Konflikte in der christlichen Gemeinde werden entweder menschlich oder geistlich gelöst.
Ein menschlich gelöster Konflikt hinterlässt oft ein Trümmerfeld: Gespaltene Lager in der Gemeinde. Es gibt Sieger und Verlierer, es gibt hier die Guten und dort die Bösen, es gibt unüberwindliche Gräben. Das geht zum Teil bis in die Familien hinein.
Ein geistlich gelöster Konflikt schafft eine neue Basis für die Zukunft: Alle haben etwas dazu gelernt! Die Gemeinde rückt neu zusammen und stellt sich neu auf. Gräben werden zugeschüttet. Alle haben gewonnen und gehen gestärkt und motiviert aus dem Konflikt hervor.
Es ist ein Luxusproblem – ein Luxuskonflikt:
Gemeindewachstum! Ein erfreuliches Problem! Aber Wachstum bedeutet auch Arbeit. Mehrarbeit! Wer Mehrarbeit zu leisten hat, vernachlässigt zwangsläufig etwas anderes.
Vernachlässigt fühlen sich hier zunächst die griechischen Juden mit ihren Witwen. Griechische Juden sind Leute in der Gemeinde in Jerusalem, die haben andere Länder und Städte gesehen und damit auch andere Lebensweisen kennen gelernt. Das hat sich auf ihren Lebensstil abgefärbt. Sie sind weltoffen, redegewandt, gebildet. Auf die hebräischen Juden wirken sie nicht nur gebildet - sondern auch eingebildet. Die hebräischen Juden sind nie von Jerusalem und der Umgebung weggekommen. Sie sind eng mit der Heimat und der Tradition verbunden.
Unterschwellig schwelt der Konflikt zwischen beiden Gruppen in Jerusalem schon die ganze Zeit. Jetzt kommt ein äußerer Anlass, an dem sich der Streit entzündet und die ganze Geschichte explodiert… Die griechischen Witwen werden bei der täglichen Versorgung übersehen… Jetzt geht es los:
„Die machen das absichtlich!“
„Die mögen uns nicht!“
„Jetzt sieht man, wie sie wirklich sind!“
Es „erhebt sich ein Murren…“ – Wie damals bei Mose in der Wüste. Da erlebt das Volk Israel nach vielen Wundern Gottes zum ersten Mal, wie es ist, frei zu sein. Kaum sind sie frei „murrte die ganze Gemeinde der Israeliten…“ (2. Mose 16, 1-3)
Worum geht es in beiden Fällen? – Es geht ums Essen, es geht ums Futter!
Wenn es ums Futter geht, dann ist mit dem Mensch – auch mit einem frommen Menschen - nicht zu spaßen. Berthold Brecht hat das drastisch formuliert: „Erst das Fressen, dann die Moral.“
Bei meiner Freizeitarbeit habe ich gelernt: Solange das Essen gut und reichlich ist, nehmen die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch ein schlechtes Programm und schlechte Bibelarbeiten in Kauf…
Jetzt kocht der Konflikt in der Gemeinde in Jerusalem zwischen den beiden Lagern hoch. Dazwischen stehen die Apostel, die versuchen, es allen recht zu machen und die drei Herausforderungen zu jonglieren: Gemeindewachstum, murrende griechische Juden mit ihren Witwen, und misstrauische hebräische Juden, dazu müssen sie noch das Wort Gottes verkündigen. Die Apostel merken: Wie wir es machen – wir werden unseren Aufgaben nicht gerecht!
Da rufen die Zwölf die Menge der Jünger zusammen und sagen: Es ist nicht recht, dass wir für die Mahlzeiten sorgen und darüber das Wort Gottes vernachlässigen.
Die Apostel versuchen den Konflikt zu lösen. Sie weichen ihm nicht aus. Sie sitzen ihn auch nicht aus, sondern sie gehen ihn geistlich an und leiten vertrauensbildende Maßnahmen ein.
Bei einer Gemeindeversammlung stellen sie ihre Aufgaben in der Gemeinde vor: „…es ist nicht recht, dass wir für die Mahlzeiten sorgen und darüber das Wort Gottes vernachlässigen.“
Die Apostel kennen die Geschichte von der Wüstenwanderung der Israeliten und den Rat, den Mose von seinem Schwiegervater Jetro bekommen hat: Verteile die Aufgaben in der Gemeinde auf mehrere Schultern. Nachzulesen im 2. Buch Mose (2. Mose 18).
