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Valentinstag - Von Märtyrern und Liebenden


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Auf der ganzen Welt schicken sich Verliebte am Valentinstag Karten und schenken sich Blumen. Haben Floristen das Fest erfunden? Geht es auf den katholischen Schutzheiligen der Liebenden St. Valentin zurück? Oder auf einen alten heidnischen Brauch? Aber wieso kam der Valentinstag dann über die USA nach Europa? Von Frank Halbach (BR 2024)

Credits
Autor dieser Folge: Frank Halbach
Regie: Frank Halbach
Es sprachen: Edith Saldanha, Christian Baumann
Redaktion: Andrea Bräu

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Literaturtipps:

Klaus Thiele-Dohrmann: Wenn die Vögel Hochzeit machen. Geoffrey Chaucer und die Geschichte des Valentinstags. In: DIE ZEIT. 08/2004, 12. Februar 2004 – detaillierte Darstellung der Bedeutung von Chaucers Gedicht.

Josef Kurz: Recherchen und Gedanken zum Valentinstag. In: idw-online.de, Februar 2007 – verfolgt Ursprünge und Brauchtum des Valentinstages von der Antike bis heute. 

Manfred Becker-Huberti: 14. Februar: Wenn der Valentin mit der Valentine. In: brauchtum.de, Köln Februar 2005 – analysiert die kirchliche Figur des heiligen Valentin.

Und noch eine besondere Empfehlung der Redaktion:

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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.

Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:

MUSIK  „Something stupid“; ZEIT: 00:57

SPRECHERIN

Alle Jahre wieder: Zwangsverordnete Gefühlsduselei, sentimentale Candlelight-Dinner, pinke Konfektschachteln in Herzform…

SPRECHER 

Am 14. Februar ist Valentinstag: Das Fest der romantischen Liebe

SPRECHERIN 

Begangen mit unzähligen kitschigen Karten, mehr oder weniger geschmackvollen Blumengebinden und sündhaft teuren Pralinen.

SPRECHER

Zeit, sich endlich mal wieder dran zu erinnern, Partner oder Partnerin zu zeigen, dass und wie sehr man liebt.

SPRECHERIN

Meinen die einen. Eine Verkaufsstrategie des Blumenhandels im Speziellen und der gesamten Kommerzindustrie im Allgemeinen…

SPRECHER 

…sagen die anderen.

SPRECHERIN 

Gänzlich unromantischer Konsum oder…

SPRECHER

Eine wirklich alte Tradition – wie immer wieder zu hören und zu lesen ist.

SPECHERIN 

Eine vor gerade Mal einem halben Jahrhundert aus Amerika importierte Tradition. Weil diese neue „alte“ Tradition Rekordumsätze beschert, schimpfen Kritiker. Er gehe doch aber auf den Heiligen Valentin zurück, dessen Gedächtnis am 14. Februar begangen werde, behaupten Verfechter des Valentinstags.

MUSIK ENDE

MUSIK 2 privat Take 018 „Windflower“; Album: Mortal Engines; Label: Back Lot Music – BLM0759; Interpret: Tom Holkenborg; Komponist: Tom Holkenborg; ZEIT: 01:05

SPRECHER

Im 3. Jahrhundert, da lebte in Rom Valentin. Er liebte Dinge, die wachsen, und unter seinen Händen gediehen wunderbare Blumen und sein Garten erblühte zum schönsten der heiligen Stadt, denn der Segen Jesu Christi, den er aus tiefstem Herzen verehrte, lag auf ihm. 

Aber das war nicht das einzige, was Valentin zum Knospen brachte: Er traute Liebespaare nach christlichem Ritus und schenkte ihnen Blumen aus seinem Garten, um auch ihre Herzen erblühen zu lassen. Ehen, die Valentin derart segnete, standen unter einem besonders guten Stern, waren glücklich und kinderreich. Auch setzte sich Valentin mit Rat und Tat für Liebende ein, indem er mit den Angehörigen sprach, wenn sie einer Verbindung zweier Liebender nicht zustimmen wollten.

