Lesen lernte sie mit drei Jahren. Und sie las dann auch alles, was ihr in die Finger kam – es gab wenig, was Susan Sontag nicht interessierte. Dann schrieb sie selbst, Bücher, Aufsätze, Essays: Amerikas klügste und streitbarste Intellektuelle wurde heute vor 90 Jahren geboren. "Wenn ich zwischen The Doors und Dostojewski wählen müsste – natürlich würde ich mich für Dostojewski entscheiden," hat Susan Sontag einmal bekannt. "Aber muss ich denn wählen?" Sontag hat alles aufgesogen, fand fast alles interessant. Schon als Jugendliche war sie beim im kalifornischen Exil lebenden Thomas Mann zum Tee eingeladen. Und es gab kaum etwas, worüber Amerikas klügste, streitbarste und einflussreichste linke Intellektuelle der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht geschrieben hätte. Ihre Themen waren Film und Fotografie, Pop und Politik, Pornografie und postmoderne Malerei, Schönheit und ihre Kehrseite – Krankheit und Tod. Sie erkrankte mehrfach an Krebs und verarbeitete ihre Ängste und Erfahrungen in ihrem wohl berühmtesten Buch; Krankheit als Metapher. Während des Krieges in Bosnien-Herzegowina reiste Sontag nach Sarajewo und inszenierte dort Beckets Warten auf Godot. Nach 9/11 erregte die bekennende Georg-Bush-Gegnerin den Zorn ihrer Landsleute, als sie erklärte, die USA trügen eine Mitschuld am Hass, der ihnen in weiten Teilen der Welt entgegenschlüge. 2003, ein Jahr vor ihrem Tod, erhielt sie den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Aus Protest blieb der US-Botschafter der Preisverleihung in der Frankfurter Paulskirche fern.