten.“
Im Podcast erläutert er die genaue Rechnung, und warum es Einzelpraxen härter trifft als Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) oder medizinische Versorgungszentren (MVZ). Er selbst habe sich für die Expansion aus der Einzelpraxis heraus entschieden und viel Geld in die neue Praxis investiert. Mit mehr Ärzten könne er jetzt zum Beispiel sein Leistungsspektrum erweitern und mehr Arbeit innerhalb des Teams delegieren.
Aber die Art und Weise, wie Vertragsärztinnen und -ärzte – und nicht nur Pädiater – bei vielen Leistungen im Honorar gedrückt werden, so dass es sich betriebswirtschaftlich nicht mehr rechnen könne, das trage sicher nicht dazu bei, die Lust auf Niederlassung bei den jungen Ärztinnen und Ärzten zu steigern.
Am Beispiel des Honorars nach EBM für die Lungenfunktionsdiagnostik (LuFu) rechnet er vor, dass damit eine Praxis mit ihren Kosten nicht hinkommen könne. Die Konsequenz werde sein: „Irgendwann kriegen Sie keine LuFu mehr, weil auch nicht mehr genug Pneumologen da sein werden.“
Mit dem Digitalagenturgesetz GDAG will das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Kompetenzen der gematik erweitern. Dadurch soll die Digitalisierung im Gesundheitswesen beschleunigt werden. Bei dem Ziel – schnellere Digitalisierung – ist die Industrie mit dem BMG einer Meinung. Allerdings hegen die Unternehmen erhebliche Zweifel, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist. Warum das so ist, erläutert Melanie Wendling, Geschäftsführerin des Bundesverbands Gesundheits-IT – bvitg e. V., im „ÄrzteTag“-Podcast.
Das Gesetz sei „hinreichend unkonkret“, klagt Wendling im Gespräch. Der Branchenverband stört sich vor allem an der Formulierung, die gematik könne Produkte zertifizieren, aber auch selbst entwickeln. Welche Produkte selbst entwickelt werden könnten, das werde nicht näher ausgeführt.
Wenn die zukünftige Digitalagentur aber selbstständig Anwendungen auf dem Markt anbieten werde, dann könnte dies zu Wettbewerbsverzerrungen führen. „Der Staat hat bisher bei der Digitalisierung nicht bewiesen, dass er es besser kann“, sagt Wendling. Ob eine gematik zum Beispiel ein besseres Praxisverwaltungssystem zustande bringe, sei fraglich.
Die Industrie sei in der Vergangenheit gerne als der Buhmann hingestellt worden, wenn etwas in der Telematikinfrastruktur nicht sofort funktioniert habe. Aber „Digitalisierung heilt nicht die schlechten Prozesse, die wir im Gesundheitswesen haben“, betont die bvitg-Geschäftsführerin. Die vielen Brüche zwischen den Sektoren spiegelten sich in den komplexen digitalen Anwendungen.
Im Podcast beschreibt Wendling, wie eine Spezifikation für eine neue Anwendung der Telematikinfrastruktur entsteht: „Es gibt keinen definierten Prozess“, klagt sie. Die gematik spreche mit allen, dann entwickele sie daraus eine Spezifikation. Auch die Industrie gebe ihre Anmerkungen dazu, aber ob diese ankomme, wahrgenommen werde und was damit passiere – darüber gebe es keine Transparenz. Am Ende werde meistens einer vergessen. Dann müsse die Spezifikation verändert werden, und das verlängere den Prozess.
Wendling erläutert im Gespräch ebenfalls die Erwartungen der Industrie an das Kompetenzzentrum für Interoperabilität, sie beschreibt, welche Defizite die ePA am Anfang noch haben wird und wie sie hofft, dass die Fehler der Vergangenheit in der nächsten Stufe der Telematikinfrastruktur nicht wiederholt werden.
Am 8. Juli erwachte die ukrainische Bevölkerung zum Klang von Sirenen, die einen weiteren russischen Raketenangriff ankündigten. Diesmal schlugen die Geschosse im Herzen von Kiew ein und trafen OHMATDYT, das größte und am besten ausgestattete Kinderkrankenhaus der Ukraine.
