Bei uns in der Nachbarschaft wird ein neues Haus gebaut. Bis vor kurzem stand auf dem Baugrundstück noch ein altes, baufälliges, aber auch süßes kleines Häuschen. Jahrzehntelang stand es da, und ich konnte mir die Straße ohne es gar nicht vorstellen. Doch eines Tages rückten die Bagger an, und es war kaum zu glauben: Mit viel Krach, Staub und einem großen Wumms des Baggers stürzte das Haus ein.
Irgendwie war das traurig. Schließlich hatten da mal Menschen gewohnt und dieses Haus geliebt, auch wenn es mittlerweile schon lange leer stand. Die alten Bewohner leben nicht mehr. Und nun stirbt, bildlich gesprochen, auch ihr Haus. In Windeseile war es nicht nur zerstört, sondern auch der Bauschutt abtransportiert.
Nun ist dort Platz für ein neues Haus, größer und bewohnbarer als das kaputte alte.
Manchmal ist es in meinem Leben wie mit diesem alten Haus. Es gibt Dinge, Ereignisse, Erinnerungen, Verhaltensweisen, sogar Beziehungen, die sind alt und baufällig. Sie sind sozusagen nicht mehr „bewohnbar“, nicht mehr lebensfähig. Trotzdem lasse ich sie manchmal jahrelang – bildlich gesprochen – „leer herumstehen“. Ich kümmere mich nicht darum, und sie setzen Dreck und Staub an. Und obwohl sie nutzlos sind, hänge ich vielleicht sogar ein wenig daran: aus Nostalgiegründen; weil es früher mal schön war; oder weil ich nicht weiß, was ich damit machen soll.
Manchmal bräuchte ich ein Abrisskommando. Aber halt, nein, eigentlich will ich das gar nicht. Das klingt mir zu gewaltsam. Ja, manchmal müsste Altes aus meinem Leben entfernt werden. Aber nicht so heftig, laut, dreckig und plötzlich wie mit dem Bagger in unserer Nachbarschaft. Ich brauche es behutsamer. Langsamer. Leiser.
Wer kann mir dabei helfen? Und wie?
Der erste Schritt ist, denke ich, die Erkenntnis: Hier stört mich etwas Altes, Ungesundes, das mir Kraft raubt; das mir Platz im Leben wegnimmt, den ich eigentlich für etwas Neues bräuchte. Denn nur, wenn ich einsehe, dass etwas rausgerissen werden muss, kann ich es auch zulassen. Rausreißen kann weh tun. Abreißen geht mit Loslassen und Abschiednehmen einher. Manchmal wirbelt es Staub auf, es ist nicht immer angenehm.
Gut zu wissen, dass ich diesen Weg nicht allein gehen muss. Im Bibelvers des heutigen Tages steht, dass Gott dabei ist, wenn wir Altes ausreißen müssen. Im Buch Jeremia 31, Vers 28 sagt Gott zu seinen Menschen:
„Gleichwie ich über sie gewacht habe, auszureißen und einzureißen, so will ich über sie wachen, zu bauen und zu pflanzen.“ (Jeremia 31,28)
„Gott wacht über mir“, auch wenn es schwer wird und ich Altes loslassen und abreißen muss. Im Zusammenhang des Bibeltextes wird deutlich, dass Gott seinen Menschen das Ausreißen aus Liebe zumutet, weil ihre alten Wege in Gottesferne und Lieblosigkeit führen, ihnen schaden oder einfach nicht mehr passen. Dort, wo das schädliche Alte ausgerissen wurde, lässt Gott dafür Neues wachsen. Er hilft beim Bauen und Pflanzen und wacht darüber, dass es gedeihen kann.
Zum ersten Schritt der Erkenntnis, dass es nicht beim Alten bleiben kann, kommt also der zweite Schritt des Loslassens und Ausreißens. Und dann – mit Gottes Hilfe – der dritte Schritt des Wachsens von etwas Neuem, Schöneren, Gesünderen.
Ich habe in meinem Leben einige Erfahrung mit dem Abreißen von Altem gemacht. Schon bei der Erkenntnis, dass ich etwas loslassen muss, hatte ich jedes Mal Angst davor. Das tatsächliche Ausreißen fand ich meistens heftig: egal, ob es ein Jobwechsel, ein Umzug oder das Loslassen einer geliebten Person war.
Aber gleichzeitig erlebte ich, dass Gott es gut meint. Dass er bei jedem einzelnen Schritt dabei war. Mehr noch, dass er auf mein Tempo achtet und mich nicht mit Ausreißen und Neuem pflanzen überfordert. Er weiß, wann Altes nur noch belastet und Neues dran ist, und wie der Abriss und Neubau gelingen kann. Ihm will ich vertrauen, dass er diese Schritte auch in Zukunft auf liebevolle Weise mit mir geht.
Autor: Gabriele Berger-Farago
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