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By Süddeutsche Zeitung & Carolin Emcke
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The podcast currently has 44 episodes available.
Liberalismus ist eine der Grundpositionen innerhalb der politischen Philosophie. In seinem Zentrum steht die Freiheit des einzelnen Menschen, frei von geistigen, politischen oder sozialen Zwängen. Liberale Prinzipien wie Rechtsstaatlichkeit oder Menschenrechte sind heute fester Bestand moderner Demokratien. Doch weil der Liberalismus eben keine geschlossene Weltanschauung ist und einige als liberal geltende Vorstellungen teils konträr zueinander stehen, ist das genaue Konzept der Theorie vielen Menschen heute nicht mehr präsent.
Die Philosophin Elif Özmen hat ein viel beachtetes Buch geschrieben, in dem sie die Grundlagen des Liberalismus erklärt. Sie sagt, die Beschäftigung mit Liberalismus sei heute wichtiger denn je, da Einschränkungen von Bürgerrechten und illiberale Demokratien weltweit zunehmen. Im Gespräch mit Carolin Emcke erläutert sie, welche Stärken der Liberalismus als politische Grundhaltung mitbringt – und wo er historisch missverstanden wurde.
Hinweis: Das Gespräch ist am Mittwoch, 23. Oktober, geführt worden.
Özmen, geboren 1974 in Bremen, ist seit 2016 Philosophie-Professorin an der Universität Gießen. Ihre Schwerpunkte liegen auf den Grundlagen der theoretischen Ethik und der politischen Philosophie. In Frankfurt und Göttingen hat sie Philosophie und Wissenschaftsgeschichte studiert und später in Berlin promoviert. Für ihre Habilitation über die politische Philosophie des Liberalismus bekam Özmen den Habilitationspreis der Universitätsgesellschaft der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Eine plurale Gesellschaft setzt Individualismus voraus
Im Gespräch mit Carolin Emcke erzählt Elif Özmen, dass insbesondere John Rawls’ Theorie der Gerechtigkeit ihr Interesse am Liberalismus geweckt habe. Rawls konstruiert Gerechtigkeit als Fairness in einer Gesellschaft, in der die Bürgerinnen und Bürger frei und gleich sind. „Besonders attraktiv war das für mich“, sagt Özmen, "weil hier auch Fragen der sozialen Gerechtigkeit in ganz neuer Art und Weise behandelt wurden."
In den letzten Jahren sei der Liberalismus allerdings in Verruf geraten. Gerade deshalb empfiehlt Özmen, sich tiefer mit der Theorie zu beschäftigen. "Wie kann das eigentlich sein, dass eine politische Theorie der freiheitlichen Demokratie zum Buhmann für alle möglichen Problemlagen werden kann?" Diese Dissonanz führt die Philosophin unter anderem darauf zurück, dass das individualistische Menschenbild des Liberalismus häufig missverstanden werde. Es sei bewusst nachlässig gegenüber sozialer Bindungen, weil sein Kern eine "Fiktion oder ein normatives Ideal" sei. Diese verleugne das soziale Wesen des Menschen nicht, diene aber letztlich als Referenz, um ein Bewusstsein zu vermitteln, „dass ebendiese Bindungen selbst eine Quelle von Unfreiheit sein können." Es gehe darum, dass Einzelne frei sein sollen zu bestimmen, wer sie sind und sein wollen. Dann könne aus der Individualisierung eine plurale Gesellschaft entstehen.
Toleranz als missverstandenes liberales Konzept
Özmen und Emcke diskutieren im Podcast auch über das Konzept der Toleranz, die das Nebeneinander unterschiedlicher Meinungen und Lebensstile in liberalen Gesellschaften ermöglichen soll – aber als solches mitunter auch Unbehagen wecke. Zum einen, weil es eine gegenseitige Ablehnung voraussetzt, die ausgehalten werden müsse. Aber auch, weil unklar ist, wo die Grenzen der Toleranz liegen sollten. Özmen plädiert dafür, Toleranz als "das geringere Übel" zu betrachten, das den zivilen Frieden sichert.
Die Philosophin sieht im Aushalten anderer Meinungen und Weltanschauungen eine "urliberale Tugend, die vom Staat praktiziert werden muss", aber die auch Bürgerinnen und Bürger in ihrem Alltag praktizieren sollten. Das heiße aber nicht, dass sie alles aushalten müssen. Immer dann, wenn der zivile Frieden gefährdet werde, wenn etwa aktiv zu Diskriminierung oder Gewalt gegen gewisse Gruppen aufgerufen werde, sei nicht nur eine rechtliche Grenze, sondern eben auch eine Grenze der Toleranz erreicht. Außerdem stellt Özmen klar, dass eine tolerante Gesellschaft Streit und Empörung nicht ausschließe. "Dass ich es aushalte, dass jemand etwas sagen darf, heißt nicht, dass ich ihn nicht in Grund und Boden kritisieren kann."
Empfehlung von Elif Özmen
Elif Özmen empfiehlt "Comics (1964-2024)", den Katalog zu einer Ausstellung, die bis zum 4. November im Centre Pompidou in Paris zu sehen war. In dem umfassenden Katalog werden Comics und Graphic Novels aus Frankreich, Belgien, den USA oder Japan präsentiert. Comics als "ästhetische Form der Darstellung" seien inzwischen als eigenständige Kunstform etabliert. "Wenn man da jetzt reinblättert als Comic-Leserin", sagt die Philosophin, "dann hat man sehr viel Freude, weil man nun diesen ganzen Reichtum an Bildwelten und Narrativen präsentiert bekommt."
Moderation, Redaktion: Carolin Emcke
Redaktionelle Betreuung: Ann-Marlen Hoolt, Nadja Schlüter
Produktion: Imanuel Pedersen
Die Kulturszene in Berlin befürchtet massive Kürzungen. Die Stadt muss sparen und hat deshalb auch die Bühnen in der Stadt dazu aufgerufen. Bis zu zehn Prozent der Gelder könnten wegfallen, so die Befürchtung. Ähnliche Sorgen gibt es in München. Hier plant die Stadt, im kommenden Jahr insgesamt rund 200 Millionen Euro einzusparen, rund 8,5 Prozent davon bei der Kultur. Im Vergleich mit anderen Ressorts ist das überproportional viel, besonders die Theater in der Stadt könnten davon betroffen sein. Auch die Freie Szene ist gefährdet, in Berlin wie in München. Kulturschaffende in beiden Städten protestieren.
Was kann Kultur leisten und wie viele Kürzungen verkraftet sie? Darüber spricht Carolin Emcke in dieser Folge des Podcasts mit Carsten Brosda, dem Präsidenten des Deutschen Bühnenvereins.
Carsten Brosda, geboren 1974 in Gelsenkirchen, hat ursprünglich Journalistik studiert und durch dieses Studium an der Uni Dortmund auch ein journalistisches Volontariat bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) in Essen absolviert. Während der Promotion setzte er sich mit diskursivem Journalismus auseinander und übernahm anschließend verschiedene Rollen innerhalb der Bundes-SPD. Seit 2011 ist der SPD-Politiker in der Hamburger Politik aktiv, seit 2017 hat er hier das Amt des Kultursenators inne. In dieser Funktion ist Brosda jedoch nicht im Podcasts zu Gast. 2020 hat er nämlich darüber hinaus das Präsidentschaftsamt im Deutschen Bühnenverein übernommen.