In OHMATDYT setzen Eltern schwer erkrankter Kinder ihre gesamte Hoffnung. Hier werden Kinder aus dem ganzen Land behandelt, die an Krebs in allen Stadien erkrankt sind, mit seltenen Erkrankungen zu kämpfen haben oder komplexe mikrochirurgische Eingriffe benötigen.
Trotz des andauernden Kriegs erfülle das Kinderkrankenhaus seine Aufgaben und entwickele und verbessere seine Pflege kontinuierlich weiter, berichtet Dr. Serhii Chernyshuk, medizinischer Leiter von OHMATDYT im „ÄrzteTag“-Podcast. Der Podcast ist in ukrainischer Sprache aufgenommen worden und wird in Simultanübersetzung ausgestrahlt.
Einige Wochen nach dem Angriff spricht er über die Lage im Krankenhaus während des Krieges, die Strategien der Ukrainer, auch ohne funktionierende Stromversorgung ein halbwegs normales Leben zu führen, über die Folgen des Raketeneinschlags und über seine Erinnerungen an die ersten Monate des Krieges im Jahr 2022. Chernyshuk teilt auch seine Erfahrungen, wie es dem großen Krankenhaus gelingen konnte, in diesen schwierigen Zeiten zu überleben, Fortschritte zu machen und sich weiterzuentwickeln – und was deutsche Einrichtungen daraus lernen können.
Praxen und MVZ mit mehr als 50 Mitarbeitern oder mehr als zehn Millionen Euro Jahresumsatz haben zu ihrer IT-Sicherheit schon bald neue Regeln zu beachten: Die zweite EU-Richtlinie zur Netzwerk- und Informationssicherheit soll noch in diesem Herbst in nationales Recht umgesetzt werden.
Technisch, so beschreibt es Dr. Patrick Grosmann im „ÄrzteTag“-Podcast, sei die neue Richtlinie weniger spezifisch als die bisher bereits geltende IT-Sicherheitsrichtlinie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Es gehe eher um organisatorische Maßnahmen, um Risikomanagement und um „geeignete technische Maßnahmen“, die zu ergreifen seien, um den Anforderungen gerecht zu werden.
Im Podcast geht der Rechtsanwalt und zertifizierte Datenschutzbeauftragte aus Frankfurt am Main darauf ein, wie die Betroffenheitsgrenzen zu verstehen sind, wie MVZ-Verbünde, die in einer GmbH zusammengeschlossen sind, gewertet werden, welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglicherweise nicht mitgezählt werden müssten – und warum sich Gesundheitseinrichtungen generell immer wieder mit den Problemen der Cybersicherheit befassen müssen.
Großpraxen und MVZ, die unter das neue Recht fallen könnten, müssten zunächst eine Betroffenheitsprüfung machen und, falls sie betroffen sind, sich dann beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik registrieren, so Grosmann weiter im Gespräch. Zu beachten seien auch neue Meldepflichten bei Hackerangriffen, die zu den Meldepflichten beim Datenschutzbeauftragten aus der Datenschutzgrundverordnung hinzukommen, berichtet der Rechtsanwalt.
Er führt auch weiter aus, was unter einem angemessenen Risikomanagement und unter „geeigneten technischen Maßnahmen“ zu verstehen sei; er erklärt zudem, welche Bedeutung die NIS-2-Richtlinie in der Lieferkette einer BAG oder eines MVZ in diesem Zusammenhang hat, und er schätzt ab, wie hoch der Aufwand für eine MVZ-Gruppe sein könnte – und warum es sich am Ende dennoch lohnen könnte, den zusätzlichen bürokratischen Aufwand zu betreiben: Denn wer sich gut gegen Angriffe schützt, spart am Ende jedenfalls die weit höheren Kosten der Schadensbeseitigung ein. Das hätten die vergangenen Jahre zur Genüge gezeigt bei Hackerangriffen auf Einrichtungen im Gesundheitswesen. (Dauer: 29:43 Minuten)
Bis er die Erlebnisse der Seenotrettungsmission richtig verarbeitet hat, wird wohl noch einige Zeit vergehen – eine erste Bilanz seines Einsatzes an Bord der Humanity 1 kann Jörg Schmid aber bereits ziehen. Der Arzt in Weiterbildung war gut fünf Wochen als Mitglied des Care Teams auf dem Schiff im Mittelmeer unterwegs.
