Der Mann, der uns diese Worte Gottes berichtet, heißt Hesekiel. Er war ein junger Priester, der 597 v. Chr. mit weiteren jungen Leuten aus den vornehmen Familien Israels von Nebukadnezar als „Faustpfand“ mit nach Babylon genommen worden waren. Jerusalem war zu diesem Zeitpunkt noch nicht zerstört und Israel noch keine babylonische Provinz; aber ein von Babylon „abhängiger Staat“. Diese Wegführung der jungen Elite Israels war eine erste Reaktion Nebukadnezars darauf, dass der von ihm eingesetzte König Zedekia ihm immer wieder untreu wurde. Nebukadnezar erhöhte damit den Druck auf Zedekia, sich ihm loyal unterzuordnen.
Diese Situation erklärt, warum die Stimmung unter den jungen Leuten aus Juda in Babylon noch recht gut war und zusätzlich sog. „Glückspropheten“ diese jungen Leute ermutigten. Sie machten diese glauben, es handle sich hier nur um ein vorüber gehendes Intermezzo; so eine Art notwendiger Betriebsferien der jungen Elite zum Wohle des Volkes. Doch es sollte ganz anders kommen.
Deshalb berief Gott Hesekiel zum Propheten. In den eben gehörten Worten aus dem biblischen Prophetenbuch Hesekiel beschreibt dieser seine Berufung.
Ich beobachte daran drei für mich relevante Wahrheiten:
1. Gott befähigt mich zu dem, wozu er mich auffordert
Hesekiel wird aufgefordert, sich auf seine Füße zu stellen. Noch bevor Hesekiel sich versieht, kommt Gottes Geist über ihn und stellt Hesekiel auf dessen Füße.
Paulus, ein Nachfolger Jesu, schrieb in einem seiner Briefe, dass er Hunger haben kann, Mangel erleiden und arm sein. Er geriet in Seenot, wurde ausgepeitscht und gesteinigt. Ich frage mich: „Uli, könntest du das auch?“ Manches was ich von verfolgten Christen höre, fragt mich ebenso: „Uli, könntest du das auch?“
Aus mir heraus bestimmt nicht. Aber ich muss solche Situationen trotzdem nicht fürchten. Ich weiß nicht, ob Paulus im Vorfeld seiner Herausforderungen gesagt hätte: „Kein Ding, Freunde; das schaffe ich!“ Stattdessen schreibt er den Christen in Philippi: „Denn alles ist mir möglich durch den, der mich mit Kraft erfüllt“ (Philipper 4, 13 NLB)“
Jesus, bzw. die Kraft seines Heiligen Geistes, kann, will und wird uns immer zu dem befähigen, wozu der Vater im Himmel uns herausfordert. Das ist sicher. Die Frage an mich lautet: Werde ich Jesu Aufforderungen und Herausforderungen annehmen? Wenn ja, dann stehen mir großartige Erfahrungen mit Jesus ins Haus.
2. Gott weiß, dass ich ganz Mensch bin
Immer wieder spricht Gott den Hesekiel mit dem Wort „Menschensohn“ an. Verbindungen zu dem Begriff „Menschensohn“ im Danielbuch oder gar zu Jesus, der sich selbst auch als Menschensohn bezeichnet hat, lassen sich nicht herstellen. Vielmehr geht es hier darum, gerade den Gegensatz zwischen Gott und Hesekiel, dem Sohn des Busi, also einem Menschen aus Fleisch und Blut zu unterstreichen.
Ich lerne: wenn Gott mir einen Auftrag gibt, dann ist er sich dessen total bewusst, wen er da beruft: einen einfachen Menschen. Aber wo Gott einen solchen Menschen mit seinem Geist erfüllt, da fallen alle Grenzen und Einschränkungen. Da wird alles möglich. So wie Paulus es gesagt hat: „Denn alles ist mir möglich durch den, der mich mit Kraft erfüllt.“ (Philippern 4, 13 NLB).
3. Gottes Worte an mich sind ernst, aber hilfreich
Hesekiel bekommt von Gott die richtigen Worte buchstäblich in den Mund gelegt. Aber das auf sehr seltsame Art und Weise. Eine Hand, vermutlich Gottes Hand, reichte Hesekiel eine Schriftrolle, die von innen und außen mit Klagen, Seufzern und Weherufen beschrieben war, um diese zu essen. Ja wirklich: Hesekiel sollte diese Schriftrolle essen. Alle diese Worte, die ausdrückten, wie maßlos enttäuscht Gott von seinem Volk war. Normalerweise wurde eine Schriftrolle damals nur auf einer Seite beschrieben. Hier beidseitig. Es war einfach so viel, was Gott seinen Leuten zu sagen bzw. zu klagen hatte.