Doch der römische Kaiser Claudius Gothicus hatte den christlichen Ritus verboten: Er ließ Valentin in den Kerker werfen. Am Abend vor seiner Hinrichtung schrieb er im Auftrag der Tochter seines Gefängniswärters noch einen Brief an ihren Liebsten, um ihr zum Glück zu verhelfen. Am 14. Februar 269 wurde er enthauptet. Seither ist der Märtyrer, der heilige Valentin aus Rom, der Schutzpatron der Liebenden.

MUSIK hoch und ENDE 

SPRECHERIN 

Diesen heiligen Valentin, Patron der Liebenden, dem am 14. Februar gedacht wird: Es gibt ihn nicht. Jedenfalls nicht mehr. Seit der Reform des römischen Generalkalenders im Jahr 1970 und der anschließenden Reform des Regionalkalenders für das deutsche Sprachgebiet 1972 taucht dieser Heilige weder an diesem noch an sonst einem Tag im liturgischen Kalender auf.

SPRECHER 

Es gibt drei Heilige mit Namen Valentin. Ein heiliger Valentin war Bischof von Rätien. Sein Gedenktag wird aber am 7. Januar begangen. 

SPRECHERIN

Dann gibt es einen Valentin von Rom und einen

Valentin von Terni. Womöglich handelt es sich aber bei den beiden um ein und dieselbe Person. Die Überlieferung vermischt beide nämlich. 

SPRECHER

Als der Heilige, der für Liebe und Zärtlichkeit Pate steht, wird in der Regel Valentin von Terni identifiziert.

SPRECHERIN

Allerdings ist dieser Heilige Vall-entin der Schutzheilige gegen Fallsucht, also Epilepsie. Daher wird er mit einem zu seinen Füßen liegenden Epileptiker dargestellt.  

SPRECHER

Und teilt sich diese Zuständigkeit wiederum mit Valentin von Rätien, der gleichfalls für Epilepsie und außerdem als Patron gegen Krämpfe, Gicht und Viehseuchen zuständig ist.

SPRECHERIN

Verwirrend. Aber am 14. Februar gefeiert wurde der Tag des Valentin von Terni. 

SPRECHER

Und diesen Tag hat man aus dem liturgischen Kalender gestrichen, da sich die Quellenlage für einen Heiligengedenktag am 14. Februar als nicht stichhaltig herausgestellt hat.

SPRECHERIN 

Was aber viel wichtiger ist: Weder das Leben des Heiligen Valentin, noch seine Wirkung lassen sich in einen Zusammenhang als Schutzpatron der Liebenden bringen. Der Valentinstag als Fest der Liebenden hat mit einem heiligen Valentin nur eines zu tun: den Namen Valentin! Sonst leider nichts.

MUSIK privat Take 019 „Something stupid“; Album: Background Music & Sounds From I’m In Records; Label: 2023 Integral Music Group; Interpret: unbekannt; Komponist: Carson Parks; ZEIT: 00:20

SPRECHER

Aber woher stammt der Anlass für das Fest der Liebenden am 14. Februar dann?

MUSIK hoch und Ende bei 00:20

SPRECHERIN

Das ist die Frage. Denn im Mittelalter galt der 14. Februar vielmehr als Unglückstag: Es soll der Geburtstag von Judas gewesen sein, dem Jünger, der Jesus verraten hat. Kälber, die am 14. Februar geboren waren, wurden nicht zur Zucht eingesetzt. Bruthennen durfte man nicht auf die Eier setzen, weil man glaubte, sie würden faulen oder missgestaltete Küken würden aus ihnen schlüpfen. In der Schweiz hat der Valentinstag sogar einer Dämonengestalt, dem „Väledi“, den Namen gegeben, eine Hauptfigur der Steiner Fasnacht. Sein Maskenträger führt den Narrentanzes auf den Dorfplatz an.

SPRECHER

Blickt man jedoch noch weiter in die Vergangenheit zurück:

MUSIK  „LUDI INTER PANA“; ZEIT: 00:59

SPRECHERIN

In Rom wurde vom 13. bis 15. Februar das Hauptfest des Gottes gefeiert, der als Beschützer der Bauern und Hirten, ihres Viehs und ihrer Äcker galt: Faunus. Die Feierlichkeiten nannte man die Luperkalien, nach dem Beinamen des Gottes: „Lupercus“, was so viel wie „Wolfsabwehrer“ bedeutet.