Warum die Triage nach einer Rettung eine der größten Herausforderungen des Einsatzes war, erzählt Jörg im Podcast. Er berichtet außerdem im Detail, wie MedEvacs, also medizinische Evakuierungen, abgelaufen sind und welche Krankheitsbilder ihm in der Bordklinik am häufigsten begegnet sind.
„Das meiste konnte ich gut einschätzen“, erzählt Jörg. Neben dem Wissen aus Studium und Weiterbildung habe er sich aber vieles auch selbst beigebracht – denn schon seit dem Studium habe er gewusst, dass die humanitäre Arbeit ihn interessiert. „Deswegen habe ich auch immer schon – wo möglich – darauf gepocht, mir extra Wissen anzueignen“, sagt der angehende Arzt für Allgemeinmedizin.
Ob er noch einmal auf Seenotrettungsmission gehen würde und was er jungen Kolleginnen und Kollegen rät, die über ein Engagement nachdenken, verrät Jörg Schmid in der Bilanz seines Einsatzes.
Ein Plus von 1,6 Prozent bieten die Krankenkassen im Bewertungsausschuss, 5,7 Prozent fordern die Vertragsärzte: Es geht um die Entwicklung des Orientierungswertes, der aktuell bei 11,9339 Cent liegt. Angesichts des enttäuschenden Angebots des GKV-Spitzenverbands der Krankenkassen hatte die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz eine Reform der Finanzierungsverhandlungen gefordert.
Im „ÄrzteTag“-Podcast erläutert KV-Vize Dr. Andreas Bartels die Systematik der Verhandlungen und wieso trotz enger Vorgaben des Gesetzgebers und eigener Regularien im Bewertungsausschuss Angebot und Forderung der Vertragsärzte so weit auseinanderliegen können. Es sei eine „schwarze Stunde für die Ärzteschaft“ gewesen, als die Kassenärztliche Bundesvereinigung in den Zeiten der Stagnation den Morbiditätsbezug der Gesamtvergütung durchgesetzt habe, so Bartels im Gespräch.
Nachdem in den vergangenen Jahren die Grundlohnsumme relativ stark gestiegen ist, habe sich die Vergütung der Krankenhäuser seit 2013 um rund 43 Prozent erhöht – die der Vertragsärzte dagegen nur um 20 Prozent, hatte Mitte August KBV-Chef Dr. Andreas Gassen vorgerechnet.
Der Anästhesist führt auch aus, warum eine zu geringe Steigerung des Orientierungswertes den ambulanten Sektor im Wettbewerb mit den Krankenhäusern entscheidend benachteiligt: So könnten die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte nicht nur bei den MFA-Gehältern nicht mit den Kliniken mithalten; vielmehr würden auch die angestellten Ärztinnen und Ärzte von der Tariflohnentwicklung in den Krankenhäusern abgekoppelt. Mittlerweile seien aber 40 Prozent der Arztsitze von angestellten Ärztinnen und Ärzten besetzt.
Bartels erläutert außerdem im „ÄrzteTag“
Freitag, 16. August. Seit fünf Tagen ist die Humanity 1 nach vier Rettungseinsätzen mit über 200 Menschen an Bord auf dem Weg nach Genua. Jörg erinnert sich für sein Tagebuch an besondere Situationen: Ein Patient musste mit drohendem Multiorganversagen notevakuiert werden, bei 70 weiteren stand eine Triage-Entscheidung an: Wer gehört zu den vulnerabelsten Menschen an Bord und wird der Küstenwache übergeben? Familiäre Dramen an Bord waren programmiert.