Im Gespräch mit Carolin Emcke spricht Carsten Brosda über seine Leidenschaft für das Theater. Bis heute fasziniere ihn die Vorstellung "wie großartig das ist, dass Menschen sich etwas ausdenken und spielen können. Und das jeden Abend wieder aufs Neue." Der Gang ins Theater sei für ihn schon von klein auf ein "Ganzkörpererlebnis" gewesen. Dabei fasziniere ihn auch der soziale Aspekt, ein Stück mit anderen zu sehen, sich hinterher darüber auszutauschen und auch andere Wahrnehmungen zu reflektieren.
Wenn er nach der Bedeutung von Theater gefragt wird, erzählt Brosda, führe er gern einen Text von Max Frisch an, in dem der Direktor eines geschlossenen Theaters den Bürgern vermitteln muss, warum es wieder öffnen sollte. Frisch nenne darin die Bühne einen eminent politischen Ort, einen öffentlichen Raum, in dem Zukunftsvisionen und Möglichkeiten des Zusammenlebens verhandelt werden könnten. "Ich finde das einen unglaublich schlagenden Moment", sagt Brosda. Die Gesellschaft könne im Theater "in ästhetischen Dimensionen Dinge durchdenken, spielen und verwerfen" und sich gleichzeitig der "Rollenzuschreibungen und Zwänge, die sonst den Alltag ausmachen" entheben.
Bedroht die finanzielle Schieflage die Kunstfreiheit?
Umso mehr schmerzen den Präsidenten des deutschen Bühnenvereins die geplanten Kürzungen in den Kulturetats. Er könne den Spardruck in kommunalen Haushalten zwar nachvollziehen, nicht aber, wie kurzfristig er verkündet wurde. Der Wirtschaftsplan eines Theaters reiche in der Regel von Sommer bis Sommer, das heißt alle Kosten für das kommende Jahr seien längst disponiert, die Verträge geschrieben. Ob ein Theater bei den Ausgaben und damit bei der Qualität sparen müsse, sei da einfach schon entschieden. "Wenn ich den Betrieb ernst nehme, dann lässt sich keine dieser Fragen von September auf Januar beantworten", sagt Brosda im Podcast.
Dabei gehe es bei der Finanzierung auch darum, die Fähigkeit des Theaters zu erhalten, Normen und Wirklichkeiten zu hinterfragen. Besonders wichtig sei dies, da rechtspopulistische Versuche zunähmen, die Kulturlandschaft für die eigenen Zwecke zu instrumentalisieren. Brosda nimmt das als große Bedrohung für Kultureinrichtungen wahr. Rechtspopulisten machten ein "vergiftetes Angebot", nämlich Druck und Angriffe nur dann zu unterlassen, wenn Theater oder Opern eine ideologiekonforme Geschichte über Freiheit und Demokratie erzählten. Ihn erschüttere, sagt Brosda, dass nicht erkannt werde, "dass die freiheitliche und damit die öffentliche Finanzierung von kulturellen und künstlerischen Angeboten überhaupt erst die Möglichkeit schafft, aus der Kultur heraus auf die hegemoniale Herausforderung von rechts zu reagieren." Wer von der Kultur erwarte, die bestehende Gesellschaftsordnung zu verteidigen, müsse ihr eben auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellen.
Empfehlung von Carsten Brosda
Carsten Brosda empfiehlt den Anthropolis-Marathon am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. Hier werden gleich fünf Dramen über das mythische Theben, dem Schauplatz der meisten Tragödien des antiken Griechenlands, in Reihe aufgeführt. Der Schriftsteller und Dramaturg Roland Schimmelpfennig hat sie aus 2500 Jahre alten Texten extrahiert und mit Gegenwartsbezügen angereichert. "Wer wirklich Theater in all seinen Facetten und in all seinem Reichtum von Formsprachen erleben möchte", sagte Brosda, "muss sich diese fünf Teile anschauen. Das ist so überwältigend, da hatte ich ganz viele Momente, wo ich das Gefühl hatte, ich begreife gerade Dinge."
Moderation, Redaktion: Carolin Emcke
Redaktionelle Betreuung: Ann-Marlen Hoolt, Laura Städtler, Johannes Korsche
Produktion: Imanuel Pedersen
Bildcredit Cover: Hernandez für Behörde für Kultur und Medien/Bearbeitung SZ
Regelmäßige Hitzewellen, Überschwemmungen, Waldbrände. Die Folgen des Klimawandels sind deutlich spürbar und werden in den kommenden Jahren vermutlich noch zunehmen. Gerade im Sommer staut sich die Hitze dabei insbesondere in Städten, wo viele Flächen versiegelt sind und Grünflächen fehlen. Was können Kommunen und Städte tun, um dem entgegenzuwirken? Gibt es so etwas wie eine klimagerechte Stadt? Darüber spricht Carolin Emcke in dieser Folge von „In aller Ruhe“ mit der Landschaftsarchitektin und Stadtplanerin Regine Keller.
Keller, 1962 in Pirmasens geboren, betreibt nicht nur ein eigenes Landschaftsarchitekturbüro in München, sondern leitet auch den Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur und öffentlichen Raum an der Technischen Universität München. Dabei hatte die Professorin ursprünglich etwas ganz anderes studiert, nämlich Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft. Nach zwei Jahren Arbeit an Theatern in Salzburg und München begann Keller aber eine Lehre im Garten- und Landschaftsbau. Es folgten ein Studium der Landespflege an der Technischen Universität München und einige Jahre Arbeit an dem Lehrstuhl, den sie schließlich 2005 als Professorin übernahm. Keller hat mehrere Architekturpreise gewonnen und beschäftigt sich bei ihrer Arbeit unter anderem mit Fragen der klimagerechten Stadtplanung.
Paradigmenwechsel in der Stadtgestaltung
Im Gespräch mit Carolin Emcke erzählt Keller, dass die klimagerechte Landschaftsarchitektur in ihrer Ausbildung lange keine Rolle gespielt habe. Stattdessen sei es eher darum gegangen, Innenstädte schöner zu machen. Und das habe damals insbesondere geheißen, Flächen zu versiegeln. "Da ist dann rauf und runter, durch die ganze Republik, alles totgepflastert worden, und damals hat man überhaupt nicht berücksichtigt, dass wir Regenwasser versickern lassen müssen, dass wir Bäume pflanzen sollten. Dass es nicht damit getan ist, eine Fußgängerzone glatt und eben zu machen, damit sie Stöckelschuh-geeignet ist."
