"In Holland bin ich weltberühmt" spottete der niederländische Schriftsteller Harry Mulisch noch zu Beginn der achtziger Jahre. Doch dann wurde er es wirklich – nämlich weltberühmt: 1992 brachte ihm sein großer Roman "Die Entdeckung des Himmels" den internationalen Durchbruch. Aber Harry Mulisch sagte auch "Ich bin der Zweite Weltkrieg" - eine Anspielung auf die eigene Herkunft. Er wurde am 29. Juli 1927 in Haarlem geboren, als Sohn eines ehemaligen österreichischen Offiziers, der später mit den Nazis kollaborierte, und einer jüdischen Mutter, deren Eltern im KZ umkamen. "Diese Zeit steckt mir im Blut". Das zeigt sich auch in seiner Literatur, in Romanen wie "Das Attentat", die Geschichte eines Mannes, der als einziger seiner Familie eine Vergeltungsaktion der Nazis überlebt (1086 verfilmt und mit einem Oscar prämiert.) Doch das ist nur ein Aspekt von Mulischs Gesamtwerks, das so vielseitig ist, so suchend, sprachlich dicht und philosophisch komplex, dass der Schriftsteller in seinem Land schon heute als Klassiker gilt, als "Monument der Gegenwartsliteratur" und "kulturelles Symbol seines Landes". Ansonsten gefiel er sich in der Rolle des Provokateurs: Politisch früher als Gegner des Vietnamkriegs und Bewunderer eines Sozialismus à la Fidel Castro, später – heute besonders aktuell - durch seine Skepsis gegenüber einem undemokratischen Islam. Persönlich provozierte er gerne durch sein herausforderndes Auftreten: ein hagerer Pfeifenraucher, elegant gekleidet und selbstbewusst, ein leidenschaftlicher Spötter und ein immer kritischer Geist. Als Harry Mulisch 2010 starb, wurde sein Tod auch von politischer Seite und höchst offiziell beklagt als ein "Verlust für die holländische Literatur und die Niederlande".