Hallo vom Vorderdeck der Humanity 1. Wir sind auf dem Weg nach Genua mit 200 Menschen an Bord. Wir haben unglaublich intensive Tage hinter uns. Als wir nach dem letzten Anlanden zurück im Einsatzgebiet waren, haben wir erstmal sehr viele leere Boote mit Flaschen und Klamotten an Bord entdeckt, Motoren waren keine mehr da. Manche Boote waren markiert von NGOs, andere hatten keine Markierung und wir wissen nicht, was mit denen passiert ist. Diese leeren Boote, die hier rumtreiben, die waren für mich wie stille Zeugen auf dem Meer, die das Unglück und das Unrecht, was hier passiert, bezeugen.
Aber lange ist es dann leider nicht ruhig geblieben, als wir zurück im Rettungsgebiet waren. Wir hatten an einem Tag vier Rettungen, insgesamt waren 273 Menschen in Seenot. Das erste Boot wurde uns gleich am Morgen gemeldet. Es waren ungefähr 13 Menschen. Die Rettung ist ganz gut verlaufen, alles hat gut geklappt. Wir haben dann auch gleich von den italienischen Behörden einen Port of Safety zugewiesen bekommen, und zwar Genua in Norditalien. Viereinhalb Tage Fahrt, 1200 Kilometer durch glühende Hitze und dann fast gleichzeitig wurden uns über Beobachtungsflugzeuge zwei weitere große Schlauchboote mit je 100 Menschen an Bord gemeldet und ein weiteres kleines Boot ganz in der Nähe.
Wir sind sofort mit einem großen Schiff hingefahren. Als wir dann die Boote gesichtet haben, haben wir die Schnellboote ins Wasser gelassen und die sind dann dorthin gefahren. Ein Kollege vom Rettungsteam hat mir danach erzählt, er hat am Anfang gesehen, dass da ein Loch war in dem Schlauchboot und ein Mensch hat verzweifelt versucht, mit einem T-Shirt und mit seiner Hand dieses Loch zuzuhalten, damit da keine Luft rauskommt. Und das hat natürlich nicht so gut funktioniert. Die Luft ist dann aus dem Schlauchboot rausgegangen, das Boot wurde platt und dann gab es auf einmal viel Hektik.
Menschen sind ins Wasser gefallen und es wurden Rettungswesten geworfen und wir mussten dann auch unsere Donkey Rafts einsetzen. Das sind Beiboote, die wir manchmal mit rausnehmen, wo Menschen drauf Platz finden, bis wir die eigentliche Rettung machen können. Und die haben die Menschen dann direkt zu uns gebracht.
Und viele haben nach Benzin gerochen, weil die oft Benzinkanister dabei haben, die dann auslaufen. Die Menschen waren müde und schwach, viele waren im Wasser komplett durchnässt. Insgesamt hat die Rettung von diesen drei Booten dreieinhalb Stunden gedauert. Was da los war, das war eine unglaubliche Szenerie! Man kann sich kaum vorstellen, was wir von unserem Schiff aus gesehen haben.
Ich habe dann später auch noch mit unserem Rettungskoordinator gesprochen. Der hat mir erzählt, wie viele Frauen und Kinder auf dem Schlauchboot waren. Wenn wir nur kurze Zeit später gekommen wären, dann wäre das Boot gesunken. Und er konnte mir nicht sagen, was dann mit den ganzen Leuten passiert wäre, wenn wir nicht rechtzeitig zur Stelle gewesen wäre.
Eine Person ist direkt nachdem sie an Bord gekommen ist, bewusstlos geworden. Wir haben sie sofort in die Klinik genommen und an Monitore angeschlossen, wir mussten hochdosiert Sauerstoff geben und haben dann schnell gemerkt, dass der Patient im beginnenden Multiorganversagen ist. Und unsere diagnostischen Möglichkeiten an Bord sind natürlich begrenzt. Wir haben kein Labor und keine Blutgasanalyse. Aber wir haben natürlich alles versucht, klinisch so gut wie möglich herauszufinden, was dem Patienten fehlt und haben sofort bei den italienischen Behörden nach einer Notevakuierung angefragt. Das wurde uns auch gleich zugesagt.