Auf den ersten Blick bzw. Biss ist das für Hesekiel eine schwer verdauliche Kost. Sie zeigt, wie schlimm, ja, wie katastrophal es um das Volk Gottes in Wahrheit bestellt war. Aber es gab dennoch mitten in dieser Katastrophe eine Hoffnung: als Hesekiel diese Schriftrolle aß, wurde sie überraschenderweise in seinem Mund so süß wie Honig. Keinesfalls wegen des Inhaltes. Aber sehr wohl wegen des Absenders.
Hesekiel wird später dem Volk Gottes diese Worte Gottes, die er in sich aufgenommen hatte, weitergeben. Aber die Juden werden längst nicht alle auf ihn hören. Nicht weil sie nicht könnten; sondern einfach nur, weil sie nicht wollen. Gott nennt sein Volk „Söhne“ – ich ergänze – und Töchter, „mit trotzigem Gesicht und harten Herzen“ (Hesekiel 2, 4).
Ich habe mich gefragt: Will ich eigentlich Gottes Stimme hören? Ich beobachte an mir selber, der ich schon einige Jahrzehnte mit Jesus unterwegs bin, dass es mir genauso gehen kann, wie den Juden damals. Ich denke, ich weiß schon wie Gott „tickt“. Ich ertappe mich manchmal dabei, dass ich nur noch oberflächlich auf Gott höre. Und was nicht so angenehm klingt, dem versuche ich erst einmal die Spitze zu nehmen – natürlich mit guten, theologischen Argumenten. Hej, ich bin Pastor. Ich kann das!
Aber wissen Sie, was dabei die Gefahr ist? Wenn ich nicht wirklich auf Gottes Reden höre, wird Gott aufhören, zu mir zu reden.
Das ist es, was die Bibel „Verstockung“ nennt: Gott redet – ich höre nicht. Gott redet noch mal – aber ich höre immer noch nicht, sondern mache meine Stirn hart; runzele sie und erkläre, warum das gerade eben nicht Gottes Reden an mich gewesen sein kann. Gott redet weiter und unterstreicht das evtl. durch ein Zeichen – aber ich höre immer noch nicht. Stattdessen mache ich im Herzen dicht.
Die Folge: Gott hört irgendwann auf zu reden. Warum sollte er auch. Ich höre ja doch nicht. Ich will mich ja dich nicht verändern bzw. durch Gottes Geist verändern lassen. Dabei meint Gott es gut mit mir. So furchtbar die Inhalte der Schriftworte waren – ihr Geschmack war süß wie Honig.
Damit mir das nicht passiert, habe ich mir bewusst Orte und Zeiten angewöhnt, an denen ich ganz aufmerksam auf Gott höre:
möglichst jeden Tag lese ich einen Abschnitt in der Bibel. Ich denke darüber nach und bete. Außerdem gehe ich in einen Hausbibelkreis. Wir kommen an einem Abend in der Woche zusammen, essen und reden miteinander. Dann singen wir gemeinsam einige Lieder und werden uns dabei noch einmal ganz besonders der Nähe und der Größe Gottes bewusst. Anschließend lesen wir in der Bibel und tauschen uns darüber aus, was das für unser Leben bedeutet. Zum Schluss beten wir miteinander und füreinander, dass das Wirklichkeit in unserem Leben wird, was wir gerade in Gottes Wort gelesen haben.
Sonntags gehe ich zum Gottesdienst und setze mich ganz bewusst Gott aus. Ich ehre ihn mit den anderen im Gottesdienst gemeinsam mit Liedern und bereite so mein Herz auf die Predigt vor. Ich weiß dann: nicht alles, was Gott mir jetzt sagt, wird angenehm für mich sein, aber heilsam. Daneben denke ich auch viel über ihn und sein Wort nach – wenn ich jogge oder Auto fahre. So zeige ich Gott: Hier bin ich, Herr. Bitte rede mit mir.
Mein Vater im Himmel weiß, dass ich ganz Mensch bin. Immer wieder neu fordert er mich auf bzw. heraus, Dinge bei mir anzugehen oder Aufträge für ihn zu erledigen. Das fällt mir nicht immer leicht. Aber inzwischen liebe ich es trotzdem: weil ich das nicht aus meiner Kraft machen muss. Er – sein Heiliger Geist – befähigt mir dazu. Auf diese Weise mache ich großartige Erfahrungen mit Gott. Und die versüßen mir mein Leben, wie der Honig morgens auf meinem Brötchen.
Autor: Pastor Ulrich Mann
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