SPRECHER

Die Luperkalien waren ein Reinigungs- und Fruchtbarkeitsfest, das man bei Annährung des Frühlings feierte. 

Und es war bei den Römern Sitte, anlässlich dieser Feierlichkeiten jungen Frauen junge Männer für eine gewisse Frist zuzulosen. Frühe Frühlingsgefühle durften so rituell abgesegnet ausgelebt werden.

SPRECHERIN

Ganz genau weiß man über diesen Brauch im Rahmen des Festes von Faunus nicht Bescheid. Was man weiß: Die katholische Kirche versuchte nach dem Sieg über das Heidentum, diesem Tag einen gänzlich anderen Anstrich zu verpassen: Statt den Namen eines oder einer Liebsten wurden den jungen Leuten die Namen christlicher Heiliger zugelost, deren Leben, Tugend und Märtyrertum sich der oder die Jugendliche zum Vorbild nehmen sollte.

MUSIK ENDE

MUSIK privat Take 019 „Something stupid“; Album: Background Music & Sounds From I’m In Records; Label: 2023 Integral Music Group; Interpret: unbekannt; Komponist: Carson Parks; ZEIT: 00:20

SPRECHER

Ein früher Fall, wo das Angebot nicht mit der Nachfrage der Zielgruppe übereinstimmt.

MUSIK hoch und Ende bei 00:20

SPRECHERIN

Das mit dem Losen allerdings: das hat sich bis ins Mittelalter gehalten.

MUSIK  „ Saltarello Nr. 1. Tanz für Renaissance-Instrumente“; ZEIT: 31

SPRECHER

In England konnte am 14. Februar jeder Valentin zu seiner Valentine kommen. Das Schicksal entschied: per Los oder einfach durch die erste Begegnung nach Sonnenaufgang. 

SPRECHERIN

Der unverheiratete junge Mann durfte nun das ledige Mädchen ausführen und so lange als Partnerin betrachten – natürlich bei Wahrung von Sitte und Anstand.

SPRECHER

Solche Paarbildungen galten als besonders glücksverheißend für eine spätere eheliche Bindung.

SPRECHERIN

Begleitet wurde dieser Brauch davon, sich gegenseitig kleine Aufmerksamkeiten zu schenken, insbesondere Gedichte:

MUSIK ENDE – „The Disposition of Linen“; ZEIT: 01:29

SPRECHER

Zwar kenn‘ ich Amor nicht in Tun und Wesen

Noch weiss ich, wie er treuen Dienst vergütet,

Doch hab in Büchern ich gar oft gelesen,

Welch Wunder er vollbringt, und wie er wütet,

Und lese, dass als König er gebietet.

SPRECHERIN

Dichtet der Autor der weltberühmten "Canterbury Tales" Geoffrey Chaucer in den 1380er Jahren. Anlass ist wohl die Vermählung König Richards II. mit Anna von Böhmen. Das Gedicht umfasst 100 Strophen und trägt den Titel:

SPRECHER

Das Parlament der Vögel

SPRECHERIN

Wer kennt nicht das Kinderlied: 

SPRECHER (angedeutet singend)

Ein Vogel wollte Hochzeit machen.

SPRECHERIN

Bei Chaucer geht es schon vor über 600 Jahren um eine solche Vogelhochzeit. Ein Königsadler wirbt leidenschaftlich um eine schöne Adlerdame.

SPRECHER

Die wird rot wie eine "Rosenblüte im Sommersonnenschein" …

SPRECHERIN

…und es verschlägt ihr die Sprache.

SPRECHER

Zwei weitere Adlerjunggesellen melden sich zu Wort. Der Falke plädiert für ein Turnier um die Adlerin. Die Gans merkt an, werde ein Freier nicht erhört, solle er nach einer anderen Braut suchen. Die Turteltaube besteht auf für unbedingter Treue. Der Kuckuck lobt die Vorzüge des Single-Daseins, wofür er vom Falken als selbstsüchtiger Nimmersatt beschimpft wird, da…

SPRECHERIN

Da greift die Göttin Natur ein: und meint, die ledige Adlerin solle sich entscheiden. Die bittet um ein Jahr Bedenkzeit.