Das sei, so Keller, um die Jahrtausendwende ein blinder Fleck bei der Stadtplanung gewesen. Doch inzwischen achteten Planer mehr auf die Umweltverträglichkeit neuer Bauvorhaben. Die Ästhetik stehe nicht mehr ausschließlich im Vordergrund: "Ich sehe in meiner Berufszunft kaum mehr Projekte, die es sich erlauben, nur gestalterisch unterwegs zu sein, ohne einen ökologischen Anspruch zu verfolgen."
Katastrophen als Motor zum Umdenken?
Bei der klimagerechten Gestaltung von Städten und Landschaften wünscht sich Regine Keller insgesamt mehr Experimentierfreude und weniger Regularien. "Wir müssen ein Risiko eingehen, neue Dinge experimentell auszuprobieren, um Lösungen zu finden. Wenn wir diese Experimente nicht wagen, dann kommt einfach die nächste Hitzewelle, die nächste unbewohnbare Stadt." Kreativen Lösungen, um dem Klimawandel entgegenzutreten, stünden dabei häufig veraltete Baugesetze im Weg.
Regine Keller hofft, dass die jüngsten klimabedingten Katastrophen – so schrecklich sie auch sind – ein Motor für Veränderung sein können. Städte und Gemeinden müssten umdenken und den Menschen die Unausweichlichkeit von Klimaanpassungen besser vermitteln. Sie sei bei Projekten häufiger mit Ängsten konfrontiert als mit Zukunftswillen, erzählt die Landschaftsarchitektin. Dabei bestehe ihr Job gerade in der Vision für eine bessere Zukunft: "Wir haben als Planerinnen und Planer die Aufgabe, Utopien zu entwickeln, die nicht so utopistisch wirken, dass man ihnen nicht Glauben schenken mag."
Empfehlung von Regine Keller
Regine Keller hat gleich vier Kulturtipps mitgebracht. „Sehr beschäftigt“ habe sie das Buch "Der Pilz am Ende der Welt" von der Anthropologin Anna Lowenhaupt Tsing. "Ein Buch über das Leben in den Ruinen des Kapitalismus", bei dem man "unglaublich viel über Gesellschaft und über Zusammenhänge unseres Daseins auf diesem Planeten lernt", schwärmt die Professorin. Außerdem empfiehlt sie den Film "Perfect Days" von Wim Wenders, der einen "gleich ganz anders atmen" lasse, sowie Bachs Goldbergvariationen gespielt von Glenn Gould und – wenn etwas Schnelleres gewünscht sein sollte – die Band Earth, Wind and Fire.
Moderation, Redaktion: Carolin Emcke
Redaktionelle Betreuung: Ann-Marlen Hoolt, Thisbe Westermann, Johannes Korsche
Produktion: Imanuel Pedersen
Bildcredit Cover: Thomas Dashuber/Bearbeitung SZ
Die Zustimmung für die AfD nimmt weiter zu. Das zeigen die Ergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Obwohl der Verfassungsschutz zumindest Teile der Partei in allen drei Bundesländern als rechtsextrem einstuft, ist die AfD bei den Wahlen stärkste oder zweitstärkste Kraft geworden. Gleichzeitig häufen sich in Deutschland islamistisch, rechtsextremistisch oder antisemitisch motivierte Übergriffe. Deshalb spricht Carolin Emcke in dieser Folge von „In aller Ruhe“ mit dem Historiker Jens-Christian Wagner, dem Leiter der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora.
Wagner, geboren 1966, wuchs im Landkreis Göttingen auf, verbrachte als Kind aber auch einige Jahre in Chile. Schon während des Geschichtsstudiums und der Promotion beschäftigte sich der Historiker mit dem KZ-Mittelbau-Dora und übernahm anschließend von 2001 bis 2014 die Leitung der gleichnamigen Gedenkstätte. Nach einigen Jahren als Geschäftsführer der Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten in Celle übernahm Wagner 2020 die Leitung der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Die Stelle ist gekoppelt an eine Professur an der Universität Jena. Wagner forscht zur Geschichte des Nationalsozialismus, insbesondere zur Geschichte der Zwangsarbeit und der Konzentrationslager. Zu diesen Themen hat er bereits zahlreiche Ausstellungen kuratiert.
Kein Blick in die Vergangenheit ohne Bezug zur Gegenwart
Carolin Emcke beschäftigt im Gespräch mit Jens-Christian Wagner speziell die Frage, inwieweit die Menschen in Deutschland die Gräueltaten des Nationalsozialismus billigten. Für den Historiker ist die Sache klar: „Die Leute haben sehr genau mitbekommen, was passiert, und sie waren tatsächlich einverstanden damit.“ Er erklärt dies mit der medialen Darstellung der Konzentrationslager und deren Insassen. „Die Häftlinge wurden der Gesellschaft als Gefahr präsentiert, vor denen die Bevölkerung geschützt werden muss.“ Das habe Angst geschürt. Und sei Ursprung für viele Gewalttaten gewesen, auch durch gewöhnliche Bürgerinnen und Bürger.
Die Muster des damaligen Kriminalisierungsdiskurses erkennt der Historiker auch heute noch. Etwa in der medialen und politischen Darstellung von Migranten und Migrantinnen. Wagner sieht es als seine Aufgabe, dazu Stellung zu beziehen. „Gedenkstättenarbeit darf sich nicht ausschließlich darauf beschränken, den Blick auf die Vergangenheit zu lenken.“
Die AfD als Motor und Symptom einer gesellschaftlichen Entwicklung
Im Podcast spricht Wagner auch über eine Zunahme antidemokratischer Einstellungen und Gewalt in der Gesellschaft. Er berichtet von Hakenkreuzschmierereien und Drohbriefen. Seine Gedenkstätte müsse immer größere Anteile ihres Etats für Sicherheitsmaßnahmen ausgeben. Es komme immer häufiger vor, dass Besucherinnen und Besucher bewusst versuchen, Rundgänge zu stören.
Wagner führt das auf mehrere Gründe zurück. Zum einen, stellt er fest, haben junge Menschen heute keine Großeltern mehr, die den Nationalsozialismus selbst erlebt haben. Das führe dazu, dass sich geschichtsrevisionistische Legenden schneller verbreiten. Zum anderen zeigten sich da auch die Auswirkungen eines gesellschaftlichen und politischen Rechtsrucks. „Die AfD ist gewissermaßen sowohl Motor als auch Symptom einer Entwicklung, die ich als erinnerungskulturellen Klimawandel bezeichnen würde.“ Der Historiker ist überzeugt, dass Gedenkstätten, Medien und politische Institutionen noch aktiver gegen diese Entwicklung anarbeiten müssen. „Historisches Bewusstsein kommt ja nicht von selbst. Das muss ausgebildet werden.“
Kulturtipp von Jens-Christian Wagner
Statt ein Buch, eine Serie oder einen Film zu empfehlen, hat Jens-Christian Wagner eine Bitte an alle Zuhörerinnen und Zuhörer: „Besuchen Sie einfach eine Gedenkstätte.“ KZ-Außenlager habe es damals in so gut wie jeder deutschen Stadt gegeben. Und Wagner hat noch einen Tipp: „Forschen Sie vor Ort nach. Was hat es mit der Geschichte dieses Ortes auf sich?“
Moderation, Redaktion: Carolin Emcke
Redaktionelle Betreuung: Ann-Marlen Hoolt, Thisbe Westermann, Johannes Korsche
Produktion: Imanuel Pedersen
Bildcredit Cover: Peter Hansen, Sammlung Gedenkstätte Buchenwald/Bearbeitung SZ
Geht es um die Frage, wie das moderne Theater aussehen kann, wird häufig zwischen zwei Arten der Inszenierung unterschieden: alte, klassische Bühnenstücke und performatives Theater, das Diversitätsfragen verhandelt. Doch müssen diese beiden Bereiche wirklich voneinander getrennt betrachtet werden? Um diese Frage zu beantworten, spricht Carolin Emcke in dieser Folge von "In aller Ruhe" mit der Intendantin des Schauspiels Dortmund, Julia Wissert. Im Podcast erzählt Wissert, inwiefern für sie identitätspolitische Fragen eine Rolle in der Gestaltung von Bühnenstücken spielen, und warum die Diskussion über Diversität und Repräsentanz ein Gespräch über Kunst erschwert.