Und dann ging das ganze Hin und Her los. Unsere Bitte um eine Evakuierung des Patienten wurde per Mail weitergeleitet nach Malta. Die haben hat aber nicht reagiert. Dann haben wir Malta angerufen, die haben einfach direkt aufgelegt. Wir haben noch mal angerufen. Dann haben die uns auch bestätigt, dass die Evakuierung unbedingt notwendig ist, haben aber gesagt, sie könnten sie nicht machen. Die Info haben sie aber nicht selbstständig an uns weitergegeben und auch nicht an Italien weitergeleitet, dadurch ist wertvolle Zeit verstrichen. Und irgendwann haben wir nach sehr langer Zeit doch von Italien die Info bekommen, dass die Küstenwache von Italien kommt und diesen Patienten not evakuieren kann.
Und dann hat Italien irgendwann doch uns bestätigt, dass sie ein Boot losgeschickt haben von der Küstenwache - Stunden, nachdem wir das Ganze angefragt haben. Den Patienten hätte ich zur Zeit des beginnenden Organversagens am liebsten auf der Intensivstation überwacht. Erst kurz vor 23 Uhr ist das Boot dann bei uns gewesen und wir mussten den Patienten liegend auf dieses Küstenwacheschiff bringen. Das war gar nicht so einfach. Es hat dann bis tief in die Nacht gedauert und ich bin um eins echt tot ins Bett gefallen.
Aber leider hatten wir nicht wirklich Zeit zum Ausruhen. Gleich am nächsten Morgen um 7 Uhr 30 haben wir eine Anordnung von den italienischen Behörden bekommen, dass wir 70 Menschen auswählen sollen, die wir dann an die Küstenwache übergeben, um sie nach Lampedusa zu bringen. Dabei hatten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal eine Triage oder eine erste medizinische Sichtung gemacht, geschweige denn irgendetwas rausfinden können zu den familiären Konstellationen an Bord. Wir waren also mit der Aufgabe konfrontiert, 70 Menschen innerhalb kürzester Zeit auszuwählen nach Vulnerabilität und anderen Kriterien, um diese dann der italienischen Küstenwache zu übergeben. Und wir haben unter Hochdruck gearbeitet.
Alle im Team haben versucht, Informationen zu sammeln, Listen zu erstellen. Und da haben sich Dramen abgespielt, weil wir natürlich nicht in der Kürze der Zeit alle Familien-Zusammengehörigkeiten rausfinden können, alle medizinischen Vulnerabilitäten, alle chronischen akuten Erkrankungen. Und das war ethisch unmöglich, diese Selektion zu treffen. Und trotzdem ist dann am späten Vormittag das Boot der italienischen Küstenwache gekommen und wollte eben diese 70 Leute abholen. Wir haben innerhalb kürzester Zeit eine selektive Liste erstellt und die Menschen an die Küstenwache übergeben. Und mit den anderen 200 Menschen sind wir dann eben weitergefahren Richtung Genua. Weitere knapp vier Tage durch sengende Hitze. Und auch diese Menschen hätten natürlich in einen näheren Hafen gebracht werden können, aber das ist uns leider von den italienischen Behörden nicht erlaubt.
Und jetzt sind wir eben mit den verbleibenden 200 Menschen unterwegs nach Genua. Wir haben sehr intensive Kliniktage. Gerade sind von morgens bis abends eigentlich mit mit Klinik beschäftigt. Also wir triagieren die Menschen vor. Wer braucht eine längere Konsultation in der Klinik? Welche Probleme kann man vielleicht auch kurzerhand lösen? Wir haben sehr, sehr viele Menschen gesehen, haben hoffentlich viel helfen können. Und übermorgen ist es dann auch so weit. Morgens kommen wir in Genua an und dann geht wieder der komplette Prozess der Anlandung los. Die Gesundheitsbehörden haben uns schon wieder Informationen geschickt, wie sie sich das vorstellen.