Es gibt nun mal in der Gemeinde verschiedene Aufgaben. Und die Aufgabe eines Apostels ist, das Wort Gottes in Lehre und Predigt weiterzusagen. „Darum, seht euch um nach sieben Männern in eurer Mitte, die einen guten Ruf haben und voll Heiligen Geistes und Weisheit sind, die wir bestellen wollen zu diesem Dienst. Wir aber wollen ganz beim Gebet und beim Dienst des Wortes bleiben.
Die Apostel geben Verantwortung ab. Das haben sie bei Mose gelernt. Sie nennen hier vier Kriterien für diejenigen, die Verantwortung übernehmen sollen:
Leute aus eurer Mitte, denen ihr vertraut!Leute mit gutem Ruf, bei denen ein Ja ein Ja und ein Nein ein Nein ist; Leute, die im Geringsten treu sind!Leute voll Heiligen Geistes, die nicht vom Geist des Neides, des Hasses, der Macht, des Geltungsbedürfnisses bestimmt sind. Und Leute voll Weisheit, die zur rechten Zeit das Richtige tun. Die nicht nach Gesetz und Buchstabe handeln, sondern der Situation angemessen.Interessant ist für mich, dass die Mitarbeiter für die tägliche Versorgung nicht nach fachlichen Qualitäten ausgesucht werden: Bäcker, Metzger, Landwirte, Gärtner, sondern dass die Apostel nach ihrer geistlichen Qualifikation fragen.
Und die Rede gefiel der ganzen Menge gut; und sie wählten Stephanus, einen Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes, und Philippus und Prochorus und Nikanor und Timon und Parmenas und Nikolaus, den Judengenossen aus Antiochia.
Bei dieser Namensliste fällt mir auf, dass alle sieben griechische Namen tragen. Dadurch werden die griechischen Juden in die Gemeinde integriert.
Damit ist nicht nur das Problem gelöst, sondern auch der Konflikt zwischen den Gruppen entschärft.
Diese Männer stellten sie vor die Apostel; die beteten und legten die Hände auf sie.
Das bedeutet: Dieser Dienst, den sie jetzt tun, ist ihr Gottesdienst. Sie dienen Gott und den Menschen. Gottesdienst ist nicht nur dann, wenn sich die Gemeinde versammelt, um miteinander zu singen, zu beten und auf das Wort Gottes zu hören. Sondern Gottesdienst ist, wenn ich von Gott zu einer Aufgabe berufen bin und diese wahrnehme.
Mein Kollege wurde mal am Telefon gefragt: Wann beginnt bei euch in der Gemeinde der Gottesdienst? Schlagfertig hat er geantwortet: „Er beginnt nach dem Segen, wenn wir zur Tür hinausgehen!“ „Ja, wie?“ Er sagte dann: „Wir unterbrechen unseren Gottesdienst einmal in der Woche, dann kommen wir in der Gemeinde zusammen, singen Lieder, beten, hören auf Gottes Wort und nach dem Segen setzen wir unseren Gottesdienst fort an dem Platz und in den Aufgaben, die Gott uns zugewiesen hat!“
Die Mitarbeiter werden für ihre Aufgabe gesegnet und jetzt sind sie gefordert, in dieser Aufgabe Gott zu dienen.
Der Konflikt ist jetzt geistlich und nicht menschlich gelöst. Das setzt neue Wachstumskräfte frei. Umgekehrt gilt natürlich auch: Ungelöste und schwelende Konflikte bremsen und blockieren die Arbeit und hemmen das Gemeindewachstum.
Lukas betont ausdrücklich, dass auch viele Priester zum Glauben an Jesus Christus gekommen sind. Das bedeutet, dass die Bewegung der Christen jetzt die Menschen in den Schlüsselpositionen erreicht.
Aus der Missionsgeschichte wissen wir, dass es auf die Menschen in den Schlüsselpositionen ankommt. Wenn die gewonnen sind, dann tut sich nochmal für die Gemeinde ein neues Feld auf.
Ausgangspunkt war ein schwelender Konflikt zwischen den griechischen und hebräischen Juden in der Gemeinde. Der hat sich an einer organisatorischen Frage entzündet. Die Apostel lösen den Konflikt geistlich. Sie lernen anhand von Mose, Arbeit zu delegieren und andere zur Mitarbeit zu motivieren. Das wirkt sich zum Segen für alle Beteiligten aus.
Buchvideo: Apostelgeschichte Kap. 1-12
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