Wissert, geboren 1984, ist als älteste von vier Töchtern in der Nähe von Freiburg im Breisgau aufgewachsen. Nach einem Studium in Media Arts und Drama in London und einem Regiestudium am Mozarteum in Salzburg arbeitete sie als freie Regisseurin, unter anderem am Maxim-Gorki-Theater in Berlin. Seit der Spielzeit 2020/21 ist sie Intendantin des Schauspiel-Bereichs am Theater Dortmund – als eine der jüngsten Intendantinnen Deutschlands. In verschiedenen Texten hat sich Wissert mit Fragen von strukturellem Rassismus auseinandergesetzt und 2017 gemeinsam mit der Anwältin Sonja Laaser ein Musterverfahren entwickelt, mit dem sich Kulturinstitutionen verpflichten, diskriminierendes Verhalten gegenüber Künstlerinnen und Künstlern schnell aufzuklären.
Eine Jugend, in der alle Lebensentwürfe akzeptiert wurden
Im Podcast erzählt Wissert von ihrer Jugend in einem Tausend-Seelen-Dorf. Eine prägende Frage sei für Wissert damals die nach Zugehörigkeit gewesen. "Ich kann mich nicht erinnern, in meiner Kindheit aktiv das Gefühl gehabt zu haben: Wow, diese Person sieht aus wie ich." Vorbilder habe sie sich in dieser Zeit unterbewusst in schwarzen Sängerinnen wie Tina Turner oder Whitney Houston gesucht. Erst durch eine neue Englischlehrerin am Gymnasium bekam sie dann einen Zugang zu Gedichten schwarzer Autorinnen und Autoren – und verstand, dass Sprache und Texte auch ein Beruf sein können.
Rückblickend ist Wissert dankbar für das Umfeld, in dem sie groß geworden ist. Der Onkel, der Dragqueen war, sei genauso akzeptiert worden wie jedes andere Familienmitglied auch. Das habe sie sehr geprägt: "Ich bin in einer wunderschönen, fantastischen Normalität groß geworden. Und deswegen vergesse ich manchmal, dass es eben doch Menschen gibt, die überrascht sind über diese Wirklichkeit."
Lange hat das Theater eine Wahrnehmung bestätigt, die nicht hinterfragt wurde
Diese Jugenderfahrungen beeinflussen auch Wisserts Arbeit am Stadttheater Dortmund, erzählt sie im Gespräch mit Carolin Emcke. Am Theater reize sie die Möglichkeit, Wirklichkeit auf der Bühne zu konstruieren, auf Missstände aufmerksam zu machen und gleichzeitig zu unterhalten. Als Intendantin versucht Wissert Räume, Perspektiven und Ästhetiken zu ermöglichen, die am Stadttheater in Dortmund bisher nicht stattgefunden hätten, sagt sie im Podcast. "Die Wirklichkeit, die erzählt wurde, und die Geschichten, die bisher erzählt wurden, haben eine Wahrnehmung bestätigt, die wir nie hinterfragt haben."
Wissert sieht ihre Aufgabe als Leiterin der Schauspiel-Sparte eines städtischen Theaters darin, ein vielfältiges Programm anzubieten. Es gehe darum, den Bürgerinnen und Bürgern eine Einladung auszusprechen, "und diese Einladung erstreckt sich auch in die Räume, die experimenteller sind". Das bedeute aber keinesfalls, dass diejenigen ausgeladen sind, die mit dem Experimentellen nichts anfangen können. Es gebe in Teilen der Bevölkerung eine Art "störrischen Besitzanspruch", eine Fantasie darüber, wer im Stadttheater sprechen sollte und worüber. Diese Vorstellungen aufzubrechen, sei keine einfache Arbeit. Trotzdem glaubt Wissert, dass es keinen besseren Ort für ihre Arbeit gebe als Dortmund: "Das ist ein Ort, der noch nicht damit fertig ist herauszufinden, was er sein möchte."
Empfehlung von Julia Wissert
Zum Ende des Gesprächs hat Wissert gleich vier Kulturtipps parat. Zum einen empfiehlt sie die Inszenierungen am Schauspiel Dortmund, namentlich "Das Kapital: Das Musical". Dann empfiehlt die Intendantin die US-amerikanische Dramedy-Serie "Atlanta" (2016) sowie die Sketch-Comedy-Show "Random Acts of Flyness" (2018). Beide Serien, sagt sie, treiben sie in der Frage um, wie Surrealismus auf der Bühne stattfinden kann. Zuletzt empfiehlt Wissert noch einen Text des simbabwischen Schriftstellers Dambudzo Marechera, der "eine Erschütterung" für sie war, als sie ihn gelesen hat. "Black Skin What Mask" ist Marecheras Antwort auf das in den 50er-Jahren veröffentlichte Buch "Black Skin White Mask" des Philosophen Frantz Fanon.
Moderation, Redaktion: Carolin Emcke
Redaktionelle Betreuung: Ann-Marlen Hoolt, Johannes Korsche
Produktion: Imanuel Pedersen
Bildcredit Cover: Birgit Hupfeld/Bearbeitung SZ
Das TV-Duell zwischen Kamala Harris und Donald Trump am 10. September könnte dem Wahlkampf in den USA eine neue Richtung geben. Im direkten Vergleich können die Wählerinnen und Wähler in den USA beurteilen, welcher der Präsidentschaftskandidaten ihnen besser gefällt und wer ihrer Meinung nach bessere Antworten auf die aktuellen politischen Fragen hat. Ein wichtiger Moment in einem Wahlkampf, der zuletzt durch die kurzfristige Nominierung von Kamala Harris neuen Schwung bekommen hat.
Da der Ausgang der US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen nicht nur die Vereinigten Staaten, sondern auch deren internationale Beziehungen beeinflussen wird, spricht Carolin Emcke in dieser Folge von "In aller Ruhe" mit dem Historiker Karl Schlögel. Dieser war schon einmal zu Gast im Podcast, damals zu einem Gespräch über Putin und den Krieg in der Ukraine.