SPRECHER

Alle anderen Verlobungen im Parlament der Vögel sind schnell vollzogen. Jedes Männchen bekommt ein Weibchen zugewiesen.

SPRECHERIN

Und alle singen zum Schluss hochzufrieden:

SPRECHER

Sankt Valentin, du bist der Hochgestellte,

für dich die Vögel dieses Lied beginnen:

Willkommen, Sommer, der des Winters Kälte

durch seine warme Sonne ließ zerrinnen.

MUSIK ENDE

SPRECHERIN

Damals fiel der 14. Februar von heute auf den 23. Februar im Julianischen Kalender. Ab dann würden die Vögel damit anfangen, sich zu paaren und zu nisten. Angeblich beziehe sich Chaucers „Parlament der Vögel“ auf eine bereits etablierte Tradition – belegen lässt sich das aber nicht.

SPRECHER

Zu Chaucers Zeit wurde noch eine Reihe weiterer Gedichte über Vogelhochzeiten am Valentinstag verfasst. Schwer zu sagen, ob die Gedichte entstanden, weil man dachte, dass die Paarungszeit der Vögel beginne oder ob man wegen der Gedichte daran glaubte, dass ab dem sogenannten Valentinstag, das Federvieh mit seiner Balz anfing.

SPRECHERIN

Und da die mittelalterlichen Werke über die Vogelhochzeiten nicht exakt zu datieren sind, lässt sich auch nicht sicher sagen, ob Chaucer die Idee als erster hatte. 

MUSIK  “Lamento di Tristano“; ZEIT: 01:07

SPRECHER

Im Mittelalter wird aber jedenfalls zu ersten Mal der 14. Februar als jährlich wiederkehrendes Fest der Liebe beschrieben: In der „Charter of the Court of Love“, entstanden um das Jahr 1400, werden Festlichkeiten des königlichen Hofes von Karl VI. von Frankreich beschrieben. In der Stadt Mantes-la-Jolie gab es ein Festmahl, Tanz, Turnierkämpfe sowie Wettbewerbe in Liebesliedern und –poesie.

SPRECHERIN

Allerdings lassen sich keinerlei weitere Quellen des Hofes zu diesem Fest finden. Und von den in der Charta erwähnten Persönlichkeiten war keine in Mantes-la-Jolie, außer der Königingemahlin, der Wittelsbacher Prinzessin Isabeau de Bavière, so dass die Darstellung des Festes wahrscheinlich nur den niedergeschriebene Wunschtraum der Prinzessin darstellt.

SPRECHER

Herzog Karl von Orléans schreibt im Jahr 1415 nach der Niederlage bei der Schlacht von Azincourt während er als Gefangener im Tower schmachtet, an seine Frau:

SPRECHERIN (wie den Brief lesend)

Ich bin schon krank vor Liebe,

meine süße Valentine…

SPRECHER

Und in einem der bedeutendsten Werke der Weltliteratur, William Shakespeares „Hamlet“, singt Ophelia:

SPRECHERIN

Auf morgen ist Sankt Valentins Tag,

Wohl an der Zeit noch früh,

Und ich, ’ne Maid, am Fensterschlag,

Will sein eu’r Valentin.

Er war bereit, tät an sein Kleid,

Tät auf die Kammertür,

Ließ ein die Maid, die als ’ne Maid

Ging nimmermehr herfür.

MUSIK ENDE

SPRECHER

Durch Chaucer, Shakespeare und andere britische Poeten gewinnt der Valentinstag im englischen Sprachraum nach und nach einen immer höheren Stellenwert, und Liebesgedichte zum Valentinstag werden zu einer romantischen Erfolgsgeschichte.

