Die AfD ist in einigen Regionen Deutschlands zur dominierenden politischen Kraft geworden. Obwohl die gesamte Partei als rechtsextremistische Verdachtsfall eingestuft ist und Teile bereits als gesichert rechtsextrem eingestuft sind. Im Podcast fragt Carolin Emcke den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Marco Wanderwitz, wie sich diese Entwicklung zurückdrehen lässt, ob die AfD verboten werden sollte und ob seine Partei, die CDU, den Kern konservativer Politik aus den Augen verloren hat.
Wanderwitz wurde 1975 in Karl-Marx-Stadt, dem heutigen Chemnitz, geboren. Nach der Wende trat er 1990 in die Junge Union ein. Als CDU-Politiker war er von 2002 bis 2025 Mitglied des Deutschen Bundestags. Außerdem war er parlamentarischer Staatssekretär verschiedener Bundesministerien und zwei Jahre lang Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer. Wanderwitz engagiert sich für eine kompromisslose Abgrenzung der CDU zur AfD und hat im vergangenen Jahr einen Antrag für ein AfD-Verbotsverfahren initiiert. Bei der vergangenen Bundestagswahl hat er auf eine erneute Kandidatur verzichtet.
Weltoffene und vielfältige Räume werden angegriffen
Im Podcast erklärt Wanderwitz, warum er in den Wahlerfolgen der AfD eine Gefahr für die Demokratie sieht. Je kleiner ein Ort sei, desto schneller drohe dieser – bei hohen Zustimmungswerten zur AfD – „zu kippen“. Dies führe etwa dazu, dass Menschen, die marginalisierten Gruppen angehören, wegziehen. Und dass sich rechtsextreme Straftaten häufen, auch Gewalttaten. Oder dass Demokratieprojekten Gelder entzogen werden. „Die Räume, in denen es vielfältig und weltoffen ist, die werden angegriffen.“
Um die Wirkmächtigkeit der AfD einzudämmen, plädiert Wanderwitz daher für ein Verbotsverfahren gegen die Partei. Im Podcast erläutert er, wie er die Chancen eines entsprechenden Verfahrens einschätzt und welche Hürden er dafür sieht. Und er spricht über die eigentliche „Mammutaufgabe“ für die Demokratie, nämlich die Wählerinnen und Wähler der AfD zurückzugewinnen.
Muss die CDU wieder mehr nach links rücken?
Wanderwitz erklärt, wie seine Partei, die CDU, bereits jetzt versucht, den Menschen, die mit der AfD sympathisieren, im eigenen Wahlprogramm ein Angebot zu machen. Dass dies notwendig sei, erlebe er regelmäßig im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern, die sich in den etablierten Parteien nicht wiederfinden, gleichzeitig aber auch nicht die AfD wählen wollen. „Ich kann eine gewisse Zahl von Menschen nur erreichen, wenn man auch bereit ist, stellenweise zu sagen: Ich komme euch entgegen.“
Der ehemalige Bundestagspolitiker hält es für möglich, entsprechende Positionen im Wahlprogramm aufzunehmen, ohne den konservativen Kern der Partei zu vernachlässigen. Die CDU sei immer schon eine Sammlungsbewegung gewesen, die viele unterschiedliche Positionen vereine, sich aber gleichzeitig klar vom „demokratischen Abrisspunkt abgrenze. Und die damit verbundenen inneren Spannungen muss man eben aushalten und moderieren. So ist es immer gewesen.“
Empfehlung von Marco Wanderwitz
Marco Wanderwitz empfiehlt eine Reise nach Chemnitz, Europäische Kulturhauptstadt des Jahres 2025. „Chemnitz und das Umfeld hat viel Kultur zu bieten.“ Wanderwitz erzählt im Podcast, dass es gegen die Entscheidung für Chemnitz als Kulturhauptstadt auch Widerstand aus der rechtsextremistischen Szene gegeben habe. „Eine gelebte, vielfältige Kultur ist ja nichts, womit ein Rechtsextremist umgehen kann.“ Schon allein deshalb wünsche er sich möglichst viele Besucherinnen und Besucher in der Stadt. In den vergangenen Monaten sei er immer mal wieder auf Chemnitz angesprochen worden, „nach dem Motto 'Kann man da hingehen?' Und ich möchte ausdrücklich sagen: Ja, kann man. Und es wäre schön, wenn es möglichst viele tun.“
Moderation, Redaktion: Carolin Emcke
Redaktionelle Betreuung: Ann-Marlen Hoolt
Produktion: Imanuel Pedersen
Bildrechte Cover: Marco Wanderwitz/Bearbeitung SZ