Schlögel, geboren 1948 im Unterallgäu, ist Autor mehrerer Bücher und gilt als einer der besten Kenner Russlands. Doch auch die Vereinigten Staaten interessieren den Historiker, sozusagen als Gegenpol zu seinem Hauptforschungsfeld, der Sowjetunion. Ausgehend von seinen vielen Reisen in das Land, beschreibt Schlögel in seinem viel beachteten Buch "American Matrix. Besichtigungen einer Epoche" die großen Leitlinien des 20. Jahrhunderts in den USA. Dabei mischt er persönliche Reiseerfahrungen mit historischem Wissen und verflechtet die Geschichte der USA mit jener der Sowjetunion.
Ein verunsichertes Land, das seine Rolle neu definieren muss
Im Gespräch mit Carolin Emcke erklärt Schlögel, dass sein Interesse an dem Land in großen Teilen aus einer "schockhaften Erfahrung" entstanden ist. Als er das Land zum ersten Mal bereiste, hatten ihn besonders die Weite des Landes sowie die vielen monumentalen amerikanischen Bauten fasziniert. Bis heute treibe ihn die Frage um, wie es den Amerikanern gelungen sei, "diesen riesigen Raum zu durchdringen und lebbar zu machen". Ähnlich fasziniert Karl Schlögel auch die amerikanische Fähigkeit zum Neubeginn, etwa nach radikalen Naturereignissen.
Doch trotz aller Faszination ist Schlögel auch ernüchtert von der aktuellen politischen Situation der Vereinigten Staaten. Im Podcast erläutert er, dass er sich deshalb in seinem Buch explizit nicht mit dem gegenwärtigen, sondern mit einem vergangenen Amerika beschäftigt hat. Das Land befindet sich nach seiner Auffassung in einer "Phase der Verunsicherung". Es fehle schlicht an Personen, die fähig sind, die Fragen der Zeit zu behandeln – und die Rolle des Landes nach dem Ende des Kalten Krieges neu zu definieren.
Ein richtungsweisender Wahlkampf
Dass Kamala Harris so eine Person sein könnte, diese Hoffnung teilen Carolin Emcke und Karl Schlögel, die sich einig sind, dass Harris’ Nominierung zur Präsidentschaftskandidatin neue Hoffnung in die amerikanische Demokratie gebe. "Man sitzt vor dem Fernsehbildschirm und ist tief bewegt", sagt Schlögel, der auch von der rhetorischen Finesse der Reden beim Parteitag der Demokraten beeindruckt ist. Es habe auf dem Parteitag viele Momente gegeben, in denen „dieses Amerika eine Sprache gefunden hat, die den anderen in gewisser Weise sprachlos zurückgelassen hat.“ Trotz allem Optimismus spricht Karl Schlögel allerdings auch eine Warnung aus, vor der möglichen "Schubkraft" dieser Sprachlosigkeit: Sie könnte Trump und seine Anhänger zu einer bisher nicht dagewesenen Aggressivität verleiten, befürchtet der Historiker.
Ob es so kommen wird, wird sich beim TV-Duell Trump gegen Harris am 10. September zeigen. Allerdings, auch das betont der Historiker im Podcast, sei das nur ein Auftakt mit Hinblick auf eine Zeit nach der Wahl. „Es stehen Entscheidungen an, in denen es auch um die Selbstbehauptung und das Selbstverständnis Amerikas geht.“
Empfehlung von Karl Schlögel
Bei seinem Kulturtipp bleibt Karl Schlögel seinem Kernthema Osteuropa treu. Er empfiehlt ein Buch des amerikanischen Historikers Benjamin Nathans, das Anfang August 2024 erschienen ist: "To the Success of our Hopeless Cause. The Many Lives of the Soviet Dissident Movement". Nathans erzählt darin vom Werdegang jüdischer Dissidentinnen und Dissidenten in der Sowjetunion. Es ist die wahre Geschichte einer Bewegung, von der niemand geglaubt hat, sie würde je eine Chance haben, zu überdauern. Und doch war sie erfolgreich.
Moderation, Redaktion: Carolin Emcke
Redaktionelle Betreuung: Ann-Marlen Hoolt, Johannes Korsche
Produktion: Jakob Arnu
Hinweis: Das Gespräch ist am Freitag, 7. Juni, geführt worden.
Es ist inzwischen fast zweieinhalb Jahre her, dass Russland die Ukraine angegriffen hat. Seit dem 24. Februar 2022 gibt es täglich heftige Kämpfe. Tausende Menschen sind ums Leben gekommen, Millionen sind geflüchtet. Weil Russland auch die zivile Infrastruktur angreift, haben besonders in der Ostukraine viele Menschen keinen Zugang zu fließendem Wasser oder Strom. Währenddessen distanziert sich Russland immer mehr vom Westen. Diplomatische Beziehungen sind eingefroren, der Kreml droht regelmäßig mit Konsequenzen für westliche Waffen- oder Munitionslieferungen für die Ukraine. Weil nur noch wenige ausländische Journalisten in Russland arbeiten und die Pressefreiheit stark eingeschränkt ist, ist das Land nach außen regelrecht abgeschottet. Die Staatspropaganda verhindert, dass gesicherte Informationen Russland ohne Weiteres verlassen können. Deshalb spricht Carolin Emcke in dieser Folge von „In aller Ruhe“ mit der Politikwissenschaftlerin, Autorin und Russlandexpertin Sabine Fischer, die sich nicht nur mit der Politik, sondern auch der Gesellschaft des Landes auskennt.
Fischer, geboren 1969, hat bereits während ihres Studiums in Sankt Petersburg gelebt. Später promovierte sie mit einer Arbeit über Russlands Westpolitik und weitete ihre Forschung anschließend auf die Gesellschaft und Politik Osteuropas aus. Den Blick auf Russland hat sie dabei nie verloren, die Politikwissenschaftlerin lebte und arbeitete wiederholt in dem Land. Fischer hat in diversen Projekten zur russischen Außen- und Sicherheitspolitik geforscht. Zurzeit arbeitet die Politikwissenschaftlerin in der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, wo sie Teil der Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien ist und in dieser Funktion die Bundesregierung zu ihrem Kernthema berät. Ihr jüngstes Buch, "Die chauvinistische Bedrohung. Russlands Kriege und Europas Antworten" ist im vergangenen Jahr erschienen.
Der Spielraum für Widerstand wird in Russland immer kleiner
Im Gespräch mit Carolin Emcke erzählt Sabine Fischer, dass sie seit dem russischen Angriffskrieg täglich die russischen Medien verfolgt, um einen Überblick zu bekommen. Es sei schwerer geworden an Informationen aus Russland heranzukommen, besonders auf gesellschaftlicher Ebene. Große Teile ihrer früheren Kontakte hätten Russland inzwischen verlassen. Ein anderer Teil sei zwar noch vor Ort, aber habe sich aus öffentlichen und politischen Diskussionen zurückgezogen. "Die Repression und auch die Einschränkung der Berichterstattung hat solche Ausmaße angenommen, dass es wirklich spürbar schwerer geworden ist, über bestimmte Themen solide zu berichten."