MUSIK  „The Draughtsman's Contract”

SPRECHERIN

Und zu einem Riesengeschäft: Im Jahre 1797 kam das Buch „The Young Man’s Valentine Writer“ heraus, voll mit Versen für junge Liebhaber, die nicht selbst dichten konnten. Druckereien hatten zu diesem Zeitpunkt schon begonnen, Valentinskarten herzustellen: Die so genannten „Mechanical Valentines“. Anfang des 19. Jahrhundert waren sie so beliebt, dass man sie in Fabriken produzierte. Als in Großbritannien 1840 die Briefmarke eingeführt wurde, und damit zugleich das Karten verschicken erheblich billiger wurde, kam es zu einem regelrechten Valentinskarten-Tsunami: 400.000 Stück waren es zum Valentinstag 1841.

SPRECHER

Ein weiterer Vorteil der britischen Postreformen: Man konnte Karten ohne Absender verschicken. In der prüden viktorianischen Epoche ließ sich so Liebe und Lust aus der Ferne gestehen, ohne dass man seine Identität preisgeben und damit sein Gesicht verlieren musste.

SPRECHERIN

Die Feierlichkeiten, Traditionen und Bräuche zum Valentinstag, die sich seit der frühen Moderne in England ausgebildet hatten, gelangten im 19. Jahrhundert durch Auswanderer in die Vereinigten Staaten. Und damit auch das Geschäft mit den Valentinskarten. Hier wurden ab 1848 von Esther Howland aus Worcester, Massachusetts,  die ersten in Massenproduktion hergestellten Valentinstagskarten vertrieben.

SPRECHER

Valentinstag wird, beziehungsweise ist bereits, ein nationaler Feiertag.

SPRECHERIN

Bemerkt ein amerikanischer Journalist bereits 1849. Damit wurde das Geschäft mit dem Valentinstag zum Wegbereiter weiterer kommerzialisierter Feiertage.

SPRECHER

1868 erfand der britische Schokoladenhersteller Cadbury verzierte Pralinenschachteln in Herzform, die man zum Valentinstag verschenken konnte.

SPRECHERIN

Und im 20. Jahrhundert waren aus dem Brauch des Karten- und Gedichte-Austauschs Geschenke jeder Art geworden, insbesondere erhältlich bei Tiffany & Co oder Cartier. Im Jahr 2016 gaben allein die US-Amerikaner 19,7 Milliarden Dollar für Karten, Blumen, Pralinen und andere Geschenke zum Valentinstag aus. 

MUSIK ENDE 

SPRECHER

In Amerika entwickelte sich der Valentinstag weiter: Vom Tag der Liebenden über einen Tag der familiären Beziehungen bis zu einem Tag der Freundschaft.

SPRECHERIN

Kein Wunder: Das erweitert die Absatzmöglichkeiten nochmal erheblich.

SPRECHER

Ab wann genau das Valentinsbrauchtum im deutschen Sprachraum eine Rolle spielt, lässt sich nicht mehr herausfinden.

SPRECHERIN

Aus dem Spätmittelalter ist die Bezeichnung Vielliebchentag überliefert. Das trifft nicht nur die ursprünglichere Bedeutung des Tages besser, sondern trennt ihn von einer nicht vorhandenen Verbindung zu einem heiligen Valentin.

SPRECHER

Spätestens ab den 1950er Jahren gewinnt der Valentinstag auch bei uns eine immer größere Rolle.

SPRECHERIN

In Westdeutschland bekannt wird er vor allem durch hier stationierte US-Soldaten. 1950 findet in Nürnberg der erste deutsche „Valentinsball“  statt. Als „weltlicher“ Feiertag steht er jedoch lange im Schatten des Muttertags.

SPRECHER

Der Valentinstag wird aber immer wichtiger. Und zwar in ganz Europa. Er hat es sogar bis nach Lateinamerika, Singapur, Südkorea und Japan geschafft.

Und sogar die katholische Kirche bemüht sich mittlerweile, den Valentinstag zu integrieren. Ehepaare werden eigeladen, ihr Eheversprechen zu erneuern, „Segensfeiern am Valentinstag“ veranstaltet, Verlobte dürfen den Beistand Gottes in der Vorbereitung auf die Ehe erbitten, und in der Predigt und in den Gebeten wird darauf hingewiesen, dass Gott die Quelle der Liebe und der Treue ist.