Und darauf bereiten wir uns morgen vor. Und wie das dann gelaufen ist, das erzähle ich euch dann beim nächsten Mal.
Bei den Arbeitsbedingungen von Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung gibt es teils deutlichen Verbesserungsbedarf – woran genau es hapert, zeigt jetzt eine Umfrage des Hartmannbundes, an der fast 500 Assistenzärzte teilgenommen haben. 70 Prozent von ihnen gaben an, gesetzlich vorgeschriebene Pausenzeiten nicht einhalten zu können – die Mehrheit also muss in ihrem Arbeitsalltag gegen geltende Gesetze verstoßen.
Wirklich überrascht habe sie diese Zahl aber nicht, berichten Dr. Caroline Rinkel und Jan Baumann im Gespräch mit Denis Nößler, Chefredakteur der Ärzte Zeitung. Rinkel und Baumann sind im Leitungsgremium des Ausschusses „Assistenzärzt:innen im Hartmannbund“ sowie im Arbeitskreis „Junge Ärztinnen und Ärzte“. Rinkel befindet sich selbst in der Weiterbildung zur Kinder- und Jugendärztin, Baumann ist Assistenzarzt in der Anästhesiologie.
Also sind Arbeitstage ohne die vorgegebenen Pausenzeiten Alltag? Nicht überall, sagen beide und geben einen Einblick, in welchen Abteilungen ihren Erfahrungen nach Auszeiten gut und wo sie kaum machbar sind.
Und welche Rolle spielt, wie Vorgesetzte mit dem Thema umgehen? „Man merkt, dass es oft mit der gelebten Kultur zu tun hat“, sagt Baumann. Was neue Formen des Zusammenarbeitens und der Arbeitsgestaltung angeht, gebe es durchaus einen positiven Trend. Ob und wie gut Pausen akzeptiert werden und wie es eigentlich mit der Dokumentation von Überstunden klappt, hänge aber auch von Krankenhaus und Beteiligten ab. Aus der Umfrage geht hervor: Mehr als 40 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer können Überstunden nicht problemlos dokumentieren.
Über mögliche Lösungen und warum es wichtig sein kann, Probleme konkret „anzuprangern“, sprechen die Assistenzärzte in dieser Podcast-Folge.
Endlich herrscht Klarheit darüber, welche Bedingungen Vertrags- sowie Poolärztinnen und -ärzte erfüllen müssen, damit ihre Tätigkeit im Notfalldienst bei Statusprüfungen als selbstständig gewertet wird und nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Im „ÄrzteTag“-Podcast erläutert KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister die Hintergründe der Einigung zwischen Bundesarbeits- und -gesundheitsministerium sowie der KBV und den Kassenärztlichen Vereinigungen. Mit einem Schreiben vom 15. August hatten GKV-Spitzenverband und Deutsche Rentenversicherung Bund ihr Plazet zu dieser Vereinbarung gegeben.
Hofmeister begrüßt vor allem die Möglichkeit für KVen, Vertragsärztinnen und -ärzten eine Sicherstellungspauschale zahlen zu können, damit auch Notdienste mit niedriger Frequenz von Patienten besetzt werden können. Denn zukünftig sollen Leistungen nur noch nach EBM abgerechnet werden dürfen, zudem sollen Vertragsärzte ein Nutzungsentgelt entrichten, wenn den Dienst in einer KV-Einrichtung leisten.
Die Altfälle, die aktuell von den Rentenversicherern geprüft werden, blieben offen, räumt Hofmeister ein, doch sei dies eine „beherrschbare Größenordnung“, sagt er im Gespräch. Mit welcher Elle diese Altfälle jetzt bemessen werden sollen, wie der Gesetzgeber nach der Vereinbarung noch tätig werden muss und warum die Notfallreform für die zukünftige Beanspruchung des Systems durch Patienten und für deren Steuerung auf die richtige Versorgungsebene wichtig ist: Dazu gibt Hofmeister im „ÄrzteTag“-Podcast Auskunft.
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