Der Prozess der Abschottung und Unterdrückung kritischer Stimmen habe zwar nicht erst mit dem Beginn des Krieges am 24. Februar begonnen, er habe sich dadurch aber verstärkt. Sabine Fischer geht davon aus, dass sich die Situation vor Ort weiter verschlechtern werde. Gleichzeitig ist es der Politikwissenschaftlerin wichtig, dass die russische Gesellschaft nicht mit dem Regime des Kremls gleichgesetzt werden. "Es gibt in dieser Gesellschaft Widerstand. Marginalisiert, aber es gibt ihn." Doch diese Teile der Gesellschaft hatten inzwischen immer weniger Spielraum und es gebe nur noch wenige Möglichkeiten aus dem Ausland mit ihnen in Kontakt zu bleiben.
Die Entgrenzung politischer Debatten in Deutschland spielt Russland in die Hände
Fischer erläutert, dass Desinformation und Propaganda, nicht nur nach innen, sondern auch nach außen ein Teil der hybriden Kriegsführung Russlands sei. Ziel sei es, die westliche Gesellschaft zu destabilisieren – auch in Deutschland. Hierzulande gebe es inzwischen ein Bewusstsein dafür, wie Russland Desinformationen bewusst als Kriegswaffe einsetze. Doch nach Auffassung der Politikwissenschaftlerin reichen die bisherigen Maßnahmen, die dagegen ergriffen wurden – etwa der Entzug von Lizenzen für bestimmte Medien – bei Weitem nicht aus. "Was in viel stärkerem Maße getan werden müsste, ist, in die öffentlichen Debatten hineinzuwirken und dafür rechtliche Rahmen zu schaffen". In den sozialen Medien und dem Anstieg gewalttätiger Angriffe auf Politiker zeigt sich für Fischer schon jetzt, dass politische Debatten immer weiter entgrenzt werden – sowohl sprachlich als auch physisch. "Und das ist etwas, was dem russischen Einfluss voll in die Hände spielt."
Außerdem geht es im Podcast um die Frage, wie Russland den Krieg gegen die Ukraine bewertet. Fischer erklärt, dass es sich aus russischer Perspektive nicht um einen Angriffskrieg gegen ein souveränes Nachbarland handelt. Stattdessen gebe es in Russland das Gefühl, sich verteidigen zu müssen. "Nicht mal so sehr gegen das, was von der russischen Propaganda 'faschistisches Regime' in Kiew genannt wird, sondern tatsächlich gegen eine aggressive westliche Politik", so Fischer. Dieses Narrativ existiere schon seit der russischen Annexion der Krim, 2014, und habe sich seitdem auch nur wenig verändert. Aus Sicht der Politikwissenschaftlerin kämpft das Regime in Russland gegen alles, was liberal ist – sowohl nach außen, als auch gegen Teile der russischen Gesellschaft nach innen. "Russland versucht, die Ukraine zu vernichten, und gleichzeitig erkennt dieses Regime die Existenz der Ukraine ja überhaupt nicht an." Das sei ein Zeichen, dass das eigentliche Ziel des Krieges nicht die Ukraine sei, sondern der Westen.
Empfehlung von Sabine Fischer
Sabine Fischer empfiehlt zwei Bücher. Zum einen "Die Frauen von Belarus – Von Revolution, Mut und dem Drang nach Freiheit" von Alice Bota. Obwohl das Buch schon 2021 erschienen sei, lohne sich das Lesen. Auch deshalb, weil es ein sehr verständlich geschriebenes Buch sei. Außerdem empfiehlt Sabine Fischer "Das Land, das ich liebe – Wie es wirklich ist, in Russland zu leben" von Jelena Kostjutschenko. Sie habe selten eine derartig treffende Beschreibung der russischen Gesellschaft gelesen und erkenne viele ihrer eigenen Erfahrungen in diesem Buch.
Moderation, Redaktion: Carolin Emcke
Redaktionelle Betreuung: Ann-Marlen Hoolt, Johannes Korsche
Produktion: Imanuel Pedersen
Hinweis: Das Gespräch ist am Freitag, 7. Juni, auf Englisch geführt worden. Eine deutsche Übersetzung liegt nicht vor.
Am Montagabend hat der UN-Sicherheitsrat etwas Historisches geschafft: Er hat eine Resolution verabschiedet, die den Weg zum Frieden im Gazastreifen aufzeigen soll. „Heute haben wir für den Frieden gestimmt“, sagte US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield nach der Abstimmung. Seit dem Terror der Hamas am 7. Oktober, bei dem etwa 1200 Menschen getötet und mehr als 240 Menschen als Geiseln verschleppt wurden, herrscht Krieg im Gazastreifen. Im Mai gab die UN-Koordinierungsstelle für humanitäre Hilfe bekannt, dass sie von knapp 35 000 toten Palästinenserinnen und Palästinensern ausgeht. Wie ist es möglich, aus dieser Spirale der Gewalt zu entkommen? Darüber spricht Carolin Emcke mit dem israelischen Philosophen und Autor Omri Boehm in dieser Folge von „In aller Ruhe“.
Omri Boehm wurde 1979 in Haifa geboren. Er wuchs in Israel auf und studierte unter anderem an der Universität in Tel Aviv, promovierte an der Universität in Yale und arbeitete an der Universität München. Seit 2010 lehrt er als Associate Professor Philosophie an der New Yorker School for Social Research. Dabei fokussiert sich seine Arbeit unter andere auf Religionsphilosophie, mit einem Fokus auf Descartes, Spinoza und Kant. Boehm hat diverse Bücher geschrieben. Im März 2024 erhielt er den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung für sein Buch „Radikaler Universalismus. Jenseits von Identität. Universalismus als rettende Alternative“.
Das Vokabular für die neue Situation fehlt noch
Im Podcast spricht Omri Boehm darüber, wie ihm seine Jugend in Galiläa geprägt hat, einer Region in Israel, die größtenteils von Palästinenser bewohnt ist. Es gebe dort eine andere Art von Bewusstsein für die Existenz von Gaza als etwa in Tel Aviv. „In Galiläa ist die Geschichte auf viele Arten präsent. Es gibt Menschen, die geflüchtet sind und Menschen, die Geflüchtete waren in dem Staat, der um sie herum geschaffen wurde.“ Diese Jugend hat seine Sichtweise auf den Konflikt zwischen Israel und Palästina entscheidend geprägt, sagt Boehm. Gleichzeitig unterscheide sich sein Zugehörigkeitsgefühl zu Israel entscheidend von dem seiner Eltern – sein Vater, dessen Mutter den Holocaust überlebte, und seiner Mutter, deren Familie seit Generationen in Jerusalem gelebt hat. Das Land Israel habe für sie einen ganz anderen Stellenwert.