MUSIK privat Take 019 „Something stupid“; Album: Background Music & Sounds From I’m In Records; Label: 2023 Integral Music Group; Interpret: unbekannt; Komponist: Carson Parks; ZEIT: 00:20

SPRECHERIN

Damit folgt man dem Gesetz von Angebot und Nachfrage. Konsum als Förderer der Liebe?

MUSIK hoch und Ende bei 00:20

SPRECHER

Und Schuld an allem sind – könnte man zusammenfassend sagen - die alten Römer mit ihrem Faunus-Fest, den Luperkalien.

SPRECHERIN

Eine zwar spekulative, aber sehr einleuchtende Herleitung. Seit dem 18. Jahrhundert ist die Idee verbreitet, dass der Valentinstag die Bräuche der Luperkalien verewigt.

SPRECHER

Vor allem durch das Werk „The Lives of the Fathers, Martyrs, and Principal Saints“ des englischen katholischen Priesters und Heiligenforschers Alan Butler, aber auch durch Schriften mehrerer anderer Forscher.

SPRECHERIN

Butlers Theorie ist heute gemeinhin akzeptiert. 

SPRECHER

Chaucers Gedicht „Das Parlament der Vögel“ ist dann einer der ersten Hinweise, dass der Tag des Heiligen Valentin etwas mit dem Tag der Verliebten zu tun hat. 

SPRECHERIN

Ein Heiliger, dessen Leidensgeschichte und dessen Existenz offenbar erfunden sind. „Schuld“ am Valentinstag sind allerdings nicht einfach die Römer, sondern genau genommen doch die katholische Kirche.

SPRECHER

Aber hat die den Heiligen nicht abgeschafft?

SPRECHERIN

In dem Fall liegt die Schuld bei Papst Liberius, dessen Pontifikat von 352-366 währte. Ursprünglich fiel das kirchliche Fest von Christi Geburt auf den 6. Januar – den Tag den heute noch die orthodoxen Kirchen als den Geburtstag Jesu feiern. Papst Liberius aber verlegte 354 die Feier des Weihnachtsfestes auf den 25. Dezember. In erster Linie, um jegliche Verbindung zum heidnischen Sonnenkult zu kappen – denn der 6. Januar war das Fest des römischen Sonnengottes Sol invictus – die unbesiegbare Sonne.

Aber was hat Weihnachten mit dem Valentinstag zu tun?

SPRECHER

Nach mosaischem Gesetz musste ein Neugeborener, und damit auch Jesus, nach vierzig Tagen in den Tempel gebracht werden. Dieser Tag wird als "Darstellung des Herrn" gefeiert. Der erstgeborene Sohn wurde als Eigentum Gottes angesehen, dem Tempel übergeben und musste traditionell durch ein Geldopfer ausgelöst werden. Der Tag ist auch als „Mariä Lichtmess“ oder „Mariä Reinigung“ bekannt, da eine Frau gemäß mosaischem Gesetz nach Geburt eine Knaben 40 Tage als unrein galt und sich einem Reinigungsritual unterziehen musste.

SPRECHER 

Als Weihnachten noch am 6. Januar gefeiert wurde, war 40 Tage später:

SPRECHERIN

Der 14. Februar.

SPRECHER

Und wenn Weihnachten auf den 25. Dezember vorverlegt wird, fällt Mariä Lichtmess…

SPRECHERIN

Auf den 2. Februar, an dem sie noch heute gefeiert wird. Der 14. Februar aber wurde dadurch zu einem leeren Tag, einer Art Loch im Kalender, das gestopft werden wollte. 

MUSIK 1 „Something stupid“; ZEIT: 01:01

Sprecher (bewundernd)

Man nehme einen Heiligen namens Valentin, setzte seinen Todestag auf den vakanten 14. Februar und male den Tag im Laufe der Zeit mit brauchtumsstützenden Ereignissen aus.

SPRECHERIN

Man nehme ein uraltes Fest, in diesem Fall eines, das irgendwie mit Liebe zu tun, und sehe, wie man maximal Profit daraus schlagen kann.

SPRECHER

Aber rote Rosen, ein paar Pralinen und ein romantisches Gedicht haben noch niemandem geschadet. Und heute lassen sich digitale Valentinswünsche und animierte Grußkarten online völlig kostenlos verschicken.

MUSIK hoch und ENDE

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