Boehm bewertet den 7. Oktober als entscheidenden Einschnitt für das israelische Selbstverständnis, dessen Tragweite nur schwer abzuschätzen sei. „Das Verhältnis zwischen Israel und Gaza wurde für immer verändert. Und auch die Situation jüdischer Menschen wurde für immer verändert.“ Es sei ein historischer Moment, der immer noch andauere und nicht rückgängig gemacht werden könne. „Wir werden dahin kommen, das richtige Vokabular für diese neue Situation zu finden. Aber jetzt gerade können wir nur sagen, dass sich die Dinge auf eine schreckliche Weise verändert haben.“
Wenig Chancen für eine Zweistaaten-Lösung
Der Philosoph zweifelt daran, dass die israelische Regierung tatsächlich darauf abzielt, die Hamas vollständig auszulöschen. Wolle sie das wirklich tun, müsste sie die Palästinenser einbeziehen – tue es aber nicht. „Die Hamas auszulöschen ist ein Slogan“, leitet der Philosoph davon ab. Gleichzeitig fehle es in Israel zurzeit an möglichen Lösungen für den Gaza-Konflikt. „Man kann nicht vorgeben, dass die Situation kontrolliert werden könne. Aber man kann die Menschen in Israel auch nicht von einer Zweistaaten-Lösung überzeugen.“ Dadurch werde der Krieg für viele Menschen in Israel zur einzig denkbarem Ausweg aus der Situation.
Durch das Erstarken der extremen Rechten – auch innerhalb der israelischen Regierung – werde es darüber hinaus immer schwieriger zu bestimmen, wer die Entscheidungsgewalt im Land trage. „Netanjahu braucht die Regierungskoalition mit den extremen Rechten. Und deshalb kontrollieren sie seine Entscheidungen“, analysiert Boehm. Damit liege nun auch das Schicksal der Geiseln, die die Hamas am 7. Oktober entführt hat, zumindest anteilig in der Hand der Rechten. Viele Menschen in Israel seien inzwischen überzeugt davon, sagt der Philosoph, dass ihre Regierung nicht ernsthaft daran interessiert sei, die Geiseln zu befreien und anderweitige politische Ziele priorisiere. „Wenn Deals kurz bevorstehen, dann arbeiten Netanjahu und seine Regierung daran, diese zu untergraben“, so berichteten es auch Armee-Offizielle.
Empfehlung von Omri Boehm
Da Omri Boehm in letzter Zeit viel alte israelische Musik gehört hat, empfiehlt er ein Lied, das er besonders oft hört, während er spazieren geht: „Atur Mitzchech“ von Arik Einstein: „Einer der besten Songs der alten, schönen israelischen Musik.“ Einstein war Israels bekanntester Sänger und Songwriter, ein Pionier des israelischen Rocks. Bis heute gilt der 2013 verstorbene Sänger als einer der einflussreichsten israelischen Künstler.
Moderation, Redaktion: Carolin Emcke
Redaktionelle Betreuung: Ann-Marlen Hoolt, Johannes Korsche
Produktion: Imanuel Pedersen
Vom 6. bis zum 9. Juni wird das Europaparlament neu gewählt – zum zehnten Mal. Wie es sich danach genau zusammensetzen wird, ist schwer abzusehen. Es gibt keine Umfragen für die europäische Ebene, weil die EU-Mitgliedsstaaten unterschiedlich wählen. Doch nationale Umfrageergebnisse prognostizieren einen Rechtsruck. Demnach könnten die Grünen und die Liberalen Sitze einbüßen. Die Rechtskonservativen und die Rechtsnationalisten könnten stark dazugewinnen.
Was könnte das für die Zukunft der Europäischen Union bedeuten – wenn etwa das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit aus dem Europaparlament heraus angegriffen wird? Und wie sollte sich die EU in der Welt positionieren und ihre eigene Sicherheitsarchitektur aufbauen? Darüber spricht Jean Asselborn in dieser Folge von „In aller Ruhe“ mit Carolin Emcke.
Jean Asselborn wurde 1949 in Luxemburg geboren. Über viele Jahre engagierte er sich in Gewerkschaften und arbeitete für seine Partei, die luxemburgischen Sozialdemokraten, in der Kommunalpolitik, bevor er ins nationale Parlament gewählt wurde. Ab 2004 war er fast zwanzig Jahre lang Außenminister Luxemburgs. Durch seine klare Sprache und teils humorvollen Auftritte erlangte er dabei auch auf europäischer Ebene Bekanntheit. Gerade zum Ende seiner letzten Amtszeit war er aufgrund seiner Erfahrung ein gefragter Gesprächs- und Verhandlungspartner.
„Was wären wir ohne Europa?“
Im Podcast spricht er darüber, wie stark gerade kleine Staaten wie Luxemburg auf die europäische Zusammenarbeit angewiesen sind: „Europa ist unsere Garantie, dass wir als souveränes, freies Land existieren können.“ Historisch habe es allein im 20. Jahrhundert zwei Momente gegeben, an dem es kein souveränes Luxemburg mehr gegeben hätte. „Und heute sitzen wir mit am Tisch, wenn es um die Finanzpolitik in Europa geht. Wir können außenpolitisch mitreden.“ Auch andere Staaten würden so von der EU und ihren Werten profitieren, so Asselborn: „Ich glaube, die Deutschen waren nie so demokratisch wie sie es heute sind. Auch durch Europa.“ Durch den Euro sei Deutschland zudem wirtschaftlich stärker geworden.
Generell unterstreicht Asselborn immer wieder die zentrale Bedeutung des Prinzips der Rechtsstaatlichkeit, hebt allerdings auch konkrete Errungenschaften für junge Menschen hervor, die von Erasmus-Studienaufenthalten profitieren oder im Schengenraum mit nur einem Pass reisen können. Mit Blick auf die EU-Osterweiterung ab 2004 sagt Asselborn: „Die Löhne in diesen Ländern haben sich verdoppelt. 20 Prozent mehr Menschen aus diesen Ländern haben ein Universitätsstudium.“ Die Länder hätten wirtschaftlich und sozialpolitische profitiert. „Das muss man sagen: Das ist ein Erfolg“, so Asselborn.
„Der Stimmzettel ist der größte Hebel, den man hat in der Demokratie.“
Die Europawahl am 9. Juni bereitet ihm dennoch große Sorgen. Sie könne entscheidend sein für den Kurs Europas. Entweder blieben Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Respekt vor Minderheiten bestehen – oder es werde ein Zeichen gesetzt, dass die, die Europa eigentlich kaputt schlagen wollen, stärker werden. „Wenn dieses Resultat herauskäme und wenn dann auch noch im November in den USA ein Präsident gewählt wird, der einen sehr negativen Einfluss hätte – mit falschem Patriotismus anstatt Multilateralismus – dann kann es schon gefährlich werden“, sagt Asselborn mit Blick auf die US-Wahl und einen möglichen Sieg von Ex-Präsident Donald Trump.
Dieser würde dem russischen Präsidenten Putin wohl große Zugeständnisse machen, mit Blick auf die Krim und den Donbass. Zudem bestehe die Gefahr, dass Trump die Nato zerschlagen könnte. „Dann kommt notgedrungen eine Debatte auf uns zu: Wer schützt uns gegen die nuklearen Angriffe der Russen?“ Wie Asselborn als langjähriger Außenpolitiker die europäische Sicherheitspolitik bewertet, die Debatte um eine eigene europäische Atombombe und wie er den Krieg in Gaza betrachtet, darum geht es im weiteren Gespräch mit Carolin Emcke.
Er hofft jedenfalls auf eine hohe Wahlbeteiligung und viel Engagement von jungen Menschen. In Deutschland können etwa erstmals die 16- und 17-Jährigen an die Urne, was Asselborn mit einem Appell verbindet: „Der Stimmzettel ist der größte Hebel, den man in der Demokratie hat, um die Weichen zu stellen.“
Empfehlung von Jean Asselborn
Jean Asselborn möchte in seiner Empfehlung Luxemburg mit Deutschland verbinden. Er empfiehlt das Theaterstück: „Stahltier – Ein Exorzismus“, geschrieben vom luxemburgischen Theaterregisseur Frank Hoffmann. Hoffmann leitete von 2004 bis 2018 als Intendant die Ruhrfestspiele in Recklinghausen, ein bedeutendes Theaterfestival. Sein Werk „Stahltier“ wird nun am Renaissance-Theater Berlin aufgeführt. Es handelt von Leni Riefenstahl, die auf den nationalsozialistischen Propagandaminister Goebbels trifft. Es wirft, laut dem Theater, „Fragen auf zur Integrität und Menschlichkeit des Künstlers in Zeiten der Diktatur.“
Moderation: Carolin Emcke
Anfang des Jahres war es erstmals so weit: An zwölf aufeinander folgende Monaten war es mehr als 1,5 Grad wärmer als im vorindustriellen Zeitalter. Forscher des „Global Carbon Project“ haben berechnet, wie viel Zeit beim aktuellen Ausstoß von Treibhausgasen noch bliebe, bis das CO₂-Budget für das 1,5-Grad-Ziel restlos aufgebraucht wäre: sieben Jahre. Viel Zeit bleibt laut den Forschern also nicht, um die Gesellschaft klimaneutral umzubauen. Aber: Politische Willensbildung, Wahlen, Gesetzgebungsprozesse – bis aus einer Idee politisches Handeln wird, dauert es lange. Es scheint, es sei ein Widerspruch zwischen Klimaschutz und Demokratie entstanden. Wie ist es möglich, beides zu erhalten: Klima und liberale Demokratie? Darüber spricht Carolin Emcke in dieser Folge von „In aller Ruhe“ mit der Historikerin und Buchautorin Hedwig Richter.
Hedwig Richter, 1973 geboren, ist seit 2019 Professorin für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität der Bundeswehr München. Sie hat Geschichte, Germanistik und Philosophie in Heidelberg, an der Queen’s University Belfast und an der Freien Universität Berlin studiert. 2008 hat sie an der Universität zu Köln promoviert, 2016 folgte die Habilitation an der Universität Greifswald. Ihre Dissertationsschrift „Pietismus im Sozialismus. Die Herrnhuter Brüdergemeine in der DDR“ wurde mit dem Offermann-Hergarten-Preis der Universität zu Köln ausgezeichnet. Richters Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem in der Demokratie- und Diktaturforschung. Gemeinsam mit dem Journalisten Bernd Ulrich hat sie 2024 „Demokratie und Revolution – Wege aus der selbstverschuldeten ökologischen Unmündigkeit“ publiziert.
Demokratie in der Krise? „Das gehört dazu“
In ihrer bisherigen Demokratieforschung habe die Entwarnung immer dazu gehört, sagt Richter. Zum Beispiel beim Thema Polarisierung: „Man muss sich nur daran erinnern, dass es in den 1950er-Jahren fast undenkbar war für ganz viele, dass eine Katholikin einen Protestanten heiratet.“ Viele der Probleme und Krisen, die in einer Demokratie immer wieder neu entdeckt würden, seien vorher auch schon da gewesen. „Ich würde sagen: Demokratien sollen sich immer ein bisschen in der Krise fühlen – das gehört mit dazu.“
Durch die Beschäftigung mit der Klimakrise habe sich ihr Blick auf das Jetzt allerdings verändert: „Wir sind tatsächlich in einer völlig neuen Situation“, sagt Richter. Mit Blick auf die erheblichen Umwälzungen, die die Klimakrise auslösen könnte – Massenmigration, ökologische Kipppunkte, Extremwetter: „Das finde ich verstörend.“ Durch die Beschäftigung mit der Klimakrise habe sich auch in ihrem Alltag viel geändert: „Meine Normalität hat sich in eine andere Normalität gewandelt.“ Denn die Krisen und Ängste der Vergangenheit seien nicht vergleichbar mit der Klimakrise. War im Kalten Krieg ein Tag, an dem nichts passierte, ein guter Tag, sei das jetzt anders: „Jeden Tag, an dem wir nichts machen, wird es schlimmer. Verschieben ist verschärfen.“ Deshalb schmerze die jahrzehntelange Untätigkeit: „Wenn wir in den Neunzigerjahren angefangen hätten, müssten wir heute nicht so viel und so radikal umstellen“, sagt Richter.
„Wir brauchen eine neue Radikalität“
Doch diese nun geforderte Radikalität widerspreche dem, „was wir aus dem 20. Jahrhundert gelernt haben.“ Denn gesellschaftlich habe man sich auf ein demokratisches Selbstverständnis verabredet, dass sich so zusammenfassen lässt: „Wir wollen keine Radikalität mehr, wir brauchen Kompromisse.“ Um aber die Klimakrise zu bewältigen, „brauchen wir eine ganz neue Zeitlichkeit, eine völlig neue Radikalität“. Wichtig sei dabei, dass diese Radikalität vor allem von den „oberen Zweidritteln“ der Gesellschaft komme. Das untere Drittel lebe – bezogen auf den CO₂-Ausstoß – ohnehin so, dass es mit dem Pariser Klimaabkommen im Einklang sei.
Wie stellt sich Hedwig Richter diese neue Radikalität vor – und was wünscht sie sich von Politik und Bürgern? Was hat die Klimakrise mit Diagnosen amerikanischer Psychotherapeuten zu tun? Das hören Sie in der neuen Folge von „In aller Ruhe“.
Hedwig Richter empfiehlt:
Hedwig Richter empfiehlt den Film: „Morgen ist auch noch ein Tag“. Der Film begleitet 1946 eine Frau in Rom, die ihre Rolle in ihrer Familie und der Gesellschaft findet und definiert. Für Hedwig Richter ein „unfassbar interessanter“ Film. Die Historikerin beschäftige sich in ihrer Forschung auch mit der Rolle und Bedeutung der „Hausfrau“. Der Film zeige die Ambivalenz „von der Unterdrückung dieser Frauen, von der Machtlosigkeit, aber auch von der Agency, die sie sich zuschreiben.“
Moderation, Redaktion: Carolin Emcke
Redaktionelle Betreuung: Johannes Korsche, Léonardo Kahn
Produktion: Imanuel Pedersen
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